Ultraschall Med 2016; 37(03): 316-317
DOI: 10.1055/s-0042-109651
DEGUM-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

20 Jahre Ultraschallscreening der Säuglingshüfte: – Warum der Trend zum „Pucken“ den Erfolg gefährden könnte

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Publication Date:
08 June 2016 (online)

 

Seit 20 Jahren gehört das Ultraschallscreening der Säuglingshüfte zur Kinder-Richtlinie, einem Programm zur „Krankheitsfrüherkennung im Kindesalter“. Die DEGUM sieht die Erfolge des Screenings jedoch gefährdet: Der Trend, Babys eng in Tücher oder Decken einzuwickeln, um sie zu beruhigen und ihnen das Einschlafen zu erleichtern, könnte zu einer Zunahme der Hüftdysplasien führen. Was das sogenannte „Pucken“ für Diagnostik und Therapie bedeutet, erläutern Vertreter der DEGUM am 8. Juni auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Beim klassischen Pucken werden die Beine in Streckstellung aneinander gebunden. Je nach Dauer des Puckens kann die veränderte Krafteinwirkung die Hüftreifung zum Stillstand bringen und sich eine Hüftdysplasie ausbilden oder sich sogar das Hüftgelenk ausrenken. In Einzelfällen kann dies zur Folge haben, dass der Hüft-Ultraschall bei Kindern nach der Geburt unauffällig ist und sich nach einigen Wochen ein auffälliger Befund ergibt.

Problematisch wird es insbesondere dann, wenn die Veränderungen erst nach der dritten Vorsorgeuntersuchung mit vier bis fünf Lebenswochen auftreten, bei denen die Kinderärzte die Hüften der Babys üblicherweise per Ultraschall untersuchen. Aktuelle Zahlen aus Australien zeigen eine Verdreifachung der spät diagnostizierten Hüftdysplasie-Fälle, also nach dem dritten Lebensmonat – trotz eines klinischenScreenings im Säuglingsalter. In anderen Ländern, etwa der Türkei oder Japan, sollen Aufklärungskampagnen die Eltern vom Pucken abbringen.

Etwa vier Prozent aller Säuglinge kommen mit einer unreifen Hüfte zur Welt. Wird eine „Hüftluxation“ nicht behandelt, entwickeln die Kinder einen hinkenden Gang. Seit 1996 ist die Ultraschalluntersuchung der Säuglingshüfte Bestandteil der dritten Vorsorgeuntersuchung „U3“ im Alter von vier bis fünf Lebenswochen. Kinder mit einem besonders hohen Risiko werden bereits mit wenigen Tagen im Rahmen der „U2“ geschallt. Das betrifft zum Beispiel Kinder, bei denen in der Familie Fälle aufgetreten sind oder auch Babys, die aus Beckenendlage geboren wurden. Den Erfolg des Screenings legen verschiedene Studien dar. So sank etwa die Rate der Kinder eines Jahrgangs, die in Deutschland wegen einer Hüftdysplasie operiert werden mussten, von 1,26 pro 1000 Lebendgeburten auf 0,26.

Auf einer Pressekonferenz der DEGUM am 8. Juni 2016 in Berlin erörtern Vertreter der Fachgesellschaft unter anderem, warum das Ultraschallscreening in Deutschland eingeführt wurde und welche Tragetechniken gut für das Kind und die Hüftentwicklung sind.


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