Der Klinikarzt 2016; 45(09): 430
DOI: 10.1055/s-0042-116374
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Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhoe

Warum viele Experten auf orales Vancomycin 250 mg setzen – Therapie-Update aus der Klinik für die Praxis
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Publication Date:
21 September 2016 (online)

 

Im Praxis- und Klinikalltag hat sich orales Vancomycin zur Behandlung der Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhoe oftmals bewährt. Studiendaten bestätigen zudem die gute Wirksamkeit von oralem Vancomycin [1]. PD Dr. Anton Gillessen, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin am Herz-Jesu-Krankenhaus in Münster, und Prof. Dr. George Micklefield, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie der Alexianer Kliniken Landkreis Diepholz, sprechen über aktuelle Therapieempfehlungen aus der Klinik für die Praxis und ihre Erfahrungen mit oralem Vancomycin bei allen CDAD-Formen.


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Die Fallzahlen der Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhoe (CDAD) steigen weiter an – vor allem im ambulanten Bereich. Wie schätzen Sie die aktuellen Entwicklungen ein und welche Therapieoptionen stehen hier in der Praxis zur Verfügung?

Prof. Dr. George Micklefield: „Die aktuellen NRZ-Referenzdaten bestätigen, dass die Fallzahlen der CDAD in den letzten Jahren weiterhin angestiegen sind [2]. Diese Entwicklung verdeutlicht, dass in der Hausarztpraxis bei plötzlich einsetzenden wässrigen Durchfällen mit fauligem Geruch und krampfartigen Schmerzen im unteren Abdomen unbedingt an eine Infektion mit Clostridium difficile gedacht werden sollte [3]. Orales Vancomycin überzeugt hier bei allen Formen der CDAD. Nach der aktuellen Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten wird der Einsatz von oralem Vancomycin bei allen Formen der tückischen Durchfallerkrankung empfohlen [4]. Meine Erfahrung zeigt, dass die Patienten unter einer frühzeitigen und adäquaten Therapie mit oralem Vancomycin in einer Dosierung von 4 x 250 mg/Tag häufig schnell beschwerdefrei werden [5]. Die Therapiedauer sollte gemäß der aktuellen S2k-Leitlinie in der Regel über einen Zeitraum von 10 bis 14 Tagen andauern [6].“

Metronidazol wird laut einer aktuellen Umfrage immer noch zur Behandlung der CDAD eingesetzt. Wie bewerten Sie dieses Vorgehen und welche Unterschiede gibt es hier im Vergleich zu Vancomycin?

PD Dr. Anton Gillessen: „Aus meiner Sicht ist die Behandlung mit Metronidazol aufgrund der steigenden Zahlen von Therapieversagern nicht mehr zu bevorzugen. Bestätigt sich die Diagnose einer CDAD, so ist die Behandlung mit oralem Vancomycin meine Therapie der ersten Wahl. Bei leichten CDAD-Formen werden mit oralem Vancomycin Heilungsraten von 98 %, bei schweren CDAD-Formen von 97 % erzielt [1]. Metronidazol bringt es bei schweren Fällen der Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhoe dagegen nur auf Heilungsraten von 76 %.“ [1]

Laut einer Studie deuten höhere Vancomycin-Dosierungen auf eine geringere Rezidivrate hin [7]. Wie ordnen Sie die Ergebnisse ein und wie lautet Ihre Empfehlung für die Praxis?

Prof. Dr. George Micklefield: „Lam und Kollegen stellten fest, dass höhere Vancomycin-Dosen (über 500 mg/Tag; entsprechend einer Dosierung von 4 x 250 mg/Tag oder 4 x 500 mg/Tag) auf eine geringere Rezidivrate hinweisen [7]. Ich kann diese Beobachtung nur unterstreichen und setze daher ausschließlich im Sinne einer optimalen Rezidivprophylaxe auf die höhere Vancomycin-Dosierung.“

Stichwort Rezidive: Welcher Therapieansatz hat sich Ihrer Meinung nach bei multiplen rezidivierenden CDAD-Formen besonders bewährt?

PD Dr. Anton Gillessen: „Bei multiplen Rezidiven der CDAD empfehle ich das Therapieschema der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie: Dieses sieht vor, dass zunächst für 10 Tage die Dosis von 4 x 500 mg Vancomycin gegeben wird. Danach wird die Dosis auf 4 x 250 mg reduziert und nur noch jeden zweiten Tag gegeben. In den darauffolgenden Wochen 4 bis 6 sollte die Dosis weiterhin reduziert werden und nur noch jeden 3., 4. und 5. Tag appliziert werden. Ab der 7. Therapiewoche ist nur noch ein Vancomycin-Tag pro Woche mit der Dosis von 4 x 250 mg vorgesehen [8].“

Was sollte aus Ihrer Sicht bei der Anwendung des Pulsschemas zur Behandlung von CDAD-Rezidiven besonders beachtet werden?

Prof. Dr. George Micklefield: „Eine hohe Compliance ist für dieses Schema und damit die ausschleichende Gabe von oralem Vancomycin über mehrere Wochen sehr wichtig. Die intensive Aufklärung der Patienten ist daher im Vorfeld unerlässlich“ [3].

Herr Prof. Dr. Micklefield, Herr PD Dr. Gillessen, vielen Dank für das Gespräch!

Quelle: MCG Medical Consulting Group, Gesellschaft für Medizinberatung mbH & Co. KG, Düsseldorf.


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