Mitglieder des Leitlinienverfahrens
Mitglieder des Leitlinienverfahrens
Leitlinienkoordination:
Prof. Dr. med. Gerhard A. Wiesmüller, Abteilung Infektions- und Umwelthygiene, Gesundheitsamt
der Stadt Köln, Neumarkt 15–21, 50667 Köln, Tel.: 0221 /221-25443, Fax: 0221/221-23553,
E-Mail: gerhard.wiesmueller@stadt-koeln.de
Leitliniensteuerungsgruppe:
Dr. med. Heinzow (GHUP), Prof. Dr. med. Herr (GHUP), Dr. rer. nat. Hurraß (GHUP),
Prof. Dr. med. Wiesmüller (GHUP)
Wissenschaftliche Medizinische Fachgesellschaften und Mandatsträger:
Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin e. V. (GHUP)
Prof. Dr. med. Steffen Engelhart, Dr. med. Birger Heinzow, Prof. Dr. med. Caroline
E.W. Herr,
Dr. rer. nat. Julia Hurraß, Dr. rer. nat. Regine Szewszyk, Prof. Dr. med. Gerhard
A. Wiesmüller
Deutsche Dermatologische Gesellschaft e. V. (DDG)
Dr. rer. nat. Martin Köberle, Dr. rer. nat. Hans Peter Seidl
Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V. (DGAKI)
Prof. Dr. med. Rolf Merget, Prof. Dr. rer. nat. Monika Raulf, Priv.-Doz. Dr. med.
Jörg Kleine-Tebbe, Prof. Dr. med. Peter Thomas
Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V. (DGAUM)
Prof. Dr. med. Dennis Nowak, Prof. Dr. rer. nat. Monika Raulf, Prof. Dr. med. Monika
A. Rieger (vertretend)
Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V. (DGKH)
Prof. Dr. med. Steffen Engelhart
Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP)
Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann, Prof. Dr. med. Rolf Merget, Norbert Mülleneisen,
Prof. Dr. med. Dennis Nowak
Deutschsprachige Mykologische Gesellschaft e. V. (DMykG)
Prof. Dr. med. Oliver A. Cornely
Gesellschaften und Mandatsträger:
Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e. V. (GPA)
Dr. med. Thomas Lob-Corzilius, Prof. Dr. med. Albrecht Bufe
Österreichische Gesellschaft für Medizinische Mykologie (ÖGMM) und Mandatsträger:
Prof. PD Ing. Mag. Dr. Walter Buzina
Ärzteverbände und Mandatsträger:
Ärzteverband Deutscher Allergologen e. V. (AeDA)
Prof. Dr. med. Ludger Klimek, Dr. med. Uta Rabe
Bundesarbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie e. V. (BAPP)
Prof. Dr. Jens-Oliver Steiß
Experten:
Dr. med. Ute Aurbach, Dr. rer. nat. Guido Fischer, Dr. rer. nat. Thomas Gabrio, Priv.-Doz.
Dr. med. Werner Heinz, Dr. med. Dipl.-Chem. Herbert Lichtnecker, Dr. rer. nat. Kerttu
Valtanen
Patientenvertretung:
Aufgrund der Komplexität der Thematik, die unterschiedliche medizinische Fachrichtungen
betrifft, konnte keine geeignete Patientenvertretung ermittelt werden. Die Ermittlung
und Einbindung einer geeigneten Patientenvertretung soll bei der Aktualisierung der
Leitlinie besondere Berücksichtigung finden.
Abkürzungsverzeichnis
ABPA:
Allergische bronchopulmonale Aspergillose
ACE:
Angiotensin Converting Enzyme
AeDA:
Ärzteverband Deutscher Allergologen e. V.
AFRS:
Allergic Fungal Rhinosinusitis
AGAS:
Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter e. V.
AGIHO:
Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie
AIT:
Arbeitsplatzbezogener Inhalationstest
ALL:
Akute Lymphatische Leukämie
alloSZT:
Allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation
AML:
Akute Myeloische Leukämie
AR:
Allergische Rhinitis
ARS:
Akute Rhinosinusitis
AWMF:
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.
BAAP:
Bundesarbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Pneumologie e. V.
BÄK:
Bundesärztekammer
BPT:
Bronchialer Provokationstest
CAP:
Carrier-Polymer-System
CDC:
Centers for Disease Control and Prevention
COPD:
Chronic Obstructive Pulmonary Disease
CRS:
Chronische Rhinosinusitis
CSM:
Cholestyramin
DDG:
Deutsche Dermatologische Gesellschaft e. V.
DEGAM:
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V.
DGAKI:
Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V.
DGAUM:
Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V.
DGHNOKHC:
Deutsche Gesellschaft für
Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V.
DGHO:
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e. V.
DGKH:
Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e. V.
DGKJ:
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V.
DGP:
Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V.
DGRh:
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V.
DLCO:
Diffusing capacity or Transfer factor of the lung for carbon monoxide
DMykG:
Deutschsprachige Mykologische Gesellschaft e. V.
DNCG:
Di-Natrium-Cromoglicat
EAA:
Exogen Allergische Alveolitis
EAACI:
European Academy of Allergology and Clinical Immunology
EBM:
Einheitlicher Bewertungsmaßstab
ECP:
Eosinophiles Cationisches Protein
EG:
Europäische Gemeinschaft
ELISA:
Enzyme-Linked-Immuno-Sorbent-Assay
EP3OS:
European Position Paper on Polyps and Sinusitis
FEIA:
Fluoreszenz-Enzym-Immuno-Assay
GHUP:
Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin e. V.
GPA:
Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e. V.
GPP:
Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie e. V.
GVHD:
Graft-Versus-Host Disease
HEPA:
High Efficiency Particulate Air Filter
HP:
Hypersensitivity Pneumonitis
HT:
Hauttest
IA:
Invasive Aspergillose
IOM:
Institute of Medicine
IUIS:
International Union of Immunological Societies
KBE:
Kolonie bildende Einheit
KBV:
Kassenärztliche Bundesvereinigung
KI:
Konfidenzintervall
KMT:
Knochenmarktransplantation
KPT:
Konjunktivaler Provokationstest
KRINKO:
Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
LST:
Lymphozytenstimulationstest
LTT:
Lymphozytentransformationstest
MD:
Mean Difference
MMI:
Mucous Membrane Irritation
MMIS:
Mucous Membrane Irritation Syndrome
MVOC:
Microbial Volatile Organic Compounds
NLM:
National Library of Medicine
NNH:
Nasennebenhöhlen
NPT:
Nasaler Provokationstest
ODTS:
Organic Dust Toxic Syndrome
OR:
Odds Ratio
OVOC:
Odour Active Volatile Organic Compounds
PBSCT:
Peripheral Blood Stem Cell Transplantation
PEF:
Peak-exspiratorischer Fluss
PEG:
Paul-Ehrlich-Gesellschaft
PEI:
Paul-Ehrlich-Institut
PN:
Provokations- und Neutralisationstest
RIA:
Radioimmunoassay
RKI:
Robert Koch-Institut
SCIT:
Subkutane Immuntherapie
SGB:
Sozialgesetzbuch
SIT:
Spezifische Immuntherapie
SLIT:
Sublinguale Immuntherapie
TAV:
Therapie-Allergene-Verordnung
TRBA:
Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe
UBA:
Umweltbundesamt
WAO:
World Allergy Organization
WHO:
World Health Organization
1 Zu dieser Leitlinie
Schimmelpilze in Innenräumen sind in Deutschland ein bedeutendes Gesundheitsthema.
Schäden mit Schimmelbildung finden sich im Gesamtbestand der Wohnungen in Deutschland
in nahezu jeder 10. Wohnung [1].
Nach einer repräsentativen Umfrage bezeichnen 3 von 10 befragten Personen Schimmelbildung
in Gebäuden und der eigenen Wohnung als eine der Umweltbelastungen, die sie im Hinblick
auf potenzielle Gesundheitsrisiken am meisten fürchten, und in einer Google-Internetabfrage
zu „Krank durch Schimmelpilze“ finden sich mehr Ergebnisse als zu „Krank durch Pollen“.
Die Problematik ist bei Patienten oft mit starker Verunsicherung verbunden.
Zum Nachweis, zur Bewertung, zur Ursachensuche und zur Sanierung von Schimmelpilzwachstum
in Innenräumen liegen zwei Leitfäden vor [2]
[3]. Eine überarbeitete Fassung des UBA-Leitfadens wird voraussichtlich in 2016 erscheinen.
Zur gesundheitlichen Bewertung hat die RKI-Kommission „Methoden und Qualitätssicherung
in der Umweltmedizin“ ausführlich 2007 Stellung genommen [4]. Zudem liegen Antworten zu häufigen Fragestellungen zur gesundheitlichen Risikobewertung
von Schimmelpilzexpositionen im Innenraum der Arbeitsgruppe Bioaerosole der Gesellschaft
für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) vor [5]
[6]
[7]
[8]
[9]
[10]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15].
Gesicherte wissenschaftliche Kenntnisse zu dem Thema „Gesundheitliche Wirkung von
Schimmelpilzen“ sind gegenwärtig in vielen Bereichen noch gering, und nur wenige Ärzte
besitzen das notwendige Fachwissen über die von Schimmelpilzen ausgehenden gesundheitlichen
Wirkungen, deren Diagnose und Therapie.
Der geforderte sachliche Umgang mit der Problematik ist wegen der zum Teil ungeklärten
Nosologie und des Fehlens einer umfassenden diagnostischen Leitlinie erschwert. Diese
Lücke soll mit dieser Leitlinie geschlossen werden.
Mit dieser Leitlinie soll Ärzten eine Hilfe an die Hand gegeben werden, Patienten,
die erhöht gegenüber Schimmelpilzen exponiert sind (umgangssprachlich: „Schimmelpilzbelastungen“),
aus medizinischer Sicht zu beraten und zu behandeln. Die Diagnostik und Behandlung
von Mykosen sind nicht Gegenstand dieser Leitlinie.
„Schimmel“ ist ein Sammelbegriff für verschiedene Pilze, die als sichtbare Schimmelpilze
im Innenraum auftreten können. Schimmelpilze sind ein natürlicher, ubiquitärer Teil
unserer Umwelt. Voraussetzung für das Wachstum von Schimmelpilzen ist eine ausreichende
Feuchtigkeit im Material oder an Oberflächen, und das Schimmelpilzwachstum wird daher
durch eine hohe Luftfeuchtigkeit, mangelnde Belüftung und kalte Bauteiloberflächen
(Folge: Kondensation durch Taupunktunterschreitung) begünstigt. Bauliche Bedingungen,
Wasserschäden, aufsteigende Feuchtigkeit, Leckagen, Havarien etc. führen ebenfalls
zu einer erhöhten Feuchtigkeit und können das Wachstum von Schimmelpilzen fördern.
Schimmelpilze in Innenräumen können auf einer Vielzahl von Materialien (z. B. Holz,
Tapeten, Pappe, Kunststoffe, Gummi, Teppichböden) und in einem weiten Temperaturbereich
wachsen [4]
[16]. Schimmelpilzwachstum in Innenräumen ist immer ein Feuchtigkeitsproblem und zur
dauerhaften Expositionsvermeidung der Nutzer ist primär diese Ursache zu beheben.
Feuchte-/Schimmelschäden, von denen eine gesundheitlich relevante Exposition und damit
ein potenzielles Gesundheitsrisiko für gesunde Personen ausgehen kann, betreffen (sichtbare
oder nicht sichtbare) Schadensfälle mit mikrobiologischer Besiedlung, insbesondere
Schimmelpilzbefall mit aktivem Schimmelpilzwachstum (viable) oder mit abgetrockneten
(non-viable) Schimmelpilzen, bei denen eine erhöhte Freisetzung von Schimmelpilzbestandteilen
(Sporen, Myzel, etc.) und anderen Biostoffen wahrscheinlich ist.
Da die individuelle Empfindlichkeit und die Exposition gegenüber Schimmelpilzsporen
stark variieren, können keine Richtwerte (KBE/m³) festgelegt werden. Eine quantitative
gesundheitliche Risikobewertung ist nicht möglich. Allerdings sind aufgrund der potenziellen
Gesundheitsgefährdung von Feuchte-/Schimmelpilzschäden in Innenräumen aus hygienisch-präventiver
Sicht solche Schäden als bedenklich einzustufen (vgl. überarbeitete Fassung des UBA-Leitfadens;
Erscheinungstermin: voraussichtlich in 2016) und stets sachgerecht zu sanieren.
Feuchteschäden (mit vermehrtem Schimmelpilz- und Bakterienwachstum) werden mit sehr
unterschiedlichen Wirkungen beim Menschen in einen Zusammenhang gebracht. Zu den Symptomen
und Krankheitsbildern, die in Zusammenhang mit Schimmelpilzen bei entsprechend ausgeprägter
Exposition auftreten können, werden diskutiert:
-
Allergien
– Typ I-Allergie: Allergische Rhinokonjunktivitis, Asthma bronchiale, Urtikaria
– Typ I- und Typ III-Allergie: Allergische Bronchopulmonale Aspergillose (ABPA)
– Typ III- und Typ IV-Allergie: Exogen Allergische Alveolitis (EAA, engl. Hypersensitivity
Pneumonitis [HP]), Befeuchterlunge, Farmerlunge
-
atopisches Ekzem
-
Infektanfälligkeit (chronische Bronchitis)
-
System-Mykosen
-
Mykotoxikosen
-
toxische Alveolitis, Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS) (Arbeitsplatz)
-
Schleimhautreizung, Mucous Membrane Irritation (MMI), gelegentlich auch als Mucous Membrane Irritation Syndrome (MMIS) bezeichnet
-
Geruchswirkungen
-
Befindlichkeitsstörungen
In der Praxis ist die Beantwortung der Frage von Patienten, welches Gesundheitsrisiko
mit dem Nachweis von Schimmelpilzen in Innenräumen verbunden ist, primär eine ärztliche
Aufgabe. Um eine gesundheitliche Gefährdung durch Schimmelpilze beurteilen zu können,
muss einerseits die gesundheitliche Situation des Exponierten (Prädisposition), andererseits
das Ausmaß des Schimmelpilzbefalls und die Freisetzung von Schimmelpilzsporen oder
anderen Bestandteilen (z. B. Stoffwechselprodukte, Zellbestandteile) im Innenraum
(Exposition) beurteilt werden.
In der Praxis stehen die Anamnese sowie die allgemein- und fachärztliche klinische
Beurteilung des Patienten im Vordergrund. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob das Beschwerde-
oder Krankheitsbild möglicherweise durch eine Schimmelpilzexposition bedingt sein
kann, ob es Hinweise auf eine Schimmelpilzexposition im Innenraum gibt, die über die
ubiquitäre Hintergrundbelastung hinausgeht, und ob eine Disposition zu möglichen Schimmelpilzwirkungen
vorliegt.
Nach heutigem Kenntnisstand sind von den schimmelpilzassoziierten Gesundheitsstörungen
im Innenraum Schleimhautirritationen von Augen und Atemwegen und allergische Reaktionen
wahrscheinlich am häufigsten [5]
[17].
Bei sehr hohen Bioaerosolkonzentrationen, die im Regelfall nur an entsprechenden Arbeitsplätzen
und nicht in Innenräumen vorkommen, können schwerwiegende toxische Wirkungen (Organic
Dust Toxic Syndrome, ODTS) beobachtet werden [4]
[18]
[19]. Die arbeitsbedingte Exposition und die damit verbundenen Krankheitsbilder sind
nicht Gegenstand dieser Leitlinie, werden aber dort, wo es sinnvoll ist, angesprochen.
Schimmelpilzwachstum im Innenraum ist aus Sicht der Prävention als ein potenzielles
Gesundheitsrisiko zu betrachten, auch ohne dass ein quantitativer und kausaler Zusammenhang
zwischen dem Vorkommen einzelner Arten und Gesundheitsbeschwerden gesichert werden
kann. Ein Feuchteschaden und/oder ein Schimmelpilzwachstum in Innenräumen ist aus
gesundheitlicher Sicht immer ein hygienisches Problem, das – auch ohne dass Gesundheitsstörungen
vorhanden sind – nicht hingenommen werden darf. Vielmehr sollte hier nach dem Vorsorgeprinzip
die Belastung minimiert oder wenn möglich beendet werden [2]
[3]
[18]
[20]. Die wichtigste Präventionsmaßnahme bei Schimmelpilzexpositionen im Innenraum ist
die Klärung der Ursache des Feuchte-/Wasserschadens und die sachgerechte Sanierung
[3]
[21]
[22]
[23].
1.1 Sinn und Ziel der Leitlinie
Die Leitlinie soll die bestehende Lücke für eine rationale und rationelle medizinische
Diagnostik bei Schimmelpilzexposition im Innenraum schließen. Bisher existieren nur
Leitlinien zum auf Gebäude bezogenen Vorgehen bei Feuchteschäden [2]
[3]
[20]
[22]
[23] und Übersichtsarbeiten zu assoziierten Krankheitsbildern [4]
[14]
[16]
[24], jedoch kein übergreifendes auf den Patienten bezogenes diagnostisches Prozedere.
Arbeitsplatzbezogene Erkrankungen oder spezifische Arbeitsplatzexpositionen, die orale
Aufnahme von Schimmelpilzen oder Schimmelpilzbestandteilen sowie Erkrankungen durch
Hefen und Dermatophyten sind nicht Gegenstand der Leitlinie.
Die wissenschaftliche Literatur zu Schimmelpilzen ist sehr umfangreich und überwiegend
in Englisch publiziert. In den epidemiologischen Studien wird die häusliche Exposition
oft mit den Begriffen „dampness and mould“ kategorisiert, d. h. es wird keine Unterscheidung
zwischen Feuchteschäden mit oder ohne Schimmelpilzen im Innenraum gemacht. Das ist
sinnvoll, da es keine spezifischen gesundheitsbezogenen Marker für eine quantitative
Schimmelpilzexposition gibt. Unter „mould“ (oder amerikanisch-englisch „mold“) sind
„sichtbare“ Schimmelpilzstrukturen zu verstehen, wobei „sichtbar“ auch verdeckten
Schimmelpilzbefall einschließt. In der Leitlinie wird „dampness and mould“ mit dem
Begriff „Feuchtigkeit und Schimmel“ übersetzt.
Weitere Definitionen finden sich im Anhang zu dieser Leitlinie.
Im Folgenden sind die Kernbotschaften der Leitlinie aufgeführt, die gleichzeitig die
Kernempfehlungen der Leitlinie enthalten. Die Stärke der Empfehlung wird durch folgende
Begriffe ausgedrückt:
starke Empfehlung: „soll“; Empfehlung: „sollte“; offene Empfehlung: „kann“.
Kernbotschaften der Leitlinie
Die Problematik von Schimmelpilzexpositionen im Innenraum bedarf einer Versachlichung.
-
Schimmelpilzbefall in relevantem Ausmaß darf in Innenräumen aus Vorsorgegründen nicht
toleriert werden. Zur Beurteilung des Schadensausmaßes sei auf den „Leitfaden zur
Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen“
des Umweltbundesamtes [2] verwiesen. Eine überarbeitete Fassung des UBA-Schimmelpilzleitfadens wird voraussichtlich
in 2016 erscheinen.
-
Die wichtigsten Maßnahmen bei Schimmelpilzexpositionen im Innenraum sind Ursachenklärung
und sachgerechte Sanierung (siehe Schimmelpilzsanierungsleitfäden [3]
[22]).
-
Schimmelpilzmessungen im Innenraum aus medizinischer Indikation sind selten sinnvoll.
In der Regel kann bei sichtbarem Schimmelpilzbefall sowohl auf eine quantitative als
auch auf eine qualitative Bestimmung der Schimmelpilzspezies verzichtet werden. Vielmehr
sind die Ursachen des Befalls aufzuklären, anschließend sind Befall und primäre Ursachen
zu beseitigen.
-
Schimmelpilzexpositionen können allgemein zu Irritationen der Schleimhäute (Mucous
Membrane Irritation, MMI), Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen führen.
-
Spezielle Krankheitsbilder bei Schimmelpilzexposition betreffen Allergien und Schimmelpilzinfektionen
(Mykosen).
-
Es ist eine ärztliche Aufgabe, in Fällen eines vermuteten Zusammenhangs von Feuchteschäden
oder Schimmel in Innenräumen und gastrointestinalen oder renalen Erkrankungen, Reproduktionsstörungen,
Teratogenität oder Krebserkrankungen zu versachlichen.
-
Besonders zu schützende Risikogruppen sind:
-
Personen unter Immunsuppression nach der Einteilung der Kommission für Krankenhaushygiene
und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) [25]
-
Personen mit Mukoviszidose (Zystischer Fibrose)
-
Personen mit Asthma bronchiale
-
Das Risiko für die Entwicklung eines Asthmas („Etagenwechsel“) ist erhöht bei:
-
Vermutlich sind alle Schimmelpilze geeignet, Sensibilisierungen und Allergien hervorzurufen.
Im Vergleich zu anderen Umweltallergenen ist das allergene Potenzial als geringer
einzuschätzen [26]
[27].
-
Atopiker (Personen mit einer Neigung zu Überempfindlichkeitsreaktionen u. a. wie allergischer
Rhinitis (Heuschnupfen), allergischem Asthma, atopischer Dermatitis auf den Kontakt
mit Umweltsubstanzen zu reagieren) weisen als Polysensibilisierte oft IgE-Antikörper
auch gegen Schimmelpilze auf, was jedoch nicht zwangsläufig einen Krankheitswert hat.
-
Kernelemente der Allergiediagnostik sind die Anamnese, die Hauttestung (Pricktest)
und die in vitro-serologischen Untersuchungen von spezifischen IgE-Antikörpern im Falle einer Typ
I-Sensibilisierung bzw. spezifischen IgG-Antikörpern im Falle einer Exogen Allergischen
Alveolitis (sehr selten bei nicht-arbeitsplatzbezogener Innenraumexposition) sowie
die Provokationstestung.
-
Der Nachweis von spezifischem IgE bedeutet, dass eine spezifische Sensibilisierung
gegenüber entsprechenden Allergenen vorliegt. Dieses ist aber wie eine positive Reaktion
im Hauttest genauso wenig gleichzusetzen mit einer klinisch-relevanten Allergie.
-
Negative In-vitro- und In-vivo-Testergebnisse schließen eine Sensibilisierung oder Allergie auf Schimmelpilz(e)
nicht aus.
-
Die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper im Zusammenhang mit der Diagnostik einer
Schimmelpilzallergie vom Soforttyp (Typ I-Allergie) hat keine diagnostische Bedeutung
und wird daher nicht empfohlen.
-
Lymphozytentransformationstestungen (LTT) auf Schimmelpilze sind als diagnostische
Verfahren nicht indiziert [28].
-
Infektionen durch Schimmelpilze sind selten und erfolgen am ehesten inhalativ. In
der Praxis ist von den in den Risikogruppen 2 und 3 nach TRBA 460 eingestuften Schimmelpilzen
die Bedeutung von Aspergillus fumigatus als wichtigstem Mykoseerreger am höchsten. Betroffen sind ganz überwiegend Personen
mit lokaler oder allgemeiner Abwehrschwäche.
-
Kernelemente der Schimmelpilzinfektionsdiagnostik sind mikrobiologische, immunologische,
molekularbiologische und radiologische Verfahren.
-
Schimmelpilzallergiker und Personen mit das Abwehrsystem schwächenden Erkrankungen
sollten über die Gefahren von Schimmelpilzexpositionen im Innenraum und über Maßnahmen
zur Prävention sachlich aufgeklärt werden und derartige Expositionen minimieren.
1.2 Suchmethodik
Die Trägerschaft der Leitlinie liegt bei der Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin
und Präventivmedizin (GHUP), die redaktionelle Koordination nahm eine Arbeitsgruppe
des Ausschusses für Bioaerosole der GHUP wahr (Herr Dr. Heinzow, Frau Professor Dr.
Herr, Frau Dr. Hurraß, Herr Professor Dr. Wiesmüller). Es wurden die an der Beratung
und Versorgung von Patienten mit durch Schimmelpilze verursachte Erkrankungen maßgeblich
beteiligten Fachgesellschaften angesprochen und um Entsendung von Mandatsträgern in
die Arbeitsgruppe gebeten. Nach diesem Verfahren war die Leitlinien-Gruppe multidisziplinär
zusammengesetzt, mit Vertretern der oben aufgeführten Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften, Gesellschaften und Ärzteverbänden.
Methodik
Für die Erstellung der Leitlinie wurde ein bundesweites Expertennetzwerk der Gesellschaft
für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) genutzt. Die Leitlinie baut
auf der Stellungnahme der RKI-Kommission [4], der WHO-Richtlinie [16] und den im Rahmen der GHUP-Jahrestagungen (GHUP 2009 – 2012) ausgerichteten wissenschaftlichen
Workshops mit dem Thema „Schimmelpilze und Gesundheit“ auf [29]
[30]
[31]
[32].
Die Leitlinie ist entsprechend den methodischen Vorgaben zur Entwicklung von Leitlinien
für Diagnostik und Therapie der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen
Fachgesellschaften (AWMF) erstellt worden und entspricht nach dem 3-Stufen-Konzept
der AWMF einer S2k-Leitlinie. Die Leitlinie beruht auf einer umfangreichen und systematischen
Literaturrecherche, die jedoch nicht formal den Anforderungen einer S2k-Leitlinie
entspricht, da es keine klinischen Studien zu dem Thema gibt. Eine Vergabe von Evidenzgraden
für Empfehlungen war deshalb nicht möglich und nicht sinnvoll.
Die Suche in der Cochrane Datenbank mit den Begriffen „mold“, „mould“ und/oder „dampness“
ergab 3 Treffer. Zwei Reviews behandelten die spezifische Immuntherapie bei Asthma
und Rhinitis und ein Review analysierte die präventive Wirkung der Sanierung von Feuchte-
und Schimmelschäden auf Atemwegserkrankungen [33].
Eine begrifflich abgestufte Medline-Recherche erbrachte 1949 Literaturstellen, zur
Eingrenzung wurde anschließend ein Abstract-Screening durchgeführt. Es wurde kein
thematisch umfassendes bzw. übergreifendes Review zum Thema medizinische Diagnostik
bei Schimmelpilz- und Feuchtigkeitsexposition in Innenräumen gefunden, sondern nur
Literatur zu einzelnen Themenkomplexen, wie [Tab. 1] zu entnehmen ist.
Tab. 1
Medline-Recherche zur Thematik der Leitlinie (Stand 12 – 2014).
|
Stichworte
|
Anzahl gefundener Publikationen
|
|
search indoor mold or mould or dampness and human health
|
1949
|
|
search indoor mold or mould or dampness and human health and allergy
|
1875
|
|
search indoor mold or mould and asthma
|
440
|
|
search indoor mold or mould health and allergy
|
434
|
|
search indoor mold or mould health and asthma
|
285
|
|
search indoor mold or mould health and atopy
|
24
|
|
search arthritis, rheumatism and mold or mould
|
46
|
|
search indoor mold or mould health and infection
|
74
|
|
search indoor mold or mould health and irritation
|
42
|
|
search indoor mold or mould health and symptoms
|
449
|
|
search indoor mold or mould health and ergosterol
|
24
|
|
search indoor mold or mould and human health and review
|
160
|
|
search indoor mold or mould and human health and trial
|
17
|
|
search indoor mold or mould health and infection
|
74
|
|
search indoor mold or mould and clinical diagnosis
|
89
|
|
search indoor mold or mould health and diagnostic
|
273
|
|
search indoor mold or mould health and prevention
|
216
|
|
search clinical diagnosis and indoor mold or mould and health
|
39
|
|
search indoor mold or mould health and treatment
|
229
|
|
search indoor mold or mould health and therapy
|
196
|
|
search indoor mold or mould health and air filter
|
54
|
Gesucht wurde auf Deutsch mittels Suchmaschine im Web (Google) und auf Englisch in
der Datenbank Medline (Medical Literature Analysis and Retrieval System Online).
Für grundlegende Evidenzbewertungen eines Zusammenhangs zwischen Schimmelpilzexposition
und definierten Krankheitsbildern wurden Veröffentlichungen der Weltgesundheitsorganisation
(WHO) [16], Veröffentlichungen des Institute of Medicine (IOM; USA) [24] und von Palatya und Shum (2012) [34] sowie ein zuletzt veröffentlichter Review von Mendell et al. (2011) [35] verwendet.
Für einzelne Themenbereiche vorwiegend zur Diagnostik wurden weitere Leitlinien berücksichtigt.
Diese werden in den jeweiligen Kapiteln als Querverweise aufgeführt.
