Z Orthop Unfall 2016; 154(05): 432
DOI: 10.1055/s-0042-113655
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Coxarthrose/Gonarthrose – Welche NSAIDs in welcher Dosierung am besten wirken

Contributor(s):
Stefan Budde
Da Costa BR, Reichenbach S, Keller N et al.
Effectiveness of non-steroidal anti-inflammatory drugs for the treatment of pain in knee and hip osteoarthritis: a network meta-analysis.

Lancet 2016;
387: 2093-2105
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Stefan Budde
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover

Publication History

Publication Date:
11 October 2016 (online)

 

Bei der Behandlung der fortgeschrittenen Cox- und Gonarthrose nehmen die nicht-steroidalen antiinflammatorischen Drugs (NSAID) einen sehr hohen Stellenwert ein. Jedoch gibt es eine Vielzahl von Wirkstoffen und Dosierungen, die die Übersicht im klinischen Alltag erschweren, zumal die meisten Einzelstudien NSAIDs nicht untereinander, sondern lediglich mit einem Placebo vergleichen. Diese Studie soll diesbezüglich Klarheit schaffen.

Da Costa BR, Reichenbach S, Keller N et al. Effectiveness of non-steroidal anti-inflammatory drugs for the treatment of pain in knee and hip osteoarthritis: a network meta-analysis. Lancet 2016; 387: 2093 – 2105


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Die überwiegend schweizerische Arbeitsgruppe um da Costa konnte anhand Ihrer Studie zeigen, dass die Wirksamkeit der verschiedenen NSAIDs sich erheblich unterscheidet: Diclofenac in einer Dosierung von 150 mg täglich ist die effektivste Medikation hinsichtlich Schmerz und Funktionsverbesserung und dabei anderen NSAIDs (wie Naproxen, Ibuprofen und Celecoxib) selbst in ihrer jeweiligen Maximaldosierung überlegen. Etoricoxib mit einer Dosierung von 60 mg täglich ist hinsichtlich der Schmerzlinderung ebenso wirksam, jedoch ist die Effektschätzung der Funktionsverbesserung für eine valide Aussage zu unpräzise. Paracetamol hingegen zeigte sich kaum wirksam und kann für den Einsatz bei Gon- oder Coxarthrose nicht empfohlen werden.

Methoden

Für diese Network-Meta-Analyse konnten 8973 randomisierte Studien identifiziert werden, die NSAIDs, Paracetamol oder Placebokontrollen mit Gruppengrößen von mindestens 100 Patienten miteinander verglichen und zwischen 01/1980 und 02/2015 veröffentlicht wurden. 74 randomisierte Studien mit insgesamt 58 556 Patienten konnten für die vorliegende Analyse verwendet werden. Primärer und sekundärer Endpunkt waren Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung, die über mehrere Zeitpunkte hinweg analysiert wurden. Für die statistische Analyse wurde ein erweitertes multivariables Bayes'sches Random-Effects-Modell verwendet.


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Ergebnisse

Es wurde die Wirkung 7 verschiedener NSAIDs und von Paracetamol in unterschiedlichen Dosierungen, sowie von Placebokontrollen analysiert. Bei nur 6 der 22 Wirkstoff-Tagesdosis-Kombinationen bestand eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 95 %, dass der minimale als klinisch bedeutsam erachtete Effekt bei Cox- und Gonarthrose (Effektstärke − 0,37, entsprechend 9 mm auf einer visuellen Analogskala (VAS) von 100 mm) erreicht wurde: 150 mg Diclofenac; 30, 60 und 90 mg Etoricoxib, sowie 25 und 50 mg Rofecoxib. Von den für diese Indikation zugelassenen Wirkstoff-Tagesdosis-Kombinationen waren 150 mg Diclofenac (14 mm auf der VAS) und 60 mg Etoricoxib die wirksamsten – mit einer 100 %igen Wahrscheinlichkeit, den minimalen klinisch-bedeutsamen Effekt zu erreichen. Rofecoxib ist generell nicht mehr zugelassen, während Etoricoxib 90 mg nicht für die Arthrosebehandlung zugelassen ist, jedoch einen noch höheren schmerzlindernden Effekt besitzen könnte (bei jedoch für eine valide Aussage zu unpräziser Effektschätzung). Die Behandlungseffekte veränderten sich nicht mit der Behandlungsdauer.


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Kommentar

Diese statistisch sehr aufwendige Studie kommt zu eindeutigen Aussagen: Die Verschreibung einer Monotherapie mit Paracetamol – egal in welcher Dosierung – bei Patienten mit Gon- oder Coxarthrose ist obsolet, während eine Tagesdosis von 150 mg Diclofenac nach den Daten dieser Studie die wirksamste Medikation zur Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung ist. Zumindest hinsichtlich der schmerzlindernden Wirkung sind 60 mg Etoricoxib gleichwertig.

Diese Erkenntnisse sind für die Verschreibung von Analgetika äußerst hilfreich, jedoch muss immer auch eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen. Die gastrointestinalen und kardiovaskulären Risiken und ihr Zusammenhang mit der Behandlungsdauer sind für alle NSAIDs gut belegt und müssen bei der Verschreibung für den individuellen Patienten Berücksichtigung finden. Vor diesem Hintergrund sollte eine bedarfsorientierte, intermittierende Kurzzeit-Verordnung in mittleren und starken Dosierungen einer Langzeitverordnung vorgezogen werden. Für die Suche nach alternativen Wirkstoffen wiederum wäre es wünschenswert, ähnliche Daten wie in dieser Studie auch für Metamizol und niedrigpotente Opiate heranziehen zu können.


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Korrespondenzadresse

Dr. med. Stefan Budde
Orthopädische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover