Pneumologie 2016; 70(03): 149-150
DOI: 10.1055/s-0042-101113
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

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C. Frasnelli
I. Interne Lungenabteilung mit Intensivstation, Ludwig-Boltzmann-Institut für COPD und Pneumologische Epidemiologie, Otto-Wagner-Spital, Wien
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A. Valipour
I. Interne Lungenabteilung mit Intensivstation, Ludwig-Boltzmann-Institut für COPD und Pneumologische Epidemiologie, Otto-Wagner-Spital, Wien
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Korrespondenzadresse

PD Dr. Arschang Valipour
I. Interne Lungenabteilung mit Intensivstation
Ludwig-Boltzmann-Institut für COPD und Pneumologische Epidemiologie
Otto-Wagner-Spital
Sanatoriumstraße 2
1140 Wien
Österreich   

Publication History

Publication Date:
15 March 2016 (online)

 

Fallbeschreibung

71-jährige Patientin, pensionierte Näherin, Nie-Raucherin. Seit 5 Jahren bestehender Reizhusten. Keine Dyspnoe, negative B-Symptomatik, kein Fieber. Als Vorerkrankung werden rezidivierende Bronchitiden sowie eine Rheumatoide Arthritis angegeben. Auskultatorisch beidseits vesikuläres Atemgeräusch ohne Rasselgeräusche mit sonorem Klopfschall.

BGA bei Raumluft: PaO2: 66 mmHg; PaCO2: 35,2 mmHg; pH: 7,43; SaO2: 93,5 %

Labor: weitgehend unauffällig

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Abb. 1 Im pulmonalen Fenster des Thorax CT waren – teils sekretgefüllte – Bronchiektasien im Mittellappen zu sehen. Bei einer anschl. durchgeführten Bronchoskopie wurden Auramin-positive (säurefeste) Stäbchen im Bronchialsekret gefunden.
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Abb. 2 Nicht-tuberkulöse Mykobakteriose bei einem Patienten mit Lungenemphysem und fibrokavernöser Läsion im rechten Unterlappen.

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Wie lautet Ihre Verdachtsdiagnose?

  • A: Pulmonale Tuberkulose

  • B: Nokardiose

  • C: Aspergillose

  • D: Nicht-tuberkulöse Mykobakteriose


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Fallauflösung

Antwort D: Nicht-tuberkulöse Mykobakteriose

Erläuterung:
Zu den nicht-tuberkulösen Mykobakterien werden alle durch Mykobakterien verursachten Erkrankungen gezählt, welche nicht durch M. tuberculosis oder M. leprae verursacht werden. Es handelt sich hierbei um eine Familie von ubiquitär vorkommenden Bakterien, von denen ca. 40 Vertreter als humanpathogene Keime bekannt sind und pulmonale sowie extrapulmonale Erkrankungen auslösen können. Zu den häufigsten nicht-tuberkulösen Mykobakterien, welche pulmonale Infektionen auslösen, zählen: M. avium complex (MAC), M. kansasii, M. xenopii und M. abscessus.

Das Risiko, an einer nicht-tuberkulösen Mykobakteriose zu erkranken, wird von lokalen und systemischen Faktoren bestimmt. Vor allem strukturelle Lungenerkrankungen wie COPD, Lungenfibrose, Bronchiektasien oder Pneumokoniosen, aber auch eine systemische Abwehrschwäche wie bei HIV-Infektionen, einer immunsuppressiven Therapie oder Malignomen begünstigen die Infektion mit diesen opportunistischen Erregern.

Symptome einer solchen Infektion der Lunge sind oft unspezifisch und können sich als Husten mit oder ohne Auswurf, Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust oder Dyspnoe präsentieren. Dementsprechend langwierig kann sich auch die Diagnostik dieser Erkrankung gestalten. Diese erfordert nach den Empfehlungen der American Thoracic Society (2007) immer die Zusammenschau aus Klinik, der Bildgebung und dem mikrobiologischen Nachweis eines nicht-tuberkulösen Mykobakteriums. Hier müssen in mindestens 2 unabhängig voneinander gewonnenen Sputumproben oder einer steril gewonnenen Probe (Bronchialsekret, BAL oder Lungenbiopsie) nicht-tuberkulöse Mykobakterien nachgewiesen und kulturell gesichert werden. Moderne PCR-Verfahren bzw. DNA-Sequenzierung erlauben, eine klinisch-radiologische Verdachtsdiagnose mit relativ hoher Sensitivität frühzeitig zu verifizieren. Radiologisch kann sich der pulmonale Befall einer nicht-tuberkulösen Mykobakteriose mit unterschiedlichen Bildern präsentieren. Unterschieden wird eine vorwiegend fibrokavernöse von einer nodulär-bronchiektatischen Form, wobei diese Bilder auch häufig von flächigen oder kleinfleckigen Infiltraten, Bronchiektasien, Kavernen und vergrößerten Lymphknoten begleitet sein können. Im Rahmen der Diagnosefindung müssen auch andere Erkrankungen, in erster Linie eine Tuberkulose, ausgeschlossen werden.

Nicht jede neu diagnostizierte nicht-tuberkulöse Mykobakteriose wird auch bzw. muss antibiotisch therapiert werden. Die Entscheidung zur Therapie hängt ab von der zugrunde liegenden Erkrankung, der individuellen Klinik, der zu erwartenden therapeutischen Adhärenz, den Komorbiditäten und dem radiologischen Befund.

Als Säulen der Therapie stehen hier Makrolide, Rifamycine sowie Ethambutol zur Verfügung, die Therapie sollte zwischen 9 und 18 Monate erfolgen, und eine Dreifachkombination wird meist empfohlen. Aufgrund der Vielfalt der nicht-tuberkulösen Mykobakterien und der nicht obligaten Behandlung jedes Patienten richtet sich die Therapie jedoch nach dem jeweils nachgewiesenen Erreger und – sofern untersucht – dessen Resistenzenlage (v. a. für Clarithromycin und Azithromycin). Somit wird bei M. avium und M. xenopii beispielsweise ein Makrolid plus Rifampicin plus Ethambutol über mindestens 9 –12 Monate empfohlen, während bei M. kansasii an Stelle des Makrolides ein Isoniazid in der dreifachen Kombination empfohlen wird. Die Sputumkonversionsrate bei M. avium-Infektionen liegt bei rund 50 – 70 %. Liegt bei einem Patienten zusätzlich eine HIV-Infektion vor, richtet sich die antibiotische Therapie nach der CD4+-Zellzahl und dem Vorliegen einer HAART-Therapie.


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PD Dr. Arschang Valipour
I. Interne Lungenabteilung mit Intensivstation
Ludwig-Boltzmann-Institut für COPD und Pneumologische Epidemiologie
Otto-Wagner-Spital
Sanatoriumstraße 2
1140 Wien
Österreich   


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Abb. 1 Im pulmonalen Fenster des Thorax CT waren – teils sekretgefüllte – Bronchiektasien im Mittellappen zu sehen. Bei einer anschl. durchgeführten Bronchoskopie wurden Auramin-positive (säurefeste) Stäbchen im Bronchialsekret gefunden.
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Abb. 2 Nicht-tuberkulöse Mykobakteriose bei einem Patienten mit Lungenemphysem und fibrokavernöser Läsion im rechten Unterlappen.