Der Klinikarzt 2016; 45(11): 555-556
DOI: 10.1055/s-0042-118856
Blickpunkt
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Studie zur Entlassungsmedikation

Patienten wissen zu wenig über ihre Medikamente
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Publikationsdatum:
29. November 2016 (online)

 

Nach einem Krankenhausaufenthalt kennen die wenigsten Patienten die neu verordneten Arzneimittel, die sie zukünftig einnehmen sollen. Dies offenbart eine aktuelle Studie zur Entlassmedikation. Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) rät zu einem verbindlichen Austausch zwischen Arzt und Patienten und einem Arztbrief, der auch den weiterbehandelnden Hausarzt umfassend über die Therapie informiert. Ausschlaggebend für das Ergebnis der Studie sei laut Experten der Fachgesellschaft, dass zu wenig Zeit für ein angemessenes Arzt-Patienten-Gespräch zur Verfügung steht.

Wenig Zeit für Arzt-Patienten-Gespräch

Sind Menschen nach einem Klinikaufenthalt auf neu verordnete Medikamente angewiesen, wenden sie diese häufig nicht richtig oder nur unzureichend an. Fehlende Medikationspläne, ein hohes Lebensalter und die Aufenthaltsdauer können Gründe dafür sein. „Die Patienten sollten die Wirkung ihrer Medikamente benennen können. Wenn es uns als Ärzten nicht gelingt, diese wichtigen Informationen an sie zu vermitteln, können wir auch nicht erwarten, dass die Einnahme der Medikamente nach der Entlassung aus der Klinik verschreibungsgerecht erfolgt“, sagt Prof. Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger, Vorsitzende der DGIM aus München. Zudem fehlten die Informationen über verschriebene Medikamente nicht selten auch den weiterbehandelnden Ärzten, was das Risiko der Verordnung interagierender Medikamente erhöhe.

Im Rahmen der Studie, die in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift erschienen ist, wurden 179 Patienten vor ihrer Entlassung aus einem Akut- oder geriatrischen Krankenhaus hinsichtlich ihrer Medikation befragt. Das Ergebnis: 81% der Patienten wurde während des stationären Aufenthaltes ein neues Medikament zur ambulanten Weiterbehandlung verordnet. Doch nur 11 % konnten dies zutreffend benennen. „Ähnliches erleben wir bei der Aufnahme von Patienten in die Klinik: Nur 20 % derer mit 8 und mehr Arzneimitteln können vollständige Angaben zu ihrer Medikation machen“, sagt Prof. Dr. med. Daniel Grandt, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I am Klinikum Saarbrücken und Leiter der DGIM-Kommission für Arzneimitteltherapie-Management und Arzneimitteltherapiesicherheit.


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Aufklärung honorieren

Die DGIM befürchtet, dass nicht zuletzt die unzureichende Vergütung im DRG-System einer umfassenden Patientenaufklärung entgegensteht. „Keine Frage: Es ist die Aufgabe der behandelnden Ärzte, ihre Patienten richtig über die Medikation aufzuklären. Dafür bleibt jedoch gerade im stressigen und wirtschaftlich orientierten Klinikalltag zu wenig Zeit – diese sprechende Medizin wird nicht honoriert“, erklärt Prof. Schumm-Draeger. Die Internistin empfiehlt eine ergänzende Aufklärung der Patienten durch aktuelle Medikationspläne. Nur so könnten Ärzte Wissensdefizite auffangen und damit das Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen minimieren. Auch Prof. Dr. med. Dr. h. c. Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM, wünscht sich mehr Raum für das Arzt-Patienten-Gespräch im Vergütungs-System und sieht hier die Gesundheitspolitik in der Pflicht.

Quelle: Pressemeldung der DGIM auch unter www.dgim.de.


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