Handchir Mikrochir Plast Chir 2016; 48(06): 320-329
DOI: 10.1055/s-0042-118863
Technische Neuerung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Konzept für ein nationales Implantatregister zur Verbesserung der Patientensicherheit

Concept for a National Implant Registry to Improve Patient Safety
L. Prantl
1   Abteilung für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Universitätsklinikum Regensburg, Regensburg
,
U. von Fritschen
2   Chefarzt der Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, HELIOS Klinikum Emil von Behring GmbH, Berlin
,
J. Liebau
,
J. von Hassel
4   Geschäftsführer, Ethikkommission an der Universität Regensburg
,
E. M. Baur
5   Univ.-Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie Innsbruck, A.ö. Landeskrankenhaus Innsbruck, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
,
P. M. Vogt
6   Klinik für Plastische, Ästhetische, Hand- und Wiederherstellungschriurgie, Hochschule Hannover, Hannover
,
R.E. Giunta
7   Abteilung für Handchirurgie, Plastische Chirurgie und Ästhetische Chirurgie am Klinikum der Universität München (LMU): a) Campus Großhadern, München; b) Campus Innenstadt, München.
,
R. E. Horch
8   Direktor der Plastisch und Handchirurgischen Klinik, Universitätsklinikum Erlangen, Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Erlangen
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Dr. Lukas Prantl
Center of Plastic, Hand- and Reconstructive Surgery
University Hospital Regensburg
Franz-Josef-Strauss-Allee 11
93053 Regensburg

Publication History

Publication Date:
09 January 2017 (online)

 

Zusammenfassung

Seit Einführung der Silikonimplantate haben mehrere Ereignisse zu einer erheblichen Verunsicherung von Patienten, der Öffentlichkeit und Anwendern geführt. Bislang sind aus keiner der Vorkommnisse hinreichende erforderliche gesetzliche Konsequenzen gezogen worden, um die Patientensicherheit deutlich zu verbessern. Strengere Zulassungen von Medizinprodukten, Kontrollen der Zulassungsstellen und die Novellierung der Medizinprodukte-Betreiberverordnung sind erste Schritte der Politik in die richtige Richtung, reichen jedoch als Frühwarnsystem nicht aus. Nachdem bereits im Koalitionsvertrag die Einführung von Registern angekündigt worden ist, wurde von der Deutschen Gesellschaft der Plastischen-, Ästhetischen und Rekonstruktiven Chirurgen (DGPRÄC) ein Konzept zur Qualitätssicherung im engen Dialog mit dem Gesundheitsministerium erarbeitet, welches hier vorgestellt wird. Das Verlangen nach einem einheitlichen und gesetzlich verpflichtenden zentralen Register für Brustimplantate ist in der Ärzteschaft unstrittig. Nach dem Konzept der DGPRÄC werden drei Datenqualitäten erhoben: Sicherheitsdaten (verpflichtend), Behandlerdaten (freiwillig) und Forschungsdaten (freiwillig, außer sie sind sicherheitsrelevant). Die öffentliche Stelle schafft ein einheitliches, gesichertes Eingabeportal für alle betroffenen Fachgesellschaften. Das Register selbst kann in der jeweiligen Fachgesellschaft angesiedelt sein, von dort werden die Sicherheitsdaten (Pflicht) der öffentlichen Stelle weitergeleitet. Eine Rückentschlüsselung der Identität des Patienten und Behandler erfolgt nur in definierten Notfallsituationen, etwa bei Rückrufaktionen. Automatische Tools in der Sicherheitsdatenbank sorgen für eine frühzeitige Erkennung von Problemen, sodass im Benehmen mit den Fachgesellschaften, Herstellern und ggf. Patienten eine rasche Klärung möglich ist. Das Konzept der DGPRÄC ist in Gesprächen mit den verschiedenen Interessenträgern sehr positiv aufgenommen worden.


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Abstract

Since the introduction of silicone implants, several events have led to considerable uncertainty among the patients, public, and users. So far, however, the necessary steps to significantly improving patient safety have not been taken in any of these cases. Requiring stricter approvals for medical devices, improving monitoring by the regulatory authorities and the revision of the Medical Devices Directive are all initial steps in the right direction towards a change in policy, but are insufficient as an early warning system. After the introduction of registers was announced in the coalition agreement, the German Society of Plastic, Aesthetic and Reconstructive Surgeons (DGPRÄC), in close consultation with the Ministry of Health, has developed a concept which is presented here. The need for a uniform and legally binding central register for breast implants is fully supported by the entire medical profession. According to the concept presented by the DGPRÄC, three data qualities would be applicable: Safety data (mandatory), physician information (voluntary) and research data (optional, except if safety related). The public authorities are creating a unified, secure entry portal for all professional associations concerned. This register is based with the professional associations, and from there the mandatory security data will be forwarded to the public authorities. Decoding of the identity of the patient and doctor would only occur in specifically defined emergency situations such as product recalls. Automated tools in the security database provide early detection of problems, so that rapid clarification is possible in consultation with the professional associations, manufacturers and possibly patients. This concept as proposed by the DGPRÄC has thus far been very positively received in all discussions between the various parties concerned.


