Aktuelle Dermatologie 2016; 42(06): 216
DOI: 10.1055/s-0042-108105
Derma-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hautabszesse – Ist eine antibiotische Behandlung sinnvoll?

Contributor(s):
Markus Escher
Talan DA et al.
N Engl J Med 2016;
374: 823-832
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Publication Date:
15 June 2016 (online)

 

    Immer häufiger leiden Patienten an Hautabszessen, die von Methicillin-resistenten Staphylokokken (MRSA) verursacht werden. In diesem Kontext ist die Rolle einer antibiotischen Therapie unklar. D. A. Talan et al. haben untersucht, ob Trimethoprim-Sulfamethoxazol zusätzlich zur Drainage die Abszessheilung fördert.
    N Engl J Med 2016; 374: 823–832

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    Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) (© Sebastian Kaulitzki / Fotolia.com)

    In der randomisierten, doppelblinden Multicenterstudie erhielten 1265 Patienten für 7 Tage entweder Trimethoprim-Sulfamethoxazol (320 / 1600 mg 2 -mal täglich) oder Placebo. Alle Patienten wurden ambulant behandelt. Vor der Randomisierung wurden ihre Hautabszesse drainiert bzw. eröffnet. Die mikrobiologische Kultur war bei 45,3 % der Patienten positiv für MRSA. Primärer Endpunkt dieser Studie war die Heilung des Abszesses 7–14 Tage nach Ende der Behandlung.

    In der Studie wurden 2 Populationen unterschieden: Die modifizierte Intentionto- treat-Population (mITT), deren Teilnehmer wenigstens eine Medikamentenoder Placebodosis einnahmen und eine Per-protocol-Population, in welcher die Teilnehmer wenigstens 75 % der Studienmedikation eingenommen hatten.

    In der mITT-Population betrugen die Abszess-Heilungsraten

    • 80,5 % mit Trimethoprim-Sulfamethoxazol (507 von 630 Patienten) und

    • 73,6 % mit Placebo (454 von 617).

    In der Per-protocol-Population lagen die Heilungsraten erwartungsgemäß höher. Sie betrugen

    • 92,9 % (487 von 524) bei Patienten mit Antibiotikatherapie und

    • 85,7 % (457 von 533) in der Placebogruppe.

    Dies ergab eine Differenz von 7,2 Prozentpunkten (95 %-Konfidenzintervall [KI] 3,2–11,2; p < 0,001).

    Eine Antibiotika-Therapie war darüber hinaus auch im Hinblick zahlreicher sekundärer Endpunkte überlegen, wie

    • Notwendigkeit einer nachfolgenden chirurgischen Therapie (3,4 vs. 8,6 %; 95 %-KI -8,2 bis -2,2)

    • Auftreten von Hautinfektionen an anderen Stellen (3,1 vs. 10,3 %; 95 %-KI -10,4 bis -4,1) und

    • Infektionen bei Kontaktpersonen in der Familie (1,7 vs. 4,1 %, 95 %-KI -4,6 bis -0,2) überlegen.

    Relevante Nebenwirkungen in der Antibiotikagruppe traten nicht auf. Es kam lediglich zu leichten gastrointestinalen Nebenwirkungen. Invasive Infektionen traten mit 0,4 % in beiden Gruppen gleich häufig auf.

    Fazit

    Trotz steigender Resistenzentwicklungen und alarmierenden MRSA-Zahlen ist eine antibiotische Behandlung drainierter bzw. eröffneter Hautabszesse auch weiterhin mit einer höheren Heilungsrate verbunden und wird daher empfohlen.


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    Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus (MRSA) (© Sebastian Kaulitzki / Fotolia.com)