ergopraxis 2016; 09(07/08): 14-16
DOI: 10.1055/s-0042-107132
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Internationale Studienergebnisse


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11 July 2016 (online)

 

Viele Senioren erleben Einschränkungen – Aktivitäten des täglichen Lebens

Ältere Menschen haben oftmals Schwierigkeiten, ihre Aktivitäten des täglichen Lebens selbstständig durchzuführen. Das betrifft insbesondere diejenigen, die an einer Osteoporose, Osteoarthritis oder chronischen Rückenschmerzen leiden. Zu diesem Ergebnis kam ein Forschungsteam um die Ergotherapeutin Dr. Tanja Stamm von der Medizinischen Universität Wien in Österreich.

Die Forscher analysierten die Daten von 3.097 Menschen mit einem Mindestalter von 65 Jahren, die am Australian Health Interview Survey 06/07 teilgenommen hatten. Den Ergebnissen zufolge leiden zwei Drittel der Menschen über 65 Jahren an mindestens einer muskuloskeletalen Erkrankung wie Osteoporose, Osteoarthritis oder chronischen Rückenschmerzen.

Ob krank oder nicht – vielen Senioren fällt es schwer, ihre Aktivitäten des täglichen Lebens durchzuführen. Dies betrifft am häufigsten sogenannte intensive ADLs (58,2 %), bei denen schwere Lasten oder größere Distanzen zu bewältigen sind. Knapp ein Drittel der Senioren (29,9 %) hat zudem Schwierigkeiten, basale instrumentelle ADLs wie „Essen kochen” oder „Wäsche waschen” durchzuführen. Und etwa jeder Fünfte (23 %) kann grundlegende ADLs wie Anziehen oder Essen nur eingeschränkt durchführen. Mit Blick auf die einzelnen ADLs haben die meisten Senioren (43,9 %) Probleme damit, schwere Hausarbeit zu erledigen. Vielen von ihnen fällt es außerdem schwer, sich nach unten zu bücken oder zu knien (39,3 %) und ohne Hilfsmittel Treppen zu steigen (23,1 %) oder 500 Meter zu gehen (22,8 %).

Leiden ältere Menschen unter einer Osteoporose, sind sie in allen ermittelten ADLs signifikant häufiger eingeschränkt. Ähnliches gilt für Osteoarthritis und chronische Rückenschmerzen. Auch bei diesen Erkrankungen haben die Betroffenen auffallend häufiger Schwierigkeiten, viele ihrer ADLs selbstständig durchzuführen. Die Forscher schlussfolgern, dass ein Großteil der Senioren in den ADL-Tätigkeiten eingeschränkt ist und Bedarf an alltagsorientierten Interventionen hat. Aus ihrer Sicht stellen vor allem ältere Menschen mit Osteoporose, Osteoarthritis oder chronischen Rückenschmerzen eine potenzielle Zielgruppe für ADL-Spezialisten dar, zu denen sie auch Ergotherapeuten zählen.

fk

BMC Musculoskelet Disord 2016; doi: 10.1186/s12891-016-0994-y


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Alltagsrelevantes Therapiemedium – Internet

Das Internet gewinnt immer mehr an Bedeutung für den Alltag und wird somit zum potenziellen Therapiemedium für die Ergotherapie. Setzen Therapeuten es klientenzentriert ein, können sie die Partizipation ihrer Klienten fördern. Zu dem Ergebnis kamen die Ergotherapeuten Bettina Dempfle, Maria Greiter, Nicole Nitschke und Ulla Pott von der Zuyd Hogeschool in Heerlen, Niederlande.

In einer Studie untersuchten die Forscherinnen, welche Erfahrungen Ergotherapeuten in Deutschland mit dem Einsatz des Internets in der Therapie haben. Insbesondere hinterfragten sie, ob ein Zusammenhang zwischen der Internetnutzung und der Partizipation der Klienten besteht. Um diese Fragen zu klären, führten sie eine Onlinebefragung mit 110 Ergotherapeuten und Interviews mit fünf Experten durch.