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1. Ausgangslage und Rahmenbedingungen

1.1 Gründe für ein Register

Seit Einführung von Silikonimplantaten zur Volumensubstitution in der Brustchirurgie durch Gerow und Cronin im Jahr 1961 haben mehrere öffentlichkeitswirksame Ereignisse zu einer erheblichen Verunsicherung der Öffentlichkeit, Patientinnen und Anwendern geführt.

Zunächst der Vorwurf, Silikonimplantate des Herstellers Dow Corning könnten mit der Entwicklung von Autoimmunerkrankungen und vermehrter Brustkrebsentwicklung in Zusammenhang stehen. Dies führte in den USA 1992 zu einem Moratorium und jahrelangen Verbot der Anwendung von silikongefüllten Implantaten durch die amerikanische Gesundheitsbehörde (FDA) und fast zum Konkurs des weltgrößten Silikonherstellers. Der Verdacht konnte nie bestätigt werden, silikongefüllte Implantate wurden 2006 wieder zugelassen [1] [2] [3].

Des Weiteren verunsicherte die Rückrufaktion von Trilucent-Sojaölimplantaten. Seit 1995 als „biologische Alternative“ vermarktet, kamen Zweifel an der Toxizität von Abbauprodukten auf. Der Hersteller nahm daraufhin 1999 das Produkt als „freiwillige Vorsichtsmaßnahme“ vom Markt. Nach Entfernung der Implantate gab es aber keinerlei Folgeschäden. In den USA kam dieses Füllmaterial nie zum Einsatz.

Und schließlich beschäftigen seit dem Jahre 2010 die anstatt des erforderlichen gereinigten „medical grade“ Silikon fehlerhaft mit Industriesilikon produzierten, aber dennoch vielfach international eingesetzten Brustimplantate des französischen Herstellers Poly Implant Prothèse (PIP) die Patientenverbände, die Fachwelt und Interessenträger die Plastisch-Ästhetischen Chirurgen [4] [5]. Allein in Deutschland wurden mehr als 5 000 Frauen die aus minderwertigem Industriesilikon hergestellten PIP-Implantate eingesetzt. Die verständlicherweise beträchtliche Aufmerksamkeit aller Betroffenen weitete sich zu einem weltweiten Skandal aus, als der Verdacht einer krebsauslösenden Wirkung des Silikons nach dessen Auslaufen in den Körper Ende 2011 aufkam. Es wurde bis heute keine der befürchteten systemischen Nebenwirkungen belegt.

Derzeit wird diskutiert, ob die Implantation von Silikonimplantaten mit einer erhöhten Rate einer speziellen Form der Leukämie (anaplastisches, großzelliges Lymphom, ALCL) einhergehen könnte. Aufgrund der Seltenheit dieser Erkrankung und den wenigen bisher beschriebenen Fällen gilt der Zusammenhang aber bisher noch nicht als hinreichend gesichert [6] [7] [8] [9].

Seit September 2015 ruht das CE-Zertifikat des brasilianischen Herstellers Silimed, nachdem der TÜV Süd als zertifizierende benannte Stelle im Rahmen einer Werksbesichtigung in Rio de Janeiro Partikel auf Implantaten gefunden hat.

Bislang sind aus keiner der Vorkommnisse hinreichend die aus Sicht der Fachgesellschaft erforderlichen Konsequenzen gezogen worden, um durch eine verbesserte Qualitätssicherung die Patientensicherheit deutlich zu bessern. Strengere Kontrollen bei der Zulassung von Medizinprodukten, unangemeldete Besuche der benannten Stellen, wie etwa TÜV oder DEKRA, die die Zulassung erteilen, und die Novellierung der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV, §10 Absatz 1, Nr. 2) sind erste Schritte der Politik in die richtige Richtung. Die Novelle der MPBetreibV vom 01.10.2015 sieht eine bessere Dokumentationspflicht mit Ausstellung eines Implantatpasses, einer Aufbewahrung der Dokumente für 20 Jahre und einer Rückverfolgung der betroffenen Patientinnen innerhalb von 3 Werktagen vor [10] [11].

Die Erfahrungen haben allerdings gezeigt, dass zur Identifikation und Bewältigung potentieller und tatsächlicher Probleme die derzeitigen Strukturen nicht ausreichen. Krankenhäuser und private Praxen sind von einem Massenandrang besorgter Patienten mit Fragen zu jahrelang zurückliegenden Eingriffen zum Teil überfordert. Zudem bestehen diese Einrichtungen möglicherweise schon lange nicht mehr und den Patienten fehlt ein Ansprechpartner. Eine genaue Definition liegt nicht vor, welche unerwünschten Ereignisse an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet werden sollen. Daher werden Probleme erst mit Verzögerung wahrgenommen und seltene Ereignisse gar nicht erfasst. Nicht zuletzt können unberechtigte Anschuldigungen neben der Verunsicherung von Patienten auch enormen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten.

