Rofo 2016; 188(08): 787-788
DOI: 10.1055/s-0042-111695
DRG-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Novellierung der Musterweiterbildungsordnung (MWBO)

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Publication Date:
26 July 2016 (online)

 

Die Bundesärztekammer plant bis 2017 die Umsetzung einer kompetenzbasierten Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung (MWBO). Dahinter verbirgt sich im Wesentlichen die Überarbeitung und Anpassung der sogenannten Gebietsdefinitionen, die die Grenzen für die Ausübung der fachärztlichen Tätigkeit beschreiben.

Alle Fachgesellschaften hatten bereits Gelegenheit, Vorschläge für die künftige Weiterbildung in ihren Fächern einzureichen. Die Bundesärztekammer wurde nun vom 119. Deutschen Ärztetag gebeten, die neue Entwurfsversion (Version 2) von Abschnitt B der MWBO, der die Gebiete, Facharzt- und Schwerpunktkompetenzen umfasst, auf WIKI-BÄK einzustellen, damit im Rahmen des Konvergenzverfahrens mit den Ärztekammern die Fachgesellschaften und Berufsverbände die aktuelle Fassung kommentieren können.

Leider zielt die Eingabe einiger Fächer explizit auf eine Kompetenz- bzw. Leistungsausweitung ihres Fachs ab, indem bislang fachfremde Leistungen neu in das Fachgebiet integriert wurden. Hiervon besonders betroffen sind Kernkompetenzen des Fachgebiets der Radiologie, namentlich die Computertomografie (CT), die Magnetresonanztomografie (MRT) sowie verschiedene Katheterverfahren.

Das jedoch ist medizinisch riskant, rechtlich nicht haltbar und ökonomisch problematisch, da es zu einer kaum kontrollierbaren Mengenausweitung führen wird.

Die Deutsche Röntgengesellschaft e. V. (DRG), der Berufsverband der Deutschen Radiologen e. V. (BDR), die Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR), die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie e. V. (DGNR), der Berufsverband Deutscher Neuroradiologen e. V. (BDNR) und die Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie e. V. (GPR) warnen deshalb in der nachfolgenden gemeinsamen Stellungnahme vor einer Ausweitung der medizinischen Bildgebung auf andere Fachdisziplinen und plädieren für eine Fokussierung radiologischer Leistungen auf das Fachgebiet der Radiologie in der neuen MWBO, um auch in Zukunft einen für den Patienten bestmöglichen und ökonomisch sinnvollen Einsatz aller bildgebenden Verfahren gewährleisten zu können.

Lesen Sie im Folgenden die offizielle Stellungnahme:

Bildgebung und -diagnostik ist Sache der Radiologie!

Viele Fächer nutzen die Novellierung der Musterweiterbildungsordnung, um die Bildgebung in ihren Kanon einzuschreiben. Das ist medizinisch gefährlich, rechtlich nicht haltbar und ökonomischer Unsinn. Eine Stellungnahme der Deutschen Röntgengesellschaft e. V. (DRG), des Berufsverbandes der Deutschen Radiologen e. V. (BDR), der Deutschen Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR), der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie e. V. (DGNR), des Berufsverbandes Deutscher Neuroradiologen e. V. (BDNR) und der Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie e. V. (GPR) zur Novellierung der Musterweiterbildungsordnung.

Im Rahmen der für 2017 von der Bundesärztekammer (BÄK) geplanten Novellierung der Musterweiterbildungsordnung (MWBO) medizinischer Fachgebiete hatten bereits alle Fachgesellschaften Gelegenheit, Vorschläge für die künftige Weiterbildung in ihren Fächern einzureichen. Dabei zielte die Eingabe vieler Fächer explizit auf eine Kompetenz- bzw. Leistungsausweitung ihres Fachs ab, indem bislang fachfremde Leistungen neu in das Fachgebiet integriert wurden. Besonders betroffen davon sind Kernkompetenzen des Fachgebiets der Radiologie, namentlich die Computertomografie (CT), die Magnet-resonanztomografie (MRT) sowie verschiedene Katheterverfahren. Diese Verfahren jedoch sind teuer und medizinisch anspruchsvoll, sodass deren Einsatz einer fundierten Weiterbildung bedarf, wie sie nur die fachärztliche Weiterbildung der Radiologie vermittelt.

Es droht eine unkalkulierbare Kostensteigerung im Gesundheitswesen!

Das Interesse vieler Fächer besteht ganz unzweifelhaft darin, durch einen Ausbau des eigenen Kerngebiets auch die Abrechnungsmöglichkeiten umfassend zu erweitern. Denn gehört eine Leistung zum Kerngebiet des jeweiligen Fachs, ist auch die Abrechnung als Leistung nach dem Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) möglich. Die private Krankenversicherung (PKV) würde davon ähnlich betroffen sein. Bereits heute ist es einem Nicht-Radiologen möglich, bis zu 5% seiner privatärztlichen Leistungen außerhalb seines Kerngebiets zu erbringen.

Die Aufnahme radiologischer Leistungen in das Kerngebiet anderer Fächer würde zu einer signifikanten Leistungssteigerung führen!

Nur die Trennung von Diagnostik und Therapie bzw. die Trennung von Zuweiser und Leistungserbringer gewährleistet die optimale Kombination aus medizinischer Versorgungsqualität und wirtschaftlicher Effizienz. Die Ausweitung radiologischer Leistungen auf andere medizinische Fächer hat jedoch eine zunehmende Zahl von Selbstzuweisungen zu bildgebenden diagnostischen Verfahren zur Folge, die im Ergebnis eine unkalkulierbare Kostensteigerung im Gesundheitswesen bedeutet.

Nicht zuletzt deshalb werden in der GKV radiologische Verfahren wie z. B. MRT, CT und Angiografien über die Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V (in Verbindung mit den Weiterbildungsordnungen der Landesärztekammern) auf die hierfür speziell qualifizierten Fachärzte für Radiologie konzentriert – eine Vorgehensweise, deren Rechtmäßigkeit auch vom Bundesverfassungsgericht bestätigt wurde, da „dies der Qualität der Versorgung sowie der Wirtschaftlichkeit im Interesse der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung“[1] diene.

Die Durchführung sämtlicher MRT-Untersuchungen muss auch weiterhin den Spezialisten vorbehalten sein!

Bei dem Versuch, sich neue Abrechnungsmöglichkeiten durch eine Erweiterung des eigenen fachlichen Kerngebiets zu erschließen, stößt bei einigen Fächern insbesondere die Magnetresonanztomografie (MRT) auf großes Interesse. Die MRT ist bislang sowohl in der MWBO der BÄK als auch in den Weiterbildungsordnungen (WBO) der Landesärztekammern (LÄK) prinzipiell dem Kerngebiet der Radiologie vorbehalten. Seit der Einführung der „Zusatz-Weiterbildung Magnetresonanztomographie fachgebunden“ in den Weiterbildungsordnungen der jeweiligen LÄK sind zwar auch andere ärztliche Fachgruppen berechtigt, Leistungen der Magnetresonanztomografie zu erbringen, allerdings jedoch ausschließlich innerhalb ihrer eigenen Fachgebietsgrenzen und nur dann, wenn sie die nach der Zusatz-Weiterbildung geforderte Weiterbildungszeit und die Weiterbildungsinhalte nachgewiesen und in einer Prüfung vor der Ärztekammer erfolgreich belegt haben. Zudem gilt dies, folgt man der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nur für den Bereich der privatärztlichen Abrechnung.

In der GKV hat auch nach der Einführung der „Zusatz-Weiterbildung Magnetresonanztomographie fachgebunden“ der Grundsatz Gültigkeit, dass nur Fachärzte für Radiologie zur Erbringung und Abrechnung dieser Leistungen berechtigt sind. Die Gründe hierfür sind vielfältig, nachvollziehbar und sowohl auf Kostenträgerseite als auch in der vertragsarztrechtlichen Rechtsprechung anerkannt:

  • Verantwortungsvoller Umgang Die MRT ist ein technisch anspruchsvolles Verfahren, das unter Berücksichtigung der Interaktion des Magnetfelds mit dem Organismus sowie möglicher Effekte des Kontrastmittels in die Hände von Spezialisten gehört.

  • Bedarfsgerechter Einsatz
    Die Überweisung an die Radiologie stellt sicher, dass immer die für die jeweilige medizinische Fragestellung am besten geeignete diagnostische Methode ausgewählt wird. Dies ist insbesondere für die MRT wichtig, da diese Untersuchung mit sehr hohen Kosten verbunden ist und sich ihr Einsatz nur bei gewissen Fragestellungen als alternativlos rechtfertigen lässt. Eine abschließende Entscheidung darüber kann nur der Radiologe treffen. Nur er ist zudem befähigt, diese Entscheidung auf Grundlage aller zur Verfügung stehenden diagnostischen Verfahren zu treffen und aufgrund seiner umfassenden Kompetenz alternative bildgebende Verfahren einzusetzen.

  • Umfassende Auswertung
    Die Untersuchung wird vollumfassend interpretiert und befundet, da nur die Radiologie als Querschnittsfach über ein fach- und organübergreifendes Wissen verfügt. Auch Zufallsbefunde außerhalb des jeweiligen Organgebiets werden so zuverlässig diagnostiziert. Nichtradiologischen Fachärzten fehlt hingegen aufgrund der engen Fachbindung die dafür erforderliche Kompetenz. Im schlimmsten Fall drohen grobe Diagnose-, Befunderhebungs- bzw. Behandlungsfehler.

  • Unabhängige Entscheidungen
    Die Diagnostik erfolgt unabhängig von einem eventuellen Interesse an der Therapie, die durch den Zuweiser erfolgt. Dies gilt vor allem für den vertragsärztlichen Bereich, aber auch im Krankenhaus droht eine Konkurrenz der Fachgebietsrichtungen, deren Folgen am Ende die Patienten tragen.

  • Effiziente Nutzung
    Kostensteigerungen durch Selbstzuweisungen werden vermieden.

Die neue MWBO setzt den Rahmen für eine effiziente und qualitativ hochwertige Bildgebung in der medizinischen Grundversorgung!

Die Deutsche Röntgengesellschaft e. V. (DRG), der Berufsverband der Deutschen Radiologen e. V. (BDR), die Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR), die Deutsche Gesellschaft für Neuroradiologie e. V. (DGNR), der Berufsverband Deutscher Neuroradiologen e. V. (BDNR) und die Gesellschaft für Pädiatrische Radiologie e. V. (GPR) warnen vor einer Ausweitung der medizinischen Bildgebung auf andere Fachdisziplinen. Dies führt zu einer medizinischen Verschlechterung und einer unkontrollierten Inflationierung von Bildgebung mit immensem ökonomischen Schaden. Wir fordern deshalb die MWBO-Verantwortlichen der benachbarten Fachgesellschaften zu einem sinnvollen und kollegialen Miteinander auf – auch und gerade in Bezug auf die Gestaltung der Weiterbildung junger Kolleginnen und Kollegen.


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1 BVerfG, Beschl. v. 16.7.2004, Az.: 1 BvR 1127/01; BVerfG, Beschl. v. 8.7.2010, Az.: 2 BvR 520/07.