Nachstehend genannte Leitlinien wurden herangezogen (Stand 5 – 2015):
Inhalative Schimmelpilzbelastung
Diez U, von Mühlendahl KE (2005) Inhalative Schimmelpilzbelastung. Leitlinie der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin. Pädiatrische
Allergologie 1: 38 – 39
http://www.agpas.de/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Leitlinien/umw_Leitlinie_Schimmelpilzbelastung.pdf; http://www.agpas.de/leitlinien/
Allergische Rhinokonjunktivitis, Rhinitis, Rhinosinusitis
Bachert C, Borchard U, Wedi B, Klimek L, Rasp G, Riechelmann H, Schultze-Werninghaus
G, Wahn U, Ring, J (2003) Allergische Rhinokonjunktivitis. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie
(DGAKI). Allergo J 12: 182 – 194
http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010/05/Leitlinie_AllergischeRhinitis2003.pdf
Riedel F (2004) Rhinitis allergica. Leitlinien der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin. Pädiatrische
Allergologie 1/04: 18 – 19
https://www.gpau.de/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Leitlinien/Leitlinie_Rhinitis_allergica.pdf
AWMF Nr. 053 – 012 – Rhino-Sinusitis. Entwicklungsstufe: S3 (2008), in Überarbeitung
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
http://www.degam.de/files/Inhalte/Leitlinien-Inhalte/Dokumente/DEGAM-S3-Leitlinien/LL-10_Langfassung_Rhinosinusitis-005B.pdf
AWMF Nr. 017 – 049 – Rhino-Sinusitis Entwicklungsstufe: S2k (2011)
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie
e. V.
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/017-049l_S2k_Rhinosinusitis_2011-abgelaufen.pdf
Asthma
Buhl R, Berdel D, Criée CP, Gillissen A, Kardos P, Kroegel, Leupold W, Lindemann H,
Magnussen H, Nowak D, Pfeiffer-Kascha D, Rabe K, Rolke M, Schultze-Werninghaus G,
Sitter H, Ukena D, Vogelmeier C, Welte T, Wettengel R, Worth H (2006) Leitlinie zur
Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
e. V.. Pneumologie 60: 139 – 183
http://www.atemwegsliga.de/tl_files/eigene-dateien/asthma/asthmaleitlinie.pdf
Berdel D, Forster J, Gappa M, Kiosz D, Leupold W, Pfeiffer-Kascha D, Rietschel E,
Schuster A, Sitter H, Spindler T, Wahlen W (2007) Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter. Leitlinien der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e. V.
Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP), Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie
und Umweltmedizin (GPA), Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter
(AGAS), Gesellschaft für Pädiatrische Rehabilitation. Monatsschr Kinderheilkd 155
(10): 957 – 967
http://gpau.de/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Leitlinien/gem._Leitlinie_Asthma.pdf
AWMF Nr. nvl-002 – Nationale Versorgungs-Leitlinie Asthma. Entwicklungsstufe: S3 (2013), in Überarbeitung
NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF
http://www.leitlinien.de/nvl/asthma/
Urtikaria
AWMF Nr. 013 – 028 – Urtikaria, Klassifikation, Diagnostik und Therapie.
Entwicklungsstufe: S3 (2011)
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V.
(DGAKI) und der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) (2011)
http://www.agpas.de/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Leitlinien/Urtikaria.pdf
EAA
Sennekamp J, Müller-Wening D, Amthor M, Baur X, Bergmann K-Ch, Costabel U, Kirsten
D, Koschel D, Kroidl R, Liebetrau G, Nowak D, Schreiber J, Vogelmeier C (2007) Empfehlungen zur Diagnostik der exogen-allergischen Alveolitis. Arbeitsgemeinschaft Exogen-Allergische Alveolitis der Deutschen Gesellschaft für
Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP) und der Deutschen Gesellschaft für Allergologie
und Klinische Immunologie (DGAKI). Pneumologie 61: 52 – 56
https://www.thieme.de/statics/dokumente/thieme/final/de/dokumente/zw_pneumologie/Alveolitis.pdf
ABPA
Huttegger I, Crameri R, Eichler I, Müller F-M, Lindemann H, Griese M (2006) Die allergisch bronchopulmonale Aspergillose bei zystischer Fibrose. Evidenzbasiertes und konsensuelles Leitpapier zur Entscheidungsfindung bei der Diagnostik
und Therapie. Monatsschr Kinderheilkd 154: 1003 – 1014
Invasive Pilzinfektionen
AWMF Nr. 082 – 003 – Diagnose und Therapie invasiver Aspergillus-Infektionen. Entwicklungsstufe: S2e, angemeldet
Leitlinie der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft (DMykG) und der Paul-Ehrlich-Gesellschaft
(PEG)
Karthaus M (2010) Leitliniengerechte Therapie der invasiven Aspergillose. Mycoses 53 (Suppl s1): 36 – 43
Onkopedia Leitlinie – Invasive Pilzinfektionen – Diagnostik. Stand: 2014
Ruhnke M, Böhme A, Buchheidt D, Cornely OA, Donhuijsen K, Einsele H, Enzensberger
R, Hebart H, Heußel CP, Hof H, Horger M, Karthaus M, Krüger WH, Maschmeyer G, Penack
O, Ritter J, Schwartz St für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen (AGIHO) der DGHO
https://www.dgho-onkopedia.de/de/onkopedia/leitlinien/invasive-pilzinfektionen-2013-diagnostik
Onkopedia Leitlinie – Invasive Pilzinfektionen – Therapie. Stand: 2014
Fachgesellschaften DGHO, Stand: August 2014
Mousset S, Böhme A, Buchheidt D, Cornely OA, Egerer G, Heinz W, Krüger WH, Link H,
Maschmeyer G, Neumann S, Ostermann H, Panse J, Penack O, Rieger Ch, Ruhnke M, Schmidt-Hieber
M, Silling G, Südhoff Th, Ullmann AJ, Wolf H-H für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen
(AGIHO) der DGHO
https://www.dgho-onkopedia.de/de/onkopedia/leitlinien/invasive-pilzinfektionen-therapie
Sarkoidose, Rheumatoide Arthritis
AWMF Nr. 027 – 066 – Brunner J, Thon A (2011) Leitlinie Sarkoidose im Kindes- und Jugendalter. Entwicklungsstufe S1 (2013)
Leitlinie der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie und der Deutschen Gesellschaft
für Kinder- und Jugendmedizin
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/027-066l_S1_Sarkoidose_2013-01.pdf
AWMF Nr. 060 – 002 – Frühe rheumatoide Arthritis, Management. Entwicklungsstufe: S3 (2011) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh)
Schneider M, Lelgemann M, Abholz H-H, Blumenroth M, Flügge C, Gerken M, Jäniche H,
Kunz R, Krüger K, Mau W, Specker C, Zellner M () Interdisziplinäre Leitlinie. Management der frühen rheumatoiden Arthritis. 3. Auflage.
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/060-002l_S3_Management_fr%C3%BChe_rheumatoide_Arthritis_2011-10.pdf
Diagnostik
AWMF Nr. 020 – 003 – Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit akutem und chronischem Husten. Entwicklungsstufe: S3 (2010), in Überprüfung
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
Kardos P, Berck H, Fuchs K-H, Gillissen A, Klimek L, Morr H, Pfeiffer-Kascha D, Schultze-Werninghaus
G, Sitter H, Voshaar T, Worth H (2010) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie
und Beatmungsmedizin zur Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit akutem
und chronischem Husten. Pneumologie 64: 336 – 373
http://www.pneumologie.de/fileadmin/pneumologie/downloads/Leitlinien/leitlinie_akuter_u_chronischer_husten.pdf?cntmark
Bufe A (ohne Jahresangabe) Leitlinie allergologische Diagnostik – APPA e. V.
http://www.appa-ev.de/leitlinien/Leitlinie_allergologische_Diagnostik.pdf
AWMF Nr. 061 – 017 – In-vitro-Allergiediagnostik. Entwicklungsstufe: S1 (2009)
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V.
(DGAKI) und Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG)
Renz H, Biedermann T, Bufe A, Eberlein B, Jappe U, Ollert M, Petersen A, Kleine-Tebbe
J, Raulf-Heimsoth M, Saloga J, Werfel Th, Worm M (2009) Leitlinie der DGAKI zur in vitro Allergiediagnostik (Arbeitsgruppe „in vitro Allergiediagnostik“) der Sektion Immunologie der DGAKI
http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010/05/Leitlinie_InvitroAllergieDiagnostik2009.pdf
Ruëff F, Bergmann K-Ch, Brockow K, Fuchs Th, Grübl A, Jung K, Klimek L, Müsken H,
Pfaar O, Przybilla B, Sitter H, Wehrmann W (2010) Hauttests zur Diagnostik von allergischen Soforttypreaktionen. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie
(DGAKI) in Abstimmung mit dem Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA), dem Berufsverband
Deutscher Dermatologen (BVDD), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG),
der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie
(DGHNOKHC), der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)
und der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA). Allergo
J 19: 402 – 415
http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010 /05 /Leitlinie_Hauttests-bei-Soforttypreaktionen2010.pdf
Riechelmann H, Bachert C, Goldschmidt O, Hauswald B, Klimek L, Schlenter WW, Tasman
AJ, Wagenmann M (2002) Durchführung des nasalen Provokationstests bei Erkrankungen der oberen Atemwege. Positionspapier der Deutschen Gesellschaft
für Allergologie und klinische Immunologie (Sektion HNO) gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft
Klinische Immunologie, Allergologie und Umweltmedizin der Deutschen Gesellschaft für
Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Allergo J 11: 29 – 36
http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010 /05 /Leitlinie_NasaleProvokation2002.pdf
http://www.dgaki.de/leitlinien/altere-leitlinien/
Gonsior E, Henzgen M et al. (2001) Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen – Teil I. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie.
Allergo J 2001; 9; 193 – 199
http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010 /05 /Leitlinie_BronchialeProvokationAllergenenTeilA20001.pdf
http://www.dgaki.de/leitlinien/altere-leitlinien/
Gonsior E, Henzgen M et al. (2001) Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen – Teil II. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie.
Teil B: Allergo J 2001; 10: 257 – 264
http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010 /05 /Leitlinie_BronchialeProvokationAllergenenTeilB2001.pdf
http://www.dgaki.de/leitlinien/altere-leitlinien/
Gonsior E, Henzgen M et al. (2002) Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergen. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie und Deutsche Gesellschaft
für Pneumologie. Pneumologie 56: 187 – 198
http://www.pneumologie.de/fileadmin/pneumologie/downloads/LL_bronchiale_ProvTEsts.pdf?cntmark
Baur X, Drexler H et al. (2010) Arbeitsmedizinische Leitlinie der Deutschen Gesellschaft
für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e. V. (DGAUM). Arbeitsplatzbezogener Inhalationstest (AIT). Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed: 434 – 441
Therapie
AWMF Nr. 061 – 004 – (Allergen-) spezifische Immuntherapie bei IgE vermittelten allergischen Erkrankungen. Entwicklungsstufe: S2k (2014)
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V.
(DGAKI)
Pfarr O, Bachert C et al. (2014) Leitlinie zur (allergen-) spezifischen Immuntherapie bei IgE-vermittelten allergischen
Erkrankungen. S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie
(DGAKI), der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA), des
Ärzteverbandes Deutscher Allergologen (AeDA), der Österreichischen Gesellschaft für
Allergologie und Immunologie (ÖGAI), der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie
und Immunologie (SGAI), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), der Deutschen
Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNOKHC),
der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ), der Gesellschaft
für Pädiatrische Pneumologie (GPP), der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und
Beatmungsmedizin (DGP), des Deutschen Berufsverbandes der HNO-Ärzte (BV-HNO), des
Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), des Bundesverbandes der Pneumologen
(BDP) und des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen (BVDD). Allergo J Int 23:
282
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/061-004l_S2k_SIT_2014-2.pdf
Prävention
AWMF Nr. 061 – 016 – Allergieprävention. Entwicklungsstufe: S3 (2014)
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V.
(DGAKI) und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DGKJ)
Schäfer T, Bauer CP, Beyer K, Bufe A, Friedrichs F, Gieler U, Gronke G, Hamelmann
E, Hellermann M, Kleinheinz A, Klimek L, Koletzko S, Kopp MV, Lau S, Müsken H, Reese
I, Schmidt S, Schnadt S, Sitter H, Strömer K, Vagts J, Vogelberg G, Wahn U, Werfel
T, Worm M, Muche-Borowski C (2014) S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/061-016l_S3_Allergiepr%C3%A4vention_2014-07.pdf
Die Bearbeitung des Manuskriptes der Leitlinie erfolgte schrittweise:
Nach Erstellung einer abgestimmten Gliederung (I) wurden zu einzelnen Abschnitten
Bearbeiter und Co-Autoren benannt, die entsprechend thematisch fokussierte Beiträge
einreichten.
Daraus wurde ein Textentwurf zusammengestellt (II), der innerhalb der Arbeitsgruppe
anhand der im Umlauf eingegangenen Anmerkungen zweimal redigiert und durch direkt
angeforderte Beiträge von ausgewiesenen Experten zu speziellen Fragestellungen ergänzt
wurde (III, IV). Zu den Themenfeldern Sarkoidose und Rheuma wurde auf die Expertise
von Herrn Dr. med. Pontus Harten, Kiel zurückgegriffen.
Die Bewertungen und Empfehlungen stellen eine Synthese der von den Autoren identifizierten
und verwendeten Publikationen dar.
Daraus wurde von der redaktionellen Arbeitsgruppe (Herr Dr. Heinzow, Frau Dr. Hurraß,
Herr Professor Dr. Wiesmüller) auf einem Treffen in Köln im November 2014 und anschließendem
Umlaufverfahren ein Leitlinien-Manuskript erstellt (V).
Dieser Leitlinienentwurf wurde allen Mitgliedern Anfang Februar 2015 mit der Bitte
um Kommentierung zugeleitet. Stellungnahmen aus dem Umlaufverfahren wurden dokumentiert
und ein Entwurf (VI) wurde für das Konsensusverfahren zur Abstimmung vorbereitet.
Mittels nominalen Gruppenprozesses wurde ein Konsens des Entwurfes und der eingegangenen
Stellungnahmen im Rahmen einer Konsensuskonferenz am 12. und 13. März 2015 in Hannover
erzielt. Hierzu wurde nach gemeinsamer Terminfindung im Vorfeld der Konsensuskonferenz
allen Mitgliedern des Leitlinienverfahrens der Entwurf mit den eingegangenen Stellungnahmen
als Word-Dokument mit der offiziellen Einladung zur Konferenz zur Verfügung gestellt.
Mitglieder des Leitlinienverfahrens, die nicht an der Konferenz teilnehmen konnten,
hatten vorher ausreichend Zeit und Gelegenheit, ihre Anmerkungen der Leitliniensteuerungsgruppe
mitzuteilen. Hatten nicht teilnehmende Mitglieder des Leitlinienverfahrens keine Anmerkungen,
wurde von diesen Mitgliedern per Email die Zustimmung zum Entwurf eingeholt. Diese
Konferenz wurde von Herrn Dr. med. Roland Suchenwirth als unabhängigem Moderator moderiert.
Nach ausreichender Diskussion unter Berücksichtigung aller Stellungnahmen wurden alle
Abschnitte und Empfehlungen im einvernehmlichen Konsens ohne jedweden Dissens verabschiedet.
Diese im Rahmen der Konsensuskonferenz verabschiedete Version der Leitlinie (VII)
wurde letztmalig im Umlaufverfahren per Email abgestimmt, damit auch die Mitglieder
des Leitlinienverfahrens, die an der Konsensuskonferenz nicht hatten teilnehmen können,
die Möglichkeit des Einspruches hatten. Diese letztmalige Abstimmung mündete in der
Endfassung (VIII) der Leitlinie.
Um von den einzelnen Autoren Erklärungen zu möglichen Interessenkonflikten zu erhalten,
wurde das entsprechende Formular der AWMF an alle Autoren versendet, und die Rückmeldungen
wurden in der „Tabellarischen Zusammenfassung Erklärungen über Interessenkonflikte“ der AWMF zusammengefasst, die bei der AWMF einsehbar ist. Die interdisziplinäre
Gruppe der Mitglieder des Leitlinienverfahrens hat einen ausreichend umfassenden Überblick
über den gesamten Themenkomplex der Leitlinie, sodass eine interne gegenseitige Kontrolle
eventuell möglicher Interessenkonflikte gewährleistet war. Während des gesamten Leitlinienprozesses
gab es keine Hinweise auf Einflüsse von Interessenkonflikten auf die Leitlinieninhalte.
Hiernach erfolgte die Vorlage bei den Vorständen aller beteiligten Wissenschaftlichen
Medizinischen Fachgesellschaften, Gesellschaften und Ärzteverbände zur Autorisierung
und Empfehlung zur Übernahme. Diese endgültige Autorisierung wurde bis zum 11. April
2016 formal abgeschlossen.
Die Leitlinie wird durch Publikationsorgane der GHUP und in der AWMF-Leitliniensammlung
(http://leitlinien.net) veröffentlicht. Anderen Fachgesellschaften und -verbänden
wird die Leitlinie zur Übernahme empfohlen und interessierten Fachzeitschriften zum
Nachdruck zur Verfügung gestellt.
Eine Überarbeitung der Leitlinie ist 2019 vorgesehen. Ansprechpartner hierzu ist:
Prof. Dr. med. Gerhard A. Wiesmüller, Abteilung Infektions- und Umwelthygiene, Gesundheitsamt
der Stadt Köln, Neumarkt 15 – 21, 50667 Köln, Tel.: 0221/221-25443, Fax: 0221/221-23553,
E-Mail: gerhard.wiesmueller@stadt-koeln.de
1.3 Aufbau
Nach allgemeiner Einleitung erfolgt die Darstellung von Sinn und Ziel der vorliegenden
Leitlinie, einschließlich einer Auflistung der Kernbotschaften. Danach werden die
Suchmethodik einschließlich berücksichtigter Leitlinien und der Aufbau der vorliegenden
Leitlinie beschrieben. In den darauf folgenden Kapiteln werden Definition, Vorkommen
und Systematik der Schimmelpilze, durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme
und Erkrankungen sowie eine gesundheitliche Risikoanalyse und -bewertung dargestellt.
Im Anschluss daran wird zu den allgemeinen Untersuchungsmethoden, wie Anamnese und
körperliche Untersuchung, und speziellen diagnostischen Verfahren, wie allergologischen,
infektiologischen und toxikologischen Untersuchungsmethoden, Stellung genommen. Hierbei
wird auch auf unkonventionelle diagnostische Methoden eingegangen. Die vorliegende
Leitlinie wird mit je einem Kapitel zu Behandlungsmöglichkeiten von durch Schimmelpilze
verursachten Gesundheitsproblemen und Erkrankungen, Sanierung von Wohnräumen, Präventionsmaßnahmen
und einer Darstellung zum Zusammenhang zwischen Sozialstatus und Feuchte-/Schimmelpilzbefall
abgerundet.
Im Anhang zur vorliegenden Leitlinie finden sich wichtige Definitionen sowie ein Abkürzungsverzeichnis.
2 Vorkommen, Exposition und gesundheitliche Relevanz von Schimmelpilzen
2 Vorkommen, Exposition und gesundheitliche Relevanz von Schimmelpilzen
2.1 Definition und vermehrtes Vorkommen von Schimmelpilzen
Schimmelpilz ist ein Sammelbegriff für hyphen- und meist auch sporenbildende Kleinpilze und stellt
keine taxonomisch definierte Einheit von Pilzen dar.
Schimmelpilze sind ein ubiquitärer Bestandteil unserer Biosphäre und kommen saisonal
in unterschiedlichem Ausmaß in der Außenluft, in Innenräumen und an bestimmten Arbeitsplätzen
vor.
Schimmelpilzbefallen (schimmelpilzbefallene Materialien) ist Baumaterial oder Inventar, das mit Schimmelpilzen bewachsen (besiedelt) war oder
noch ist. Sofern nicht bereits mit bloßem Auge sichtbar, erfolgt die Bestimmung durch
mikroskopischen Nachweis eines Hyphengeflechtes sowie mehr oder weniger ausgebildeter
Konidien- bzw. Sporangienträger, unabhängig davon, ob die Schimmelpilze noch vital/aktiv
oder bereits abgestorben sind. Neben Schimmelpilzen können weitere Biostoffe wie z. B.
Bakterien vorhanden sein.
Schimmelpilzkontamination ist eine über die allgemeine Grundbelastung hinausgehende Verunreinigung von Oberflächen
oder Materialien (z. B. mit Pilzsporen) durch Eintrag von außen (z. B. im Hausstaub,
Anflugsporen).
Unter Schimmelpilzwachstum wird ein Prozess verstanden, der eine biologische Aktivität beinhaltet, also mit
Feuchtigkeit verbunden ist und durch Zellteilung, Hyphen-, Myzel- und evtl. Sporenbildung
u. a. gekennzeichnet ist.
Feuchteschaden ist eine sichtbare, messbare oder wahrgenommene Folge erhöhten Wassergehaltes in
Innenräumen oder Bauteilen.
Aus praktischen Gesichtspunkten ist es sinnvoll, die erhöhte Exposition gegenüber
Schimmelpilzen und anderen mit erhöhter Feuchtigkeit assoziierten Faktoren wie Hefen,
Bakterien (Aktinobakterien) und Milben in Innenräumen als Feuchte-/Schimmelpilzschaden zusammenzufassen.
Die Konzentration und die Artenzusammensetzung von Schimmelpilzen in der Außenluft
sind sehr stark von der Region, der Jahreszeit, den klimatischen Bedingungen, der
Witterung und lokalen Quellen abhängig. Deshalb werden die Sporenkonzentrationen und
Artenzusammensetzung in der Außenluft als Referenz herangezogen, um Schimmelpilzquellen
(befallene Materialien, Hausstaub) in Innenräumen zu identifizieren. Konzentrationen
der einzelnen Parameter unterliegen einer großen zeitlichen und örtlichen Variabilität.
Die Außenluftgehalte sind entsprechend bei Bewertungen von Messungen der Innenraumluft
zu berücksichtigen, deren Gehalt und Artenspektrum durch primäre Schimmelpilzquellen,
d. h. befallene Materialien, als auch sekundäre Schimmelpilzquellen (z. B. sedimentierte
Pilzsporen im Hausstaub) bestimmt wird. Wie in der Außenluft unterliegen die Konzentrationen
der einzelnen Parameter sowohl in der zeitlichen als auch in der örtlichen Auflösung
einer großen Variabilität.
Schimmelpilzwachstum erfordert als wesentliches Kriterium (erhöhte) Feuchtigkeit.
In Abhängigkeit von Feuchtigkeit, Temperatur und Nährstoffen haben bestimmte Arten
Wachstumsvorteile und können mit bestimmten Ursachen/Quellen assoziiert werden [17]
[18].
2.2 Systematik der Schimmelpilze
In der Taxonomie wurden die Pilze früher zu den Pflanzen gestellt, heute stellen sie
als Fungi ein eigenes Reich dar.
Die Pilze gehören zu den Eukaryonten und besitzen Zellwände aus Chitin und Glucanen,
wohingegen die Zellwände der Pflanzen aus Zellulose bestehen.
Ein weiterer wichtiger Unterschied zu den Pflanzen ist, dass Pilze als heterotrophe
Organismen kein Chlorophyll besitzen, keine Photosynthese durchführen und ihre Energie
aus organischen Substanzen anderer Organismen gewinnen müssen [36]. Zusätzlich führen sie keine aktive Fortbewegung durch.
Die Nomenklatur der Fungi ist binominell, das heißt, jeder Organismus trägt einen
Gattungs- und einen Artnamen. Allerdings sind Namensänderungen bei Pilzen durch immer
wieder neue Erkenntnisse und taxonomische Zuordnungen relativ häufig. Dies kann zu
Verständigungsproblemen führen, wenn beispielsweise Mediziner in ihren Gutachten im
Innenraum vorkommende Schimmelpilzarten auflisten, die nach der neuen Nomenklatur
anders benannt sind, und in ihre Beurteilung möglicher gesundheitlicher Probleme einbeziehen.
In der MycoBank, einer Online-Datenbank, sind die aktuellen Namensgebungen und Kombinationen
sowie damit assoziierte Daten, z. B. Beschreibungen und Illustrationen, zugänglich
(http://de.mycobank.org/).
In der medizinischen Mykologie werden Pilze hingegen klinisch und unabhängig von der
Taxonomie in Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze eingeteilt. Das DHS-System stellt
zwar eine praktikable Einteilung dar, allerdings ist diese Einteilung irreführend
und aus biologischer Sicht (taxonomisch) falsch, weil die Schimmelpilze keine taxonomische
Einheit darstellen und die meisten „Hefen“ (Sprosspilze) ebenso wie die Dermatophyten
taxonomisch zu den Ascomycota gehören.
Mikrobiologisch sollten Schimmelpilze taxonomisch in der Regel als Gattung (Genus)
und Art (Spezies) angegeben werden. Wird nur der lateinische Gattungsname und dann
weiter sp. oder spp. mitgeteilt, sind die Art oder die einzelnen Arten nicht weiter
differenziert worden.
Eine weitere Einteilung mit praktischem Bezug folgt den unterschiedlichen Temperatur-
und Feuchtigkeitsansprüchen der einzelnen Schimmelpilze ([Tab. 2] u. [Tab. 3]).
Tab. 2
Einteilung von Schimmelpilzen nach Temperaturansprüchen, modifiziert nach [17]
[18].
|
Bezeichnung
|
Minimum (°C)
|
Optimum (°C)
|
Maximum (°C)
|
|
mesophil
|
0
|
25 – 35
|
ca. 40
|
|
thermotolerant
|
0
|
30 – 40
|
ca. 50
|
|
thermophil
|
20 – 25
|
35 – 55
|
ca. 60
|
Tab. 3
Einteilung von Schimmelpilzen nach Feuchteansprüchen, modifiziert nach [17]
[18]; aw = Wasseraktivität; ist ein Maß für frei verfügbares Wasser im Material.
|
Bezeichnung
|
Feuchteanspruch
|
relative Feuchte (%)
|
Gleichgewichtsfeuchte aw-Wert
|
Relativer Anteil vorkommender Schimmelpilze (%)
|
|
xerophil
|
gering
|
55 – 65
|
0,65
|
5
|
|
mesophil
|
mittel
|
65 – 85
|
0,85
|
85
|
|
hydrophil
|
hoch
|
80 – 98
|
0,95
|
10
|
2.2.1 Mykotoxine
Mykotoxine sind sekundäre Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, die in niedrigen
Konzentrationen (µg/kg Lebensmittel) abhängig von der Art des Toxins und den Verzehrgewohnheiten
toxische Effekte auf verschiedene Zellsysteme von Wirbeltieren haben können: Mykotoxine
sind von den Pilzgiften der Basidiomyzeten (Ständerpilze) zu unterscheiden. Zahlreiche
Schimmelpilz-Gattungen (u. a. Aspergillus, Penicillium, Fusarium, Alternaria, Stachybotrys) können Mykotoxine bilden. Die Mykotoxinbildung ist von der Spezies und von Umweltfaktoren,
wie Substratzusammensetzung, Feuchte, pH-Wert, Licht-Wellenlänge und Nährstoffkonkurrenz,
abhängig [37]. Mykotoxine sind meist niedermolekulare Verbindungen, von denen viele im Polyketid-Stoffwechsel
gebildet werden, die Pilzgifte der Basidiomyzeten sind in der Regel Oligopeptide.
Generell können Mykotoxine von Innenraum-relevanten Schimmelpilzen in extrem niedrigen
Konzentrationen (ppt) im Hausstaub [38], in Bioaerosolen und auf Baumaterialien nachgewiesen werden. Mykotoxine sind nicht
flüchtig und kommen in der Luft nur gebunden an Sporen, Zellfragmenten und anderen
Partikeln vor.
Da die Mykotoxine aus dem Sekundärstoffwechsel hervorgehen, haben sie nach heutigem
Kenntnisstand keine physiologische Bedeutung im Stoffwechsel des Pilzes. Sie sind
„Abfallprodukte“, die erst im Laufe der Evolution eine ökologische Bedeutung bekommen
haben (antibiotisch wirksame Substanzen hemmen Konkurrenten). Mykotoxine kommen in
gesundheitlich relevanten Konzentrationen in der Regel nur in Lebens- und Futtermitteln
vor, wenn diese durch Schimmelpilze besiedelt wurden.
Wie in Zellkultur- und Tierversuchen gezeigt werden konnte, lösen Mykotoxine zytotoxische
Effekte aus [39]
[40] und haben immunmodulatorische Wirkungen [41]. Die zytotoxische Wirkung einiger Mykotoxine auf Lungenzellen ist von ihrer Konzentration
abhängig. Die bisher vorliegenden Daten lassen den Schluss zu, dass die im Innenraum
zu erwartenden Konzentrationen der meisten luftgetragenen Mykotoxine keine akut-toxische
Wirkung aufweisen. Lediglich die am stärksten toxischen Verbindungen, Trichothecene
und Gliotoxin, könnten durch schimmelpilzbefallene Materialien im Innenraum in Höhe
ihrer Wirkkonzentrationen vorliegen [42]. Einzelne Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Wirkkonzentrationen bei pulmonaler
Aufnahme 1 bis 2 Größenordnungen unter denen bei oraler Exposition liegen [39].
Die maximal zu erwartenden Konzentrationen einzelner Mykotoxine in situ (Bioaerosole) können dennoch offenbar die zytotoxischen Effekte nicht alleine erklären.
Vielmehr scheinen synergistische Wirkungen verschiedener Mykotoxine bzw. von Mykotoxinen
mit anderen Zellbestandteilen (z. B. Glucane, Endotoxine) für die Wirkung verantwortlich
zu sein [4].
