Dialyse aktuell 2016; 20(06): 276
DOI: 10.1055/s-0042-113270
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

ERA-EDTA Kongress 2016: Nierenversagen in Europa

Lebenszeitrisiko liegt bei 0,5–1,5 %
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Publication Date:
25 July 2016 (online)

 

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Das Lebenszeitrisiko für Nierenversagen eines Menschen in Europa liegt durchschnittlich bei 0,5–1,5 %, wie eine Studie von Dr. Van den Brand und Kollegen zeigt, die am 22.05.2016 in Wien (Österreich) auf dem ERA-EDTA-Kongress präsentiert wurde. Das Risiko ist in Europa unterschiedlich verteilt: So ist das Risiko in Finnland am niedrigsten (0,44 % für Frauen und 0,88 % für Männer) und am höchsten in Belgien (1,14 % für Frauen und 2,05 % für Männer). Die Variationsbreite zwischen den Ländern könnte ein Hinweis auf Unterschiede in den Organisationsformen des Gesundheitswesens sein.

Die Forscher konnten das Lebenszeitrisiko für Nierenversagen abschätzen, indem sie Daten des ERA-EDTA-Registers nutzten. Das ERA-EDTA-Register enthält die Zahl der Menschen, die ein Nierenersatzverfahren benötigen. Hiermit bestimmten Van den Brand et al., wieviele Menschen in 10 europäischen Ländern ein Nierenversagen erlitten haben. Indem sie diese Zahlen mit Volkszählungsdaten von EuroStat kombinierten, konnten sie das durchschnittliche Risiko für ein Nierenversagen über das gesamte Leben eines Menschen ermitteln. Diese Ergebnisse sind für die Menschen wichtig, die einem nahestehenden Patienten eine Niere spenden wollen.

Einordnung der Ergebnisse

Eine aktuelle amerikanische Studie schätzte das Lebenszeitrisiko für Nierenversagen in den USA ab. Die Autoren nutzten dies, um eine Risikoprognose für Lebendnierenspender bzgl. eines Nierenversagens zu erstellen. Die Ergebnisse der Untersuchung von Van den Brand und Kollegen weist darauf hin, dass die Risikoprognose für Amerikaner nicht für Europäer verwendet werden kann: Das durchschnittliche Lebenszeitrisiko für Nierenversagen war im Vergleich zu den USA zwischen 2- und 3-mal niedriger. Daher sind für Europa spezielle Vorhersagemodelle notwendig.

Zusätzlich zeigten Van den Brand et al., dass Frauen im Vergleich zu Männern ein niedrigeres Lebenszeitrisiko für Nierenerkrankungen haben. Die Gründe hierfür sind noch nicht ganz geklärt: Frauen könnten einen gesünderen Lebensstil als Männer haben. Allerdings enthält das ERA-EDTA-Register nur Daten von Patienten, die nach einem Nierenversagen auch therapiert werden. Die Forscher betonten, dass speziell ältere Frauen seltener mit einem Nierenersatzverfahren behandelt werden.

Die Untersuchung zeigt auch, dass ältere Menschen im Vergleich zu jüngeren ein niedrigeres Lebenszeitrisiko für Nierenversagen haben. Dies gilt sowohl für Männer als auch für Frauen. Der wichtigste Grund hierfür ist, dass Ältere schon eine lange Zeit ohne Nierenversagen überlebt haben – eine Zeit, während der Jüngere noch ein Nierenversagen entwickeln können. Dieses Ergebnis könnte bedeuten, dass Ältere zukünftig als Lebendnierenspender akzeptiert werden.

Quelle: Englische Pressemeldung des Press Office ERA-EDTA, 22.05.2016


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