Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzther 2016; 51(09): 509-510
DOI: 10.1055/s-0042-115627
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Ein Leben Retten! 100 Pro Reanimation: Eine Erfolgsgeschichte

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Publication Date:
15 September 2016 (online)

Eine erfolgreiche Wiederbelebung baut auf mehreren, ineinander verzahnten Abläufen auf. Nur wenn alle Versorgungsabschnitte funktionieren, haben Patienten die Chance, den plötzlichen Herztod zu überleben. Die Anästhesiologie spielt seit mehreren Jahrzehnten eine entscheidende Rolle bei der Stärkung der professionellen Notfallmedizin in Deutschland. Nicht zuletzt ausgedrückt durch das „N“ im Akronym AINS wird deutlich, dass die Notfallmedizin eine der tragenden Säulen unseres Fachgebietes ist. Die DGAI hat frühzeitig erkannt, dass neben der Aus-, Fort- und Weiterbildung von Notfallmedizinern auch die Bearbeitung der wissenschaftlichen Fragestellungen der Notfallmedizin entscheidend zu einer Optimierung der täglichen Patientenversorgung beiträgt.

Die Gründung des Deutschen Reanimationsregisters (German Resucitation Registry, GRR) im Jahr 2007 auf Initiative von Prof. Dr. Jens Scholz aus Kiel ist ein besonderer Meilenstein. Von Beginn an hat die DGAI den Aufbau dieses Registers betrieben und unterstützt. Mit mehr als 100 000 Datensätzen und mehr als 18 Millionen erfassten Einwohnern in Deutschland ist das Deutsche Reanimationsregister eine der größten notfallmedizinischen Datenbanken in Europa. Unter der Federführung deutscher Anästhesisten wurde gerade die erste multinationale, europaweite Studie zur Versorgung von Patienten nach plötzlichem Herztod veröffentlicht. In EuReCa ONE [1] konnten die Struktur-, Prozess- und Ergebnisunterschiede bei der Versorgung in 27 europäischen Ländern gezeigt werden. Bestandteil der Untersuchung war unter anderem die Inzidenz von Laienreanimationsmaßnahmen, die den ersten wichtigen Schritt bei der Versorgung von Patienten im Kreislaufstillstand markieren.

Vor Jahren wurde durch die Daten des Deutschen Reanimationsregisters bekannt, dass die Laienreanimationszahlen in Deutschland weit hinter denen anderer europäischer Nachbarn lagen. Im Jahr 2012 startete auf Initiative des Präsidenten des BDA, Prof. Dr. Götz Geldner aus Ludwigsburg, in Zusammenarbeit mit der DGAI und der Stiftung Deutscher Anästhesiologie zum Weltanästhesietag am 16. Oktober die Kampagne „Ein Leben retten! 100 Pro Reanimation“ (www.einlebenretten.de). Diese sollte insbesondere das erste Glied der Versorgungskette – die Laienreanimation – stärken. Mit dieser Kampagne wurde die erfolgreichste deutsche Initiative zur Steigerung der Wiederbelebungsmaßnahmen durch Laien initiiert.

Nicht einmal ein Jahr nach der ersten Aktivität zum Weltanästhesietag 2012 startete der nächste Teil der Erfolgsgeschichte. Auf Initiative des Generalsekretärs der DGAI, Prof. Dr. Hugo Van Aken, aus Münster haben DGAI und BDA auf ihren Präsidiumssitzungen im Frühjahr 2013 beschlossen, eine „Woche der Wiederbelebung“ als bundesweit stattfindende Aufklärungskampagne zu etablieren. Gemeinsam mit der Stiftung Deutsche Anästhesiologie und in Kooperation mit dem Deutschen Rat für Wiederbelebung wurde dieses Vorhaben in die Tat umgesetzt. Von Anfang an fand die Initiative unter der Schirmherrschaft des Bundesgesundheitsministers statt. Mit einem Aktionsplan zur Schülerreanimation, Leitstellenanleitung zur Wiederbelebung, Stärkung der Kompetenzen am Arbeitsplatz und einer breit gefächerten Aufklärungskampagne wurde das nun bereits im 5. Jahr befindliche bundesweite Projekt gestartet. Mit Fernseh- und Kinospots wurde das Thema Laienreanimation in die Öffentlichkeit gebracht.

Das Projekt „100 pro Reanimation – ein Leben retten“ und die Woche der Wiederbelebung haben in den vergangenen 5 Jahren erreicht, dass in Deutschland der Anteil der Wiederbelebungen durch Laien von 17 % auf über 33 % gestiegen ist. Dies ist ein großer Erfolg und der erste Schritt für eine erfolgreiche Wiederbelebung, wodurch mehr Menschenleben gerettet werden.