Aus Sicht der Autoren hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die bestehenden, rechtlich nicht bindenden Implantatregister aus strukturellen Gründen weder statistisch ausreichend valide Daten liefern können, noch eignen sie sich, potentiell gefährdete Patienten zu identifizieren und zu kontaktieren [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [20] [21] [22] [23] [24] [25] [26] [27] [28] [29] [30] [31] [32] [33] [34] [35] [36] [37] [38] [39].

Daher wird die Forderung seitens der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Ästhetischen und Rekonstruktiven Chirurgen (DGPRÄC) nach einem einheitlichen und verpflichtenden zentralen Register für Brustimplantate immer stärker. Diese anhaltende Debatte führte bisher dazu, dass Union und SPD auf politischer Ebene ein verpflichtendes Implantatregister fordern. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung von 2013 wurde Folgendes festgehalten:

„Register verbessern aufgrund ihrer Langzeitbeobachtungen die Patientensicherheit und Qualität. Wir werden als ersten Schritt ein Transplantationsregister und ein Implantatregister aufbauen, die Datenlieferung ist verpflichtend. Dabei werden bereits bestehende Register einbezogen [4]“.

Folgende Aspekte sprechen für ein solches Register:

  • Verbesserung der Patientensicherheit durch Aufbau eines Kontrollsystems in Hinblick auf möglichst zeitnahe Identifikation von gesundheitlichen Gefahren (Frühwarnsystem)

  • Qualitätssicherung bzgl. Behandlungsgüte (Best Clinical Practice)

  • Kontrollfunktion bei klinisch relevanten Produktfehlern

  • Erleichterte Rückverfolgung im Fall von Komplikationen (Tracking Funktion)

  • Evidenzbasierte Patientenberatung

  • Benchmarking

  • Entscheidungshilfe für Operateure und Patienten bzgl. Produkt- und Behandlungswahl

  • Zeitersparnis durch schnellen und einfachen Datenzugriff

  • Rückmeldung an Hersteller zur Verbesserung ihrer Produkte

  • Rasches Erkennen fehlerhafter Implantatchargen oder von Fehlentwicklungen neuer Implantate

  • Ggf. Kostenersparnis für Krankenversicherungen durch Identifikation von nicht zweckmäßigen Produkten

So zwingend die Gründe für ein Implantatregister sind, fehlen bislang konkrete Pläne zu dessen Umsetzung und Ausgestaltung.

Das vorliegende Konzeptpapier will hierzu einen Lösungsvorschlag aufzeigen.


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1.2 Bestehende Register in Deutschland

Derzeit werden in Deutschland die ganz überwiegende Anzahl der Brustimplantate durch 2 Fachgruppen implantiert: Von Fachärzten für Plastische und Ästhetische Chirurgie und von Fachärzten für Gynäkologie. Dies hat dazu geführt, dass beide Fachgesellschaften voneinander unabhängige Register betreiben, in denen auch zusätzliche Qualitätsindikatoren abgefragt werden, die die unterschiedlichen Implantationsindikationen der Fachgebiete widerspiegeln. Von der Deutschen Gesellschaft für Plastische-, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie wird darüber hinaus ein Register für die Brustwiederherstellung mit Eigengewebe geführt.

Beide Register kämpfen jedoch mit gemeinsamen strukturellen Problemen. Bisher ist eine zentrale Erfassung implantierter Produkte gesetzlich nicht vorgeschrieben. Da Hersteller primär aus Marketing-Gründen keine Angaben zur Anzahl ausgelieferter Implantate machen, kann der Erfassungsgrad nur geschätzt werden. Keine Fachgesellschaft geht jedoch von einer Integration von über 30% aus. Vermutlich sind es deutlich weniger. Zur statistisch validen Identifikation medizinischer Probleme ist diese Zahl deutlich zu gering.

Aufgrund datenschutzrechtlicher Einschränkung ist derzeit die Erfassung von personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit der Implantation von Fremdmaterial nicht ohne explizite Einwilligung der Patientin / des Patienten möglich. Diese „opt-in“ Lösung stellt einen der Gründe für eine mangelhafte Teilnahme dar. Daher ist es auch nicht möglich, Patienten bei Problemen direkt zu kontaktieren. Hier könnten gesetzliche Regelungen im Sinne datenschutzrechtlicher Erlaubnistatbestände Abhilfe schaffen.

Die Finanzierung stellt ein weiteres wesentliches Problem dar. Der Aufbau einer unabhängigen netzbasierten Datenbank, die dauerhafte Betreuung / Validierung und schließlich die statistische Auswertung der Daten übersteigt die finanziellen Möglichkeiten einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft.


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1.3 Bisherige internationale Kooperation

Um die Aussagekraft des Registers der DGPRÄC zu verbessern, erfolgte ein Anschluss an ein internationales Netzwerk Plastisch-Chirurgischer Fachgesellschaften, die zum Teil über umfangreiche Erfahrungen im Aufbau und Unterhalt eines entsprechenden Registers verfügen. Auch der britische NHS und regulatorische Behörden bringen ihre Erfahrungen mit ein. Diese Kooperation ermöglicht nicht nur den Zugriff auf wissenschaftliche Vorarbeiten anderer Länder, sondern ebenso den Austausch über Fehlentwicklungen und Misserfolge.

