Z Gastroenterol 2016; 54(03): 270
DOI: 10.1055/s-0042-102916
Der bng informiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Editorial – Versorgung heute und morgen

Albert Beyer
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Publication Date:
15 March 2016 (online)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die aktuell vorliegende Ausgabe der bng-Infos stellt aus meiner Sicht einen wichtigen Beitrag zur und eine adäquate Darstellung der Situation der Gastroenterologen in der täglichen Praxis dar. Der Beitrag „CED im Blickpunkt“ beleuchtet das ungebrochen hohe Interesse von bng-Mitgliedern an Fortbildungsveranstaltungen in diesem Bereich, die erneut durchgeführte Mitgliederumfrage zur Endoskopie ist in der Lage, Herstellern Verbesserungspotential aufzuzeigen.

Wir können viel, wir machen viel, betreuen unsere Patienten meist zur vollsten Zufriedenheit – aber können dies in zahlreichen Bereichen oft nicht ausreichend darstellen. Unsere Leistungen in diesen Bereichen werden von den Kostenträgern – abgesehen von anderen, bekannten Gründen – meist nur unzureichend honoriert. Projekte der Versorgungsforschung (auch außerhalb der Koloskopie) sind in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Wir haben dadurch prinzipiell die Möglichkeit, das gesamte Leistungsspektrum der ambulanten Gastroenterologie nach außen zu tragen. Niels Teich stellt in dieser Ausgabe eine Studie zur Azathioprin-assoziierten Pankreatitis vor, die überwiegend von gastroenterologischen Praxen getragen wurde – ein exzellentes Beispiel der Versorgungsforschung in einem Teilbereich.

Tatsächliche Versorgungsforschung muss jedoch mehr als einen Teilbereich betrachten. Stattgehabte Defizite der Versorgungsforschung beleuchtet in anschaulicher Weise der Artikel von Leo Trentmann: in Bremen wurde dazu übergegangen, Infliximab-Infusionen aufgrund eines stattgehabten Zwischenfalls an die Klinikambulanzen zu verlagern. Die führenden Kassen in Bremen sind zudem nicht bereit, eine strukturierte Behandlung Hepatitis-C-infizierter Patienten in der Praxis vertraglich zu begleiten.

Niedergelassene Gastroenterologen gehen hier erstmals geschlossen dazu über, mehrere potentielle Risiken auf Klinikambulanzen zu verlagern. Ist dies im Interesse der Patienten? Ist eine gastroenterologische Praxis in Zukunft nicht mehr in der Lage, ambulant Infliximab zu verabreichen, wenn eine onkologische Praxis z. B. Docetaxel verabreicht? Wohl kaum, da auch die Klinikambulanzen unter zunehmendem Kostendruck dazu übergehen, Personal- (und damit Überwachungspersonal-) Kosten zu sparen und Stellen durch nicht adäquat ausgebildetes Personal nachzubesetzen. Die tatsächliche Versorgung der Patienten wird sich dadurch kaum verbessern.

Am jetzigen Punkt angekommen hilft uns – am Beispiel Bremen, welches sicher nicht die einzige davon betroffene Region in Deutschland bleiben wird – eine langfristig angelegte Versorgungsforschung leider nicht mehr weiter. Kurzfristig realisierbare Programme im Sinne durchdachter Selektivverträge sind notwendig, um mittelfristig überhaupt eine gute Versorgung aufrechterhalten zu können. Diese müssen mittel- und langfristig jedoch durch eine adäquate und angemessene Versorgungsforschung begleitet werden.


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