Erkenntnisse zu möglichen Wirkungen stammen vor allem aus Zellkulturexperimenten und
Tierversuchen. Selbst unter Berücksichtigung der höheren Empfindlichkeit von z. B.
primären Lungenepithelzellen (Faktor 10 gegenüber immortalisierten Zellen, A 549)
liegen die zu erwartenden Expositionskonzentrationen in der Luft etwa um den Faktor
100 unter den Wirkkonzentrationen im Zellkultur-basierten Ansatz [37]
[43]. Die einzige Ausnahme stellen hier die Verbindungen Gliotoxin von A. fumigatus (selten Innenraum-relevant) und die Satratoxine von Stachybotrys chartarum dar, die gegebenenfalls unter extremen Expositionsbedingungen in der Größenordnung
der Wirkkonzentration liegen könnten. Es kann bisher aber nicht ausgeschlossen werden,
dass aerogene Konzentrationen eine Größenordnung erreichen, die für immunmodulatorische
Effekte verantwortlich sein und so ggf. eine Infektanfälligkeit oder Allergieentwicklung
fördern könnten [44].
Forschungsbedarf besteht insbesondere bezüglich möglicher Wirkungen und Synergien
verschiedener Noxen wie z. B. Mykotoxinen in Verbindung mit LPS (Lipopolysaccharide
von Bakterien, Endotoxine), mit β-Glucanen (Zellwandbestandteile von Pilzen) oder
anderen Organismengruppen (z. B. Aktinobakterien) [45]
[46].
2.2.2 Zellwandbestandteile und Stoffwechselprodukte
Bei Expositionen gegenüber Schimmelpilzen spielen neben Schimmelpilzsporen und Mykotoxinen
auch andere Stoffwechselprodukte sowie Zellbestandteile, wie z. B. mikrobiologische
volatile organische Verbindungen (MVOC), β-Glucane, Mannane und Ergosterin, eine Rolle
[47]
[48], wobei die MVOC für den typischen Geruch verantwortlich sind.
Ergosterin (Ergosterol) ist ein Stoffwechselprodukt (Sterin) von Hefen, Schimmel-
und Speisepilzen. Es wird in unterschiedlicher Menge als Membranbestandteil gebildet.
Feuchteschäden sind zudem mit anderen mikrobiologischen Bestandteilen (u. a. im Hausstaub),
wie dem lysosomalen Enzym N-Acetyl-β-D-Glucosaminidase und Endotoxin (von Bakterien),
vergesellschaftet [49]. Es ist nicht geklärt, ob diese Marker (Zellfragmente, β-Glucan, Ergosterin) mit
gesundheitlichen Wirkungen besser korrelieren als kulturelle Expositionsparameter
(KBE) [50]
[51]
[52]
[53]
[54]
[55]
[56].
Bisher wurden 77 Allergene von Schimmelpilzen (ohne Dermatophyten und Hefen) beschrieben
und offiziell anerkannt (www.allergen.org). Die zugehörigen Proteinfamilien unterscheiden sich biochemisch und strukturell
deutlich von den Allergenfamilien in Pollen, Nahrungsmitteln oder Tierepithelien [57].
Die prominentesten Vertreter der Schimmelpilzallergene sind [57]:
-
Proteasen (n = 18, davon 16 Serinproteasen),
-
ribosomale Proteine (n = 9),
-
Enolasen (n = 5),
-
Dehydrogenasen (n = 4),
-
Thioredoxine (n = 3),
-
Hitzeschockproteine (Heat Shock Proteins, HSP 70/90) (n = 3),
-
peroxisomale Proteine (n = 2),
-
Isomerasen (n = 2),
-
Superoxid Dismutasen MnSOD (n = 2) und
-
Flavodoxine (n = 2).
Weitere Schimmelpilzallergene findet man unter den Mitogilinen, Cyclophilinen, Fibrinogen-bindenden
Proteinen und Proteinen ohne bekannte biochemische Funktion [57].
2.3 Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen
Epidemiologische Studien zeigen übereinstimmend studienübergreifend einen Zusammenhang
zwischen Feuchteschäden in Innenräumen und gesundheitlichen Effekten, v. a. Atemwegsbeschwerden,
Augen-, Nasen- und Rachenreizungen (Irritation), verstopfter Nase, Giemen und Pfeifen
(wheezing), trockenem Husten und Müdigkeit [58]. Die vorliegende Leitlinie beschränkt sich im Wesentlichen auf Krankheitsbilder
und weniger auf Symptome.
Die jeweilige Evidenz für Assoziationen von Feuchte-/Schimmelpilzschäden und den unterschiedlichen
Gesundheitseffekten ist in [Tab. 4] zusammengestellt. Eine Kausalität kann im Einzelfall zwischen einer speziellen Schimmelpilzexposition
und konkreten gesundheitlichen Beschwerden und Krankheitsbildern nicht zweifelsfrei
geführt werden.
Tab. 4
Evidenz für den Zusammenhang zwischen Schimmelpilzexposition oder Feuchtigkeit in
Innenräumen und Krankheiten (ohne Mykosen), modifiziert nach [16]
[34]
[35]
[59]
[60].
|
Kausaler Zusammenhang:
keine ausreichende Evidenz
|
|
Ausreichende Evidenz für eine Assoziation:
Allergische Atemwegserkrankungen
Asthma (Manifestation, Progression, Exazerbation)
Allergische Rhinitis
Exogen Allergische Alveolitis
Begünstigung von Atemwegsinfekten, Bronchitis
|
|
Eingeschränkte oder vermutete Evidenz für eine Assoziation
Mucous Membrane Irritation (MMI)
Atopisches Ekzem (Manifestation, Progression, Exazerbation)
|
|
Inadäquate oder unzureichende Evidenz für eine Assoziation
Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (Chronic Obstructive Pulmonary Disease [COPD])
Akute Idiopathische Pulmonale Hämorrhagie bei Kindern
Rheuma, Arthritis
Sarkoidose
Krebs
|
Ob eine Gesundheitsgefährdung durch Schimmelpilze vorliegt, hängt maßgeblich von der
Disposition der exponierten Personen ab. Besonders zu schützende Risikogruppen sind:
-
Personen unter Immunsuppression nach KRINKO [25]
-
Personen mit Mukoviszidose (Zystischer Fibrose)
-
Personen mit Asthma bronchiale
Grundsätzlich ist zu fordern, dass bei allen chronischen Erkrankungen, auch ohne oder
mit unzureichender Evidenz für einen Zusammenhang mit Feuchteschäden und/oder Schimmelpilzexposition,
die Wohnverhältnisse hygienisch einwandfrei sind. Ergeben sich hygienisch Anhaltspunkte
oder anamnestisch Hinweise auf Feuchteschäden und/oder Schimmelpilzexpositionen, gilt
es wie bei allen Feuchteschäden die primären Ursachen präventiv immer zu beseitigen
[61].
2.3.1 Definierte Krankheitsbilder und Gesundheitsstörungen
Die unterschiedlichen Gesundheitseffekte im Zusammenhang mit Feuchteschäden und/oder
Schimmelpilzexposition können nicht durch einen einzelnen Mechanismus oder Faktor
erklärt werden [35]
[62]
[63]. Die epidemiologischen Erkenntnisse deuten sowohl auf allergologische als auch nicht
IgE-vermittelte immunologische und toxische, immunmodulierende Mechanismen hin. Sowohl
bei Atopikern als auch nichtatopischen Personen können Feuchteschäden oder Schimmelpilzwachstum
adverse Effekte verursachen [64]
[65]
[66]
[67].
Die Reihenfolge der im Folgenden dargestellten Erkrankungen stellt keine Gewichtung
in Bezug zur Thematik der vorliegenden Leitlinie dar.
2.3.1.1 Allergische Rhinitis
Die allergische Rhinitis (AR) vom Typ 1 wird klinisch definiert als eine symptomatische
Erkrankung der Nase, induziert durch eine IgE-vermittelte Entzündung der Nasenschleimhaut
nach Allergenexposition. Die AR kann klinisch unterteilt werden in eine saisonale,
perenniale oder berufsbedingte Form, oder gemäß Weltgesundheitsorganisation (ARIA-Guideline)
[68] in eine intermittierende oder persistierende Form, die Schwere der Symptomatik wird
zudem anhand ihrer Ausprägung und anhand der Auswirkungen auf die Lebensqualität der
Patienten definiert [68]
[69].
Atopiker (Patienten mit allergischem Asthma, allergischer Rhinitis, atopischer Dermatitis)
weisen als Polysensibilisierte oft auch IgE-Antikörper gegen Schimmelpilze auf.
Je nach untersuchter Population, Region und inkludiertem Allergenspektrum wird die
Inzidenz der allergischen Rhinitis auf Pilzallergene mit Raten von 2,7 % bis 19 %
angegeben [70]
[71]
[72].
Als häufigste Auslöser von IgE-vermittelten Rhinitiden werden hierbei Allergene von
überwiegend in der Außenluft vorkommenden Schimmelpilzen, nämlich vor allem Alternaria alternata, deutlich seltener Cladosporium herbarum, Botrytis cinerea, Mucor sp., Penicillium sp. und Aspergillus sp. genannt [70]
[71]
[72]. Feuchtigkeit und Schimmel in Innenräumen sind in epidemiologischen Studien konsistent
mit der allergischen Rhinitis assoziiert [35]
[73]. Eine Monosensibilisierung gegen Schimmelpilze im Innenraum dürfte allerdings eher
selten sein [74].
Querverweis:
Bachert C, Borchard U, Wedi B, Klimek L, Rasp G, Riechelmann H, Schultze-Werninghaus
G, Wahn U, Ring, J (2003) Allergische Rhinokonjunktivitis. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie
(DGAKI). Allergo J 12: 182 – 194
http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010 /05 /Leitlinie_AllergischeRhinitis2003.pdf
Riedel F (2004) Rhinitis allergica. Leitlinien der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin. Pädiatrische
Allergologie 1 /04: 18 – 19
https://www.gpau.de/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Leitlinien/Leitlinie_Rhinitis_allergica.pdf
2.3.1.2 Nicht-invasive und invasive Sinusitis
Die chronische Sinusitis ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen des Menschen.
Häufigste Erreger sind Staphylococcus aureus, verschiedene Enterobacteriaceae, seltener Pseudomonas aeruginosa und Anaerobier der Mundflora [75]. Gemäß der von der European Academy of Allergology and Clinical Immunology (EAACI)
eingesetzten Taskforce EP3OS (European Position Paper on Polyps and Sinusitis) wird die Rhinosinusitis als Entzündung
der Schleimhäute von Nase und Nasennebenhöhlen (NNH) definiert [69]. Es wird eine akute Form mit bis zu 12 Wochen andauernden Beschwerden (ARS) von
einer chronischen Form (CRS) mit einer Symptomdauer von mehr als 12 Wochen unterschieden.
Für Deutschland liegen keine systematischen Studien über die Häufigkeit der Nasennebenhöhlenentzündung
vor. Es wird geschätzt, dass die chronische Sinusitis in Deutschland in 3 Millionen
Fällen pro Jahr auftritt [75].
Mittels Bildgebung oder endoskopischer Untersuchung von Nasenhaupt- und -nebenhöhlen
kann man zwischen einer CRS mit und ohne Nasenpolypen unterscheiden. Chronische Entzündungen
der Schleimhäute von Nase und NNH können auch von Schimmelpilzen durch verschiedene
Mechanismen ausgelöst werden [69]
[76]. Sensibilisierungen gegen Schimmelpilze bei Patienten mit chronischer Sinusitis
betreffen vor allem Alternaria, einen typischen Schimmelpilz der Außenluft [77].
Aktuell werden fünf durch Pilze hervorgerufene Formen der Rhinosinusitis unterschieden:
-
die akut invasive Form (einschließlich der rhinozerebralen Mucormykose),
-
die chronisch invasive Form,
-
die granulomatös invasive Form,
-
die nicht-invasive (allergische) Pilz-Rhinosinusitis (Allergic Fungal Rhinosinusitis:
AFRS) ohne und
-
mit Formierung kugelförmiger Myzetome [76]
[78].
Die invasiven Formen kommen gehäuft bei immunkompromittierten Patienten (AIDS, Diabetes,
unter Chemotherapie, etc.) vor und können als fulminant-akute Verlaufsform über eine
vaskuläre Hyphen-Invasion innerhalb weniger Wochen zum Tode führen. Bei der chronisch
invasiven Form hingegen ist der Verlauf protrahiert, betroffen sind aber auch hier
überwiegend immunsupprimierte Patienten. Die granulomatös-invasive Form stellt eine
Art fibrotische Tumorformation dar, sie kommt vor allem in Afrika, in Saudi-Arabien
und den arabischen Golfstaaten vor.
Die nicht-invasive AFRS wurde erstmalig in Zusammenhang mit einer allergischen bronchopulmonalen
Aspergillose (ABPA) beschrieben [79]. Dieser bronchialen Erkrankung ähnelt die AFRS auch in vielen Aspekten. Hyphen von
Dematiaceen (Bipolaris spicifera, Curvularia lunata) oder Aspergillen (u. a. Aspergillus fumigatus, A. niger oder A. flavus) werden am häufigsten als Auslöser gefunden [80].
Klinisch charakteristisch ist das Vorhandensein einer dicken, zähen Sekretion mit
charakteristischem histologischem Befund, der reich an eosinophilen Granulozyten ist
[81]. In den USA wird die Diagnose als gesichert akzeptiert, wenn alle Hauptkriterien
der Bent&Kuhn-Klassifizierung erfüllt sind:
-
Typ-1-Allergie auf Pilzallergene gesichert in Hauttestung oder In-vitro-Testung,
-
nasale Polyposis,
-
charakteristischer computertomografischer Befund,
-
Anwesenheit eosinophilen Mucins ohne Invasion,
-
ein positiver Abstrich auf Pilze im operativ entnommenen NNH-Material [81]
[82].
Neuere Studien konnten zeigen, dass Pilze in Nase und Nasennebenhöhlen bei einer überwiegenden
Mehrheit der Bevölkerung (einschließlich aller CRS-Patienten) zu finden sind [83]. Somit scheint nicht allein die Anwesenheit von Pilzen pathognomonisch und somit
diagnostisch wegweisend zu sein, sondern eine a) reduzierte Immunantwort bei den invasiven
Pilzerkrankungen oder eine b) veränderte, z. T. übersteigerte Immunantwort auf diese
ubiquitär vorkommenden Pilzsporen bei der AFRS.
Therapeutisch wird daher eine Behandlung mit topischen und oralen Antimykotika nur
noch für die invasiven Formen, nicht jedoch für die AFRS empfohlen, da doppelblind-placebo-kontrollierte
Studien hier keine Wirkung nachweisen konnten [83] und kein pathophysiologischer Zusammenhang mit Schimmelpilzen in der Mehrzahl der
Fälle der chronischen Rhinosinusitis angenommen wird [84].
Schwere, nicht behandelbare chronische Rhinosinusitiden werden nach neuesten Erkenntnissen
durch Biofilme – u. a. von Pilzen – verursacht. Der genaue Pathomechanismus ist derzeit
noch unklar. Wahrscheinlich werden planktonische Pilze kontinuierlich vom Biofilm
freigesetzt, dabei wird die Schleimhaut vermutlich von Makrophagen invadiert, die
die Pilzhyphen phagozytieren, jedoch nicht abtöten [85]
[86]
[87]
[88].
Mykotische Biofilme bestehen aus Schimmelpilzkomplexen, die in der Lage sind, sowohl
biotische als auch abiotische Oberflächen zu besiedeln. Sie bewirken eine Umgehung
der Immunabwehr und eine verminderte Empfindlichkeit gegenüber Antimykotika unter
Beibehaltung der Fähigkeit, planktonische Schimmelpilzhyphen freizusetzen. Zahlreiche
Untersuchungen mit unterschiedlichen Nachweisverfahren haben das Vorhandensein von
Biofilmen in der sinunasalen Schleimhaut von Patienten mit CRS aufzeigen können [85]
[86]
[87]
[88]. Das Vorhandensein von Biofilmen wurde mit schlechteren Krankheitsverläufen in Zusammenhang
gebracht [85]. Bei operationspflichtigen Patienten war der präoperative Schweregrad der Erkrankung
in einer Gruppe von Patienten mit nachgewiesenen Biofilmen in der sinunasalen Schleimhaut
höher als in einer Vergleichsgruppe ohne Nachweis von entsprechenden Biofilmen, das
postoperative Ergebnis jedoch war in beiden Gruppen identisch [87].
Als Nachweisverfahren für Biofilme wird die konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie mit
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung als „Goldstandard“ angegeben [88]. Dieses Verfahren sollte mit weiteren mikrobiologischen Untersuchungen kombiniert
werden. Traditionelle Kulturtechniken für den Erregernachweis und deren Identifizierung
ergänzen diese Diagnostik [88]. Biofilme sind somit ein interessanter Ansatz, um die Persistenz von Schimmelpilzen
in der chronisch entzündeten Nasennebenhöhlen-Schleimhaut zu erklären. Die klinische
Bedeutung von Biofilmen für den Krankheitsverlauf ist derzeit nicht abschließend beurteilbar.
Für die klinische Routine wäre es in Zukunft wichtig, geeignete Nachweisverfahren
zu entwickeln.
Querverweis:
AWMF Nr. 053 – 012 – Rhino-Sinusitis. Entwicklungsstufe: S3 (2008), in Überarbeitung
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)
www.degam.de/.../Leitlinien.../DEGAM...Leitlinien/LL-10_Langfassung_ Rhinosinusitis-005B.pdf
AWMF Nr. 017 – 049 – Rhino-Sinusitis. Entwicklungsstufe: S2k (2011)
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie
e. V.
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/017–049l_S2k_Rhinosinusitis_2011-verl%C3%A4ngert.pdf
2.3.1.3 Allergisches Asthma bronchiale
Wie bei der allergischen Rhinitis induzieren vorwiegend Schimmelpilze, die in der
Außenluft saisonal in hohen Konzentrationen vorkommen (z. B. meist Alternaria, seltener Cladosporium, Epicoccum, Fusarium) ein saisonales allergisches Asthma bronchiale, während Schimmelpilze in Innenräumen
(Aspergillus, Penicillium) zum perennialen allergischen Asthma bronchiale führen [4]
[89]. Ein Zusammenhang zwischen feuchten Innenräumen (dampness) und/oder Schimmelpilzen
(mould) und der Entstehung von Asthma, insbesondere bei Kindern, kann als gesichert
angesehen werden [35]
[90]
[91]
[92]
[93].
Die als Außenluftschimmelpilze zu bewertende Gattung Alternaria alternata (früher A. tenuis) scheint ein für die Entstehung und den Schweregrad des Asthmas besonders bedeutsamer
Schimmelpilz zu sein [94]
[95]
[96]
[97]
[98]. Besonders bei hohem Sensibilisierungsgrad und bei Patienten ohne gleichzeitige
Gräserpollenallergie ließ sich eine zeitliche Beziehung zwischen Asthmasymptomen und
Sporenflug zeigen. Von anderen Autoren ist die Bedeutung von Cladosporium sp., der saisonal in sehr hohen Konzentrationen in der Außenluft, aber auch bei Innenraumbefall
auftritt, für das allergische Asthma betont worden [99]
[100]
[101]
[102]
[103]
[104]. Bei Patienten mit saisonalen asthmatischen Symptomen (Juni bis September) kann
in seltenen Fällen eine Alternaria-Sensibilisierung auch ohne gleichzeitige Pollensensibilisierung
vorliegen [105].
Das allergische Asthma bronchiale ist häufig mit anderen atopischen Erkrankungen vergesellschaftet
(atopische Dermatitis, allergische Rhinokonjunktivitis) [4]
[106]
[107]
[108]
[109]
[110]. Eine Monosensibilisierung gegen Schimmelpilze im Innenraum ist selten. Klinische
Untersuchungen belegen, dass bei Schimmelpilzen häufig polyvalente Sensibilisierungen
gegen andere Umweltallergene vorliegen [111]. Auch Iversen und Dahl (1995) [112] belegen, dass schimmelpilzallergische Asthmatiker zu 95 % auch gegen andere Inhalationsallergene
sensibilisiert waren. Die Autoren schlussfolgern, dass Schimmelpilzallergene als schwache
Allergene nur selten monovalente Allergien induzieren oder meist nur bei Patienten
mit hohem Sensibilisierungspotenzial auftreten, und dass eine genetische Veranlagung
von größerer Bedeutung für diesen Sensibilisierungsprozess ist als die entsprechende
Schimmelpilzexposition in feuchten Wohnungen [112]
[113].
Querverweis:
Buhl R, Berdel D, Criée CP, Gillissen A, Kardos P, Kroegel, Leupold W, Lindemann H,
Magnussen H, Nowak D, Pfeiffer-Kascha D, Rabe K, Rolke M, Schultze-Werninghaus G,
Sitter H, Ukena D, Vogelmeier C, Welte T, Wettengel R, Worth H (2006) Leitlinie zur
Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
e. V. Pneumologie 60: 139 – 183
http://www.atemwegsliga.de/tl_files/eigene-dateien/asthma/asthmaleitlinie.pdf
Berdel D, Forster J, Gappa M, Kiosz D, Leupold W, Pfeiffer-Kascha D, Rietschel E,
Schuster A, Sitter H, Spindler T, Wahlen W (2007) Asthma bronchiale im Kindes- und Jugendalter. Leitlinien der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin e. V.,
Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP), Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie
und Umweltmedizin (GPA), Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung im Kindes- und Jugendalter
(AGAS), Gesellschaft. für Pädiatrische Rehabilitation. Monatsschr Kinderheilkd 155
(10): 957 – 967
http://gpau.de/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Leitlinien/gem._Leitlinie_Asthma.pdf
AWMF Nr. nvl-002 – Nationale Versorgungs-Leitlinie Asthma. Entwicklungsstufe: S3 (2013), in Überarbeitung. NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF
http://www.leitlinien.de/nvl/asthma/
2.3.1.4 Atopisches Ekzem (atopische Dermatitis)
Als Aeroallergene können Schimmelpilzallergene vermutlich Trigger für eine atopische
Dermatitis sein [107]
[108]
[109]. Aus epidemiologischen Studien ergibt sich eine ausreichende Evidenz für eine Assoziation
zwischen dem atopischen Ekzem und Feuchteschäden/Schimmel [35].
Verschiedene dermatologische Reaktionen auf Schimmelpilze sind beschrieben worden,
wie beispielsweise Trockenheit, Juckreiz und Hautausschläge [114]
[115]. Ob dies eine immunologisch vermittelte Reaktionsform der Haut auf die Exposition
in Innenräumen gegenüber Schimmelpilzen darstellt, ist nicht geklärt [63]. Aber eine berufliche Kontaktdermatitis im Zusammenhang mit einer Schimmelpilzexposition
kann auch Ausdruck einer immunologisch vermittelten Dermatitis bei Schimmelpilzsensibilisierung
sein [116].
2.3.1.5 Urtikaria
In seltenen Fällen kann der Konsum von mit Schimmelpilzbestandteilen kontaminierten
Nahrungsmitteln eine Urtikaria auslösen [107]
[108]. Beispiele sind Schimmelpilzbestandteile (wie Enzyme) in Getränken, in Backwaren
oder auf getrockneter Wurst/Salami [117]
[118]
[119]. Eine luftgetragene Exposition als Auslöser einer Urtikaria ist unwahrscheinlich
[34] bzw. eine Rarität [120]. Eine berufliche Kontakturtikaria im Zusammenhang mit einer Schimmelpilzexposition
kann auch Ausdruck einer immunologisch vermittelten Dermatitis bei Schimmelpilzsensibilisierung
sein [118].
Querverweis:
AWMF Nr. 013 – 028 – Urtikaria, Klassifikation, Diagnostik und Therapie.
Entwicklungsstufe: S3 (2011)
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V.
(DGAKI) und der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) (2011)
http://www.agpas.de/fileadmin/user_upload/GPA/dateien_indiziert/Leitlinien/Urtikaria.pdf
2.3.1.6 Exogen Allergische Alveolitis (EAA), Hypersensitivitätspneumonitis (HP)
Eine Assoziation zwischen der Exogen Allergischen Alveolitis (EAA; internationales
Synonym: Hypersensitivitätspneumonitis [HP]) bei empfindlichen Personen und dem Vorkommen
von Schimmelpilzen ist durch klinische Evidenz dokumentiert [24]. Die EAA ist mit einer Prävalenz von 2 – 4 Fällen pro 100 000 Einwohnern und Jahr
eine seltene allergische Erkrankung (Typ III, IV) gegen Inhalationsantigene [121]
[122]. Bei dieser seltenen Erkrankung spielen Schimmelpilze im Innenraum eine große Rolle.
Die Antigene sind in Stäuben und Aerosolen enthalten; mögliche mikrobiell kontaminierte
Quellen sind z. B. Vögel, Federn, Heu, Holzstaub, Luftbefeuchter, Klimaanlagen, Zimmerspringbrunnen,
Aquarien, Dampfbügelgeräte [123]
[124]
[125]. Die Antigene stammen am häufigsten von Vögeln, Schimmelpilzen und Aktinomyceten
[126]. Bei der EAA sind überwiegend Nichtraucher betroffen. Ein umfassender Antigenkatalog
ist von Sennekamp [127] zusammengestellt worden.
Die EAA tritt überwiegend am Arbeitsplatz auf [128] und zählt zu den anerkannten Berufskrankheiten (BK Nr. 4201). Nicht mit Arbeitsplätzen
assoziierte Fälle sind sehr selten [129]
[130]
[131]
[132]. Bei den Krankheitsbildern dominiert in Mitteleuropa die Vogelhalterlunge. An erster
Stelle steht die Taubenzüchterlunge, gefolgt von der Sittichhalterlunge [127]
[133]
[134]
[135] ([Tab. 5]).
Tab. 5
Beispiele für berufsbedingte und private Ursachen einer Exogen Allergischen Alveolitis
durch Bioaerosole (nach Müller-Wening 1990 [124]).
|
Erkrankung
|
Bioaerosol
|
|
Farmerlunge
|
thermophile Aktinomyceten, Aspergillus sp.
|
|
Vogelhalterlunge
|
Aspergillus sp., Proteine und Enzyme aus Vogelkot, -federn
|
|
Befeuchterlunge
|
thermophile Aktinomyceten, Aspergillus sp., Alternaria sp., Penicillium sp., Aureobasidium, pullulans, Sphaeropsidales, Amöben
|
|
Pilzarbeiterlunge
|
Speisepilzsporen, thermophile Aktinomyceten, Aspergillus fumigatus und andere Pilz- und Bakteriensporen im Pilzkompost
|
|
Käsewäscherlunge
|
Penicillium casei, Penicillium frequentans, Käsemilben
|
|
Wasserdampflunge
|
thermophile Aktinomyceten, Aureobasidium pullulans, Amöben (Sauna, Dampfbügeleisen und Jacuzzi)
|
|
Holzarbeiterlunge
|
Alternaria, Mucor, Penicillium, Rhizopus, Paecilomyces, Thermoactinomyces, Aspergillus fumigatus
|
|
Obstbauernlunge
|
Penicillium chrysogenum (notatum), Botrytis cinerea, Aspergillus fumigatus
|
|
Winzerlunge
|
Botrytis cinerea
|
|
Tomatenzüchterlunge
|
Penicillium brevicompactum
|
|
Hausstaubalveolitis
|
Aspergillus sp., Penicillium sp., Aureobasidium pullulans, thermophile Aktinomyceten
|
Eine Aktualisierung der Diagnosekriterien scheint insofern sinnvoll, als die chronische
Verlaufsform und das Auftreten des Lungenemphysems in den bisherigen Diagnosekriterien
wohl unzureichend abgebildet werden [136].
Querverweis:
Sennekamp J, Müller-Wening D, Amthor M, Baur X, Bergmann K-Ch, Costabel U, Kirsten
D, Koschel D, Kroidl R, Liebetrau G, Nowak D, Schreiber J, Vogelmeier C (2007) Empfehlungen zur Diagnostik der exogen-allergischen Alveolitis. Arbeitsgemeinschaft Exogen-Allergische Alveolitis der Deutschen Gesellschaft für
Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP) und der Deutschen Gesellschaft für Allergologie
und Klinische Immunologie (DGAKI). Pneumologie 61: 52 – 56
https://www.thieme.de/statics/dokumente/thieme/final/de/dokumente/zw_pneumologie/Alveolitis.pdf
2.3.1.7 Allergische Bronchopulmonale Aspergillose (ABPA)
Die Allergische Bronchopulmonale Aspergillose (ABPA) ist eine seltene immunologische
Lungenerkrankung mit Sensibilisierung (IgE und IgG-Antikörper) auf Aspergillus-Antigene. Ursache ist eine inhalativ erworbene Besiedlung mit Aspergillus-Sporen, die eine Immunreaktion auslöst. Dabei können die Pilze im Mukus wachsen und
Hyphen bilden, aber nicht im Gewebe. Seltener können allergische bronchopulmonale
Mykosen durch Helminthosporium, Candida oder andere Pilze ein ähnliches Bild hervorrufen. Klinisch fällt die ABPA mit Husten,
sich verschlimmerndem Asthma, Hämoptysen und zähem Schleim auf, der zu Mukus-Impaktionen
führt. An eine ABPA ist zu denken, wenn mehr als zwei der folgenden Kriterien vorliegen:
Mukoviszidose, Asthma bronchiale, Eosinophilie unklarer Ursache, flüchtige antibiotikaresistente
Infiltrate, erworbene zentrale Bronchiektasen, Nachweis von Aspergillus im Sputum, Expektorationen von braunen Sputumausgüssen, kutane Spätreaktion gegen
Aspergillus. Die Diagnose der ABPA basiert auf den modifizierten ursprünglich von Rosenberg et
al. [137] vorgeschlagenen Kriterien ([Tab. 6]). Dabei zeigen neuere Untersuchungen, dass mit der Kombination aus erhöhtem Gesamt-IgE
(> 1000 IU/l) und spezifischem IgE gegen rAsp f 4 und rAsp f 6 die Diagnose einer
klassischen ABPA mit 100 % Spezifität und 64 % Sensitivität gestellt werden kann.