Die International Collaboration of Breast Registry Activities (ICOBRA) wurde 2011 eingerichtet, um einen international vergleichbaren Datenpool zu schaffen. Wesentliche Motivation zur Schaffung eines weltweiten Implantatregisters war u. a. die statistische Aufarbeitung der nationalen Daten zum PIP-Skandal. Hier konnte gezeigt werden, dass vermutlich kein nationales Register alleine in der Lage gewesen wäre, das Problem wesentlich früher zu detektieren. Der Datenpool wäre zu klein für eine valide Aussage gewesen. Erst die internationale Zusammenführung der Daten versetzt in die Lage, deutlich früher statistische Auffälligkeiten, insbesondere auch bei seltenen Ereignissen, zu erkennen.

Weiter konnte gezeigt werden, dass eine sinnvolle Bewertung der Daten nur möglich ist, wenn mindestens 95% aller Implantate eines Landes integriert werden.

Der International Collaboration of Breast Registry Activities (ICOBRA) gehören derzeit 13 internationale Plastisch-Chirurgische Fachgesellschaften an. Ziel ist es, ein international einheitliches Netzwerk zur Erfassung von Brustimplantaten aufzubauen. Hierbei sollen sämtliche Implantate erfasst werden.

Um den unterschiedlichen nationalen Voraussetzungen, rechtlichen Rahmenbedingungen und Ansprüchen an zusätzliche qualitätssichernde Maßnahmen Rechnung zu tragen, wurde beschlossen, nationale Register zu belassen. In Anlehnung an die bisherigen Problemfälle wurde jedoch ein minimaler Datensatz definiert und evaluiert, der einheitlich erhoben und anonymisiert ausgetauscht werden soll.

Derzeitige Mitglieder der ICOBRA:

  • American Plastic Surgery Foundation

  • American Society of Plastic Surgeons

  • Australasian Foundation for Plastic Surgery

  • Australian Society of Plastic Surgeons

  • Association of Plastic and Reconstructive Surgeons of Southern Africa

  • Austrian Society for Plastic, Aesthetic and Reconstructive Surgery

  • Breast Surgeons of Australia and New Zealand

  • British Association of Plastic, Reconstructive and Aesthetic Surgeons

  • Canadian Society of Plastic Surgeons

  • Dutch Society of Plastic and Reconstructive Surgery

  • French Society of Plastic, Reconstructive and Aesthetic Surgery

  • German Society of Plastic, Reconstructive and Aesthetic Surgeons

  • Irish Association of Plastic Surgeons

  • Italian Society of Plastic, Reconstructive and Aesthetic Surgery Monash University

  • Department of Epidemiology and Preventive Medicine National Health Service, UK

  • New Zealand Association of Plastic Surgeons

1.3.1 Weitere Erfahrungen anderer Fachgesellschaften

1.3.1.1 Beteiligung

Die Resultate mehrerer Länder mit „opt-in“ Lösungen haben gezeigt, dass diese Form nicht geeignet ist, eine ausreichende Teilnahme sicherzustellen. Eine wesentlich höhere Teilnahmequote könnte erreicht werden, wenn eine „opt-out“ Lösung vorgeschrieben würde – also die aktive, formale Ablehnung des Patienten in dem Register integriert zu werden. Wesentlich effektiver ist nur die gesetzlich vorgeschriebene Teilnahme [3] [5].


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1.3.1.2 Finanzierung

Fast alle Finanzierungsmodelle wurden in den unterschiedlichen Nationen bereits erprobt. Übereinstimmung herrscht in der Erfahrung, dass nur eine unabhängige und umfassende Finanzierung die langfristige Etablierung des Registers sichern kann. Besonders schlechte Erfahrungen haben mehrere Länder mit einer freiwilligen (Teil-)Finanzierung durch die Industrie gemacht.

Als erfolgreich hat sich eine Anschubfinanzierung durch staatliche oder wissenschaftliche Stellen mit anschließender Fortführung durch z.T. auch andere Kostenträger erwiesen. Auch zu den erforderlichen finanziellen Ressourcen liegen inzwischen belastbare Daten vor.


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1.3.1.3 Einfache Erfassung

Wesentlicher Aspekt für eine vollständige und korrekte Eingabe war die Reduzierung auf wenige, eindeutig evaluierbare Angaben. Zusätzliche wissenschaftliche Fragestellungen im Rahmen umfassender Qualitätssicherungsmodule (z. B. BQS/AQUA) sollten nicht integriert werden. Denkbar ist, dass spezielle wissenschaftliche Fragestellungen in Eigenregie von den Fachgesellschaften aufgesetzt werden.


