Zeitschrift für Phytotherapie 2016; 37(02): 80
DOI: 10.1055/s-0042-102859
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Zistrosen-Mundspülung gegen Karies

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Publication Date:
16 June 2016 (online)

 

Seit der Antike nutzt die Volksmedizin verschiedene Cistus-Arten gegen Durchfälle, Entzündungen und zur Behandlung von Wunden. Diese traditionelle Anwendung wird mit den antibakteriellen Eigenschaften mancher Zistrosen-Extrakte begründet. Speziell für Extrakte aus Cistus incanus L. sind pharmakologische Effekte belegt (antiinflammatorisch, antiviral, antibakteriell und antioxidativ). Eine deutsche Arbeitsgruppe befasste sich nun näher mit dieser Zistrosen-Art, um zunächst die Zusammensetzung der Hauptinhaltsstoffe zu ermitteln und danach deren Wirksamkeit für einen Einsatz in der Zahn- und Mundhygiene zu untersuchen.


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Mittels ASE (Accelerated Solvent Extraction = beschleunigte Lösemittelextraktion; hier mit Methanol-Wasser) wurden Extrakte aus 4 Handelspackungen Cistus-incanus-Tee hergestellt sowie übliche Infuse mit kochendem Wasser. Eine Analytik der Extrakte mittels HPLC-DAD und Massenspektroskopie identifizierte 29 verschiedene Polyphenolverbindungen, darunter Ellagitannine, Flavanole und glykosylierte Flavonole. Insbesondere die Ellagitannin-Fraktion zeigte in den durchgeführten In-vitro-Testsystemen einen antibakteriellen Effekt gegen das Karies verursachende Bakterium Streptococcus mutans. Aufgrund der kurzen Inkubationszeit von 10 min vermuten die Forscher ein bakterizides Wirkprinzip der Ellagitannine und hier insbesondere von Punicalagingallat. Auch die Flavonoidverbindungen von Cistus incanus erwiesen sich als schwach antibakteriell gegen S. mutans, weshalb für den Gesamtextrakt eine synergistische Wirkung aller Polyphenole angenommen wird.

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Kariesprophylaxe mit Zistrosentee? Erste Untersuchungen deuten daraufhin. © ccvision/Ramesh Amruth

Die 4 Tees deutscher Anbieter wiesen ein ähnliches Polyphenolmuster mit beträchtlichen quantitativen Unterschieden auf.

Deutlich weniger Bakterien in der Mundhöhle

Für das In-situ-Experiment mit den Infusen erhielten 9 zahngesunde Probanden individuell angepasste Aufbissschienen mit kleinen fixierten Rinderzahnschmelzstückchen („enamel splints“). Die Probanden sollten eine einmalige Mundspülung mit dem erkalteten Cistus-Teeaufguss durchführen und dann die Schienen für unterschiedlich lange Zeit im Mund behalten. Im Transmissionsmikroskop war anschließend erkennbar, dass der Proteinfilm des Zahnoberhäutchens (Pellikel) durch die Cistus-Lösung eine stärker globuläre und elektronendichtere Struktur bekam. Dies könnte auf einem Gerbprozess der Pellikel durch die Polyphenole beruhen. Bakterienzählungen nach 8 h Inkubation der Bissschienen in der Mundhöhle der Probanden ergaben eine reduzierte Bakterienzahl auf den mit dem Cistus-Extrakt gespülten Bissschienen im Vergleich zu unbehandelten Schienen. Der die Bakterienadhäsion verhindernde Effekt des Zistrosentees war jedoch nicht so ausgeprägt wie die als Positivkontrolle durchgeführte Mundspülung mit dem Goldstandard Chlorhexidin.


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Fazit

Extrakte aus Cistus incanus sind reich an Polyphenolen, die in der Mundhöhle synergistisch wirken und dadurch die Anzahl kariogener Streptokokken auf der Zahnoberfläche reduzieren.


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Ulrike Andres, Ginsheim


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  • Literatur

  • Wittpahl G, Kölling-Speer I, Basche S et al. The polyphenolic composition of Cistus incanus herbal tea and its antibacterial and anti-adherent activity against Streptococcus mutans . Planta Med 2015; 81: 1727-1735

  • Literatur

  • Wittpahl G, Kölling-Speer I, Basche S et al. The polyphenolic composition of Cistus incanus herbal tea and its antibacterial and anti-adherent activity against Streptococcus mutans . Planta Med 2015; 81: 1727-1735

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Kariesprophylaxe mit Zistrosentee? Erste Untersuchungen deuten daraufhin. © ccvision/Ramesh Amruth