Die Therapie besteht im Wesentlichen aus oralen Steroiden, eine antimykotische Therapie
ist weiterhin nicht allgemein empfohlen. Es gibt erste Hinweise, dass die Behandlung
mit Omalizumab den Steroidbedarf verringern kann. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung
ist wichtig, da die ABPA unbehandelt zu einem fortschreitenden fibrotischen Umbau
der Lunge führen kann [138]
[139]
[140]
[141]
[142].
Tab. 6
Diagnosekriterien der Allergischen Bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) [139]
[140]
[142], modifiziert nach Rosenberg et al. [137].
|
Diagnostische Kriterien der Allergischen Bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA)
|
Wenn nicht alle Kriterien erfüllt sind, ist die (ABPA) wahrscheinlich bei folgenden
Minimalkriterien:
|
|
spezifische IgG-Antikörper (Präzipitine) gegen Aspergillus sp.
|
Asthma
|
|
spezifische IgE-Antikörper gegen Aspergillus sp.
|
kutane Sofortreaktion auf Aspergillus sp.
|
|
Gesamt IgE (> 1000 kU/l)
|
passagere Lungeninfiltrate
|
|
Nachweis von rAsp f 4 und rAsp f 6
|
erhöhtes Gesamt-IgE
|
|
rezidivierendes Asthma
|
spezifische IgG- und IgE-Antikörper gegen Aspergillus fumigatus
|
|
rezidivierende passagere Lungeninfiltrate
|
|
|
kutane Sofortreaktion auf Aspergillus sp.
|
|
Blut-Eosinophilie, ggf. Sputum-Eosinophilie
|
|
zentrale Bronchiektasen
|
Querverweis:
Huttegger I, Crameri R, Eichler I, Müller F-M, Lindemann H, Griese M (2006) Die allergisch bronchopulmonale Aspergillose bei zystischer Fibrose. Evidenzbasiertes und konsensuelles Leitpapier zur Entscheidungsfindung bei der Diagnostik
und Therapie. Monatsschr Kinderheilkd 154: 1003 – 1014
2.3.1.8 Mykosen
Infektionen durch Schimmelpilze aus der Umwelt werden exogene Mykosen genannt ([Tab. 7]). Diagnostik und Behandlung von Mykosen sind nicht Gegenstand dieser Leitlinie,
sondern nur die Risikobewertung eines Infektionsrisikos bei Exposition gegenüber Schimmelpilzen
in Innenräumen, da Patienten mit einem erhöhten Risiko individuell über Konsequenzen
und Präventionsmaßnahmen ärztlich zu beraten sind.
Tab. 7
Schimmelpilzmykosen und ihre Erreger [18].
|
Infektionskrankheit (invasive Mykose)
|
Erreger
|
(Risikogruppe n. TRGS 460)
|
|
Aspergillose
|
A. fumigatus
A. flavus
A. niger
A. terreus
A. nidulans
|
(2)
(2)
(1)
(1)
(1)
|
|
Mucormykosen
|
Rhizopus oryzae
Mucor sp.
Rhizomucor
|
(1)
(1)
(1)
|
|
Phaeohyphomykosen
|
Curvularia sp.
Bipolaris sp.
Alternaria sp.
|
(–)
(1)
(1)
|
|
Hyalohyphomykosen
|
Fusarium sp.
Pseudallescheria sp.
= Scedosporium sp.
|
(1)
(2)
|
|
Penicilliosis
|
P. marneffei
|
(2)
|
Schimmelpilzinfektionen haben in den letzten Jahren zugenommen [143]
[144]. Eine hohe Inzidenz findet sich insbesondere bei hämatoonkologischen Patienten mit
längerer Neutropeniephase und bei Empfängern einer allogenen Stammzelltransplantation.
Aber auch andere Immunsuppressionen, wie eine längere Kortikosteroideinnahme und Lungengerüsterkrankungen
(einschließlich narbiger Residualzustände z. B. nach Tuberkulose [145]
[146]) sowie die Kombination dieser Faktoren, insbesondere bei der COPD [147]
[148], wurden mit einer erhöhten Schimmelpilzinfektionsrate assoziiert. Hämatologische
und onkologische Patienten werden heute, aufgrund der verbesserten Möglichkeiten,
häufig länger behandelt. Dies führt oft aber auch zu einem längeren Zeitraum mit erhöhtem
Infektionsrisiko inklusive wiederholter Neutropeniephasen. Zudem besteht die Tendenz,
Chemotherapien in den ambulanten Bereich und in das private Wohnumfeld zu verlagern
[149]. Dies kann zu einer verstärkten Exposition im häuslichen Bereich während und/oder
direkt nach einer Chemotherapie führen. Schimmelpilzinfektionen zählen zu den häufigsten
Todesursachen durch Infektionserkrankungen bei hämatoonkologischen Patienten und nehmen
an Bedeutung zu [143]. Wenn Schimmelpilzmykosen bei suszeptiblen Patienten entstehen, werden diese meist
über die Atemwege akquiriert. Primäre Infektionsherde sind am häufigsten die Lunge,
seltener die Nasennebenhöhlen, das Ohr oder die traumatisierte Haut. Vom Atemtrakt
ausgehend können die Schimmelpilze hämatogen oder lymphogen streuen und somit andere
Organe befallen [18].
Thermotolerante Aspergillus-Arten treten im Innenraum nur selten in erhöhten Konzentrationen auf (evtl. in Blumentöpfen),
können jedoch z. B. in der näheren Umgebung von Kompost- oder Abfallbehandlungsanlagen,
aber auch bedingt durch andere anthropogene Einflüsse (z. B. landwirtschaftliche Aktivitäten)
in den Innenraum eingetragen werden.
Infektionen durch opportunistische Schimmelpilze (mesophile „Umwelt“-Arten) sind in
der Literatur vereinzelt beschrieben [150]
[151]
[152]
[153]
[154]
[155]. In einer aktuellen Auswertung von insgesamt 53 Aspergillose-Ausbrüchen mit 458
betroffenen Patienten wurden Aspergillus fumigatus und Aspergillus flavus als häufigste Spezies identifiziert. Über 50 % der betroffenen Patienten stammten
aus der Hämatologie/Onkologie.
Im Krankenhausbereich erfolgen (nosokomiale) Schimmelpilzinfektionen vor allem durch
inhalierte Sporen von Aspergillus und Mucor durch kontaminiertes Material, Baumaßnahmen oder Topfpflanzen. Nosokomiale Infektionen
sind definiert durch die Diagnose einer Infektion > 48 Stunden nach der stationären
Aufnahme. Meist erfolgt die Immunsuppression erst später nach einer mehrtägigen Chemotherapie.
Die Inhalation der Sporen kann hingegen schon früher und auch vor der stationären
Aufnahme erfolgen. So können Sporen auf der Schleimhaut (z. B. der Nasennebenhöhle)
persistieren und erst bei Immunsuppression eine Infektion verursachen. So ist es wahrscheinlich
zu erklären, dass auch bei maximaler Isolation und z. B. HEPA-Luftfilterung Infektionen
auftreten. Auch außerhalb des Krankenhauses können Schimmelpilzinfektionen auftreten,
wie Fallberichte belegen [156]
[157]
[158]
[159]
[160]. Chen et al. [157] konnten in ihren Untersuchungen in Taiwan zu pulmonalen Schimmelpilzinfektionen
eine Zunahme ambulant erworbener (community-acquired) Schimmelpilzinfektionen beobachten.
Der Zusammenhang mit Baustellen und Abrissarbeiten und einer dadurch verursachten
Erhöhung der Schimmelpilzsporenbelastung der Außen- und (sekundär) auch Innenraumluft
gilt als gesichert [161].
Bei allen Berichten zu Schimmelpilzinfektionen muss berücksichtigt werden, dass nicht
eindeutig ersichtlich ist, ob diese Infektionen außerhalb des Krankenhauses in Innenräumen
und/oder außerhalb von Innenräumen erworben wurden.
2.3.1.8.1 Invasive Aspergillosen
Invasive Aspergillus-Infektionen sind eine bedeutende Ursache für Morbidität und Mortalität bei Patienten
mit Abwehrschwäche [162]
[163]. Es liegen keine ausreichenden Daten zur Inzidenz der Aspergillose in Deutschland
vor, es ist eine Erkrankung mit hoher Letalität (30 – 95 %) von weltweit über 200 000
lebensbedrohlichen Aspergillus-Infektionen pro Jahr [164].
Für Diagnostik und Management der (angio-)invasiven bronchopulmonalen Aspergillose
(IPA) wird auf die derzeit in Bearbeitung befindliche gemeinsame Leitlinie der Deutschsprachigen
Mykologischen Gesellschaft (DMykG) und der Paul-Ehrlich-Gesellschaft (PEG) sowie die
Leitlinie „Invasive Pilzinfektionen“ nach den Empfehlungen der Fachgesellschaft zur
Diagnostik und Therapie hämatologischer und onkologischer Erkrankungen verwiesen.
Querverweis:
AWMF Nr. 082 – 003 – Diagnose und Therapie invasiver Aspergillus-Infektionen. Entwicklungsstufe: S2e, angemeldet
Leitlinie der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft (DMykG) und der Paul-Ehrlich-Gesellschaft
(PEG)
Karthaus M (2010) Leitliniengerechte Therapie der invasiven Aspergillose. Mycoses
53 (Suppl s1): 36 – 43
Onkopedia Leitlinie – Invasive Pilzinfektionen – Diagnostik. Stand: 2014
Ruhnke M, Böhme A, Buchheidt D, Cornely OA, Donhuijsen K, Einsele H, Enzensberger
R, Hebart H, Heußel CP, Hof H, Horger M, Karthaus M, Krüger WH, Maschmeyer G, Penack
O, Ritter J, Schwartz St für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen (AGIHO) der DGHO
https://www.dgho-onkopedia.de/de/onkopedia/leitlinien/invasive-pilzinfektionen-2013-diagnostik
Onkopedia Leitlinie – Invasive Pilzinfektionen – Therapie. Stand: 2014
Fachgesellschaften DGHO, Stand: August 2014
Mousset S, Böhme A, Buchheidt D, Cornely OA, Egerer G, Heinz W, Krüger WH, Link H,
Maschmeyer G, Neumann S, Ostermann H, Panse J, Penack O, Rieger Ch, Ruhnke M, Schmidt-Hieber
M, Silling G, Südhoff Th, Ullmann AJ, Wolf H-H für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen
(AGIHO) der DGHO
https://www.dgho-onkopedia.de/de/onkopedia/leitlinien/invasive-pilzinfektionen-therapie
2.3.1.8.2 Aspergillom
Das Aspergillom (Myzetom, Pilztumor) ist die lokalisierte Form der Aspergillose, es
entsteht meist in präformierten Höhlen (Sinus, Lunge) durch eine Ansammlung von Schimmelpilzmyzelien
und bildet eine typische kugelige Struktur. Prädisponierende Faktoren sind u. a. Kavernen
nach Tuberkulose, Bronchiektasen und maligne Erkrankungen [165]
[166].
2.3.1.9 Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS)
Das Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS) ist eine grippeähnliche akute systemische Erkrankung,
die durch Inhalation hoher Konzentrationen von Bioaerosolen, wie sie fast ausschließlich arbeitsplatzbezogen
vorkommen, ausgelöst wird. Sie ist wesentlich häufiger als die Exogen Allergische
Alveolitis (EAA) (siehe Abschnitt 2.3.1.6) und kann von dieser manchmal nur schwer
diagnostisch abgegrenzt werden [18]
[123]
[167]. Eine Entscheidungshilfe in der Differenzialdiagnose EAA vs. ODTS findet sich in
[Tab. 8].
Tab. 8
Differenzialdiagnostische Abgrenzung von Exogen Allergischer Alveolitis (EAA) und
Organic Dust Toxic Syndrome (ODTS) [4].
|
Merkmale
|
EAA
|
ODTS
|
|
Exposition
|
verschiedene Allergene
|
Endotoxine, hohe Exposition
|
|
Inzidenz
|
2 – 30/10 000
|
10 – 100/10000
|
|
Latenz
|
4 – 8 Std.
|
4 – 12 Std.
|
|
Auskultation
|
endexspiratorisches Rasselgeräusch bds. basal
|
normal, ggf. Rasselgeräusch
|
|
Lungenfunktion
|
Restriktion (selten Obstruktion, DLCO erniedrigt
|
normal (evtl. Restriktion)
|
|
Präzipitine
|
oft spezifisches IgG
|
meist negativ
|
ODTS-Symptomatiken wurden bei sehr hohen Bioaerosol-Expositionen beschrieben. Bei
Einwirkung hoher Staubmengen mit extremer Keimbelastung (> 109 Sporen/m³, evtl. bei Aspergillus fumigatus weniger) [168] kann es zu Asthma und einer Pneumonitis [169] kommen, die in der Symptomatik der Exogen Allergischen Alveolitis ähnelt. Bei fortbestehender
Exposition können granulomatöse Vernarbungen und Lungenfibrosen entstehen [168]
[170]. Die genaue Ursache der toxisch-irritativen Wirkungen ist im Einzelnen nicht bekannt
[4]
[20].
2.3.1.10 Lungenbluten, pulmonale Hämorrhagie, Akute Idiopathische Pulmonale Hämosiderose
Die Akute Idiopathische Pulmonale Hämosiderose (AIPH) ist ein sehr seltenes Krankheitsbild,
dessen Ätiologie nicht bekannt ist [171].
Im Jahr 2000 veröffentlichten die CDC [172] eine Stellungnahme, die besagt, dass kein Zusammenhang zwischen akuter pulmonaler
Hämorrhagie bei Neugeborenen und der Exposition gegenüber Schimmel nachweisbar ist.
Zuvor wurde in einem Cluster ein Zusammenhang zwischen pulmonaler Hämorrhagie und
der Exposition gegenüber Schimmelpilzen im Innenraum durch die Beschreibung eines
Clusters bei 30 Neugeborenen in Cleveland [173]
[174] postuliert. Allerdings wiesen diese Untersuchungen etliche methodische Fehler hinsichtlich
der Erfassung, der Analyse und der Auswertung der Daten auf.
Ein weiteres Cluster von pulmonaler Hämorrhagie bei vier Neugeborenen wurde 2004 von
den CDC beschrieben [175]. Obwohl die Neugeborenen gegenüber verschiedenen Umweltfaktoren wie u. a. auch Schimmelpilzen
exponiert waren, sehen die CDC aufgrund der fehlenden Vergleichspopulation auch hier
keinen direkten kausalen Zusammenhang zur Entstehung der pulmonalen Hämorrhagie.
Die WHO hat in ihrem Report „Dampness and Mould“ [16] Publikationen bis einschließlich 2007 berücksichtigt. Sie weist dabei auf das in
Cleveland beschriebene Cluster hin und zitiert das „Institute of Medicine“ [24], welches keinen Zusammenhang zwischen Akuter Idiopathischer Pulmonaler Hämorrhagie
und der Exposition gegenüber Stachybotrys chartarum sieht. Eine systematische Literaturrecherche zu neueren Veröffentlichungen bei NLM
PubMed® mit den Begriffen “pulmonary hemorrhage or pulmonary siderose and dampness indoor
or mold indoor or mould indoor” ergibt, dass zwischen 2008 und 2014 keine weiteren
Publikationen zu diesem Themenbereich erschienen sind.
Die Hinweise aus den beiden vorgenannten Berichten könnten Grundlage für weitere systematische
prospektive Studien zu dieser Fragestellung sein. Von den CDC wurde dazu eine Fall-Definition
bereitgestellt [176]
[177].
Zum jetzigen Zeitpunkt ist es nicht gerechtfertigt, zwischen pulmonalen Hämorrhagien
und dem Vorhandensein von Schimmelpilzen im Innenraum einen kausalen Bezug herzustellen
[178]. Nichtsdestoweniger kann eine gewisse Assoziation nicht ausgeschlossen werden [179]. Bei Kindern mit AIPH wird empfohlen, anamnestisch nach Feuchtigkeit/Schimmel zu
fragen [180].
2.3.1.11 Infektanfälligkeit
Es gibt Hinweise auf einen konsistenten Zusammenhang zwischen Feuchteschäden oder
Schimmelpilzbelastungen im Innenraum und dem Auftreten von ärztlich diagnostizierten
Erkrankungen (Erkältung, Bronchitis, Infekten) der Atemwege [35].
Fisk et al. [60] schätzen, dass in den USA 8 – 20 % der Infekte des Atemtraktes mit Schimmelpilzen
bzw. Feuchtigkeit in Innenräumen assoziiert sind. Der Zusammenhang besteht auch nach
Kontrolle von unabhängigen Einflussgrößen. Penicillium sp., Cladosporium sp., Zygomyceten und Alternaria sp. erweisen sich dabei als am engsten mit dem Auftreten dieser Erkrankungen verbunden.
Der Mechanismus für diesen Zusammenhang scheint nicht-allergischer Natur zu sein [181].
2.3.1.12 Irritative Wirkungen – Mucous Membrane Irritation (MMI), chronische Bronchitis
Neben diversen Umweltfaktoren werden Feuchtigkeit [182] und Schimmelpilze [183] mit einer als „Mucous Membrane Irritation“ (MMI)[1] bezeichneten Schleimhautreizung und der chronischen Bronchitis assoziiert [184]. Die pathophysiologischen Zusammenhänge zwischen Expositionen gegenüber diesen Umweltfaktoren
und MMI oder chronischer Bronchitis sind bisher nicht geklärt, dem Schleimhautepithel
und den lokalen Neuronen wird jedoch eine Schlüsselrolle bei der MMI zugeschrieben
[185]. Einer Studie aus Dänemark zufolge scheint die Langzeit-Exposition in feuchten Innenräumen
zu einer Hyperreagibilität der Schleimhäute im nasalen Provokationstest mit Histamin
zu führen, die auch nach einer Sanierung noch persistierte [186].
Die Häufigkeit von Schleimhautreizungen bei beruflich oder umweltbedingt gegenüber
Bioaerosolen Exponierten wird mit etwa 20 – 30 % und mehr angegeben [187]
[188]
[189]. Verlässliche Angaben über die Häufigkeit dieser nicht-allergischen, irritativen,
entzündlichen Wirkungen liegen generell und speziell für Schimmelpilzexpositionen
im Innenraum bisher nicht vor.
Zu den möglichen irritativen Symptomen im Rahmen der MMI zählen unspezifische Reizungen
der Schleimhäute der Augen (z. B. Brennen, Tränen, Jucken), der Nase (Niesreiz, Sekretion
und Obstruktion der Nasenhaupthöhlen) und des Rachens (z. B. Trockenheitsgefühl, Räuspern).
Darüber hinaus können irritative entzündliche Prozesse in den tieferen Atemwegen (z. B.
Husten) sich als chronische Bronchitis manifestieren [184]. Symptome während der Exposition wie Husten, Brennen oder Jucken der Augen und der
Nase sowie auch Hautreizungen lassen schnell nach, wenn die Exposition unterbrochen
wird. Differenzialdiagnostisch sind allergische Symptome abzugrenzen, die anders als
Reizreaktionen bei wiederholter und längerer Exposition in der Regel durch die Sensibilisierung
zunehmen [190]. Die irritativ-toxischen Wirkungen von Schimmelpilzen sind möglicherweise auf Stoffwechselprodukte
oder Zellwandbestandteile (Glucane) sowie als Reaktion auf die Freisetzung von Interleukinen
oder anderen Entzündungsmediatoren zurückzuführen [58]. Dabei könnten synergistische Wirkungen verschiedener Mykotoxine und/oder von Mykotoxinen
mit anderen mikrobiologischen Agentien (z. B. Glucane, Endotoxine von Bakterien) für
die Wirkung verantwortlich sein [51]
[53]
[191]
[192]
[193].
2.3.1.13 Sarkoidose und Schimmelpilze
Die Sarkoidose ist eine Multiorganerkrankung mit bevorzugtem Befall der Lunge. Wesentliches
Merkmal ist die Granulombildung, die grundsätzlich hinweisend auf eine Infektion oder
Fremdkörperreaktion ist [194].
Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass mikrobielle Zellwandbestandteile für die
Sarkoidose ursächlich sind [195]
[196]. Kasuistisch wurde das Auftreten von bakteriellen oder fungalen Infektionen bei
Sarkoidose wiederholt beschrieben, teilweise wurden DNA oder Proteine von mikrobiellen
Organismen in Geweben von Sarkoidose-Patienten gefunden [197]
[198]
[199]
[200]. Mehrere kleinere und größere Fallserien zeigten eine vermehrte Prävalenz der Sarkoidose
in Berufen, die teilweise mit einer erhöhten inhalativen Exposition gegenüber Feuerlösch-Emissionen,
Metall- und Feuchtarbeit oder Räumen mit Wasserschäden einhergehen [201]
[202]
[203]
[204]. Zentrales Problem dieser Beobachtungen ist, dass bei Personen mit inhalativ potenziell
schädigenden Expositionen im Vergleich zu nicht-exponierten Personen häufiger Röntgenuntersuchungen
des Thorax angefertigt werden, sodass die Wahrscheinlichkeit, allein aufgrund der
häufigeren Diagnostik eine Sarkoidose als Zufallsbefund ohne kausale Beziehung zur
inhalativen Noxe zu finden, erhöht ist. Schließlich liegen mehrere Interventionsstudien
vor, die die Wirksamkeit einer antibiotischen (Übersicht bei [195]) oder antifungalen [205] Therapie nachweisen. Adäquate Kontrollgruppen fehlen in beiden Publikationen. In
welchem Ausmaß die anscheinend günstigen Befunde auf begleitende immunsuppressive
Effekte von Antibiotika zurückzuführen sind und nicht auf deren spezifisch antimikrobiotische
Wirkung, bleibt unklar. Neben genetischen Faktoren und bestimmten immunologischen
Voraussetzungen scheinen bei der Pathogenese der Sarkoidose auch etliche Umweltfaktoren
eine Rolle zu spielen [206. 207]. Zusammengefasst liegen nur unsichere Hinweise dafür
vor, dass unterschiedliche inhalative mikrobielle Expositionen einschließlich Feuchteschäden
das Risiko für die Entstehung von Sarkoidose erhöhen können, ein kausaler Zusammenhang
zwischen Schimmelpilzexposition und Sarkoidose konnte bisher nicht nachgewiesen werden
[208]
[209][.
Es erscheint durchaus sinnvoll, in künftigen Studien zur Ätiologie der Sarkoidose
anamnestisch im häuslichen und beruflichen Umfeld des Patienten nach inhalativen – einschließlich
infektiologischen – Faktoren und Feuchteschäden zu fragen [203]
[210]
[211]
[212]
[213]
[214]. Beim momentanen Stand des Wissens liegen jedoch keine hinreichenden Daten vor,
um die Entstehung oder Verschlimmerung einer Sarkoidose kausal auf Feuchteschäden
oder auf die Wirkung von Schimmelpilzen zu beziehen.
Bei Sarkoidose ist über das übliche Prozedere hinaus keine andere auf Schimmelpilze
bezogene Diagnostik angezeigt.
Querverweis:
AWMF Nr. 027 – 066 – Brunner J, Thon A (2011) Leitlinie Sarkoidose im Kindes- und Jugendalter.
Entwicklungsstufe S1 (2013)
Leitlinie der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie und der Deutschen Gesellschaft
für Kinder- und Jugendmedizin
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/027–066l_S1_Sarkoidose_2013–01.pdf
2.3.1.14 Rheumatische Beschwerden
Seit Jahren werden als Triggerfaktor für viele entzündliche rheumatische Erkrankungen
auch Infektionen (Bakterien, Viren) diskutiert. Es gibt Hinweise von einer Arbeitsgruppe
auf einen Zusammenhang zwischen Feuchteschäden und rheumatischen Beschwerden [215]
[216]
[217]
[218]. Das Auftreten eines Clusters in einem Gebäude wurde mit den vorhandenen Feuchteschäden
und der „abnormen“ mikrobiologischen Exposition erklärt [216].
Solange jedoch keine Studien aus anderen Zentren (und anderen Ländern) vorliegen,
kann nicht von einer belastbaren Evidenzlage ausgegangen werden. Die epidemiologische
Datenlage ist unzureichend, deshalb können keine Aussagen zum Vorkommen und zu möglichen
Zusammenhängen zwischen Schimmelpilzexposition und/oder Feuchtigkeit und rheumatischen
Erkrankungen getroffen werden.
Bei rheumatischen Beschwerden ist über das übliche rheumatologische Prozedere (Interdisziplinäre
Leitlinie, Management der frühen rheumatoiden Arthritis) hinaus keine andere auf Schimmelpilze
bezogene Diagnostik angezeigt.
Querverweis:
AWMF Nr. 060 – 002 – Frühe rheumatoide Arthritis, Management. Entwicklungsstufe: S3 (2011) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh)
Schneider M, Lelgemann M, Abholz H-H, Blumenroth M, Flügge C, Gerken M, Jäniche H,
Kunz R, Krüger K, Mau W, Specker C, Zellner M (2011). Interdisziplinäre Leitlinie.
Management der frühen rheumatoiden Arthritis. 3. Auflage.
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/060–002l_S3_Management_fr%C3%BChe_rheumatoide_Arthritis_2011–10.pdf
2.3.1.15 Mykotoxikosen
Systemische Effekte (Vergiftungen) durch die von den Schimmelpilzen produzierten Mykotoxine
werden Mykotoxikosen genannt und sind bei oraler Aufnahme über Nahrungsmittel bekannt
[18].
Über luftgetragene Intoxikationen durch Mykotoxine im Innenraum liegt bisher kein
gesichertes Wissen vor. Es besteht weiterer Klärungsbedarf, ob die in der Innenraumluft
entstehenden Mykotoxinkonzentrationen systemisch toxikologisch relevant sind. Nach
den bisher vorliegenden Erkenntnissen scheint dies nicht der Fall zu sein.
2.3.1.16 Geruchswirkungen
Durch Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen kann es zu relevanten geruchlichen Wahrnehmungen
kommen [219]. Das sollte Anlass sein, bauphysikalisch der Ursachensuche für Feuchte-/Schimmelpilzschäden
im Innenraum nachzugehen.
Mit dem Begriff MVOC (Microbial Volatile Organic Compounds) werden flüchtige organische
Verbindungen bezeichnet, welche von Schimmelpilzen und Bakterien gebildet werden.
Im Stoffwechsel von Schimmelpilzen und Bakterien entstehen zahlreiche flüchtige Metabolite,
die als OVOC (Odour Active Volatile Organic Compounds) für den „Schimmel-Geruch“ verantwortlich
sind. Viele MVOC besitzen osmophore Gruppen (Carbonyl-, S-, N- oder OH-Gruppen) und
haben sehr niedrige Geruchsschwellen [219]
[220]
[221]. Es muss berücksichtigt werden, dass für viele sogenannte MVOC neben mikrobiellen
auch andere Quellen existieren (Tabakrauch, Kochen, Backen, Braten, Topfpflanzenerde,
Komposteimer, etc.) [222]. Ungeklärt ist bisher, ob von sogenannten MVOC in den in Innenräumen vorkommenden
Konzentrationen im unteren µg/m³ Bereich biologische Signalwirkungen ausgehen [223]. Olfaktorisch-psychische Kopplungsreaktionen mit unspezifischen Beschwerden sind
bei entsprechenden kakosmischen Auffälligkeiten möglich, toxische Reaktionen sind
hingegen unwahrscheinlich [224]
[225].
Gerüche in der Umwelt können sich in verschiedener Weise auf die Gesundheit und das
Befinden auswirken. Eine Geruchsbelästigung umfasst die folgenden drei Komponenten:
-
eine emotionale Komponente (z. B. Gefühl der Verärgerung),
-
eine Interferenzkomponente (z. B. Behinderung von Entspannung) und
-
eine somatische Komponente (z. B. Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen) [226].
Zu unterscheiden sind direkte physiologische Wirkungen, die Wahrnehmung eines Geruchs,
die Geruchsbelästigung als Wirkung des Geruchs auf emotionaler Ebene, und indirekte
physiologische Wirkungen als Folge der Geruchsbelästigung und des damit verbundenen
chronischen Stresses. In der Realität der umweltmedizinischen Bewertung sind die gesundheitlichen
Auswirkungen der Gerüche über die zuvor genannten Mechanismen oft nicht klar zu trennen.