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1.3.1.4 Tracking Funktion

Die meisten Länder hinterlegen in der zentralen Datenbank auch personenbezogene Daten, die ggf. eine direkte Kontaktaufnahme mit betroffenen Patienten ermöglichen. Nicht zuletzt durch Hinweis auf die wesentlich umfangreicheren Datenschutzauflagen in Deutschland muss hier nach einer Lösung gesucht werden. Möglich wäre, diesbezüglich die individuelle Steueridentifikationsnummer zu nehmen, die jedem zugeteilt wird und lebenslang bleibt.


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2 Schaffung gesetzlich verpflichtender Implantatregister

2.1 Gesetzliche Verpflichtung für alle Fachrichtungen in gleicher Weise

Alle implantierbaren Medizinprodukte aller Fachrichtungen sollten ab einer festzulegenden Risikoschwelle (Risikoklassen gemäß Klassifizierungsregeln nach Medizinprodukterecht) in Implantatregistern erfasst werden. Dies entspricht auch den Festlegungen des Koalitionsvertrages vom 16.12.2013, Seite 57:

„Register verbessern aufgrund ihrer Langzeitbeobachtungen die Patientensicherheit und Qualität. Wir werden als ersten Schritt ein Transplantationsregister und ein Implantatregister aufbauen, die Datenlieferung ist verpflichtend. Dabei werden bereits bestehende Register einbezogen“.

Hierbei sollten alle betroffenen Fachrichtungen bzw. Fachgesellschaften strukturell gleichlaufend geregelt werden.

Die in diesem Papier vorgeschlagenen Lösungswege könnten mithin insgesamt für den Bereich der implantierbaren Medizinprodukte übernommen werden – über das EPRD hinausgehend und dieses ablösend. Die Darstellungen aus Sicht der DGPRÄC sind mithin nur exemplarisch, wenngleich die DGPRÄC bereit ist, hier eine gestaltende Initiativrolle zu übernehmen und daher dieses Konzeptpapier verfasst hat.

Insoweit „Register“ in diesem Konzeptpapier in Singular und Plural verwendet wird, soll damit aufgezeigt werden, dass „das (zunächst bundesweite, später internationale) Register“ tatsächlich aus „den Registern“ der einzelnen Fachrichtungen bzw. Fachgesellschaften besteht, die gleichlaufend, aber separiert die zu schaffenden gesetzlichen Verpflichtungen und Rahmenbedingungen umsetzen.

Erst die Vernetzung der Register auf Basis ihrer strukturellen Gleichartigkeit ermöglicht sowohl sicherheits- als auch wissenschaftsrelevante Aussagen und Ergebnisse.

Das bzw. die Register unterscheiden zwischen

  • Sicherheitsdaten entsprechend einem Minimaldatensatz (ähnlich Implantat-/Endoprothesenpass: Patientendaten, Behandlungsverlauf, Outcome, Eingriffsdatum – aber ohne Behandler-ID) sowie sicherheitsrelevante Forschungsdaten

  • Behandlerdaten

  • weitere Forschungsdaten, soweit sie nicht bereits gleichzeitig Sicherheitsdaten sind.

Ein entscheidender Unterschied zu bereits bestehenden Registern ist die Vereinheitlichung der Dokumentation und Involvierung jeder deutschen Einrichtung, die Implantate verwendet. Ein langfristiger Überblick über Qualität, Nutzen und Risiken von Implantaten kann nur dann erfolgen, wenn das Register alle jeweiligen Implantate in Deutschland erfasst. Hierbei müssen Implantation und besonders auch die Explantation mit den zugrundeliegenden Ursachen für den erneuten Eingriff erfasst werden. Die Bestrebungen müssen dahin gehen, bei internationalen Registern mitzuwirken, welche jedoch die Vorgabe haben, dass 95% der Implantate registriert werden müssen. Dies ist nur durch eine rechtlich verbindliche Verpflichtung zur Meldung jedes Implantat-assoziierten Eingriffes möglich.


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2.2 LOT-Nummer und Implantat-Tracking

Als Voraussetzung muss jedes Implantat mit einer individuellen Seriennummer versehen sein und die Implantation mit der verbindlichen Ausstellung eines Implantatpasses dokumentiert werden. Für den Fall, dass der Pass verloren geht, sollten die datenschutzrechtlichen Möglichkeiten geprüft und diskutiert werden, dass auch personenbezogene Daten integriert werden können, um eine Zuordnung zu ermöglichen.

Prinzipiell bestehen mehrere denkbare Möglichkeiten mit dem Umgang der bereits bestehenden Register:

  1. Die bestehenden Register werden belassen und lediglich um den einheitlichen „minimalen Datensatz“ ergänzt. Dieser Datensatz wird an einer zentralen Stelle gesammelt und zunächst national ausgewertet, bevor er an das internationale Konsortium in anonymisierter Form weitergeleitet wird. Allerdings sind dann die Register wie bisher sehr unterschiedlich und unvollständig. Eine gute Datenqualität ist nicht gewährleistet.

  2. Es wird eine neue, gemeinsame Datenbank geschaffen, die beide Funktionen vereint. Spezielle Fragen der patientenzentrierten Versorgungsforschung würden entfallen.

