Rofo 2016; 188(07): 696
DOI: 10.1055/s-0042-110507
DRG-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Positionspapier der Fachgesellschaften – Versorgung des ischämischen Schlaganfalls in Deutschland gehört in die Hände der neurologischen und neuro- / radiologischen Facharztdisziplinen

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Publication Date:
29 June 2016 (online)

 

Der Schlaganfall ist in Deutschland mit ca. 260 000 Fällen jährlich eine der häufigsten Erkrankungen und die dritthäufigste Todesursache. Die Therapie der Wahl ist seit 20 Jahren die i. v.-Thrombolyse, das heißt die medikamentöse Auflösung des Blutgerinnsels, welches für den Hirninfarkt verantwortlich ist. Dieses Verfahren stößt jedoch bei Verschlüssen von großen Hirngefäßen an seine Grenzen. Viele Patienten überleben den Schlaganfall nur mit schweren und bleibenden Behinderungen, die Sterblichkeit ist hoch.

In der Behandlung des ischämischen Schlaganfalls ist mit dem Jahr 2015 ein neues Zeitalter angebrochen. Die endovaskuläre Therapie, das heißt die minimal-invasive Entfernung des Blutgerinnsels mithilfe eines Kathetersystems (Stent-Retriever) unter angiografischer Bildkontrolle, hat in mehreren internationalen Multicenterstudien eine hohe Wirksamkeit gezeigt. Damit wurde diese Therapieoption zur evidenzbasierten, führenden Behandlung des schweren ischämischen Schlaganfalls.

Flächendeckende Versorgung möglich

Deutschland treffen diese neuen Studienergebnisse nicht unvorbereitet. Das System der Stroke-Units der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft e. V., ohnehin ein international führendes Versorgungsnetz, sieht bereits seit dem Jahr 2012 vor, dass die überregionalen Versorgungseinheiten über das fachärztliche Personal verfügen müssen, um den schweren Schlaganfall mittels Thrombektomie zu behandeln.

Die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie e. V. hat gemeinsam mit der Deutschen Röntgengesellschaft e. V. und der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und Minimalinvasive Therapie ein Zertifizierungssystem eingerichtet, welches unter anderem die Mindestfallzahl von 100 endovaskulären Rekanalisationsbehandlungen vorsieht. Noch in diesem Jahr werden über 300 neuro- / radiologische Fachärzte über das Modul E „Rekanalisierende Maßnahmen“ verfügen. Mit dieser Zahl an hervorragend weitergebildeten Fachärzten ist eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung in Deutschland flächendeckend gewährleistet.


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Mehr als 7 000 Eingriffe 2015 dokumentiert

Die Interventionen werden im DeGIR-Register für Qualitätsmanagement auf freiwilliger Basis dokumentiert. Für das Jahr 2015 wurden mehr als 7 000 neuro-interventionelle Rekanalisationsbehandlungen ausführlich dokumentiert. Diese Zahl zeigt, dass die Thrombektomie einen festen Bestandteil der Versorgungsrealität darstellt.


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Interdisziplinäre Behandlung des akuten Schlaganfalls nur in zertifizierten Strukturen!

Die Kombination aus umfassender Weiterbildung, struktureller Klarheit und Qualitätssicherung ist einzigartig im internationalen Vergleich. Die unterzeichnenden Fachgesellschaften betonen, dass die Thrombektomie ausschließlich von neuro- / radiologischen Fachärzten durchgeführt werden sollte. Nur diese verfügen über das notwendige pathophysiologische und technische Wissen, das zur erfolgreichen Anwendung dieses minimalinvasiven Verfahrens an Hirngefäßen notwendig ist. Die Thrombektomie muss deshalb in das flächendeckende Netzwerk zertifizierter Stroke Units eingebunden sein. Nur in diesen Strukturen ist es möglich, die Sterblichkeit beim schweren Schlaganfall weiter zu senken und das Behandlungsergebnis für Patientinnen und Patienten zu verbessern.

Berlin, im Mai 2016

Für die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) e. V.:

Prof. Dr. Christoph Groden (Mannheim), Präsident

Für die Deutsche Röntgengesellschaft e. V.:

Prof. Dr. Dierk Vorwerk (Ingolstadt), Präsident

Für den Berufsverband Deutscher Neuroradiologen (BDNR) e. V.:

Prof. Dr. Ansgar Berlis (Augsburg), Präsident

Für die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) e. V.:

Prof. Dr. Ralf Gold (Bochum), Präsident

Für die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) e. V.:

Prof. Dr. Martin Dichgans (München), 1. Vorsitzender

Für die Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimalinvasive Therapie (DeGIR):

Prof. Dr. Arno Bücker (Homburg), Vorsitzender

Für den Berufsverband Deutscher Radiologen (BDR) e. V.:

Dr. med. Detlef Wujciak (Halle / Saale), 1. Vorsitzender


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