Die charakteristische Wirkung von unangenehmen Gerüchen ist die Belästigung. Als gesundheitliche
Folge sind Befindlichkeitsstörungen möglich, die aber nicht über toxikologische Mechanismen,
sondern über Konditionierung, Attribution (Zuschreibung von Zusammenhängen) oder Stress
vermittelt werden. Befindlichkeitsstörungen können als Vorläufer somatischer Funktionsstörungen
aufgefasst werden. Typische Symptome bei erheblichen unangenehmen Geruchsbelästigungen
können Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Übelkeit, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit
sein [227].
Die Geruchswahrnehmung und kognitive Bewertung und damit auch die Empfindlichkeit
gegenüber Gerüchen weist große interindividuelle Unterschiede auf. Dabei spielen genetische
und hormonelle Einflüsse sowie die Prägung, der Kontext und Adaptationseffekte eine
Rolle [228].
2.3.1.17 Befindlichkeitsstörungen, unspezifische Symptome
Unter Befindlichkeitsstörungen versteht man „Verschlechterungen des psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens sowie des
Gefühls der subjektiven Leistungsfähigkeit. Sie sind als emotionaler Erlebnisinhalt
abzugrenzen von Belästigungsreaktionen, die eine kognitive Bewertung spezifischer
Umweltreize beinhalten“ [229]
[230]. Befindlichkeitsstörungen spielen eine maßgebliche Rolle bei umweltassoziierten
Gesundheitsstörungen im Allgemeinen sowie bei innenraumassoziierten Gesundheitsstörungen
im Speziellen [231]. Zur Erklärung von Wirkmechanismen solcher umweltassoziierter Befindlichkeitsstörungen
werden die folgenden drei Modelle herangezogen [229]
[230]:
-
Modell der Noxe:
Physiologische Beziehung zwischen Umweltfaktor und Reaktion des Menschen zum Beispiel
durch eine psychotrope Substanz.
-
Modell der Attribution:
Ein gesundheitlicher Zustand wird einem Umweltfaktor nach kognitivem Beurteilungsprozess
zugeschrieben.
-
Stressmodell:
Ein Umweltfaktor wird bewusst wahrgenommen und als unangenehm, schädlich oder bedrohlich
erlebt. Stressreaktionen können sich als körperliche Funktionsstörungen, Befindlichkeitsveränderungen
und Leistungsbeeinträchtigungen bemerkbar machen.
Die Auslösung von umweltassoziierten Befindlichkeitsstörungen durch Schimmelpilze
ist grundsätzlich möglich, beispielsweise durch Gerüche [231].
2.3.1.18 Neuropsychologische, neurotoxische Effekte
Bisher liegen hierzu keine systematischen Untersuchungen vor.
Verschiedentlich wurde die Exposition gegenüber toxinbildenden Schimmelpilzen („toxic
mould“) im Innenraum mit neurotoxischen Wirkungen in Verbindung gebracht und kognitive
und emotionale Probleme ursächlich auf Mykotoxine („black toxic mould syndrome“) zurückgeführt
[232]
[233]
[234]
[235]
[236] sowie Toxin ausleitende Therapien propagiert. Diese Arbeiten sind wegen methodischer
Schwächen zu kritisieren [235]
[237]
[238].
Aus der Fachliteratur kann kein konsistenter Zusammenhang abgeleitet werden, dass
durch die in Innenräumen vorkommenden Toxinkonzentrationen neurotoxische Wirkungen
verursacht werden [62]
[239]
[240]
[241]
[242]. Die Evidenz für eine Assoziation ist als unzureichend einzustufen [235].
2.3.1.19 Gastrointestinale Effekte, renale Effekte, Teratogenität, Krebs
Vereinzelt werden in (nicht-wissenschaftlichen) Veröffentlichungen und Internet-Foren
Hypothesen über Zusammenhänge zwischen Schimmelpilzen und zahlreichen weiteren unterschiedlichen
Krankheitsbildern postuliert, mit der Folge verunsicherter Patienten, die sich im
Internet „informiert“ haben. Auch werden Schimmelpilze mit „Darmpilzen“ (kommensale
Besiedlung mit Candida albicans) fälschlicherweise mitunter gleichgesetzt.
Bisher liegen hierzu keine systematischen Untersuchungen oder Fallbeschreibungen vor,
die einen Zusammenhang mit Feuchteschäden oder Schimmel in Innenräumen und gastrointestinalen
oder renalen Erkrankungen, Reproduktionsstörungen, Teratogenität oder Krebserkrankungen
belegen oder vermuten lassen (vgl. hierzu [34]
[177]).
Es ist eine ärztliche Aufgabe, in solchen Fällen zu versachlichen.
2.4 Risikoanalyse und -bewertung
2.4.1 Infektionsrisiko
Das Infektionsrisiko von den in Innenräumen regelmäßig vorkommenden Schimmelpilzarten
ist für gesunde Personen gering, die meisten Arten sind in die Risikogruppe 1 und
wenige in 2 (Aspergillus fumigatus, A. flavus) der Biostoffverordnung eingestuft [243].
Für berufliche Tätigkeiten (Umgang) mit Schimmelpilzen gilt die aktuelle Biostoffverordnung,
nach der die Infektionsrisiken von biologischen Arbeitsstoffen in vier Risikogruppen
eingeteilt werden [244], wobei sich die Schimmelpilze auf die Risikogruppen 1 und 2 verteilen:
Risikogruppe 1:
Biologische Arbeitsstoffe, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie beim Menschen
eine Krankheit verursachen.
Risikogruppe 2:
Biologische Arbeitsstoffe, die eine Krankheit beim Menschen hervorrufen können und
eine Gefahr für Beschäftigte darstellen können; eine Verbreitung des Stoffes in der
Bevölkerung ist unwahrscheinlich; eine wirksame Vorbeugung oder Behandlung ist normalerweise
möglich.
Risikogruppe 3:
Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen können
und eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen können; die Gefahr einer Verbreitung
in der Bevölkerung kann bestehen, doch ist normalerweise eine wirksame Vorbeugung
oder Behandlung möglich.
Risikogruppe 4:
Biologische Arbeitsstoffe, die eine schwere Krankheit beim Menschen hervorrufen und
eine ernste Gefahr für Beschäftigte darstellen; die Gefahr einer Verbreitung in der
Bevölkerung ist unter Umständen groß; normalerweise ist eine wirksame Vorbeugung oder
Behandlung nicht möglich (Risikogruppe 4 beinhaltet keine Pilze).
Schimmelpilzmykosen sind opportunistische Infektionen. Sie erfordern eine verminderte
Abwehrlage bei exponierten Personen. Thermotolerante Schimmelpilzarten der Risikogruppe
2 (z. B. A. fumigatus, A. terreus, A. niger, A. flavus, Emericella nidulans oder mesophile Fusarium sp.) der „TRBA 460: Einstufung von Schimmelpilzen in Risikogruppen“ [243] der Biostoffverordnung [244] verursachen nur selten Infektionen bei gesunden, immunkompetenten Personen, können
aber invasive Mykosen bei Menschen auslösen, deren Immunsystem aufgrund von Erkrankungen
oder anderer Umstände inkompetent ist [245]
[246].
Nach der Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
(KRINKO) beim Robert Koch-Institut [25] können immunsupprimierte Personen in drei Risikogruppen eingeteilt werden ([Tab. 9]).
Tab. 9
Risikogruppen der Immunsuppression der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
(KRINKO) beim Robert Koch-Institut [25].
|
Risikogruppe 1 (mittelschwere Immunsuppression/-defizienz)
-
Granulozytopenie < 0,5 × 109/l (< 500 /μl) bis zu 10 Tage (analog Leukopenie < 1 × 109/l; < 1000 /μl)
-
Mangel an CD4-positiven T-Helfer-Zellen < 250/μl (Cave: altersentsprechende Normwerte
bei Kindern); autologe Stammzelltransplantation bis drei Monate nach intensiver Therapiephase
Patienten, die mehr als 1 Merkmal der unter Risikogruppe 1 aufgeführten Immunsuppression/-defizienz
aufweisen, kommen in Risikogruppe 2.
|
|
Risikogruppe 2 (schwere Immunsuppression/-defizienz)
-
Granulozytopenie < 0,5 × 109/l (< 500 /μl) über mehr als 10 Tage (analog Leukopenie < 1 × 109/l; < 1000 /μl)
-
schwere aplastische Anämie oder Makrophagen-Aktivierungssyndrom während einer intensiven
immunsuppressiven Therapie
-
allogene Knochenmark- oder Stammzelltransplantation bis 6 Monate nach Abschluss der
intensiven Therapiephase (wichtig: Ausmaß der GVHD und der anhaltenden iatrogenen
Immunsuppression)
-
akute stationäre Behandlungsphase bei autologer Stammzelltransplantation oder nach
Transplantation solider Organe (bis zur Entlassung)
|
|
Risikogruppe 3 (sehr schwere Immunsuppression/-defizienz)
Die Entscheidung über die Zuordnung zu Gruppe 3 bei Patienten nach allogener Stammzelltransplantation
wird letztlich in Zusammenschau aller Befunde von den behandelnden Onkologen getroffen.
|
Besonders gefährdet sind (Aufzählung mit abnehmendem Risiko) Patienten mit Tumorerkrankung,
v. a. mit hämatoonkologischer Grunderkrankung (z. B. Leukämie, Lymphom), akuter myeloischer
Leukämie (AML), akuter lymphatischer Leukämie (ALL), allogener Stammzelltransplantation,
autologer Stammzelltransplantation, solider Organtransplantation, HIV-Infektion, sonstiger
Immunsuppression (z. B. längerdauernde hochdosierte Therapie mit Glukokortikoiden),
aplastischer Anämie, Zystischer Fibrose u. v. a. [143]
[247]. Die akute myeloische Leukämie (AML) ist mit der höchsten Inzidenz an invasiven
Schimmelpilzinfektionen (etwa 12 %) und den meisten Schimmelpilzinfektionen (etwa
8 %) vergesellschaftet. Diese wird gefolgt von der akuten lymphatischen Leukämie (etwa
4 %). Bei den Prozeduren ist die allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation
(alloSZT) mit einer sehr hohen Inzidenz an Schimmelpilzinfektionen assoziiert [143].
Aufgrund des stetigen Anstiegs des Anteils immunsupprimierter Patienten an der Bevölkerung
und des immer längeren Überlebens dieser Betroffenen kann zurzeit nicht ausgeschlossen
werden, dass Schimmelpilzinfektionen ein zunehmender Risikofaktor für die Gesundheit
dieser Bevölkerungsgruppe werden können [4].
Ein numerisches Risiko kann auf der Grundlage des aktuellen Wissensstandes nicht abgeleitet
werden. [Risikomatrix 1] zeigt eine semiquantitative Risikobewertung zur Infektionsgefährdung durch Schimmelpilze
in Innenräumen.
Risikomatrix 1 Infektionsgefährdung durch Schimmelpilze (Je dunkler ein Kästchen ist, desto größer
ist das mögliche gesundheitliche Risiko.).
2.4.2 Sensibilisierungs-/Allergierisiko
Prinzipiell besteht auch bei Gesunden immer die Möglichkeit der Sensibilisierung und
der Auslösung einer klinisch symptomatischen Allergie nach Einatmung von Sporen und
anderen Schimmelpilzbestandteilen (z. B. Myzel). Das sensibilisierende Potenzial von
Schimmelpilzen ist im Vergleich zu anderen Umweltallergenen, wie etwa Allergenen von
felltragenden Haustieren, Gräser- und Baumpollen oder Hausstaubmilben (ca. 15 bis
30 % [248]
[249]), als deutlich geringer einzuschätzen [218]
[250]
[251]
[252]. Aktuelle Studien – sowohl bevölkerungs- als auch patientenbezogen [27] – zeigen europaweit eine vergleichsweise geringe Sensibilisierungsprävalenz von
3 – 10 % gemessen an der Gesamtbevölkerung [26]. Grundsätzlich ist festzustellen, dass eine Sensibilisierung – auch auf Schimmelpilze
– nicht gleichzusetzen ist mit einer klinisch relevanten Allergie. Es wird allgemein
davon ausgegangen, dass es über eine Million Schimmelpilzarten gibt. Bisher wurden
ca. 350 Schimmelpilzarten als potenziell sensibilisierend unter www.allergome.org gelistet. Wie hoch der Anteil der sensibilisierenden Schimmelpilzarten insgesamt
ist, kann aus dieser Angabe allerdings nicht geschlussfolgert werden. Die WHO/IUIS-Kriterien
zur Klassifizierung eines Allergens erfüllen aktuell 107 Schimmelpilzproteine aus
43 Schimmelpilzarten (www.allergen.org). Nur wenige Schimmelpilze sind als Testallergenlösungen verfügbar und typische Innenraumpilzallergenextrakte
fehlen weitgehend [57]
[253].
Aus allergologischer Sicht ist nach einer Sensibilisierung eines Patienten gegenüber
Schimmelpilzen grundsätzlich eine Dosisabhängigkeit der Exposition (gemessen als KBE)
nicht alleine ausschlaggebend für die klinische Reaktion. Die Sensibilisierung mit
der Bildung von spezifischen IgE-Antikörpern und die Auslösung von allergischen Reaktionen
erfolgt auf der Ebene von Proteinen bzw. Peptidkomponenten. Damit ist es nicht erforderlich,
dass ganze Sporen oder unversehrtes Schimmelpilzmyzel vorliegen. Vielmehr ist die
Allergenität von den Proteinen oder Peptiden abhängig, die aufgrund ihrer Eigenschaften
allergieauslösend sind.[2]
Bei Personen mit Atopie, Rhinokonjunktivitis, Rhinosinusitis stellt eine Exposition
in feuchten Innenräumen einen Risikofaktor für die Ausbildung eines Asthma bronchiale
dar. Bei einer mit Schimmelpilzexposition assoziierten Rhinosinusitis verdoppelt sich
das Risiko für die Ausbildung eines Asthma bronchiale (OR: 2,2; KI: 1,3 – 3,6) [254]. Kleinkinder mit einer Atopie scheinen ein erhöhtes Risiko für die Ausbildung eines
Asthma bronchiale bei Feuchteschäden oder Schimmelpilzvorkommen im Schlaf- oder Wohnzimmer
zu haben [255].
Ein numerisches Risiko kann auf der Grundlage des aktuellen Wissensstandes nicht abgeleitet
werden. [Risikomatrix 2] zeigt eine semiquantitative Risikobewertung zur Sensibilisierungs-/Allergisierungsgefährdung
durch Schimmelpilze in Innenräumen.
Risikomatrix 2 Sensibilisierungs-/Allergisierungsrisiko durch Schimmelpilze (Je dunkler ein Kästchen
ist, desto größer ist das mögliche gesundheitliche Risiko.). * = Nachweis der klinischen
Relevanz einer im Allergietest festgestellten Sensibilisierung erforderlich!
2.4.3 Risiko toxischer/irritativer Wirkungen
Nur Schimmelpilze, die potenziell in der Lage sind, Toxine zu bilden, kommen als Auslöser
einer Intoxikation in Betracht. Ob im Einzelfall eine Toxinbildung im Innenraum stattfindet,
entscheiden die Umgebungs- und Wachstumsbedingungen und hier vor allem das Substrat
[177]
[256].
Beim Menschen sind keine prädisponierenden Faktoren für Intoxikationen durch Mykotoxine
bekannt. Prädispositionen sind aber auf Wirkorganebene vorstellbar. So ist beispielsweise
denkbar, dass eine vorgeschädigte Leber (z. B. chronische Hepatitis, Leberzirrhose)
eine Prädisposition für hepatotoxische Aflatoxin-Wirkungen nach oraler Aufnahme dieses
Toxins sein kann. Ob dies auch für die aerogene Toxinaufnahme gilt, ist bisher nicht
geklärt [4].
Ein numerisches Risiko kann auf der Grundlage des aktuellen Wissensstandes nicht abgeleitet
werden [62].
Bisher ist unklar, ob von MMI oder von chronischer Bronchitis Betroffene besonders
empfindliche Personen sind, die bei geringerer Dosis reagieren, oder sensibilisierte
Personen sind, die dosisunabhängig anders reagieren als nicht sensibilisierte Individuen
[185]. Mögliche prädisponierende Faktoren für MMI und chronische Bronchitis können andere
entzündliche Prozesse im Bereich der Schleimhäute der Augen und des Respirationstraktes,
wie z. B. Infektionen, atopische Schleimhauterkrankungen, Keratokonjunktivitis sicca
und trockene Nasenschleimhäute, sein [4].
2.4.4 Risiko von Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen
Von Geruchswirkungen und/oder Befindlichkeitsstörungen kann bei Feuchte-/Schimmelpilzschäden
im Innenraum grundsätzlich jeder betroffen sein. Hierbei handelt es sich nicht um
eine Gesundheitsgefährdung. Prädisponierende Faktoren für Geruchswirkungen können
genetische und hormonelle Einflüsse, Prägung, Kontext und Adaptationseffekte sein
[228].
Prädisponierende Faktoren für Befindlichkeitsstörungen können Umweltbesorgnisse, -ängste,
-konditionierungen und -attributionen sowie eine Vielzahl von Erkrankungen sein [12].
3 Diagnostik
3.1 Beratungsanlass
Patienten suchen in der Regel im Zusammenhang mit Schimmelpilzexpositionen eine ärztliche
Beratung aus folgenden Gründen [126]
[190]:
-
Patienten, bei denen Gesundheitsbeschwerden vorliegen und deren Sachverhalt einen
umweltbezogenen Zusammenhang mit einem Feuchteschaden und/oder einer Schimmelexposition
nahelegt.
-
Patienten mit Befindlichkeitsstörungen und unspezifischen Symptomen, die einen klaren
zeitlichen Zusammenhang mit bestimmten Umwelt-/Umgebungsbedingungen oder Tätigkeiten
haben.
-
Patienten, die wegen einer möglichen Schimmelpilzexposition besorgt sind.
-
Es liegen bereits Messergebnisse vor.
-
Es wird ärztlicher Beistand in Miet- und Baustreitigkeiten gesucht.
3.2 Diagnostik – Allgemeines Vorgehen, Anamnese, körperliche Untersuchung, klinisch-chemische
und apparative Tests
Grundelemente jeder medizinischen Diagnostik sind die Anamnese [257] und die körperliche Untersuchung. Darauf aufbauend erfolgen weiterführende spezielle
Untersuchungsmethoden entsprechender medizinischer Fachdisziplinen in Abhängigkeit
von der Fragestellung und der Differenzialdiagnostik. In der Umwelt- und Arbeitsmedizin
erfolgen zudem immer dort, wo möglich und indiziert, Untersuchungen zur inneren Exposition
(Human-Biomonitoring als Belastungs- und/oder Effektmonitoring) und/oder zur äußeren
Exposition (Hausbesuch/Ortsbegehung, Umweltmonitoring).
3.2.1 Anamnese
Bei der Anamneseerhebung sollte ein ganzheitlicher Ansatz erfolgen, der sich nicht
nur auf Belastungen aus der Umwelt und Aspekte körperlicher Erkrankungen beschränkt,
sondern der gleichermaßen die psycho-soziale Dimension der Probleme erfasst. Dieser
Ansatz, der insbesondere angesichts der hohen Erwartungen der Patienten an den Arzt
notwendig ist, sollte dem Patienten dargelegt werden. Das gleichrangige Einbeziehen
der seelischen und sozialen Aspekte stößt in der Beratung kaum auf Schwierigkeiten,
wenn dies dem Patienten entsprechend erklärt wird.
Bei Verdacht auf mögliche gesundheitliche Störungen durch Schimmelpilze sind neben
der allgemeinen und differenzialdiagnostischen Anamnese folgende Elemente der Anamnese
zu berücksichtigen:
-
Expositionsanamnese im Wohnbereich
-
Expositionsanamnese im Arbeitsbereich
-
Expositionsanamnese im Freizeitbereich
-
infektiologische Anamnese inkl. Prädispositionsfaktoren
-
allergologische Anamnese inkl. Prädispositionsfaktoren
-
Anamnese bzgl. irritativ-toxischer Wirkungen
-
Anamnese bzgl. Geruchswirkungen
-
Anamnese bzgl. Befindlichkeitsstörungen
Im Folgenden wird auf einige Aspekte detaillierter eingegangen. Dort, wo keine Literatur
hinterlegt ist, liegen lediglich Erfahrungen aus der täglichen Praxis vor.
3.2.1.1 Allergologische Anamnese
Die Anamnese bei Verdacht auf eine schimmelpilzassoziierte Erkrankung setzt sich aus
der allgemeinen Anamnese und der speziellen umweltmedizinischen und allergologischen
Anamnese zusammen.
Die Eigenanamnese unter Berücksichtigung der Familienanamnese sollte erhoben werden
(Atopie). Erfahrene Allergologen erhalten aus der Anamnese über die zeitliche und
räumliche Exposition von Allergenen in der Regel bis zu etwa 50 % Übereinstimmung
mit den allergologischen Testungen [258]
[259]. Die gezielte umweltmedizinisch-allergologische Anamnese bei einem Schimmelpilzwachstum
ist besonders hilfreich, um eine gezielte Diagnostik einzuleiten und konkurrierende
Allergene zu erfassen.
Erst in der Zusammenschau von Anamnese, klinischer Symptomatik, Allergen-Nachweis
und ggf. Provokationstestung ist eine Allergie sicher zu diagnostizieren.
Die allergologische Anamnese besteht aus zwei Fragenkomplexen. Es werden die Vorerkrankungen,
die Symptome und die Beschwerden organbezogen erfragt.
Ergänzt wird die Anamnese im zweiten Teil zu den möglichen Schimmelpilzallergenen,
konkurrierenden Allergenen sowie der zeitlichen und räumlichen Assoziation von Beschwerden
zur Allergenexposition erfasst.
Zusätzlich werden nicht allergische Beschwerdekomplexe erhoben und abgegrenzt. Hierzu
gehören Befindlichkeitsstörungen, neuropsychologische Symptome, Geruchswirkungen,
toxisch-irritative Wirkungen von Schimmelpilzen, deren Bestandteilen und Bakterien.
Querverweis:
Bufe A (ohne Jahresangabe) Leitlinie allergologische Diagnostik – APPA e. V.
www.appa-ev.de/leitlinien/Leitlinie_allergologische_Diagnostik.pdf
Erster Schritt der Anamnese – organbezogene Beschwerden
Im ersten Schritt der Anamnese werden organbezogene Beschwerden sowie deren Beginn,
Intensität und Dauer erfragt. Es gibt keine anamnestischen spezifischen Symptome,
die einen sicheren Rückschluss auf die Verursachung einer Allergie durch Schimmelpilze
erlauben. Die durch eine Soforttyp-Sensibilisierung hervorgerufenen allergologischen
Krankheitsbilder sind in ihrer Ausprägung unabhängig von dem spezifischen verursachenden
Allergen. Die Ausprägung der allergischen Beschwerden wird getriggert durch eine Vielzahl
von endogenen und exogenen Faktoren (z. B. Tabakrauchen). Stress kann die allergischen
Beschwerden verschlimmern. Hierzu gehören unter anderem emotionale Konflikte in der
Partnerschaft, der Familie oder im Beruf. Auch die Stress-Belastung, wie sie beispielsweise
nach einem Wasserschaden und Schimmelpilzbewuchs im Innenraum auftritt, kann die allergische
Symptomausprägung verschlimmern. Bei Frauen, aber auch bei Männern können sich die
allergische Reaktionsbereitschaft und die Organlokalisation in Abhängigkeit vom Hormonhaushalt
verändern.
Zweiter Schritt der Anamnese – Allergenexposition
Im zweiten Schritt der Anamnese sollen Orts-, Zeit- und Allergenbezug der Beschwerden
ermittelt werden. Hierzu sind die angegebenen Krankheitserscheinungen bezüglich ihres
Beginns, des Verlaufes sowie der Ausprägung an verschiedenen Orten zu erfragen. Entsprechend
der Ökologie der Schimmelpilze sind Beschwerden aber auch in Bezug zur Witterung,
saisonal, in der Wohnung, in klimatisierten Räumen bzw. im Schlafzimmer (Anmerkung:
Schimmelpilze kommen zusammen mit Milben in der Schlafstätte vor) zu erfragen. Im
Vordergrund stehen Fragen nach einem „Schimmelgeruch“, einem sichtbaren Schimmelpilzwachstum
oder einer Schimmelpilzkontamination im Innenraum. Der Geruch bei einem Schimmelpilzwachstum
wird häufig als modrig, muffig bis säuerlich beschrieben. Feuchteschäden, Wärmebrücken,
Kondensatbildung, Abfallentsorgung, der Umgang mit Biotonne und Müll, Kompostlagerung,
Tierhaltung, das Vorhandensein von Zimmerpflanzen, Hobbies, das Nutzerverhalten und
bauliche Mängel sind zu erfragen. Richtungsweisend können auch die Wohnbedingungen
und das Nutzerverhalten sein. Hierbei sind die Heizung und Lüftungsmöglichkeiten des
Gebäudes oder der Wohnung, das Baujahr, die Dachkonstruktion, der Dachboden und die
Kellerräume zu berücksichtigen. Es können auch Abriss-, Bau- und Renovierungsarbeiten
im Gebäude und der Umgebung einen Beitrag zur Schimmelpilzallergenbelastung leisten
[260]
[261]
[262]
[263]
[264]
[265]. Als Hinweis auf eine erhöhte Bauteilfeuchte können Asseln (lat. Oniscidea), Silberfischchen (lat. Lepisma saccharina) sowie ganz besonders Staubläuse (lat. Psocoptera), die sich von „Schimmelrasen“ ernähren, gewertet werden.
Ebenfalls relevant ist die Übertragung von Schimmelpilzen und deren Bestandteilen
durch das Aufwirbeln von verrottendem biologischen Material (Laub, Gras, Erde, Holz).
Dies kann durch Motorengebläse bei Reinigungs-, Garten- und Landschaftsarbeiten passieren
wie auch bei starkem Wind in einer trockenen Periode nach einer feuchten Witterung.
Wichtige, häufig nicht leicht erkennbare Schimmelpilzreservoire sind Lüftungs- und
Klimaanlagen, die nicht regelmäßig gewartet werden.
Von zentraler Bedeutung ist, ob in einem räumlichen und zeitlichen Bezug zu Räumen
oder Tätigkeiten typische Beschwerden möglicher gesundheitlicher Wirkungen von Schimmelpilzen
auftreten. Im Rahmen des diagnostischen Vorgehens kann auch eine Expositionskarenz,
d. h. ein vorübergehendes Verlassen der verdächtigten Räume und eine anschließende
Reexposition, wichtige Hinweise geben [22].
Zur Ermittlung der örtlichen und zeitlichen Abhängigkeiten der Beschwerden kann das
Führen eines Beschwerdetagebuches durch den Patienten sinnvoll sein.
3.2.1.2 Suszeptibilitätsanamnese
Mit der Anamnese sollen besonders gefährdete und empfindliche Personen wie immunsupprimierte
Personen, Allergiker (Atopiker) und Personen mit den pulmonalen Grunderkrankungen
Asthma, COPD, Zystische Fibrose (Mukoviszidose) erfasst werden [179]
[247]
[266]. Patienten mit Zystischer Fibrose haben ein erhöhtes Risiko für die ABPA.
Als Prädispositionsfaktoren einer Schimmelpilzallergie gelten eine familiäre Disposition
zu Typ I-Allergien, vorhandene Sensibilisierungen sowie das Vorliegen einer oder mehrerer
atopischer Erkrankungen. Die Bedeutung dieser Prädispositionen nimmt in der dargestellten
Reihenfolge zu. Im Rahmen der Sensibilisierung und atopischen Erkrankung ist die Prädisposition
umso stärker ausgeprägt, je schimmelpilzspezifischer sie ist [4].
Weitere prädisponierende Faktoren sind:
-
eine schwierig zu behandelnde allergische Rhinitis
-
eine schwierig zu behandelnde Sinusitis
-
ein schwierig zu behandelndes Asthma
-
aus unklaren Gründen exazerbierendes Asthma
3.2.1.3 Berufliche Schimmelpilzexposition
Die berufliche Exposition gegenüber Schimmelpilzen ist qualitativ und quantitativ
je nach der Tätigkeit unterschiedlich. Nach der Novelle der Biostoffverordnung 2013,
welche die nationale Umsetzung der Richtlinie 2000/54/EG darstellt, entfällt die Klassifizierung
der Infektionsgefährdung bei Tätigkeiten, bei denen vorrangig von einer sensibilisierenden
Wirkung auszugehen ist. Das betrifft die berufliche Schimmelpilzexposition. Grundsätzlich
ist eine berufliche Schimmelpilzexposition bei den folgenden Tätigkeitsbereichen als
gegeben anzusehen [267]:
-
Tätigkeit im Abfallbereich (Abfallwirtschaft, Kompostierung, Mülltrennung, Müllverbrennung,
Wertstoffsortierung)
-
Sanierung von schimmelpilzbefallenen Innenräumen
-
gewerbliche Messung von Schimmelpilzen in Innenräumen
-
Aufenthalt in Archiven, Bibliotheken, Depots und Magazinen (altes Papier oder Schimmelpilzbefall)
-
Tätigkeit in der Landwirtschaft (Heu, Streu, Tierhaltung)
-
Gärtner, Landschaftsgärtner, Floristen, Baumarbeiten
-
Müller und Bäcker
-
Winzer (vor allem bei der Enttrappung von Lesegut)
-
Brauereien
-
Papier- und Holzerzeugung und -verarbeitung
-
Umgang mit Kühlschmierstoffen (Aerosol mit Bakterien und Schimmelpilzen)
-
Gebäudesanierer (Tapezierer, Installateur)
-
Futtermittelproduktion und Umgang mit Futtermitteln
-
Lüftungs-/Klimaanlagenwartung
Bestehen bei einem Beschäftigten arbeitsplatzbezogene Beschwerden beim Umgang mit
schimmelpilzbehafteten Materialien, die auf eine Allergie gegenüber Schimmelpilzen
hindeuten, ist zunächst die Exposition (Häufigkeit, Quantität, Qualität) im Rahmen
der Gefährdungsbeurteilung zu prüfen. Technische Maßnahmen sind ggf. zu ergreifen.