  3. Die öffentliche Stelle (DIMDI oder BQS) schafft ein einheitliches, gesichertes Eingabeportal für alle betroffenen Fachgesellschaften. Das Register ist in der Fachgesellschaft angesiedelt, von dort werden die Sicherheitsdaten (Pflicht) der öffentlichen Stelle weitergeleitet. Hier erfolgt zunächst die nationale Auswertung, bevor die Daten an das internationale Konsortium in anonymisierter Form weitergeleitet werden. Die Behandlerdaten und Forschungsdaten bleiben in der Fachgesellschaft, außer sie sind sicherheitsrelevant.


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2.3 Konkrete Ausgestaltung des Implantatregisters

Die Datenbank ist internetbasiert. Der Datensatz kann von registrierten Mitgliedern online direkt aus dem OP über jeden Internetzugang eingegeben werden.

Eine Geschäftsstelle übernimmt jeweils die administrativen Aufgaben. Kliniken, Krankenhäuser sowie niedergelassene Operateure registrieren sich hier online. Die Geschäftsstelle prüft das rechtmäßige Interesse und vergibt die Zugangsberechtigung.

Patienten- und Implantatdaten des „minimalen Datensatzes“ können über ein einheitliches System in die Datenbank eingegeben werden. Um bei der Eingabe der Patientendaten den Arbeitsaufwand und die Fehlerwahrscheinlichkeit weitestgehend gering zu halten, wäre die alleinige Eingabe der Patientenfallnummer ausreichend. Die bereits im Computersystem vorhandenen Datensätze würden automatisch mit einer Schablone des „minimalen Datensatzes“ abgeglichen. Ausschließlich vollständige Datensätze können integriert werden, um fehlerhafte und / oder lückenhafte Eingaben weitgehend primär auszuschließen bzw. zu vermeiden.

Das Register prüft die Daten auf Konsistenz und ist für die Auswertung der eingegebenen Daten zuständig. Um einen groben Überblick über die Vollständigkeit der Eingabe zu erhalten, melden die Hersteller / Lieferanten die Anzahl der ausgelieferten Produkte.

Die Daten werden auf nationaler Ebene statistisch kontinuierlich bewertet. Der „minimale Datensatz“ wird anonymisiert und an das internationale Plastisch-Chirurgische Konsortium ICOBRA zur umfassenden statistischen Bewertung weitergeleitet.

Um ein Funktionieren des oben genannten Konstrukts zu gewährleisten, wird das Mitwirken folgender Institutionen als notwendig erachtet.

  • Einrichtungen auf Bundesebene (z. B. Bundesministerium für Gesundheit)

  • Fachgesellschaften (z. B. DGPRÄC, DGS, DGGG)

  • Andere Institute & Einrichtungen (z. B. BfArM, BQS, DIMDI)

  • ICOBRA

Die Mitwirkung ist grundsätzlich für Institutionen bzw. Ärzte sowohl im klinischen als auch im ambulanten Bereich im Rahmen des Qualitätsmanagements erforderlich.

Eine gesetzliche Regelung zur Teilnahme an einem Implantatregister ist für alle betroffenen Fachrichtungen zu fordern, um längerfristige Vergleichsdaten bzgl. des Outcomes von eingesetzten Brustimplantaten und supportiven Materialien zu gewinnen. Lediglich bei einer verpflichtenden Teilnahme aller implantierenden Institutionen können zeitnah sinnvolle statistische Aussagen getroffen werden.

Die Möglichkeit der Teilnahme an einer internationalen Kooperation sollte unabhängig von einer nationalen Bewertung der Daten verfolgt werden, um möglichst zeitnah statistisch relevante Fallzahlen zu erhalten.

Eine öffentliche Stelle (DIMDI oder BQS) schafft ein einheitliches, gesichertes Eingabeportal für alle betroffenen Fachgesellschaften für die eigentlichen Register-Datenbanken, welche diese dann in jeweils eigener Verantwortung betreiben.

Dort erhalten die jeweiligen Mitglieder bzw. Berufsträger ein gesichertes, individuelles Login.

Erfasst werden daher in nur einem einzigen Vorgang und nicht redundant:

  1. Sicherheitsdaten (Pflicht)

  2. Behandlerdaten (optional)

  3. weitere / spezifische Forschungsdaten (optional)

Die Sicherheitsdaten umfassen die Pflichtangaben aus dem Implantatpass (sodass diese ebenfalls nicht doppelt eingegeben werden müssen) einschließlich der verschlüsselten Patientenidentität und werden an die Bundesbehörde übermittelt und in einer dort ansässigen Datenbank geführt, womit gleichzeitig alle bereits bestehenden und etwaige weitere künftige gesetzliche Meldepflichten erfüllt werden. Der Implantatpass selbst ist nur Ausweisdokument des Patienten, die dort erfassten Daten werden aber mit einer bundesweit eindeutigen Patienten-ID zentral als Kerndatensatz der Sicherheitsdaten bei der öffentlichen Stelle geführt.