Weitere Schritte sind notwendig, um letztendlich mehr Überlebende nach plötzlichem Herztod auch in Deutschland verzeichnen zu können. Auf Initiative von PD Dr. Jan-Thorsten Gräsner (Sprecher des GRR) und des GRR-Organisationskommittees sowie der DGAI und des BDA entstanden die „Bad Boller Reanimationsgespräche“. Diese haben neben der Laienreanimation bewusst die gesamte Versorgungskette auf den Prüfstand gestellt. Unterstützt durch weitere Verbände und Institutionen ist das gemeinsame Ziel von 10 000 zusätzlichen geretteten Leben nach plötzlichem Herztod formuliert worden. Hierfür brauchen wir eine optimale Versorgung in allen Abschnitten. Laienreanimation, Telefonanleitung, professioneller Rettungsdienst und die richtige Behandlung im richtigen Krankenhaus sind entscheidend für den Erfolg.

Das „Team for survival“ bündelt alle diese Aktivitäten. Die Umsetzung der 10 Thesen für 10 000 Leben, wie sie in Bad Boll im Jahr 2014 formuliert wurden, ist notwendig [2]. Anästhesisten arbeiten täglich nicht nur im Bereich der professionellen Versorgung als Notärzte und Klinikärzte. Mit der Kampagne „100 pro Reanimation – ein Leben retten“ und der „Woche der Wiederbelebung“ setzten Anästhesisten dort an, wo wir alle auf die Hilfe engagierter Laienhelfer angewiesen sind. Nicht nur die aktuellen Zahlen aus dem Deutschen Reanimationsregister zeigen uns, dass dieser Weg erfolgreich ist.

Gemeinsames Ziel für die Zukunft ist es, mit sämtlichen Beteiligten weiter an den Stellschrauben in allen Versorgungsabschnitten so lange zu arbeiten, bis eine optimale Versorgung erreicht werden kann. Zusammen sind 10 000 mehr Überlebende pro Jahr erreichbar.

Herausgeber

M. Adamzik, Bochum

G. Geldner, Ludwigsburg

T. Hachenberg, Magdeburg

W. Koppert, Hannover

G. Marx, Aachen

N. Roewer, Würzburg

P. Rosenberger, Tübingen

J. Scholz, Kiel

C. Spies, Berlin

H. Van Aken, Münster

H. Wulf, Marburg

K. Zacharowski, Frankfurt/Main

Experten-Panel

B. Bein, Hamburg

E. Biermann, Nürnberg

J. Biscoping, Karlsruhe

B. Böttiger, Köln

A. Brack, Würzburg

M. Bucher, Halle

H. Bürkle, Freiburg

V. von Dossow, München

L. Eberhart, Marburg

U. Ebmeyer, Magdeburg

M. Fischer, Göppingen

J. Graf, Frankfurt/Main

S. Grond, Detmold

M. Grünewald, Kiel

K. Hahnenkamp, Greifswald

U. Kaisers, Ulm

C. Kill, Marburg

S. Kozek-Langenecker, Wien

P. Kranke, Würzburg

L. Lampl, Ulm

J. Martin, Ludwigsburg

A. Meißner, Soest

P. Meybohm, Frankfurt/Main

C. Nau, Lübeck

J. Pfefferkorn, Stuttgart

J. Roesner, Rostock

M. Schäfer, Berlin

T. Schnider, St. Gallen

T. Schürholz, Aachen

U. Schwemmer, Neumarkt

T. Standl, Solingen

F. Stüber, Bern

R. Sümpelmann, Hannover

T. Volk, Homburg/Saar

A. Walther, Stuttgart

F. Wappler, Köln

E. Weis, Nürnberg

C. Wunder, Stuttgart

A. Zarbock, Münster

Organschaften

Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin

Österreichische Gesellschaft für Anaesthesiologie, Reanimation und Intensivmedizin

AINS indexiert in

Medline, Embase, Scopus

Science Citation Index Expanded

Verlag

www.thieme.de/ains

www.thieme-connect.de/products

 
  • Literatur

  • 1 Gräsner JT, Lefering R, Koster RW et al. EuReCa ONE Collaborators. EuReCa ONE-27 Nations, ONE Europe, ONE Registry: A prospective one month analysis of out-of-hospital cardiac arrest outcomes in 27 countries in Europe. Resuscitation 2016; 105: 188-95
  • 2 Gräsner JT, Werner C, Geldner G, Böttiger BW. Bad Boller Reanimationsngespräche Anästh Intensivmed. 2014; 55: 148-150