Persönliche Schutzausrüstung ist zu prüfen. Unternehmer und Ärzte sind verpflichtet,
den Verdacht auf eine Berufskrankheit dem zuständigen Unfallversicherungsträger zu
melden (§§ 193, 202 SGB VII).
3.3 Körperliche Untersuchung
Zu jeder Anamnese gehört eine komplette oder zumindest beschwerdebildorientierte körperliche
Untersuchung. Die Methodik der körperlichen Untersuchung greift auf die Inspektion,
die Palpation, Perkussion, Auskultation und Funktionsprüfung zurück.
Damit sind die anamnestisch erhobenen Zielorgane bevorzugt zu untersuchen. Hierbei
sollte ein besonderes Augenmerk auf die Schleimhäute der Augen und soweit möglich
der oberen Atemwege und auf die Haut gelegt werden, da die von den Patienten häufig
beklagten unspezifischen Beschwerden diese Organe in besonderem Maße betreffen [17]
[268]. Grundsätzlich sollte die körperliche Untersuchung strukturiert und standardisiert
durchgeführt und adäquat dokumentiert werden. Hierzu stehen diverse Befundbögen aus
dem klinischen Bereich zur Verfügung.
3.4 Marker für eine Schimmelpilzexposition
Untersuchungen zur Schimmelpilzexposition werden aufgrund unterschiedlichster Ziele
durchgeführt, wobei einige dieser Untersuchungen zielführend sind, von anderen postuliert
wird, dass sie einen Kausalzusammenhang zwischen Schimmelexposition und möglichen
gesundheitlichen Wirkungen belegen können. Diese z. T. zeitlich und finanziell sehr
aufwendigen Untersuchungen erfüllen aber häufig nicht die an sie gestellten Erwartungen.
Zudem ist zu unterscheiden zwischen Untersuchungen, die in der Routine genutzt werden,
und solchen, die nur für wissenschaftliche Zwecke realistisch anwendbar sind.
Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen Untersuchungen und Parametern, die die
äußere Exposition, also den Kontakt außerhalb des Körpers, betreffen (Umweltmonitoring),
und Untersuchungen in Körpermedien (Biomonitoring), die die innere Exposition (Belastungsmonitoring
des Biomonitorings), Effekte der Exposition (Effektmonitoring des Biomonitorings)
und die Suszeptibilität (Suszeptibilitätsmonitoring des Biomonitorings) betreffen.
Im Folgenden wird auf das Umweltmonitoring näher eingegangen.
Belastungs-, Effekt- und Suszeptibilitätsmonitoring des Biomonitorings sind Bestandteil
der medizinisch-klinischen Diagnostik und im entsprechenden Kapitel 3.5 dargestellt.
3.4.1 Umweltmonitoring
In der Regel gibt es keine medizinische Indikation für die Bestimmung von Schimmelpilzen
in Innenräumen oder in Baustoffen oder auf Einrichtungsgegenständen.
Epidemiologische Studien belegen zwar, dass ein Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelpilzschäden
in Innenräumen und gesundheitlichen Beschwerden der Innenraumnutzer besteht. Die beobachteten
gesundheitlichen Beschwerden stehen offensichtlich im Zusammenhang mit den Mikroorganismen,
die sich auf sowie ggf. in feuchtem Material vermehrt haben. Welche spezifischen Agenzien
aber in diesem Zusammenhang besonders relevant sind, konnte bisher noch nicht geklärt
werden. In Feuchteschäden vermehren sich neben Schimmelpilzen auch Bakterien, insbesondere
Aktinobakterien. Von diesen selbst, aber auch von Stoffwechselprodukten und Zellbestandteilen
der Mikroorganismen, wie z. B. Toxinen, Allergenen, MVOC, β-Glucanen, Endotoxinen
sowie von Bruchstücken von Schimmelpilzen (Partikeln) oder Bakterien kann eine gesundheitliche
Wirkung ausgehen. Bei Feuchte-/Schimmelpilzschäden treten häufig Milben und Amöben
auf, sodass auch mit einer verstärkten gesundheitlichen Wirkung dieser Parasiten und
Kleinlebewesen zu rechnen ist. Es gibt keinen einfachen kausalen Zusammenhang zwischen
einer der o. g. Noxen und auftretenden gesundheitlichen Wirkungen [269]
[270]. Bei entsprechender Exposition kann sowohl von kultivierbaren als auch von nicht
mehr kultivierbaren Schimmelpilzsporen eine gesundheitliche Wirkung ausgehen. Ähnliches
gilt auch für Myzelbruchstücke. Das bedeutet beispielsweise, dass auch nach Desinfektionsmaßnahmen
noch allergene Bestandteile von Schimmelpilzen nachgewiesen werden können [271].
Auch die Aufnahmepfade der verschiedenen Noxen in den möglichen Medien erfolgt auf
unterschiedliche Weise. Inhalativ werden z. B. die luftgetragenen MVOC und die Schimmelpilzsporen,
Myzelbruchstücke von Schimmelpilzen sowie Bakterien, Toxine, Endotoxine und Allergene
aufgenommen. Diese Noxen können aber auch oral über Lebensmittel oder perkutan über
Kontakt z. B. mit befallenen Baumaterialien aufgenommen werden.
Selbst die umfassendsten Untersuchungen zur Identifizierung und Quantifizierung von
Schimmelpilzen und den bei Feuchte-/Schimmelpilzschäden auftretenden weiteren Noxen
im Innenraum helfen dem behandelnden Arzt bei der Sicherung der Diagnose und Therapie
nur wenig, da es keinen einfachen kausalen Zusammenhang zwischen den aufgetretenen
individuellen gesundheitlichen Beschwerden und dem im Innenraum vorliegenden Schimmelpilzbefall
gibt [269]
[270] und weil das Repertoire der Schimmelpilzallergenextrakte für die allergologische
Diagnostik, die kommerziell verfügbar sind, sehr beschränkt ist und hauptsächlich
typische Arten der Außenluft umfasst.
Aus ärztlicher Sicht ist die Inaugenscheinnahme eines Schimmelpilzbefalls ausreichend,
um medizinisch begründete Maßnahmen zu veranlassen. Die höchste Relevanz hat die Ortsbegehung,
idealerweise interdisziplinär durch den Arzt und Personen mit bauphysikalischem Sachverstand
vorgenommen.
Bei sichtbarem Schimmelpilzbefall, erhöhter Materialfeuchte oder bauphysikalischen/bautechnischen
Auffälligkeiten („Feuchte- oder Wasserschäden“) ist eine Identifizierung und Quantifizierung
von Schimmelpilzen im Innenraum aus medizinisch diagnostischer und therapeutischer
Sicht nicht indiziert [272].
Die medizinische Differenzialdiagnostik hat bei der gesundheitlichen Bewertung einer
Schimmelpilzexposition immer den Vorrang. Da die von Schimmelpilzen ausgehende Wirkung
vor allem von der Disposition der betroffenen Person abhängig ist, kann für Personen,
die bezüglich einer Schimmelpilzexposition besonders zu schützen sind, die durch eine
Schimmelpilzbestimmung bedingte zeitliche Verzögerung von Maßnahmen ein erhöhtes Risiko
darstellen. Besonders zu schützende Risikogruppen sind:
-
Personen mit Immunsuppression nach den 3 Risikogruppen der Kommission für Krankenhaushygiene
und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut [25],
-
Personen mit Mukoviszidose (Zystische Fibrose) und
-
Personen mit Asthma bronchiale
Lediglich aus Gründen der Prävention können bei den zuvor genannten Personengruppen Untersuchungen bei entsprechenden
Verdachtsmomenten medizinisch zur Gefährdungsbeurteilung selten einmal indiziert sein.
Eine zusammenfassende aktuelle Darstellung der Untersuchungsmethoden zur Erfassung
einer Schimmelpilzexposition bei Schimmelpilzbefall in Innenräumen u. a. bei Feuchteschäden
findet sich bei Gabrio et al. (2015) [273]. Diese Darstellung soll behandelnden Ärzten, aber auch Umweltmykologen, Innenraumdiagnostikern,
Handwerkern, Architekten und Bausachverständigen, die entsprechende Messungen beauftragen
und/oder bewerten müssen, fundierte Kenntnisse zu sinnvoller oder nicht sinnvoller
Anwendung sowie zur Aussagekraft der verschiedenen Mess- und Untersuchungsmethoden
liefern, um so eine solide Grundlage für die Beauftragung und Bewertung entsprechender
Untersuchungen zur Verfügung zu haben. Für eine weitere Vertiefung der Thematik wird
auf die entsprechende Literatur verwiesen [2]
[20]
[36]
[269].
3.5 Medizinisch-klinische Diagnostik
Im Stufenschema der Diagnostik bildet die allergologische Anamnese die Basis, darüber
steht der Hauttest, darüber die Bestimmung des allergenspezifischen IgE und an der
Spitze die Organprovokation. Dieses Stufenschema verdeutlicht zweierlei: Je weiter
oben das diagnostische Verfahren steht, desto höher ist der Stellenwert und je kleiner
die Fläche, desto seltener ist es indiziert [274].
3.5.1 Allergologische Diagnostik
Die Diagnostik unterscheidet sich nicht von der Diagnostik anderer allergischer Erkrankungen.
Ein schrittweises Vorgehen erfolgt unter Berücksichtigung individueller Faktoren üblicherweise
nach dem klassischen Stufenschema: Anamnese/körperlicher Befund/klinische Untersuchung – Hauttest – Serumanalyse
oder ergänzende In-vitro-Methoden – Provokation [110]
[275].
Allergische Erkrankungen durch Schimmelpilzallergene können sich grundsätzlich als
Konjunktivitis, Rhinitis, Rhinosinusitis, allergisches Asthma bronchiale, Urtikaria,
Exogen Allergische Alveolitis oder Allergische Bronchopulmonale Aspergillose (ABPA)
manifestieren. Demzufolge kommt der Differenzialdiagnose durch Anamnese und labormedizinische
In-vitro-/In-vivo-Diagnostik eine zentrale Bedeutung zu. Es gilt im Einzelfall, die allergische Reaktion
zu bestätigen und den Allergieauslöser zu identifizieren. Es existiert eine große
Vielfalt von In-vitro-Testen, die auf unterschiedlichen Ebenen Parameter der zellulären und humoralen allergischen
Reaktion erfassen. Das Repertoire der Schimmelpilzallergenextrakte, die kommerziell
verfügbar sind, ist allerdings beschränkt und umfasst hauptsächlich typische Arten
der Außenluft.
Insbesondere bei den In-vitro-Testungen ist zu berücksichtigen, dass z. B. erhöhte schimmelpilzspezifische IgE-Konzentrationen
eine Sensibilisierung auf Schimmelpilzallergene anzeigen können, nicht aber mit einer
allergischen Erkrankung gleichzusetzen sind. Eine richtige Interpretation der Ergebnisse
kann immer nur im Zusammenhang mit der Anamnese, Klinik und/oder den Ergebnissen der
organspezifischen Provokationstests erfolgen. Der positive Sensibilisierungsnachweis
gegenüber Schimmelpilzen muss in der Kausalitätsbeurteilung sehr kritisch hinsichtlich
der Expositionsmöglichkeiten (ubiquitäre Außenluftexposition, Innenraumexposition,
berufliche Belastung) interpretiert werden. Im Fall von Schimmelpilzsensibilisierungen
gelingt es im allergologisch-umweltmedizinischen Alltag nur selten, den Kausalzusammenhang
zwischen der Schimmelpilzexposition in einem Innenraum und einer hierauf zu beziehenden
spezifischen Sensibilisierung und Erkrankung (Rhinitis, Konjunktivitis, Asthma) sicher zu bestätigen [4].
Folgende Voraussetzungen zur Diagnose einer Schimmelpilzallergie müssen vorliegen
[276]:
-
Es findet sich ein krankmachendes Schimmelpilzantigen in der Umwelt.
-
Es besteht eine sichere zeitliche Beziehung zwischen der allergischen Symptomatik
und der Exposition gegenüber dem Schimmelpilzallergen.
-
Es besteht eine atopische Prädisposition.
-
Es ist eine Evidenz zur Bildung von spezifischem IgE gegen Schimmelpilzantigene vorhanden.
-
Karenzmaßnahmen gegenüber den Schimmelpilzallergenen zeigen eindeutige klinische Effekte.
Grundsätzlich gelten für die Diagnostik einer Schimmelpilzallergie die gleichen Empfehlungen
und Leitlinien wie für andere Allergenquellen, die die Ursachen einer Soforttypallergie
darstellen [277].
Querverweis:
Kersten W et al. (2000) Positionspapier des Ärzteverbands Deutscher Allergologen e. V. Empfehlungen zur In-vitro-Diagnostik
allergischer Erkrankungen. Allergo J Vol 9 1/2000 21 – 24
http://www.aeda.de/fileadmin/user_upload/PDF/Qualitaetssicherung/invitro.pdf
Heppt WJ, Bachert C (2010) Praktische Allergologie. Thieme, Stuttgart
AWMF Nr. 061 – 017 – In-vitro-Allergiediagnostik. Entwicklungsstufe: S1 (2009) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie
e. V. (DGAKI) und Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG)
Renz H, Biedermann T, Bufe A, Eberlein B, Jappe U, Ollert M, Petersen A, Kleine-Tebbe
J, Raulf M, Saloga J, Werfel Th, Worm M (2009) Leitlinie der DGAKI zur in vitro Allergiediagnostik (Arbeitsgruppe „in vitro Allergiediagnostik“) der Sektion Immunologie der DGAKI
http://www.derma.de/fileadmin/derma/pdfs/ll_invitroallergie.pdf
AWMF Nr. 020 – 003 – Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit akutem und chronischem Husten. Entwicklungsstufe: S3 (2010), in Überprüfung
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
Kardos P, Berck H, Fuchs K-H, Gillissen A, Klimek L, Morr H, Pfeiffer-Kascha D, Schultze-Werninghaus
G, Sitter H, Voshaar T, Worth H (2010) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin zur Diagnostik
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http://www.pneumologie.de/fileadmin/pneumologie/downloads/Leitlinien/leitlinie_akuter_u_chronischer_husten.pdf?cntmark
Buhl R, Berdel D, Criée CP, Gillissen A, Kardos P, Kroegel, Leupold W, Lindemann H,
Magnussen H, Nowak D, Pfeiffer-Kascha D, Rabe K, Rolke M, Schultze-Werninghaus G,
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Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma der Deutschen Atemwegsliga und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin
e. V. Pneumologie 60: 139 – 183
http://www.atemwegsliga.de/tl_files/eigene-dateien/asthma/asthmaleitlinie.pdf
3.5.1.1 Serologische Untersuchungen
Zu den serologischen In-vitro-Untersuchungen zählen im Falle einer IgE-vermittelten
Krankheit der Nachweis von spezifischen IgE-Antikörpern bzw. im Falle einer EAA der
Nachweis von spezifischen IgG-Antikörpern. Der Nachweis erhöhter spezifischer Antikörper
ist ein deutlicher Hinweis auf eine Sensibilisierung, aber nicht gleichzusetzen mit
der klinischen Relevanz, wobei mit dem Sensibilisierungsgrad auch der prädiktive Wert
für eine klinische Relevanz zunimmt [278].
a ) Nachweis von schimmelpilzspezifischen IgE-Antikörpern
Die zweifellos wichtigste und praxistauglichste In-vitro-Untersuchung ist die Bestimmung von allergenspezifischen IgE-Antikörpern (sIgE) im
Serum. Obwohl eine Vielzahl von Tests unterschiedlicher Hersteller existiert, ist
die Auswahl an Innenraum-relevanten Schimmelpilzdiagnostiken sehr eingeschränkt. Die
Teste der unterschiedlichen Hersteller unterscheiden sich nicht nur aufgrund der Testdurchführung
(dazu gehören der Einsatz unterschiedlicher Nachweismöglichkeiten wie ELISA, FEIA,
RIA, Einsatz von unterschiedlichen Allergenträgern, wie z. B. chemisch aktivierte
Papierscheibe, Mikrotiterplatte, ImmunoCAP, Chip-Technik oder die Verwendung von Flüssigallergenen),
sondern auch aufgrund unterschiedlicher Allergenrohstoffe, Allergenextraktherstellungen
und ihrer Standardisierung. Die Wertigkeit der In-vitro-Diagnostik wird durch die diagnostische Sensitivität und Spezifität der Testmethode
bestimmt, und auch hier gilt, dass die Aussagekraft der Allergiediagnostik massiv
von der Qualität der verwendeten Allergenextrakte, aber auch von der eingesetzten
Methode abhängig ist. Trotz der zahlreichen, bisher beschriebenen Schimmelpilzallergene
stehen aktuell lediglich acht Einzelallergene in rekombinanter Form aus den drei Arten
Alternaria alternata (rAlt a 1, rAlt a 6), Aspergillus fumigatus (rAsp f 1, 2, 3, 4, 6) und Cladosporium herbarum (rCla h 8) für die molekulare Diagnostik zur Verfügung [57]. Eine verbesserte Schimmelpilz-IgE-Diagnostik durch Verfügbarkeit und Einsatz schimmelpilztypischer
Markerallergene mit starker IgE-Bindung wäre wünschenswert.
Leitlinienentsprechend [AWMF – Leitlinie in vitro-Allergiediagnostik 2009] dient die Bestimmung des Gesamt-IgE im Zusammenhang mit
der Bestimmung des spezifischen IgE als zusätzlicher Parameter zur Beurteilung für
die sIgE-Werte, kann jedoch eine spezifische Sensibilisierung nie ausschließen oder
nachweisen.
Für die Diagnostik einer Allergischen Bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA), einem
Allergietyp mit Komponenten einer Typ I-, Typ III- und Typ IV-Reaktion, die meist
durch A. fumigatus (mit-)verursacht wird, ist die Bestimmung von A. fumigatus-spezifischem IgE ebenso wie die Bestimmung von Gesamt-IgE und A. fumigatus-spezifischem IgG sinnvoll (siehe spezifische IgG-Bestimmung). Rekombinant hergestellte
A. fumigatus-Einzelallergene (rAsp f 1 – 10) sind für eine weiterführende Differenzialdiagnostik
sinnvoll. Als Indikator für eine ABPA gilt die Kombination aus rAsp f 2 + rAsp f 4 + rAsp
f 6, während eine Sensibilisierung auf rAsp f 1 und/oder rAsp f 3 keinen eindeutigen
Hinweis auf ein allergisches Asthma darstellt. Serologisch positive Befunde auf rAsp
f-Allergene können auch bei anderen Erkrankungen, wie z. B. der Mukoviszidose (Zystische
Fibrose), vorkommen [279].
Bewertung:
-
Nachweis von allergenspezifischem IgE zeigt eine spezifische Sensibilisierung, aber
nicht unbedingt eine Erkrankung an; das Ergebnis kann nur im Zusammenhang mit Anamnese,
Klinik und den Ergebnissen der organspezifischen Provokationstests richtig interpretiert
werden. Durch Kreuzsensibilisierungen verursachte positive Reaktionen sind nur z. T.
klinisch relevant.
-
Quantitativer Vergleich der Ergebnisse aus unterschiedlichen Testsystemen ist nur
schwer möglich (Forderung nach internationalen Standards).
-
Verbesserung der Reagenzienqualität durch Standardisierung der Allergene und durch
Definition von Mindestanforderungen an das Allergenträgermaterial (Ermittlung der
diagnostischen Effizienz) ist zu fordern.
-
Extrakte von Innenraum-relevanten Schimmelpilzen sollten auch in ausreichender Qualität
kommerziell verfügbar sein.
-
Das Spektrum der verfügbaren Einzelallergene der relevanten Schimmelpilze sollte erweitert
werden.
Querverweis:
AWMF Nr. 061 – 017 – In-vitro-Allergiediagnostik. Entwicklungsstufe: S1 (2009)
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V.
(DGAKI) und Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG)
Renz H, Biedermann T, Bufe A, Eberlein B, Jappe U, Ollert M, Petersen A, Kleine-Tebbe
J, Raulf-Heimsoth M, Saloga J, Werfel Th, Worm M (2009) Leitlinie der DGAKI zur in vitro Allergiediagnostik (Arbeitsgruppe „in vitro Allergiediagnostik“) der Sektion Immunologie der DGAKI
http://www.derma.de/fileadmin/derma/pdfs/ll_invitroallergie.pdf
b) Schimmelpilzspezifische IgG-Bestimmung
Die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper im Zusammenhang mit der Diagnostik einer
Schimmelpilzallergie vom Soforttyp (Typ I-Allergie) hat keine diagnostische Bedeutung,
da IgG-Antikörper als physiologische Antwort des Immunsystems selten eine pathogenetische
Bedeutung haben, und wird daher nicht empfohlen [280].
Nur bei einem Verdacht auf eine Allergische Bronchopulmonale Aspergillose (Typ I-,
III-Allergie) oder auf eine Exogen Allergische Alveolitis (Typ III-, IV-Allergie)
werden die schimmelpilzspezifischen IgG-Antikörper zu einem sinnvollen Teil der Diagnostik
und dann auch empfohlen [122]
[128].
Bei der Allergischen Bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) kommt es neben einer Erhöhung
des Gesamt-IgE und des spezifischen IgE gegen A. fumigatus (siehe oben) auch zu einer deutlichen Erhöhung von spezifischem IgG gegen A. fumigatus. Letzteres ist im Vergleich zu Patienten mit einer allergischen Sensibilisierung
gegenüber A. fumigatus deutlich erhöht und wird dabei für die ABPA-Differenzialdiagnostik empfohlen.
Für die quantitative Beurteilung der spezifischen IgG-Konzentrationen (Angabe in mgA/L) gibt es keine festgelegten Grenzkonzentrationen (so genannte Cut-off-Werte), die
eindeutig auf krankhafte Veränderungen hinweisen. Die Cut-off-Werte zur Beurteilung
müssen für jede Messmethode und für jedes Allergen individuell anhand von Untersuchungen
mit Seren von Kontrollpersonen und Erkrankten festgelegt werden.
c) Zytokine, Eosinophiles Cationisches Protein ECP
Erhöhte ECP-Konzentrationen spiegeln den Aktivierungszustand der eosinophilen Leukozyten
wider, gestatten aber keine Zuordnung oder Abklärung von bestimmten allergischen Erkrankungen.
Für den Nachweis einer Schimmelpilzallergie besteht keine spezielle Indikation für
diesen unspezifischen Marker einer Aktivierung und Rekrutierung von eosinophilen Granulozyten.
d) Immunkomplexe
Die Untersuchung von Immunkomplexen ist auf spezielle Krankheitsbilder aus dem Kreis
der allergischen Reaktion vom Typ III wie der Exogen Allergischen Alveolitis (EAA)
beschränkt und hat in der Diagnostik bei Schimmelpilzexposition darüber hinaus keinen
Platz (siehe oben schimmelpilzspezifische IgG-Bestimmung).
e) Galactomannan im Serum
Galactomannan, ein Heteropolysaccharid, ist Zellwandbestandteil der Schimmelpilzgattung
Aspergillus und kann bei invasiver Aspergillose (IA) im Serum zirkulieren.
Zum Nachweis von Galactomannan aus Serum sind serologische Testverfahren verfügbar.
Die zugrunde liegende Technik zum Antigennachweis bedient sich des klassischen Sandwich-ELISAs.
Die Mikrotiterplatten sind mit monoklonalen Antikörpern beschichtet, die im Serum
oder einer bronchoalveolären Lavage vorhandenes Antigen binden.
Eine Indikation für diesen Test besteht nur zur Diagnostik im Fall einer invasiven
Aspergillose [281]
[282].
f) β-1,3-D-Glucan im Serum
Das Prinzip dieses Testverfahrens basiert auf einer Modifikation des Limulus-Amöbozyten-Lysat-Testes.
Es handelt sich um einen Mikrotiterplatten-basierten Antigennachweis zum Nachweis
von (1→3)-β-D-Glucan im Serum. Hierbei kommt ein chromogenes Reagenz zum Einsatz,
das im Progerinnungssystem des Limulus-Amöbozyten-Lysat-Weges Faktor C eliminiert.
Damit ist der Weg freigegeben, bei Vorhandensein von (1→3)-β-D-Glucan Faktor G, ein
Serinproteasezymogen, zu aktivieren. Das inaktive Progerinnungssystem wird zu einem
aktiven, das dann ein chromogenes Peptidsubstrat abspaltet, wobei ein Licht absorbierender
Chromophor entsteht.
Der Test ist technisch anspruchsvoll und könnte bei der Diagnostik invasiver Mykosen
sinnvoll sein, eine Anwendung im Zusammenhang mit Schimmelpilzvorkommen in Innenräumen
ist nicht indiziert [283].
g) Mykotoxine im Serum
Im Hinblick auf eine Intoxikation durch luftgetragene Schimmelpilztoxine ist eine
Diagnostik nur ansatzweise möglich [284]. In den USA wurden makrozyklische Trichothecene in Seren von Individuen nachgewiesen,
die in Innenräumen gegenüber Stachybotrys chartarum exponiert waren [285]
[286]
[287]. Hierzu wurde ein immunochemischer Nachweis verwendet (Trichothecen-ELISA), bei
dem 23 Seren von Probanden, aber auch ein Kontrollserum positiv waren. Bei einem ELISA
handelt es sich zwar um ein sehr sensitives Verfahren mit Nachweisgrenzen im Bereich
von ppb (entspricht ng/ml bzw. g), allerdings sind unspezifische Reaktionen und Kreuzreaktionen
nie ganz auszuschließen.
Beim jetzigen Stand der analytischen Möglichkeiten lassen sich Mykotoxine durch Innenraumbelastungen
im Human-Biomonitoring weder valide bestimmen noch bewerten. Eine Bestimmung von Mykotoxinen
im Blut, Serum oder Urin hat für die praktische Medizin keine Bedeutung und muss zurzeit
auf wissenschaftliche Fragestellungen beschränkt bleiben.
3.5.1.2 Zelluläre Testsysteme
Für alle zellulären Testsysteme gilt bislang: Sie sind methodisch aufwendig, kostspielig,
in der Regel schlecht geeignet für den Versand von Proben und anspruchsvoll in Durchführung
und Interpretation. Auch bei den zellulären Tests, die auf der Stimulation von basophilen
Granulozyten basieren, hängt die Qualität der Testaussage von der Verfügbarkeit bzw.
der Qualität eines Extraktes ab. Für die Routinediagnostik sind sie zum größten Teil
wenig geeignet, können aber in Einzelfällen eine sinnvolle Ergänzung darstellen [AWMF-Leitlinie
in vitro-Allergiediagnostik 2009]. Sie sollten der spezialisierten In-vitro-Allergiediagnostik im Falle eines klaren Verdachtes einer IgE-vermittelten Allergie
und unklaren diagnostischen Vorbefunden und wissenschaftlichen Fragestellungen vorbehalten
bleiben. Allerdings ist die Auswahl an speziell für diese Testungen verfügbaren kommerziellen
Schimmelpilzallergenextrakten, die als Stimuli eingesetzt werden, sehr begrenzt, und
auch hier hängt das Resultat des Testes von der Qualität des verwendeten Antigens
(Extrakt bzw. Einzelallergen) ab. Zwischen zellulären Testsystemen, die auf basophilen
Granulozyten bzw. Mastzellen und die auf T-Zellen (Lymphozytentransformationstest)
basieren, ist zu unterscheiden [AWMF-Leitlinie in vitro-Allergiediagnostik 2009].
Zelluläre Testsysteme auf der Basis von IgE-sensibilisierten basophilen Granulozyten
benutzen verschiedene Parameter („Readouts“) zur Testauswertung, besitzen aber identische
Grundlagen:
Positive Resultate nach titrierter Allergen-Inkubation dienen als indirektes Maß für
das zellulär gebundene spezifische IgE. Der erhebliche Überschuss an gebundenem IgE
auf Basophilen und seine hohe Affinität am FceRI-Rezeptor bedingen eine extrem hohe
analytische Empfindlichkeit dieser Testsysteme, die sowohl spezifische IgE-Methoden
als auch Hauttests weit übertreffen. Seltene Indikationen für diese Testungen mit
der Zielzelle „basophiler Ganulozyt“ stellen daher Proben mit extrem niedrigen Gesamt-IgE
und erfolglosem spezifischen serologischen IgE-Nachweis bei vermuteter Sensibilisierung
oder exotischen Allergenen dar.