Die Behandlerdaten und die weiteren / spezifischen Forschungsdaten verbleiben bei der Fachgesellschaft und werden in eine dort geführte Datenbank überführt. Ihre Eingabe ist freiwillig und sollte auf einer extrinsischen Motivation in der eigenen Fachgesellschaft beruhen.

Die Behandlerdaten dienen der Qualitätssicherung und basieren auf einem eigenen Datenschutzkonzept. Es findet hieraus keine Datenübermittlung an die öffentliche Stelle, welche die Sicherheitsdaten verwaltet, statt. Die Behandler bleiben nach extern also anonym.

Die weiteren / spezifischen Forschungsdaten (also Forschungsdaten, die nicht gleichzeitig schon Sicherheitsdaten sind) können von jeder Fachgesellschaft innerhalb des einheitlichen Portals individuell modular aufgebaut und erfasst werden. Es findet hieraus keine Datenübermittlung an die öffentliche Stelle, welche die Sicherheitsdaten verwaltet, statt.

Nachbehandler haben – als Berufsträger mit Facharztqualifikation – ebenfalls Zugang zum Portal ihrer Fachgesellschaft und der Fachgesellschaften, die ebenso diese Medizinprodukte einsetzen. Verlaufsdaten, Revisionen und dergleichen sollen ebenfalls in das Portal eingegeben werden, wo sie anhand der Transplant-ID des Patienten mit dessen bisherigen Daten zusammengeführt werden. Dies garantiert eine Qualitätssicherung und follow up auch bei fachübergreifenden Komplikationen. Sicherheitsdaten (einschl. notwendiger Revisionen) sind verpflichtend einzugeben. Der Nachbehandler hat dabei keine Einsicht in die Identität des Vorbehandlers, sondern nur in die Patientendaten gemäß den Sicherheitsdaten.

Sonstige, nicht sicherheitsrelevante Forschungsdaten und Behandlerdaten werden von der Fachgesellschaft oder Beauftragten nach einem gesonderten Datenschutzkonzept treuhänderisch verwaltet.

Die Erhebung der Sicherheitsdaten erfolgt auf gesetzlicher Grundlage im Rahmen des (ggf. zu ergänzenden) Medizinprodukterechtes im Rahmen der Medizinproduktevigilanz.

Die weiteren nicht sicherheitsrelevanten Forschungsdaten werden auf freiwilliger Basis erhoben. Incentive für die Unterstützung durch die Industrie ist die Unterstützung in deren eigenen Qualitätssicherungsbemühungen durch die flächendeckende und auch vergleichende Datenerhebung und -auswertung.

Eine Kopie / Spiegelung der Sicherheitsdaten verbleibt ebenfalls bei den Fachgesellschaften als Stammdatensatz der Forschungsdaten. Epidemiologische Forschung erfolgt daher vorrangig innerhalb der jeweiligen Fachgesellschaften. Fachübergreifende epidemiologische Forschung erfordert Kooperationsvereinbarungen der betroffenen Fachgesellschaften, kann aber auch anhand der Sicherheitsdaten bei der öffentlichen Stelle erfolgen, welche keine Rückschlüsse auf die Identität der Behandler zulassen.

Eine Rückentschlüsselung der Identität des Patienten erfolgt nur in definierten Notfallsituationen, etwa bei Rückrufaktionen.

Es sollten in der Sicherheitsdatenbank automatische statistische Tools hinterlegt werden, welche bei Häufung bestimmter negativer Ereignisse oder Umstände ein Benehmen mit den Fachgesellschaften, den Herstellern und ggf. Patienten ermöglichen ([Abb. 1]).

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2.4 Wichtige Grundsätze

Gesetzliche Verpflichtung nur soweit nötig, Freiwilligkeit soweit möglich:

  • verpflichtend, Weitergabe an öffentliche Stelle im Rahmen gesetzlicher Erfassungs- und Meldepflichten (MPBetreibV). Alles, was sicherheitsrelevant ist.

  • freiwillig, alles, was nur von rein forscherischem Interesse, aber nicht sicherheitsrelevant ist.

  • freiwillig und rein fachgesellschaftsintern, Behandlerdaten, keine Rückschlüsse auf Behandler außerhalb der Administration der eigenen Fachgesellschaft, insbesondere nicht durch Nachbehandler.

  • Auch Forschungsdaten können sicherheitsrelevant sein. Hierzu ist noch ein Katalog der fachübergreifenden Parameter für alle Arten von implantierbaren Medizinprodukten zu erstellen.

Das Hosting eines solchen Registers bzw. dieser Register fiele in die jeweils eigene Sphäre der jeweiligen Fachgesellschaften, die öffentliche Stelle schafft nur das einheitliche Portal und verantwortet die technische Umsetzung.

Je einheitlicher dies für alle Fachgebiete ausgestaltet wäre, umso einfacher erscheint die Durchsetzbarkeit.

Die Sicherheitsdaten einschließlich der sicherheitsrelevanten Forschungsdaten sollen auch außerhalb der eigenen Fachgesellschaft verfügbar gemacht werden.


