Erstmals liegen epidemiologische Daten zur Genese des kleinzelligen Lungenkarzinoms
bei Nichtrauchern vor. Neben der starken Geschlechtsabhängigkeit fällt v. a. die Assoziation
mit der häuslichen Radonbelastung auf. Dies hat die retrospektive Analyse von M. Torres-Durán
et al. gezeigt.
Eur Respir J 2016; 47: 947–953
(© Petra Bork/www.pixelio.de)
Aufgrund der minimalen Inzidenz des kleinzelligen Lungenkarzinoms (SCLC) bei Nichtrauchern
existieren sehr wenige Daten zu dieser Entität. Es fehlen Angaben zum typischen Manifestationsalter,
der Geschlechtsverteilung und der Prognose. Relevant ist auch die Frage nach ätiologischen
Faktoren, insbesondere nach ursächlichen Umweltbedingungen. In diesem Zusammenhang
sind v. a. diejenigen Risiken von Bedeutung, die beeinflusst werden können. Hierzu
gehört etwa die Umweltbelastung durch regional erhöhte Radioaktivität. Maßgeblich
ist dabei das aus dem Erdboden ausströmende Edelgas Radon.
Zur Generierung entsprechender Daten analysierten die Autoren ein spanisches Krebsregister
(LCRINS) und identifizierten Patienten mit diagnostiziertem SCLC ohne Nikotinanamnese.
Der Nichtraucherstatus wurde entsprechend der WHO-Definition festgestellt. Die Verfasser
berücksichtigten zusätzlich Angaben zu potenziellen soziodemografischen und umweltmedizinischen
Risiken. Hierzu gehörten auch Messungen der individuellen Radonbelastung in der Wohnung.
Die Forscher fanden 19 Nichtraucher mit einem kleinzelligen Lungenkarzinom. Dies entspricht
einer Prävalenzrate von 5,9 % aller Lungenkarzinome bei Nichtrauchern. Auffallend
war die hohe Geschlechtsspezifität des Tumortyps (95 % Frauen). Der Altersgipfel lag
bei 75 Jahren. Die mittlere Überlebenszeit der Betroffenen betrug 242 Tage. Erwartungsgemäß
war diese stark stadienabhängig. Kein Patient mit fortgeschrittenem SCLC erreichte
die 2-Jahresüberlebenszeit.
Bei der Ursachenanalyse erwies sich nur die häusliche Radonexposition als aussagekräftiges
Risiko. Die durchschnittliche Radonbelastung der SCLC-Patienten betrug 195 Bq / m3.
Der durchschnittliche Messwert in der Nichtrauchergruppe der LCRINS-Studie lag dagegen
bei 149 Bq / m3. Die Autoren verweisen darauf, dass die Kausalität zwischen Radonbelastung
und SCLC bei Nichtrauchern aufgrund des Studiendesigns nicht geprüft wurde. Allerdings
lagen die gemessenen Radonwerte deutlich über dem WHO-Grenzwert (100 Bq / m3), bei
dessen Überschreiten bauliche Gegenmaßnahmen empfohlen werden.
Erstmalig liegen epidemiologische Daten zu SCLC bei Nichtrauchern vor. Diese seltene
Manifestation ist mit der häuslichen Radonexposition assoziiert, so die Autoren. Unklar
bleibt dabei, warum v. a. Frauen von diesem Tumortyp betroffen sind.
Dr. Horst Gross, Berlin