Die Auswertung des Fragebogens zeigte, dass 65 % der befragten Ergotherapeuten das Internet als alltagsrelevantes Medium sehen und es gezielt in der Therapie einsetzen. Zwar gaben sie nicht als Hauptziel eine gesteigerte Partizipation an, dennoch nutzten sie Funktionen mit partizipativem Charakter. Zum Beispiel suchten sie gemeinsam mit Klienten im Internet nach Selbsthilfegruppen.

Für Menschen mit Behinderungen ist das Internet von besonderer Bedeutung, „weil es ihnen den Zugang zu Angeboten ermöglicht, die aufgrund bestehender Barrieren in der Realität schwer erreichbar sind”.

Aktion Mensch. Web 2.0/barrierefrei. Bonn; 2010

Hauptsächlich setzen die befragten Ergotherapeuten das Internet ein, um physische, psychische und kognitive Fähigkeiten und Fertigkeiten ihrer Klienten zu fördern. Als weitere Ziele nannten sie, die Selbstständigkeit der Klienten zu erhöhen und deren Alltagskompetenz wiederherzustellen. Das Internet zu nutzen sehen sie als Schlüsselkompetenz, um am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können. Ebenso als Informationsquelle, Trainingsmöglichkeit, Freizeitgestaltung und Kommunikationsmittel. Alle Studienteilnehmer schrieben dem Internet ein enormes Potenzial zu. Ihre Klienten, deren Angehörige oder Kollegen reagierten größtenteils positiv auf die Internetnutzung. Nur Einzelne äußerten Angst und Bedenken im Hinblick auf das Suchtpotenzial oder einen Datenmissbrauch.

Die Ergebnisse zeigen, dass Ergotherapeuten mithilfe des Internets die Partizipation ihrer Klienten fördern können. Aufgrund der kleinen Stichprobe sowie der fortschreitenden technisch-medialen Entwicklung ist eine weitere wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema erforderlich. Die Forscherinnen rufen alle Ergotherapeuten dazu auf, sich mit dem Internet zu befassen, Assessments und Konzepte zu erstellen, an denen man sich beim Einsatz des Therapiemediums in der Ergo therapie orientieren kann.

lk

ergoscience 2016; 11: 2–11


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Achtsamkeitsbasierte Therapie reduziert Kernsymptome – ADHS

Unaufmerksam, hyperaktiv und impulsiv. Leiden Kinder, Jugendliche oder Erwachsene unter diesen Kernsymptomen der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS), hilft ihnen eine achtsamkeitsbasierte Therapie weiter. Das fanden Forscher um die Neuropsychologin Dr. Carlin Miller von der University of Windsor in Kanada heraus.

Sie werteten insgesamt zehn Interventionsstudien aus, die sie zuvor systematisch in elektronischen Datenbanken recherchiert hatten. Die Studien bezogen Kinder, Jugendliche und/oder Erwachsene mit ADHS ein. Anhand von Metaanalysen kalkulierten die Forscher, welche Gesamt-Effektstärken die achtsamkeits-basierten Interventionen auf die Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität/Impulsivität der Teilnehmer erzielten.

Wie die Ergebnisse zeigen, können Menschen mit ADHS ihre Kernsymptome durch eine achtsamkeitsbasierte Therapie signifikant reduzieren. Dabei lassen sich jeweils moderate Effekte auf ihre Unaufmerksamkeit und Hyperaktivität/Impulsivität nachweisen. Laut Subgruppen-Analyse hängen diese Effektstärken nicht davon ab, wer die Veränderungen bewertet hat: die Klienten selbst oder ein externer Beobachter. Ebenso beeinflusst das Alter nicht, wie stark die Teilnehmer ihre Hyperaktivität/Impulsivität reduzieren können. Anders sieht es beim OutcomeParameter „Unaufmerksamkeit” aus. Hier profitieren die Erwachsenen stärker von der achtsamkeitsbasierten Therapie als die Kinder und Jugendlichen, für die sich eine moderate Effektstärke nachweisen lässt.

Die Forscher relativieren ihre Ergebnisse, indem sie auf das teils heterogene Datenmaterial der Studien hinweisen. Sie sehen Bedarf an hochwertigen experimentellen Studien, um die Wirkung der Achtsamkeitstherapie auf ADHSKernsymptome weiter zu untermauern.

fk

J Atten Disord 2016; 20: 1–17


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