Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2016; 23(04): 162
DOI: 10.1055/s-0042-113277
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Risiko eher gering im Vergleich mit anderen Erkrankungen

Zika-Virus-Infektionen in Brasilien
Unn Klare
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Publication Date:
24 August 2016 (online)

 

Von September 2015 bis Mitte Juli 2016 wurden in Brasilien 8571 Fälle von Mikrozephalie bei Neugeborenen gemeldet, die im Verdacht standen, durch Zika-Virus-Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft hervorgerufen worden zu sein. Mehr als 1700 hiervon wurden mittlerweile durch das brasilianische Gesundheitsministerium bestätigt. Etwa 3180 weitere Fälle werden derzeit noch untersucht. Die übrigen wurden mittlerweile verworfen.

Diskussionen um potenzielle Gefahren

Im Vorfeld der Olympischen Spiele, die diesen August in Rio de Janeiro stattfinden, gab es große Diskussionen um die potenzielle Gefährdung von Athleten und Besuchern durch das Virus. Mehrere nationale olympische Komitees stellten es ihren Sportlern frei, ob sie nach Brasilien fahren. Einige Experten plädierten gar für eine Absage oder Verlegung der Spiele aufgrund der „ernsten Gefahr“ durch das Zika-Virus. Andere dagegen, etwa der Bürgermeister Rios, sehen überhaupt kein Problem.

Die Wahrheit liegt, wie meistens, wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Im August herrscht in Rio trockenes Winterklima, sodass nur wenige Mücken zu erwarten sind – allerdings sind die Winter in Rio oft sehr mild, sodass man sich nicht darauf verlassen sollte. Dann ist das Zikafieber in der Regel keine schwere Erkrankung: Acht von zehn Betroffenen bemerken die Infektion nicht oder kaum. Bei den übrigen verläuft sie in der Regel komplikationslos und selbstlimitierend. Durchschnittlich dauern die Symptome eine Woche. Allerdings besteht für Schwangere nach derzeitigem Wissensstand eine erhebliche Gefahr, dass ihre Kinder schwere neurologische Missbildungen davontragen. Darüber hinaus wird eine Zunahme von Fällen des Guillain-Barré-Syndroms mit einer überstandenen Infektion in Zusammenhang gebracht.


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Risiko gering im Vergleich mit anderen Erkrankungen

Das ist natürlich bedenklich – vergleicht man die Gefahr hierdurch jedoch mit anderen in Brasilien endemischen Krankheiten, die bereits zum Zeitpunkt der Vergabe der Olympischen Spiele bekannt waren und nicht als Hinderungsgrund gewertet wurden, so erscheint eine Verschiebung der Spiele wegen des Zika-Virus unverhältnismäßig: So wurden vergangenes Jahr beispielsweise mehr als 1,6 Mio. Dengue-Fieber-Verdachtsfälle in Brasilien gemeldet, 863 Menschen überlebten die Infektion nicht. Und das Chikungunyafieber forderte allein in den ersten 5 Monaten dieses Jahres vermutlich bereits 17 Todesopfer. Dagegen sind die Gefahren durch das Zika-Virus gering. Lediglich Schwangeren und Frauen, die eine Schwangerschaft planen, wird daher von einer Reise nach Brasilien abgeraten.

Quellen: promed, brasilianisches Gesundheitsministerium


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