Viele Patienten mit erhöhtem Schlaganfallrisiko erhalten keine orale Antikoagulation
(OAK). Darüber hinaus wird eine bedeutende Anzahl Betroffener statt mit OAKs, mit
Thrombozytenaggregationshemmern falsch versorgt, so Hans-Holger Bleß, Berlin, auf
einem Pressegespräch. Der Leiter des Bereichs Versorgungsforschung am IGES-Institut,
das das Weißbuch „Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern“ herausgibt, wusste von
weiteren Versorgungsdefiziten zu berichten. So gibt es nach den Abrechnungsdaten der
GKVen eine deutliche Unterversorgung in der Antikoagulation im hausärztlichen Bereich.
So erhielten 14 % der Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko (CHA2DS2 VASc-Score ≥ 2) und auch 27 % der Patienten, die von einer OAK profitieren könnten
(CHA2DS2 VASc-Score = 1) keine OAK- Therapie. Darüber hinaus wurden bei älteren Patienten,
trotz steigendem Schlaganfallrisiko mit zunehmendem Alter, seltener orale Antikoagulanzien
verordnet. Demgegenüber waren Patienten ohne erhöhtes Schlaganfallrisiko (CHA2DS2 VASc-Score = 0) mit OAK-Medikamenten überversorgt und hatten damit ein unnötig erhöhtes
Blutungsrisiko.
Keine adäquate Antikoagulation bei nahezu jedem dritten Patienten
„Real Life“ Daten aus Deutschland, gesammelt in einer der größten jemals durchgeführten
Längsschnitterhebungen, dem GARFIELD-AF Register, belegen zwar insgesamt die positive
Entwicklung der prophylaktischen Gabe von Antikoagulantien zur Prävention thrombembolischer
Ereignisse bei Patienten mit nicht valvulärem Vorhofflimmern. So ist seit der Einführung
der sogenannten NOAKs (Neue orale _Antikoagulanzien) in die Therapie der Anteil dieser
Substanzen an den Erstverordnungen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen,
erklärte Prof. Harald Darius, Berlin, und damit die Versorgung mit wirksameren und
auch sicheren Medikamenten, gemäß der Leitlinienempfehlungen. GARFIELD-AF zeigt aber
auch einen erheblichen Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Risiko-adaptierten Verordnung
mit Antikoagulanzien. Die Registerdaten bestätigen die Erkenntnisse aus dem Weißbuch:
nahezu jeder dritte betroffene Patient in Deutschland wird nicht adäquat antikoaguliert.
Der wirksamen Antikoagulanzientherapie stehen aber auch oftmals die Bedenken der Patienten
entgegen, die in Abwägung eines möglichen Schlaganfallereignisses gegenüber einer
potenziellen Blutung immer wieder auf die präventive Medikamentengabe verzichten.
Prof. Rainer Wessely, Köln, nimmt seinen Patienten in einem ausführlichen Gespräch
diese Ängste und erläutert die Nutzen-Risiko-Abwägung bei einer Antikoagulation, mit
zum Beispiel der von Rivaroxaban (Xarelto®), mit 7 zugelassenen Indikationen das NOAK mit dem größten Anwendungsbereich. Infomaterialien
ergänzen die Gespräche und halbjährliche Risikochecks unterstützen zusätzlich die
Therapieadhärenz.
Richard Kessing, Zeiskam
Quelle: Pressegespräch „Versorgungssituation Vorhofflimmern: Zwischen Leitlinien-Empfehlungen
und täglicher Praxis“ anlässlich des DGK-Kongresses am 1. April 2016 in Mannheim.
Veranstalter: Bayer Vital GmbH, Leverkusen.