Querverweis:
AWMF Nr. 061 – 017 – In-vitro-Allergiediagnostik. Entwicklungsstufe: S1 (2009)
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V.
(DGAKI) und Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG)
Renz H, Biedermann T, Bufe A, Eberlein B, Jappe U, Ollert M, Petersen A, Kleine-Tebbe
J, Raulf M, Saloga J, Werfel Th, Worm M (2009) Leitlinie der DGAKI zur in vitro Allergiediagnostik (Arbeitsgruppe „in vitro Allergiediagnostik“) der Sektion Immunologie der DGAKI
http://www.derma.de/fileadmin/derma/pdfs/ll_invitroallergie.pdf
a) Basophilen-Degranulationstest und Histaminfreisetzung, HLT = Histamin-Liberations-Test
Die Histaminfreisetzung dient als indirektes Maß für das zellulär-gebundene spezifische
IgE (s. o.), welches eine längere Halbwertzeit, verglichen mit serologischem IgE,
hat. Die Histaminbestimmungen (z. B. per ELISA) sind aufwendig; automatisierte fluorimetrische
Histaminmessungen werden in Deutschland nicht für die Routine angeboten. Für die Schimmelpilzallergiediagnostik
ist der HLT nicht sinnvoll.
b) Basophilen-Aktivierungstest mithilfe der Durchflusszytometrie (Flow CAST)
Es wird eine quantitative Bestimmung von CD63 (bzw. anderen Zellmembranmarkern der
Basophilen-Aktivierung wie CD203c), exprimiert auf allergenstimulierten, isolierten
Basophilen, mittels Durchflusszytometrie vorgenommen; eine Weiterentwicklung stellt
der sogenannte Flow2CAST unter Verwendung von anti-CCR3 zur besseren Diskriminierung
der Basophilen dar. Der Test ist sinnvoll bei Inhalationsallergenen, insbesondere
für Fälle, bei denen der Hauttest und Messungen von spezifischem IgE nicht durchgeführt
werden können. Seltene Indikationen stellen außerdem Proben mit niedrigem Gesamt-IgE,
erfolglosem spezifischem serologischen IgE-Nachweis und ggf. negativem Hauttest bei
vermuteter Sensibilisierung oder exotischen Allergenen dar.
c) Bestimmung anderer Effektorzell-Mediatoren (Leukotrien-Freisetzungstest, Cellular-Antigen-Stimulation-Test
(CAST))
Dieser Test basiert auf einer allergenspezifischen Zellstimulation und dem Nachweis
von freigesetzten Peptidoleukotrienen mittels Immunoassay.
Ein positives Ergebnis auf ein Allergen, d. h. der indirekte Nachweis einer Sensibilisierung,
ist nur bei eindeutig anamnestischem Zusammenhang und/oder positivem Provokationstest
hinweisend für eine klinisch bedeutsame Allergie. Auch dieser Test ist in seiner Durchführung
komplex und für die Routinediagnostik nicht geeignet.
d) Lymphozytenstimulationstest (LST)/Lymphozytentransformationstest (LTT)
Der Lymphozytentransformationstest (LTT) ist ein Laborverfahren zum Nachweis Antigen-spezifischer
T-Lymphozyten. Er findet seine Anwendung in der Immunfunktionsdiagnostik der Medizin.
Seit wenigen Jahren wird er auch in der Allergologie zum Nachweis bestimmter allergischer
Reaktionen des verzögerten Typs IV (z. B. Medikamentenallergie) eingesetzt. Ein prinzipielles
Problem des LTT besteht darin, dass nicht zwischen einer „physiologischen“ Antwort
auf ein Antigen und einer „allergischen“ T-Zellantwort unterschieden werden kann.
Die Proliferation ist damit lediglich ein Ausdruck einer normalen Auseinandersetzung
des Organismus mit einem (bereits bekannten) Antigen und damit kein Indikator für
eine klinisch relevante Sensibilisierung. Die Indikation hat in der Regel wissenschaftlichen
Charakter. Allerdings ist zu beachten, dass Verunreinigungen des zur Stimulation eingesetzten
Antigens mit Endotoxinen eine falsch-positive Proliferation induzieren können. Da
Schimmelpilzallergene nicht zu einer Typ IV-Sensibilisierung führen, sind Lymphozytentransformationstestungen
(LTT) auf Schimmelpilze als diagnostische Verfahren nicht indiziert [28].
3.5.1.3 Provokationstests
Ergibt die Anamnese, die körperliche Untersuchung und die Serologie keine eindeutige
Diagnose zum Nachweis einer Schimmelpilzallergie, kann ein Provokationstest indiziert
sein, wenn sich daraus wichtige Konsequenzen für Therapie, Prävention und/oder Kompensation
ergeben [288]. Hierbei wird der Patient mit den infrage kommenden Allergenen auf natürlichem Wege
konfrontiert, um als Folge eine allergische Sofortreaktion (Typ I) mit den entsprechenden
typischen Beschwerden unter kontrollierten Bedingungen zu provozieren. Mit einem organbezogenen
Provokationstest soll die klinische Aktualität von vorhandenen Sensibilisierungen
oder vermeintlich beobachteten Symptomen gesichert werden.
Ebenso belegte die Studie von O’Driscoll et al. (2009) [289], dass die Korrelation zwischen Hauttesttestergebnissen und den spezifischen IgE-Befunden
bei der Schimmelpilzdiagnostik unbefriedigend ist. Daher wird empfohlen, für eine
zielführende Diagnostik alle verfügbaren Methoden, sowohl Hauttestung als auch serologische
Untersuchungen, einzubeziehen und auch Testextrakte – falls verfügbar – von unterschiedlichen
Herstellern zu verwenden. Die alleinige Verwendung einer serologischen IgE-Bestimmung
zum Nachweis einer Schimmelpilzsensibilisierung erscheint hinsichtlich der Sensitivität
nicht ausreichend zu sein [290].
Auf Tests mit kommerziellen Extrakten sollte jedoch grundsätzlich nicht verzichtet
werden, da diese einfach zu handhaben sind und ihre biologische Qualität durch Chargenprüfungen
des Paul-Ehrlich-Institutes kontrolliert wird.
Es hat sich bewährt, für bestimmte Fragestellungen feste Testreihen zusammenzustellen.
Die Auswahl von standardmäßig zu testenden Aeroallergenen muss individuelle, berufliche
und regionale Gegebenheiten berücksichtigen [291].
Häufig treten im Abgleich mit der Anamnese und der Hauttestung falsch negative Ergebnisse
auf [292].
Insbesondere die Ergebnisse von Tests mit selteneren Allergenen sowie instabilen Schimmelpilzallergenen
sind kritisch zu werten.
Daraus folgt, dass negative In-vitro- und In-vivo-Testergebnisse eine Sensibilisierung oder Allergie auf Schimmelpilze nicht ausschließen.
Bei völlig fehlenden IgE-vermittelten Sensibilisierungen gegenüber den weitgehend
standardisierten Hauttestlösungen von üblichen Umweltallergenen ist eine Schimmelpilzallergie
eine Rarität.
Bei jedem Provokationstest besteht das Risiko für eine schwere allergische Reaktion,
im ungünstigsten Fall für einen anaphylaktischen Schockzustand. Ärzte und Pflegepersonal
müssen deshalb über entsprechende Erfahrungen verfügen, bei Testung und Provokation
eine Notfall-Ausrüstung vorhalten und mit der Behandlung von Notfällen vertraut sein
[292].
Provokationstestungen sollten nicht erfolgen bei einem hohen Sensibilisierungsgrad,
bei akuten entzündlichen Erkrankungen der Nase, bei akuten allergischen Reaktionen
an anderen Organen, bei schweren Allgemeinreaktionen, bei der Einnahme von Medikamenten,
die das Risiko von Unverträglichkeitsreaktionen erhöhen (ACE-Hemmer, Betablocker)
[276], sowie grundsätzlich bei Kindern unter 5 Jahren.
Testmaterialien
Aktuell werden nur noch wenige kommerzielle Schimmelpilzallergen-Testextrakte von
einzelnen Herstellern angeboten. Wie Untersuchungen von Kespohl et al. 2013 [293] mittels detaillierter biochemischer und immunologischer Analysen nachweisen konnten,
weisen die Schimmelpilzallergenextrakte eine sehr hohe Variabilität in der Allergenzusammensetzung
auf, und Präparate einer Schimmelpilzart von unterschiedlichen Herstellern sind nicht
vergleichbar. Eine Ausnahme stellen die Hauttestextrakte des Außenluftschimmelpilzes
Alternaria dar. Hinsichtlich Lagerung und Haltbarkeit der Testsubstanzen gelten auch für die
Schimmelpilzextrakte die für die Hauttestungen üblichen Rahmenbedingungen (Lagerung
der Extrakte im Kühlschrank bei einer mittleren Temperatur von 4 °C, Verfallsdaten
der Testlösungen beachten [294]).
Laut Regularien der EU-Direktive 2001/83/EC, Artikel 1(4b) sind Testallergene als
Arzneimittel definiert. Das damit verknüpfte Zulassungsprozedere führt eher dazu,
dass insbesondere Schimmelpilzextrakte, deren Herstellung sehr aufwendig und kostenintensiv
ist, kommerziell nicht mehr verfügbar sind und somit die Diagnostik stärker eingeschränkt
wird. Sinnvolle Strategien für die Zukunft im Interesse der Patienten sollten hier
schnellstmöglich gefunden werden.
a) Hauttestung
Hauttests (HT) bilden nach der Anamnese die Grundlage der allergologischen Diagnostik
und sind schnell und relativ kostengünstig durchzuführen. In der Regel sind sie ausreichend
aussagefähig und mit einer geringen Komplikationsrate behaftet. Die Durchführung des
HT sollte nach den entsprechenden deutschen bzw. europäischen Positionspapieren erfolgen
[295].
Bei Hauttestungen unterscheidet man epikutane (Patch-Test, Reibtest) von kutanen Tests
(Scratch-, Prick-, Intrakutantest). Die Allergenkonzentration von Lösungen für den
Intrakutantest liegt üblicherweise um den Faktor 100 bis 1000 niedriger als bei Pricktestlösungen.
Allerdings stehen derzeit (Juni 2015) keine kommerziellen Intrakutantestlösungen mehr
zur Verfügung, sodass diese Diagnostik zum Nachweis einer Schimmelpilz-Sensibilisierung
entfällt. Durch Einbringen einer Allergendosis auf oder in die Haut wird eine allergische
Reaktion ausgelöst. Bei Verdacht auf inhalative Allergien auf Schimmelpilzsporen wird
man i. d. R. einen Pricktest durchführen.
Größe und Beschaffenheit des reagierenden Areals (Erythem, Quaddel) werden als Maß
für den Sensibilisierungsgrad des Organismus benutzt [291].
Das Maximum der Histaminreaktion tritt innerhalb von 15 Minuten auf. Allergen-induzierte
Reaktionen haben ihr Maximum nach 15 bis 20 Minuten. Die Rückbildung erfolgt meist
innerhalb von 1 – 2 Stunden. Einige Stunden später können verzögerte Soforttyp-Reaktionen
auftreten, die als Quaddel oder als Erythem imponieren. Weiter sind Spättypreaktionen
möglich, die sich innerhalb von Stunden bis wenige Tage nach dem Test z. B. als gerötete
Papel oder Ekzem zeigen [291].
Bei allen Tests können diese Spättypreaktionen sowohl bei negativer als auch bei positiver
Sofortreaktion als eine verzögerte Reaktion (nach 6 – 24 Stunden) oder als eine Spätreaktion
(bis 48 Stunden) auftreten, weshalb das Beobachtungsintervall von 24 Stunden nicht
unterschritten werden sollte (als Patientenselbstbeobachtung möglich). Ein positives
Resultat bei Hauttestungen setzt sowohl funktionsfähige immunologische Mechanismen
als auch die Reaktionsfähigkeit der Haut voraus. Bei Einnahme von Medikamenten mit
Einfluss auf die Immunreaktion (wie z. B. Antihistaminika, Kortikoide) und bei ekzematösen
oder urtikariellen Hauterkrankungen wird das Resultat zweifelhaft.
Als zu testendes Hautareal bieten sich die Innenseiten der Unterarme oder auch der
Rücken an.
Querverweis:
Ruëff F, Bergmann K-Ch, Brockow K, Fuchs Th, Grübl A, Jung K, Klimek L, Müsken H,
Pfaar O, Przybilla B, Sitter H, Wehrmann W (2010) Hauttests zur Diagnostik von allergischen Soforttypreaktionen. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie
(DGAKI) in Abstimmung mit dem Ärzteverband Deutscher Allergologen (AeDA), dem Berufsverband
Deutscher Dermatologen (BVDD), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG),
der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie
(DGHNOKHC), der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)
und der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA). Allergo
J 19: 402 – 415
http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010 /05 /Leitlinie_Hauttests-bei-Soforttypreaktionen2010.pdf
b) Nasale Provokationstestung (NPT)
Der nasale Provokationstest (NPT) ermöglicht die Reproduktion einer allergischen Reaktion
am Manifestationsorgan unter standardisierten Bedingungen und gilt als einfaches und
sicheres Verfahren mit hoher Spezifität und Sensitivität [295]
[296]
[297]
[298]. Auswertung und Durchführung werden gemäß den Standards der DGAKI-Leitlinie empfohlen
[299].
Bei Inhalationsallergien auf Schimmelpilzsporen treten meist persistierende Atemwegssymptome
auf. Dies kann einen eindeutigen anamnestischen Bezug erschweren. Der NPT kann in
diesem Zusammenhang die Verdachtsdiagnose einer allergischen Reaktion der Atemwege
bestätigen oder widerlegen. Auch bei Kontraindikationen für einen Hauttest, bei Verdacht
auf eine Lokale Allergische Rhinitis (LAR) und zur Verlaufskontrolle von Therapien
wie der allergenspezifischen Immuntherapie (SIT) ist der NPT indiziert.
Bei bereits durchgeführter Provokation und positivem Ergebnis kann die nächste Testung
frühestens 48 Stunden später erfolgen. Eine Reihe von Medikamenten beeinträchtigen
die Ergebnisse einer nasalen Provokation, sodass eine Karenzfrist für diese Substanzen
eingehalten werden muss [299]
[300]. Die Kontraindikationen der [Tab. 10] sind zu beachten.
Tab. 10
Kontraindikationen für einen nasale Provokationstest NPT (modifiziert nach [299]
[300]
[301]).
|
Relative Kontraindikation für den NPT
|
|
|
|
Absolute Kontraindikationen für den NPT
|
-
akute entzündliche Erkrankungen der Nase oder Nasennebenhöhlen
-
Eingriffe am Cavum nasi oder den Nasennebenhöhlen, die weniger als 8 Wochen zurückliegen
-
schwere Allgemeinerkrankung
-
medikamentös schlecht eingestelltes oder unkontrollierbares Asthma bronchiale
-
Medikamente, die das Risiko von Unverträglichkeitsreaktionen erhöhen (β-Blocker und
ACE-Hemmer)
-
Schutzimpfungen sollten mindestens eine Woche zurückliegen!
|
Durchführung. Der Nachteil des NPTs liegt im zeitlichen Aufwand sowohl für den Untersucher als
auch für den Patienten. Allein die Testung eines Allergens dauert ca. 35 bis 45 Minuten.
Ein weiteres Allergen kann auch nur bei negativem Ausgang des vorherigen getestet
werden, bei positivem Testausgang muss die Messung an diesem Tag beendet werden. Bei
mehreren zu testenden Allergenen sind daher mehrfache Sitzungen einzuplanen.
Da allergische Spätphase-Reaktionen der Nasenschleimhaut während eines normalen Untersuchungszeitraums
nicht auftreten, sondern nach 4 – 6 Stunden, sollte den Patienten ein Selbstbeobachtungsfragebogen
für die ersten 24 Stunden nach der Testung ausgehändigt werden [299].
Bei der Bewertung dieser Angaben ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich der Patient
nach der ambulanten Testung in einer unkontrollierten Umgebung befindet und äußere
Umwelteinflüsse durchaus eine Rolle spielen können.
Bei schätzungsweise rund einem Fünftel der allergischen Patienten fallen die NPTs
falsch negativ aus. Ursachen hierfür waren [295]
[302]:
-
vorherige Medikamenteneinnahme
-
zu geringer nasaler Volumenstrom zu Beginn der Untersuchung bei stark obstruierter
Nase z. B. durch Polyposis
-
ungenügende Adaptation an die Raumbedingungen
-
vorherige körperliche Anstrengung,
-
Zustand nach endonasaler OP bei Teilentfernung des nasalen Schwellgewebes
-
Reaktionsunfähigkeit der Nasenschleimhaut anderer Genese
Weitere Fehlerquellen bei der Anwendung des NPTs sind messtechnische Fehler, eine
sympathische Stimulation der Nasenschleimhaut sowie das Auftreten und Nichterkennen
einer Spätreaktion.
Querverweis:
Riechelmann H, Bachert C, Goldschmidt O, Hauswald B, Klimek L, Schlenter WW, Tasman
AJ, Wagenmann M (2002) Durchführung des nasalen Provokationstests bei Erkrankungen der oberen Atemwege. Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie
(Sektion HNO) gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Klinische Immunologie, Allergologie
und Umweltmedizin der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf-
und Hals-Chirurgie. Allergo J 11: 29 – 36
http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010 /05 /Leitlinie_NasaleProvokation2002.pdf
http://www.dgaki.de/leitlinien/altere-leitlinien/
c) Konjunktivaler Provokationstest (KPT)
Der KPT sollte nur im symptomfreien Zustand erfolgen, zur Anwendung kommen in der
Regel standardisierte Prick-Testlösungen von 1:10, evtl. in höherer Verdünnung [303]. Zunächst wird eine Kontrolllösung in den unteren Konjunktivalsack gegeben und eine
mögliche Reaktion 10 Minuten abgewartet (Kontrollauge). Dann wird ein Tropfen der
Allergentestlösung in die untere Konjunktiva des anderen Auges (Testauge) appliziert.
Ein positives Testergebnis zeigt sich in einem zunehmenden Juckreiz, gesteigerter
Tränensekretion, Fremdkörpergefühl, Lichtscheu u. a. ([Tab. 11]).
Tab. 11
Stadium I – IV nach konjunktivalem Provokationstest (KPT) [303].
|
Stadium I
|
Fremdkörpergefühl, Rötung der Conjunctiva, beginnender Juckreiz
|
|
Stadium II
|
wie I, zusätzlich Tränenfluss, stärkerer Juckreiz, Rötung der Conjunctiva tarsi des
Unterlids
|
|
Stadium III
|
wie II, zusätzlich Rötung der Conjunctiva tarsi des Oberlids, starker Juckreiz, Blepharospasmus
|
|
Stadium IV
|
wie III, zusätzlich Chemosis, Lidschwellung, unwiderstehlicher Juckreiz
|
Sobald das Stadium II–III erreicht worden ist, gilt die Testung als positiv und weitere,
schwerere Reaktionen können dem Patienten durch Ausspülen des Bindehautsacks mit physiologischer
Kochsalzlösung sowie der Gabe von Augentropfen (Antihistaminika, Vasokonstriktiva)
erspart werden.
Der KPT ist deutlich schlechter standardisiert als der NPT, erfasst zudem nicht direkt
die Reaktion der Atemwegsschleimhaut als Manifestationsorgan bei Aeroallergenen und
ist daher kein Standardtestverfahren.
Ein KPT kann indiziert sein, wenn
-
eine überwiegend konjunktivale Symptomatik besteht.
-
bei nasalen Beschwerden eine NPT aufgrund von Kontraindikationen (siehe [Tab. 10]) oder kürzlich stattgefundener endonasaler Operation nicht möglich ist.
d) Bronchialer Provokationstest (BPT)
Ein bronchialer Provokationstest kann indiziert sein, wenn die Diagnose nicht durch
eine Kombination aus Expositionsermittlungen und weniger invasiven diagnostischen
Werkzeugen wie Anamnese von Asthmabeschwerden und Antikörpernachweis und Hauttestung
gestellt werden kann. Insbesondere bei den perennial vorkommenden Innenraum-Schimmelpilzen
ist die Anamnese in der Regel nicht zielführend. Fakultativ besteht eine Indikation
zur Absicherung der Diagnose vor einer Hyposensibilisierung und wenn ein gerichtsverwertbarer
Zusammenhang mit einer bestimmten Exposition begutachtet werden soll [288]. In Analogie zu anderen Inhalationsallergenen kann der Sensibilisierungsgrad orientierend
berücksichtigt werden. Insofern kommt dem bronchialen Provokationstest bei Verdacht
auf ein allergisches perienniales Asthma durch Innenraum-Schimmelpilze eine große
Bedeutung zu. Die Auswahl des Allergens sollte sich am Sensibilisierungsspektrum orientieren.
Die Evidenz für eine Provokationstestung bei fehlendem Sensibilisierungsnachweis ist
nicht ausreichend, sodass hierfür keine Empfehlung gegeben werden kann.
Allergenextrakte aus Schimmelpilzen eignen sich aufgrund ausreichender Löslichkeit
grundsätzlich für Provokationstestungen. Da außerdem keine ausreichende Quantifizierung
von Schimmelpilzen in nativen Materialien mit vertretbarem Aufwand erfolgen kann,
ist eine Testung mit nativem Material im Labor keine geeignete Methode. Die Testung
in und abseits potenziell belasteter Räume kann den Hinweis auf eine Allergenquelle
liefern, ist aber hinsichtlich des auslösenden Agens nicht beurteilbar.
Das Spektrum kommerzieller Extrakte für Provokationstests wird zunehmend beschränkter.
Die Durchführung muss sich an der entsprechenden Leitlinie orientieren (Leitlinie
für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen, Teil I und II 2001).
Bei der Beurteilung von Provokationstests mit Allergenen ist grundsätzlich sowohl
mit falsch-positiven als auch falsch-negativen Reaktionen zu rechnen. In Ermangelung
eines klinisch relevanten Gold-Standards ist eine Aussage über Sensitivität und Spezifität
allgemein problematisch und wird bei Schimmelpilzen in besonderem Maße durch die unzureichenden
Untersuchungen zur Qualität der Testextrakte erschwert. Aktuellere Untersuchungen
aus Finnland an beruflich Schimmelpilz-Exponierten zeigen, dass die Provokationstestung
mit kommerziellen Schimmelpilz-Extrakten möglicherweise deutlich sensitiver ist als
der Sensibilisierungsnachweis [304]. Diese Daten bedürfen der Bestätigung. Die Beurteilung der Provokationsreaktion
bei Schimmelpilzprovokationen ist insofern eine Herausforderung, auch weil häufig
isolierte Spätreaktionen beschrieben wurden [304].
Querverweis:
Gonsior E, Henzgen M et al. (2001) Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen – Teil I. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie.
Allergo J 2001; 9; 193 – 199
http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010 /05 /Leitlinie_BronchialeProvokationAllergenenTeilA20001.pdf
http://www.dgaki.de/leitlinien/altere-leitlinien/
Gonsior E, Henzgen M et al. (2001) Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergenen – Teil II. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie.
Teil B: Allergo J 2001; 10: 257 – 264
http://dgaki.de/wp-content/uploads/2010 /05 /Leitlinie_BronchialeProvokationAllergenenTeilB2001.pdf
http://www.dgaki.de/leitlinien/altere-leitlinien/
Gonsior E, Henzgen M et al. (2002) Leitlinie für die Durchführung bronchialer Provokationstests mit Allergen. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie und Deutsche Gesellschaft
für Pneumologie. Pneumologie 56: 187–198
http://www.pneumologie.de/fileadmin/pneumologie/downloads/LL_bronchiale_ProvTEsts.pdf?cntmark
3.5.1.4 Allergologische Differenzialdiagnostik (Pollen, Hausstaubmilben, Indoor-Allergene)
Bei unspezifischen gesundheitlichen Beschwerden, die in Zusammenhang mit sichtbaren
oder verdeckten Schimmelpilzschäden gebracht werden, ist zu beachten, dass die in
diesen Fällen angegebenen Symptome (z. B. Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schleimhautreizungen)
auch bei einer Vielzahl anderer Erkrankungen und im Zusammenhang mit anderen Innenraumbelastungen
(z. B. VOC, Formaldehyd, Holzschutzmittel, Insektizide, Tabakrauch) auftreten können.
Ein Hausbesuch ist zur Orientierung grundsätzlich zu empfehlen, ggf. zusammen mit
Innenraumdiagnostikern und Bausachverständigen.
Da Schimmelpilze in Innenräumen meist gleichzeitig mit anderen Allergenen vorkommen,
ist eine Abgrenzung schimmelpilzspezifischer Wirkungen problematisch. Es hat sich
z. B. gezeigt, dass die frühe Exposition gegenüber Hausstaubmilben möglicherweise
im ersten Lebensjahr zu Symptomen führt, die einer Obstruktion der oberen Atemwege
entsprechen [305]. Antigene der Hausstaubmilben, das Katzenantigen Feld 1, von außen in den Innenraum
eingetragene Antigene sowie Bakterien und Endotoxine müssen mitberücksichtigt werden
[306]. Hausstaubmilben (und auch Bakterien) stellen einen besonderen Confounder dar, da
sie genau wie Schimmelpilze in Räumen mit höherer Luft- und Materialfeuchtigkeit gehäuft
auftreten. Besonders problematisch ist, dass zahlreiche Allergene biologischen Ursprungs
einem saisonalen Zyklus ähnlich dem der außenlufttypischen Schimmelpilze unterliegen.
So finden sich in Außen- und Innenraumluft gerade im Sommer/Spätsommer nicht nur vermehrt
Schimmelpilzsporen (v. a. Cladosporium sp. und Alternaria sp.), sondern auch zahlreiche Gräser- und Kräuterpollen. Die diagnostische Abklärung
zu den weiteren Innenraumallergenen ist daher z. B. durch die spezifische IgE-Bestimmung
bzw. durch einen Hauttest sinnvoll.
[Abb. 1] zeigt beispielhaft den saisonalen Schimmelpilzsporenflug (kultivierbare und nicht
kultivierbare Schimmelpilzsporen) in Leverkusen, der die Gräser-/Kräutersaison überlagert
und die differenzierte Zuordnung der Allergiebeschwerden im Sommer allein nach der
Anamnese erschwert.
Abb. 1 Jahresverlauf zum Vorkommen von Schimmelpilzsporen in der Außenluft (Sporenflug/Woche,
Pollenfalle in Leverkusen). Quelle: Mülleneisen 2010, unveröffentlichte Daten.
3.5.2 Infektiologische Diagnostik
Systemische Mykosen:
Zum Vorgehen bei Schimmelpilzinfektionen wird auf die entsprechende Leitlinie verwiesen.
Querverweis:
AWMF Nr. 082 – 003 – Diagnose und Therapie invasiver Aspergillus-Infektionen. Entwicklungsstufe: S2e, angemeldet
Leitlinie der Deutschsprachigen Mykologischen Gesellschaft (DMykG) und der Paul-Ehrlich-Gesellschaft
(PEG)
Onkopedia Leitlinie – Invasive Pilzinfektionen – Diagnostik. Stand: 2014
Ruhnke M, Böhme A, Buchheidt D, Cornely OA, Donhuijsen K, Einsele H, Enzensberger
R, Hebart H, Heußel CP, Hof H, Horger M, Karthaus M, Krüger WH, Maschmeyer G, Penack
O, Ritter J, Schwartz St für die Arbeitsgemeinschaft Infektionen (AGIHO) der DGHO
https://www.dgho-onkopedia.de/de/onkopedia/leitlinien/invasive-pilzinfektionen-2013-diagnostik
3.5.3 Toxikologische Diagnostik
Es existieren derzeit keine brauchbaren und validierten Testverfahren, die in der
klinischen Diagnostik in praxi eingesetzt werden könnten.
3.5.4 Unkonventionelle Diagnosemethoden
Häufig werden unkonventionelle Diagnosemethoden von Patienten eingefordert, aber auch
von Ärzten und Therapeuten verschiedener Disziplinen propagiert. Dabei fällt auf,
dass wissenschaftliche und für andere Fragestellungen begründete Verfahren wie das
Human-Biomonitoring missbräuchlich angewandt werden, um dem Vorgehen den Anschein
der Wissenschaftlichkeit zu verleihen. Ähnliches gilt auch für die phantasievollen
Namen mancher zur Anwendung gebrachter Verfahren. Ohne im Einzelnen eine Verfahrenskritik
mit den Patienten auszutragen, muss auch deren Schutz vor teuren und unsinnigen Verfahren
ein Anliegen der umweltmedizinischen Beratung sein. Das Recht auf einen Pluralismus
von Denkrichtungen und Verfahren soll hiervon unberührt bleiben [307].
