Pneumologie 2016; 70(07): 430
DOI: 10.1055/s-0042-110832
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Infektiologie – Weniger Antibiotika-Rezepte durch „Motivationsanstöße“

Contributor(s):
Susanne Meinrenken
Meeker D et al.
JAMA 2016;
315: 562-570
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Publication History

Publication Date:
13 July 2016 (online)

 

    Wie lässt sich das Verhalten von Medizinern beeinflussen? Mit dieser Frage haben sich Verhaltenstherapeuten und Psychologen seit einiger Zeit beschäftigt. D. Meeker et al. haben diese Forschungsergebnisse genutzt, um zu untersuchen, mit welchen verhaltensmodifizierenden Interventionen die überflüssige Verschreibung von Antibiotika gesenkt werden kann.
    JAMA 2016; 315: 562–570

    Etwa die Hälfte der in den USA gegen akute Atemwegsinfekte verschriebenen Antibiotika ist für die jeweilige Indikation ohne Effekt. Wegen den Kosten, Nebenwirkungen und der Gefahr einer erhöhten Resistenzentwicklung wird schon seit Längerem nach Strategien gesucht, um die ungerichtete Verschreibung von Antibiotika zu bremsen.

    Aus 47 Allgemeinarztpraxen in Boston und Los Angeles nahmen 248 Ärzte an der randomisierten klinischen Studie teil. Sie erhielten keine (Kontrollgruppe), 1, 2 oder 3 Interventionen zum Thema Antibiotika- Verordnung über 18 Monate.

    Als Intervention dienten:

    1. Onlineinformationen zur Empfehlung einer geeigneten Therapie ohne Antibiotika,

    2. die Aufforderung, die Gründe für die Verordnung in der Patientenakte zu dokumentieren und

    3. der direkte Vergleich mit „Top-Performers“, also Ärzten, die restriktiv Antibiotika verordnen.

    Während des Ausgangswert-Zeitraums wurden 14 753 Arztbesuche aufgrund von unspezifischem Infekt der oberen Atemwege, akuter Bronchitis oder Influenza gezählt, bei denen Antibiotika nicht angezeigt waren. Während der Interventionen waren es 16 959 solcher Konsultationen. Die Patienten waren im Mittel 47,5 Jahre alt und überwiegend Frauen.

    Während in der Kontrollgruppe der Anteil der Antibiotikaverordnungen im Durchschnitt von 24,1 auf 13,1 % fiel, betrugen die Werte

    • für Intervention 1: 22,1 und 6,1 % (p = 0,66),

    • für Intervention 2: 23,2 und 5,2 % (p < 0,01),

    • für Intervention 3: 19,9 und 3,7 % (p < 0,01).

    Zwischen den Interventionen waren keine statistisch deutlichen Interaktionen zu beobachten.

    Fazit

    Allgemeinärzte, die ihre Verschreibungspraxis rechtfertigen sollen oder direkt mit Experten in Sachen Antibiotikaverordnung verglichen werden, verschreiben seltener unnötig Antibiotika. Weil die reine Information keinen Effekt zeigte, spielte die soziale Komponente einer Intervention eine Rolle, so die Autoren. Zudem könne bei Kombination dieser Interventionen ein noch größerer Effekt zu erwarten sein.


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