Diabetes aktuell 2016; 14(04): 159
DOI: 10.1055/s-0042-110370
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Arzt-Patient-Verhältnis – Ärzte sehen informierte Patienten kritisch

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Publication Date:
29 June 2016 (online)

 

    Mehr als die Hälfte der niedergelassenen Ärzte findet informierte Patienten mindestens problematisch. 45 % der Ärzte stimmen außerdem der Aussage zu, die Selbstinformation der Patienten erzeuge vielfach unangemessene Erwartungen und Ansprüche, die die Arbeit der Ärzte belaste. Dies geht aus einer Online-Umfrage der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK hervor.

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    (Bild: Thieme Verlagsgruppe; T. Möller)

    Fast ein Drittel (30 %) der Ärzte ist der Ansicht, dass die Selbstinformation die Patienten meist verwirre und das Vertrauen zum Arzt beeinträchtige. Knapp ein Viertel der Ärzte rät Patienten sogar aktiv von der eigenständigen Suche nach Informationen ab.

    Der Trend ist allerdings ein anderer: „Es ist eine unumkehrbare Entwicklung, dass immer mehr Patienten ihre Krankheitssymptome und die dazugehörigen Therapiemöglichkeiten im Internet recherchieren“, sagt Dr. Brigitte Mohn, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Daher sollten Ärzte die Selbstinformation ihrer Patienten als Chance betrachten und fördern. „Auch was das Thema Gesundheit angeht, sind die Menschen heutzutage viel anspruchsvoller und selbstbewusster. Ein gut informierter Patient, der auf Augenhöhe mit dem Arzt über Krankheit und Behandlungsoptionen diskutiert, sollte das Ziel aller an der Versorgung Beteiligten sein“, so Dr. med. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER GEK.

    Ärzte wenig selbstkritisch

    Fast alle niedergelassenen Ärzte (98 %) geben der Umfrage zufolge an, dass sich der Trend zur Selbstrecherche medizinischer Fragen in den vergangenen 5 Jahren verstärkt hat. Das wachsende Interesse von Laien an gesundheitsbezogenen Themen ist in der Ärzteschaft jedoch umstritten. Gut 40 % der Ärzte freuen sich über das Interesse der Patienten. Knapp 10 % ärgern sich allerdings, dass der Patient sich mit seiner Frage nicht zuerst an sie gewandt hat. Die Frage, ob es auch an ihnen selbst liegen könne, dass Patienten sich auf eigene Faust informieren und nicht direkt auf sie zukommen, stellen sich lediglich 11 % der Ärzte. Nur etwa 10 % von ihnen fragen sich, ob der Patient sich zuvor mehr Beratung gewünscht hätte.


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    Ärzte kennen seriöse Informationen im Internet nicht

    Nur 15 % der Ärzte kennen sich nach eigenen Angaben eher nicht so gut oder überhaupt nicht gut mit den für Patienten verfügbaren Informationsangeboten aus. Trotzdem kennen gerade einmal 21 % der Ärzte die Internetseite patienten-information.de des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ), das immerhin das gemeinsame Kompetenzzentrum von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung ist. Nur ein Drittel dieser Ärzte hält die Patienteninformationen dieser Internetseite für vertrauenswürdig, während das Vertrauen in Wikipedia mehr als doppelt so groß ist.

    Pressemeldung Bertelsmann Stiftung, 13.6.2016


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    (Bild: Thieme Verlagsgruppe; T. Möller)