Unkonventionelle diagnostische Verfahren müssen wie alle medizinischen Methoden nach
dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand geprüft und bewertet werden. Zudem
sollen zu diesen Methoden unmissverständliche Stellungnahmen von Experten, Fachgesellschaften
und Institutionen in Fachzeitschriften und Laienpresse sowie in Fernsehsendungen erfolgen.
Darüber hinaus sollen die gesetzlichen und privaten Krankenkassen die Kosten für unkonventionelle
diagnostische Methoden nur dann übernehmen, wenn deren Nutzen nachgewiesen wurde [308].
In [Tab. 12] sind Beispiele unkonventionell eingesetzter und unkonventioneller diagnostischer
Methoden dargestellt [308]
[309]
[310]. Von diesen wird mangels Evidenz abgeraten.
Tab. 12
Auswahl unkonventionell eingesetzter und unkonventioneller diagnostischer Methoden
in der Umweltmedizin [308]
[309]
[310].
|
Unkonventionell eingesetzte diagnostische Methoden in der Umweltmedizin
|
|
Belastungsuntersuchungen in Körpermedien
|
z. B. Schimmelpilze im Blut
|
|
allergologische Untersuchungen
|
z. B. Serial dilution titration, zytotoxische Blutuntersuchungen, Bestimmung von gegen
Schimmelpilze gerichteten IgG- und IgA-Antikörpern bei Typ I-Allergie
|
|
Untersuchungen zu Störungen des Immunsystems
|
z. B. Lymphozytenstimulationstests (LTT)
|
|
Unkonventionelle diagnostische Methoden in der Umweltmedizin
|
|
ganzheitliche oder bioenergetische Diagnoseverfahren
|
z. B. Elektroakupunktur nach Voll, Bioresonanzverfahren, Vega-Test, Decoder-Dermografie,
Biotonometrie, Biotensor, Kirlianfotografie (Plasmaprintverfahren, energetische Terminalpunktdiagnose),
Regulationsthermografie nach Rost, Aurikulodiagnostik, Kinesiologie, Auraskopie
|
|
Verfahren der „Klinischen Ökologie“
|
z. B. zytotoxische Bluttests, Provokations- und Neutralisationstest (PN-Test)
|
3.6 Therapie
Auch dann, wenn kausal der Zusammenhang zwischen Beschwerden/Befunden/Krankheiten
und dem Vorkommen von Schimmel/Feuchte im Innenraum nicht nachgewiesen werden kann,
ist aus präventiver und hygienischer Sicht beim Vorhandensein eines Feuchte-/Schimmelpilzschadens
die erste „therapeutische“ Maßnahme die zügige fach- und sachgerechte Sanierung und
bei schwerwiegenden Krankheitsbildern mit hohem Gesundheitsrisiko (Immunsuppression
gemäß den Kriterien der KRINKO [25], Mukoviszidose (Zystische Fibrose), Asthma) die umgehende Expositionsminimierung.
3.6.1 Allgemeine medikamentöse Behandlung
Grundsätzlich ist bei einer Schimmelpilzallergie in Abhängigkeit von der organspezifischen
Ausprägung der allergischen Erkrankung eine topische und/oder systemische Therapie
indiziert.
Die medikamentöse Behandlung allergologischer Krankheitsbilder (Rhinitis, Konjunktivitis,
Sinusitis, Asthma bronchiale), die mit einer Exposition gegenüber Schimmelpilzen assoziiert
sind, unterscheidet sich nicht von der Therapie bei anderen Allergenen (z. B. Pollen).
Bezüglich der (organbezogenen) medikamentösen Therapie einer Allergie wird auf die
entsprechenden Leitlinien verwiesen.
3.6.2 Spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung)
Die spezifische Immuntherapie (SIT) ist die einzige Therapie bei Allergien, die kausal
eine immunmodulierende Funktion besitzt. Mit der Zuführung von Therapieallergenen
werden spezifische blockierende Antikörper, toleranzinduzierende Zellen und Botenstoffe
aktiviert. Dies führt zu einer Abschwächung der durch Allergene ausgelösten Immunantwort.
In der Folge geht die für die allergischen Beschwerden verantwortliche Entzündungsreaktion
im Körper zurück [311].
Die spezifische Immuntherapie (SIT) mit Schimmelpilzextrakten sollte möglichst früh
im Krankheitsverlauf zur Anwendung kommen, insbesondere dann, wenn die Maßnahmen der
medikamentösen Therapie und der Allergenkarenz zuvor nicht zu einer Stabilisierung
der Beschwerden führten [312].
Die entsprechenden Schimmelpilzallergene müssen als Auslöser der allergischen Beschwerden
diagnostisch eindeutig gesichert sein. Die Voraussetzung für eine SIT ist der Beleg
einer allergenspezifischen IgE-Sensibilisierung von klinischer Relevanz. Die Kombination
verschiedener Testmethoden liefert zusammen mit der Anamnese eine ausreichende Basis
für eine SIT.
Die Hyposensibilisierung setzt die gesicherte Diagnostik voraus. Hierzu wird auf die
aktuelle Leitlinie [311] verwiesen.
Derzeit gibt es für die Intrakutantestung 11 zugelassene Einzeltestallergenextrakte
und zwei Schimmelpilzmischungen nach der Therapieallergene-Verordnung (http://www.pei.de). Diese wurden allerdings durch den Hersteller aus der Vermarktung genommen. Für
die Prick-Testung stehen weiterhin von verschiedenen Herstellern Einzel- und Mischallergene
zur Verfügung, jedoch überwiegend für Außenluftschimmelpilzarten (siehe Kapitel 3.5.1.3).
Für die leitliniengerechte Provokation vor der spezifischen Immuntherapie kann man
derzeit nur noch auf 12 Einzelallergenextrakte und zwei Mischallergenextrakte zurückgreifen,
die der Therapie-Allergene-Verordnung (TAV) entsprechen (Stand 3/15). Für die Hyposensibilisierung
sollte die Hyposensibilisierungslösung möglichst von dem gleichen Hersteller stammen
wie die benutzte Testlösung. Mischungen von verschiedenen Schimmelpilztherapieallergenen
sind möglich. Ein enges Allergenspektrum erhöht hierbei wahrscheinlich den Erfolg
der SIT [313].
Für die Hyposensibilisierung stehen Präparate für die subkutane Immuntherapie (SCIT)
und für die sublinguale Immuntherapie (SLIT) zu Verfügung. Zur SCIT werden nicht modifizierte
Allergene als wässrige oder physikalisch gekoppelte (Semidepot-)Extrakte sowie chemisch
modifizierte Extrakte (Allergoide) als Semidepot-Extrakte eingesetzt. Die vorwiegend
unmodifizierten Allergenextrakte zur SLIT werden als wässrige Lösungen angewandt.
Präparate, die häufige Allergene enthalten, sind zulassungspflichtig nach der Therapie-Allergene-Verordnung
(TAV). Für die seltenen Schimmelallergene stehen weder für die SLIT noch die SCIT
zugelassene Therapieallergene nach der Therapie-Allergene-Verordnung zur Verfügung
(http://www.pei.de). Sie können nicht mit den Allergenen, die der TAV genügen, gemischt werden.
Die Injektionen zur SCIT werden von einem Arzt durchgeführt, der mit dieser Therapieform
Erfahrung hat und bei einem allergologischen Zwischenfall zur Notfallbehandlung befähigt
ist. Eine vorherige Aufklärung mit Dokumentation ist erforderlich (Patientenrechtegesetz
beachten und Leitlinie einhalten).
Der individuelle Erfolg der Hyposensibilisierung kann anhand der Ausprägung der klinischen
Symptomatik verfolgt werden. Bewährt hat sich ein Beschwerdefragebogen. Regelmäßige
Kontrollen mittels Rhinomanometrie oder Ganzkörperplethysmografie sind möglich.
Nach der derzeitigen Studienlage ist die Wirksamkeit der SCIT bei den außenluftrelevanten
Schimmelpilzen Alternaria alternata und Cladosporium herbarum durch wenige Studien belegt [313]. Auch eine DBPC-Studie mit Alternaria-sensibilisierten Kindern bestätigt [314], dass diese Allergieform sich erfolgreich mit einer klassischen, spezifischen Immuntherapie
(SIT) durch regelmäßige Injektionen eines Alternaria-Allergenextraktes behandeln lässt.
Die Wirksamkeit der SLIT ist bezüglich der Hyposensibilisierung gegen Innenraum-relevante
Schimmelpilze bisher nicht ausreichend wissenschaftlich gesichert.
Querverweis:
AWMF Nr. 061 – 004 – (Allergen-) spezifische Immuntherapie bei IgE vermittelten allergischen Erkrankungen. Entwicklungsstufe: S2k (2014)
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V.
(DGAKI)
Pfarr O, Bachert C et al. (2014) Leitlinie zur (allergen-) spezifischen Immuntherapie bei IgE-vermittelten allergischen
Erkrankungen. S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie
(DGAKI), der Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA), des
Ärzteverbandes Deutscher Allergologen (AeDA), der Österreichischen Gesellschaft für
Allergologie und Immunologie (ÖGAI), der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie
und Immunologie (SGAI), der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG), der Deutschen
Gesellschaft fur Hals-Nasen-Ohren-
Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNOKHC), der Deutschen Gesellschaft für Kinder-
und Jugendmedizin (DGKJ), der Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP), der
Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), des Deutschen Berufsverbandes
der HNO-Ärzte (BV-HNO), des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), des
Bundesverbandes der Pneumologen (BDP) und des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen
(BVDD) Allergo J Int 23: 282
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/061 – 004l_S2k_SIT_2014 – 12.pdf
3.6.3 Expositionskarenz
Expositionskarenz bzw. Allergenkarenz hat wie bei allen allergischen Erkrankungen
Vorrang. Dennoch ist eine rechtzeitige Medikation erforderlich, damit sich nach einer
beschwerdearmen Zeit nicht wieder das Vollbild der allergischen Erkrankung zeigt.
Die Beseitigung der Ursachen von Feuchtigkeit als Grundlage für Schimmelpilzwachstum
in Innenräumen steht an erster Stelle. Die Evidenz für den Erfolg von Sanierungsmaßnahmen
nach Feuchte- bzw. Schimmelpilzschäden in Bezug auf Asthma- und Atemwegssymptome sowie
die Häufigkeit von Erkältungskrankheiten bei Erwachsenen und Kindern ist moderat [315], wie [Tab. 13] darlegt.
Tab. 13
Cochrane EBM-Review von Sauni et al. (2011) [315] zum Erfolg von Sanierungsmaßnahmen nach Feuchte- bzw. Schimmelpilzschäden in Bezug
auf Asthma- und Atemwegssymptome sowie die Häufigkeit von Erkältungskrankheiten bei
Erwachsenen und Kindern.
|
Maßnahme
|
Effekt bei Erwachsenen
|
Effekt bei Kindern
|
|
Wohnungssanierung
(Evidenzgrad: moderat)
|
Giemen (Asthma): OR 0,64 (KI: 0,55 – 0,75)
Rhinitis: OR 0,57 (KI: 0,55 – 0,66)
|
akute Behandlungen (mean difference): MD −0,45 (KI: −0,76 – −0,14)
|
Zusammen mit anderen Studien [56]
[316]
[317]
[318] liegt eine ausreichende Evidenz dafür vor, dass eine Intervention, die die Wohnbedingungen
in Bezug auf Feuchtigkeit und Schimmelpilzwachstum verbessert [319], die Morbidität für Asthma und respiratorische Allergien günstig beeinflusst.
Für Patienten mit erhöhtem Risiko (Mukoviszidose) beinhalten die empfohlenen Hygienemaßnahmen
das Meiden von feuchten Räumen und Räumen mit Schimmelpilzwachstum und die Notwendigkeit
einer Sanierung von Schimmelpilzbefall [266]
[320].
Durch den Einsatz von speziellen Geräten zur Luftreinigung bzw. Entfeuchtung können
die Konzentrationen von luftgetragenen Schimmelpilzbestandteilen (Bioaerosole) reduziert
werden [321]. In Europa werden die Filterklassen H13-H14 als HEPA eingestuft. Nach US-Norm muss
der Filter mindestens 99,97 % aller Partikel > 0,3 µm abscheiden, vergleichbar mit
der Filterklasse H13 nach EN 1822 – 1:1998. Während HEPA-Filter bei Katzen- und Hundeallergie
wirksam waren, gab es keine Beweise für die Wirksamkeit bei Hausstaubmilben- oder
Schimmelpilzallergien [322]. Eine Meta-Analyse von 10 randomisierten kontrollierten Studien über Luftfiltration
aus den Jahren 1973 bis 1999 fand eine kleine statistisch signifikante Verbesserung
der Gesamtsymptomatik und Schlafstörungen bei Verwendung von Luftreinigern, aber keine
Verbesserung bei nasalen Symptomen, Medikamentenverbrauch oder Peak-exspiratorischem
Fluss (PEF) [323].
Neben der klar indizierten, fachgerechten baulichen Sanierung zur Beseitigung und
Vermeidung von Feuchtigkeit und erneutem mikrobiologischen Wachstum im Innenraum (s.
unten) liegt für weitergehende technische Maßnahmen (Luftfilter, Luftentfeuchter),
die verschiedentlich empfohlen werden [177]
[324], wegen fehlender Studien nur eine unzureichende Evidenz vor [325].
Als problematisch sind „Luftreiniger“ mit Ionisatoren einzustufen, da diese zu gesundheitlich
bedenklichen Ozonbelastungen führen können [326]
[327].
Betroffene selbst sollten die unter den folgenden Kapiteln 3.6.3.1 bis 3.6.3.3 aufgeführten
Empfehlungen beachten:
3.6.3.1 Innenraum [269]
-
Der Wohnbereich soll durch Lüftung (drei- bis viermal täglich für 5 – 15 min Stoßlüften,
am besten als Querlüftung) und Heizen trocken gehalten werden (relative Luftfeuchte
< 65 %, optimale Raumtemperatur ca. 20 °C).
-
Ausreichende Lüftung, v. a. von Nassräumen. Die meiste Feuchtigkeit und damit Schimmelpilzbewuchs
finden sich in den Badezimmern. Dunkle Striche entlang der Fliesenfugen sind ein Zeichen
für Schimmelpilzwachstum (oft Alternaria sp.). Nach dem Duschen oder Baden das Badezimmer ausreichend lüften. Duschwanne und
Badewanne abziehen und trocknen. Duschvorhänge regelmäßig waschen und trocknen lassen.
Feuchte Handtücher aus dem Badezimmer entfernen. Keine Teppiche im Badezimmer.
-
gute Luftzirkulation zwischen Möbeln und Boden, Decke und Wand (10 cm Abstand von
Außenwand)
-
keine Luftbefeuchter, keine Zimmerspringbrunnen, keine Aquarien
-
Klimaanlagen und raumlufttechnische Anlagen müssen regelmäßig gewartet werden.
-
kein Feuerholz im Innenraum aufbewahren
-
Innenräume staubarm halten (Allergene sind staubgebunden)
-
Schlafstätten-Sanierung wie bei einer Milbenallergie
-
keine Topfpflanzen und Schnittblumen im Innenraum, auf keinen Fall im Schlafbereich
(Schimmelpilze gedeihen im Erdreich)
-
keine feuchten Schuhe, Kleider oder Ledersachen in Schränken aufbewahren
-
Abfalleimer, vor allem Kompost, häufig entleeren und reinigen
-
Felltragende Tiere, vor allem langhaarige Hunde, können Ursache für einen Sporeneintrag
in den Innenraum sein. In deren Fell entwickeln sich Alternaria sp., insbesondere wenn der Hund gern ins Wasser geht. Zudem werden Sporen aus der
Außenluft im Fell gesammelt und in den Innenraum verbracht.
-
Kleintierfutter und Einstreu trocken lagern
3.6.3.2 Außenluft [328]
[329]
-
Bei einer Schimmelpilzallergie können wie bei einer Pollinose saisonale Beschwerden
bestehen, die nicht mit den üblichen Pollenflugzeiten korrelieren. Die Konzentration
von Schimmelpilzsporen in der Luft hängt von den Wetterbedingungen ab. Besonders hoch
ist sie im Spätsommer und Frühherbst, immer dann, wenn es heiß und im Wechsel danach
feucht ist. Saisonale Beschwerden von Juli bis September können auf eine Schimmelpilzallergie
hinweisen, vor allem wenn sie bei langanhaltendem Schönwetter (Hitzeperioden) abnehmen
und nach Niederschlägen erneut zunehmen. Allerdings können bei einer vorangegangenen
Feuchtperiode an trockenen, windigen Tagen die auf der Erde abgelagerten Sporen vermehrt
in die Luft geraten. Bei starkem Sporenflug (besonders bei trockenem und windigem
Wetter von Mai bis Oktober) ggf. Aufenthalt im Freien einschränken.
-
Vermeiden aller Tätigkeiten, bei denen in erhöhtem Maße eine Exposition gegenüber
Schimmelpilzsporen besteht (Gartenarbeit, Umgang mit Rindenmulch oder verrottetem
Laub, Komposthaufen).
3.6.3.3 Nahrungsmittel; Empfehlungen ohne Evidenz [292]
-
Karenz von Schimmelpilzallergenen aus Nahrungsmitteln (z. B. vergorene Getränke, Fruchtsäfte,
Schimmelkäse, Salami) [330]
-
Tiefkühlprodukte bevorzugen
3.6.4 Unkonventionelle Behandlungsmethoden
Oft werden unkonventionelle Behandlungsmethoden von Patienten eingefordert, aber auch
von Ärzten und Therapeuten verschiedener Disziplinen propagiert. Dabei fällt auf,
dass wissenschaftlich begründete Verfahren wie eine antimykotische Behandlung missbräuchlich
angewandt werden, um dem Vorgehen den Anschein der Wissenschaftlichkeit zu verleihen
[307].
In [Tab. 14] sind Beispiele unkonventionell eingesetzter und unkonventioneller therapeutischer
Methoden dargestellt [307]. Von diesen wird mangels Evidenz abgeraten.
Tab. 14
Beispiele unkonventionell eingesetzter und unkonventioneller therapeutischer Verfahren
in der Umweltmedizin [308]
[309]
[310].
|
Unkonventionell eingesetzte therapeutische Verfahren in der Umweltmedizin
|
|
antimykotische Behandlung
|
|
Entgiftungstherapie z. B. mit Cholestyramin (CSM-Therapie)
|
|
Ernährungsumstellungen
|
|
homöopathische Behandlungen
|
|
Symbioselenkung
|
|
Unkonventionelle therapeutische Verfahren in der Umweltmedizin
|
|
Bioresonanztherapie (Moratherapie)
|
|
Eigenblut- und Eigenurinbehandlung
|
|
ganzheitliche Darmsanierung
|
|
Verfahren der „Klinischen Ökologie“ (z. B. Provokations- und Neutralisationstest (PN-Test)
|
Unkonventionelle therapeutische Verfahren müssen wie alle medizinischen Methoden nach
dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand geprüft und bewertet werden und als
Kassenleistung nur erstattet werden, wenn der therapeutische Nutzen nachgewiesen wurde
[308].
3.7 Sanierung von Wohnräumen (Gebäuden) mit Feuchteproblemen und Schimmelpilzwachstum
Zur fachgerechten Sanierung eines Feuchte-/Schimmelpilzschadens zählt die Beseitigung
der bauphysikalischen Ursache(n), die Trocknung und die Entfernung aller schimmelbefallenen
Materialien und eine anschließende Feinreinigung. Die Einzelheiten und Verfahren sind
nicht Bestandteil dieser Leitlinie. Detaillierte Informationen finden sich in den
einschlägigen Schimmelpilzleitfäden [2]
[3]
[22] sowie der überarbeiteten Fassung des UBA-Leitfadens (Erscheinungstermin: voraussichtlich
Herbst 2016).
3.8 Sozialstatus und Feuchte-/Schimmelpilzbefall
Statistische Erhebungen zeigen, dass in Wohnungen von Personen mit niedrigerem Sozialstatus
Feuchte-/Schimmelschäden häufiger genannt werden als in der Allgemeinbevölkerung ([Abb. 2]).
Abb. 2 Wohnungsmängel (Selbsteinschätzung). Anteil an Personen in % (Daten: Statistisches
Bundesamt 2006).
Einfluss auf den Sozialstatus haben:
-
Schulabschluss
-
Berufsabschluss
-
erwerbstätig
-
Einkommen
-
ethnische Zugehörigkeit
-
Geschlechtszugehörigkeit
Daraus ergeben sich für Personen mit niedrigerem Sozialstatus bezüglich der Wahrscheinlichkeit
eines Feuchte-/Schimmelpilzschadens und seiner Behebung folgende Probleme [331]:
-
Personen mit niedrigerem Sozialstatus wohnen in der Regel in Mietwohnungen.
-
Mieter haben pro Kopf statistisch eine geringere Wohnfläche im Vergleich zu Wohnungseigentümern.
-
Sozialwohnungen werden aus politischen und marktwirtschaftlichen Gründen in der Regel
eher in Regionen mit schlechterer Umwelt- und Wohnqualität errichtet als Eigentumswohnungen.
-
Die Quartiere, in denen Mietobjekte stehen, sind in der Regel deutlich schlechter
als die von Eigentumsobjekten. Das ist mit ein Grund dafür, dass der Gesamtzustand
der Objekte bezüglich Instandsetzung und Pflege oft problematisch ist und Vandalismus
in solchen Objekten häufiger vorkommt.
-
Personen mit niedrigerem Sozialstatus leiden oft unter Energiearmut, d. h. sie haben
kein Geld, um ihren Wohnraum effizient zu beheizen.
-
Personen mit niedrigerem Sozialstatus haben es meist deutlich schwerer, zu ihrem Recht
zu kommen.
-
Personen mit niedrigerem Sozialstatus haben es aufgrund ihres Bildungstandes bzw.
ihres Migrationshintergrundes häufig schwerer, sich zu informieren.
Querverweis:
Arbeitskreis Innenraumluft am österreichischen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft (2010) Positionspapier zu Schimmelpilzen in Innenräumen.
http://www.ibo.at/documents/Positionspapier_Schimmelpilze.pdf
AWMF Nr. 061 – 016 – Allergieprävention. Entwicklungsstufe: S3 (2014)
Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie e. V.
(DGAKI) und der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DGKJ)
Schäfer T, Bauer CP, Beyer K, Bufe A, Friedrichs F, Gieler U, Gronke G, Hamelmann
E, Hellermann M, Kleinheinz A, Klimek L, Koletzko S, Kopp MV, Lau S, Müsken H, Reese
I, Schmidt S, Schnadt S, Sitter H, Strömer K, Vagts J, Vogelberg G, Wahn U, Werfel
T, Worm M, Muche-Borowski C (2014) S3-Leitlinie Allergieprävention – Update 2014
http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/061–016l_S3_Allergiepr%C3%A4vention_2014–07.pdf
3.9 Prävention
Wichtig ist zunächst die Aufklärung suszeptibler und immunsupprimierter Patienten
über die mit einer Schimmelpilzexposition im Innenraum verbundenen Risiken und Maßnahmen
zur Prävention [332]
[333], gegebenenfalls ergänzt durch häusliche Untersuchungen auf das Vorkommen von Aspergillus fumigatus und Aspergillus flavus (im Innenraum nur sehr selten zu erwarten) [334].
Bei allen Gesundheitsstörungen, die mit einer Exposition gegenüber Umweltfaktoren
verbunden sind, steht die Prävention und Expositionskarenz im Vordergrund. Dies trifft
im besonderen Maß auch für Schimmelpilze zu. Ein Innenraumklima, das Schimmelpilzwachstum
begünstigt (hohe Luftfeuchtigkeit, mangelnde Ventilation), muss zur Allergieprävention
grundsätzlich vermieden werden [335].
Die entscheidende Voraussetzung für das Wachstum von Schimmelpilzen und anderen Mikroorganismen
ist Feuchtigkeit. Im Innenraum können u. a. folgende Ursachen zu erhöhter Feuchte
an Bauteiloberflächen oder in Bauteilen bzw. Einrichtungsgegenständen führen:
Bei der Untersuchung der Ursache von Feuchte-/Schimmelpilzschäden in 217 Wohnungen
durch einen Berater der Verbraucherzentrale in Stuttgart wurde folgende Häufigkeitsverteilung
festgestellt:
-
Baumängel 45 %
-
erhöhte Luftfeuchte 18 %
-
falsche Möblierung 17 %
-
Leckagen 20 %
Die für das Wachstum von Schimmelpilzen erforderlichen Nährstoffe sind nahezu auf
allen Bauteiloberflächen in ausreichender Menge vorhanden, z. B. auf Tapeten, Holzoberflächen,
Silikonfugen, aber auch in Staubablagerungen auf Putzen und in den in Putzen enthaltenen
organischen Zuschlagstoffen.
Weitere Informationen finden sich im „Schimmelpilz-Leitfaden“ des UBA [2] sowie in der überarbeiteten Fassung des UBA-Leitfadens (Erscheinungstermin: voraussichtlich
in 2016).
Anhang
Definitionen
Bioaerosol:
Luftgetragene Teilchen biologischer Herkunft (DIN EN 13098);
alle im Luftraum befindlichen Ansammlungen von Partikeln, denen Pilze (Sporen, Konidien,
Hyphenbruchstücke), Bakterien, Viren und/oder Pollen sowie deren Zellwandwandbestandteile
und Stoffwechselprodukte (z. B. Endotoxine, Mykotoxine) anhaften bzw. diese beinhalten
oder bilden (VDI 4253 Blatt 2).
Endotoxine:
Bestandteile der Lipopolysaccharide der äußeren Zellmembran gramnegativer Bakterien.
Endotoxine werden von lebenden gramnegativen Bakterien durch Abspaltung von Vesikeln,
beziehungsweise beim Absterben von gramnegativen Bakterien freigesetzt.
Exposition:
Lateinisch: exponere – aussetzen
Beabsichtigter oder unbeabsichtigter Kontakt oder das Ausgesetztsein des Organismus
oder seiner Teilstrukturen (Gewebe, Zellen, Moleküle) gegenüber externen Einflüssen,
wie z. B. biologischen, physikalischen, chemischen, psychischen oder anderen Einflüssen
der Umgebung.
Feuchtigkeit (engl.: dampness):
Sichtbare, messbare oder wahrgenommene Auswirkung eines überschüssigen Wassergehaltes,
der zu Problemen in Gebäuden, wie Leckagen, Materialzerstörung, Schimmel, Schimmelgeruch
oder direkt gemessener überschüssiger Feuchtigkeit (in Bezug auf die relative Feuchtigkeit
oder den Wassergehalt) oder mikrobiellem Wachstum führt.
Feuchteschaden:
Sichtbare, messbare oder wahrgenommene Folge erhöhten Wassergehaltes in Innenräumen
oder Bauteilen.
Innenraum:
Raum, der vor Witterungseinflüssen geschützt ist.
In der vorliegenden Leitlinie ist unter Innenraum der Wohninnenraum sowie nicht-industriell
genutzte wohnähnliche Innenräume, wie z. B. Büros, Kindergärten, Schulen, gemeint.
Kolonie:
Ein (meist zirkuläres) Netzwerk aus verzweigten Hyphen mit mehreren, genetisch identischen
Kernen, gilt als ein einziger Organismus (KBE).
Schimmel (engl.: mould oder mold):
(1) Oberflächliche und mit bloßem Auge sichtbare Strukturen von Schimmelpilzen (ohne
taxonomische Bedeutung);
(2) Alle Arten von mikroskopischen Pilzen, die in Form von Zellfäden – sogenannten
Hyphen – als Pilzgeflecht (Myzel) wachsen und meistens pigmentierte Konidien- oder
Sporangienträger ausbilden.
Schimmelpilze:
Sammelbegriff für hyphen- und meist auch sporenbildende Kleinpilze.
Schimmelpilzbefall/schimmelpilzbefallene Materialien:
Baumaterial oder Inventar, das mit Schimmelpilzen bewachsen (besiedelt) war oder noch
ist. Sofern nicht bereits mit bloßem Auge sichtbar, Bestimmung durch mikroskopischen
Nachweis eines Hyphengeflechtes sowie mehr oder weniger ausgebildeter Konidien- bzw.
Sporangienträger, unabhängig davon, ob die Schimmelpilze noch vital/aktiv oder bereits
abgestorben sind. Neben Schimmelpilzen können weitere Biostoffe wie z. B. Bakterien
vorhanden sein.
Schimmelpilzkontamination:
Eine über die allgemeine Grundbelastung hinausgehende Verunreinigung von Oberflächen
oder Materialien (z. B. mit Pilzsporen) durch Eintrag von außen (z. B. im Hausstaub,
Anflugsporen).
Schimmelpilzwachstum:
Prozess, der eine biologische Aktivität beinhaltet, also mit Feuchtigkeit verbunden
ist und durch Zellteilung, Hyphen-, Myzel- und evtl. Sporenbildung u. a. gekennzeichnet
ist.
Wassergehalt (Nässe; engl.: moisture):
(1) Wasserdampf-Partialdruck,
(2) Wasseranteil in einer Matrix wie Boden oder Baumaterial.
Wasserschaden:
Sichtbare, messbare oder wahrgenommene Folge größerer Wassermengen (Havarien, Leckagen).