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2.5 Finanzierung

Erforderlich ist national zunächst eine Anschubfinanzierung zur Programmierung der Datenbank und Implementierung der grundsätzlichen Strukturen. Dies sollte in Anlehnung an die politisch bereits getätigten Aussagen zur Schaffung von Registern über eine staatliche Stelle erfolgen. Für die Finanzierung der laufenden Kosten gibt es mehrere mögliche Ansätze. Die Erfahrungen anderer Länder haben gezeigt, dass für die dauerhafte Verwaltung, Auswertung und Unterhaltung eines Rückmeldesystems eine unabhängige Finanzierung unverzichtbar ist.

Daher kommen zunächst staatliche Gelder sowohl von Bund und Ländern als auch seitens der Krankenkassen in Frage.

Eine Möglichkeit zur partiellen Refinanzierung stellt unter Umständen das Schweizer Vorgehen dar.

Dieses Modell (SIRIS) finanziert sich hauptsächlich über einen Beitrag / Steuer pro Implantat. Dabei wird das Implantat vom Hersteller um einen gewissen Betrag teurer an die Kliniken verkauft, wodurch die Kosten des Registers samt Trägerschaft finanziert werden.

Bei einem Blick auf die Finanzierung von zentralen Krebsregistern der Bundesländer zeigt sich, dass mit einem „Kostenaufwand von ca. 1 € pro Versichertem pro Jahr eine angemessene klinische Krebsregistrierung mit Auswertungen und Rückmeldeverfahren durchgeführt werden kann [2]“. Dieses Finanzierungskonzept könnte man für ein Brustimplantatregister ebenfalls in Betracht ziehen. Die Höhe der konkreten Kosten wäre noch zu evaluieren.

Auch Sponsoren aus der Industrie, sprich Hersteller von Brustimplantaten, könnten im eigenen Interesse die Umsetzung vorantreiben und teilweise mitfinanzieren.

Die Erfahrungen im internationalen Bereich haben gezeigt, dass für den dauerhaften Betrieb etwa 24 US$ (ca. 18€) je erfasstem Patienten erforderlich sind.


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2.6 Zuständigkeit für die Datenerfassung und Arbeitsaufwand

Prinzipiell sollte zwischen Dokumentation und Kodierung unterschieden werden. Die Dokumentation erfolgt zunächst und vorrangig nicht unter finanziellen Aspekten. Auch eine Anlehnung an bestehende Qualitätssicherungsmodule (AQUA) ist aus den geschilderten Gründen nicht sinnvoll. Die Zuständigkeit und Verantwortung für die korrekte Eingabe der klinischen Daten und Implantatdaten sollte beim jeweiligen Operateur liegen. Die Gesamtverantwortung für die korrekte Übermittlung der erforderlichen Daten liegt bei der betreibenden Klinik / Institution.

Die Eingabe der Implantatdaten sowie der klinischen Patientendaten kann verpflichtend als QM-Standard im Rahmen der OP-Dokumentation eingeführt werden.

Die Umsetzbarkeit und Praktikabilität konnte in einem Pilotversuch am Hochschulzentrum für Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie bereits gezeigt werden [40].

Bei der Evaluierung der Fragen ist großer Wert auf ein einfaches und selbsterklärendes Schema gelegt worden. Der Zeitaufwand für die Online-Erfassung des Implantatbogens beträgt im Rahmen eines Pilotprojektes an der Universität Regensburg bei Erstimplantation 01:57±00:49 min und bei Implantatwechsel 02:13±00:38 min. Dieser elektronische Bogen wird direkt im Anschluss an eine Operation vom jeweiligen Operateur am Computer als patientenbezogenes Dokument erstellt und ausgefüllt. Teilinformationen werden automatisch vom Computerprogramm in den Bogen integriert. Zudem geht er über die schon per Verordnung vorgeschriebenen gesetzlichen Regelungen zur Dokumentation von implantierten Brustimplantaten insoweit hinaus, als dass zusätzliche Informationen wie operative Details (Zugangsweg, Implantatlage, Revisionsoperationen) erfasst werden.


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2.7 Anreiz und Sanktionen für betroffene Leistungserbringer, CIRS

Um die Ziele (vgl. 1.1) eines solchen Registers für Brustimplantate verlässlich verfolgen zu können, bedarf es vor allem der Implementierung eines Critical Incident Reporting Systems (CIRS). Es muss gewährleistet sein, dass etwaig auftretende Komplikationen, die in Zusammenhang mit der Implantation stehen könnten, sorgfältig von den nachbehandelnden Ärzten dokumentiert und überprüft werden.

Die Eingabe der Implantatdaten sowie der klinischen Patientendaten kann verpflichtend als QM-Standard im Rahmen der OP-Dokumentation eingeführt werden. Um eine leitlinienkonforme Dokumentation über nachfolgende Komplikationen im Implantatregister zu gewährleisten und dadurch aussagekräftige Statistiken generieren zu können, bedarf es einer Teilnahme aller potenziell nachbehandelnden Ärzte / Kliniken am Register und die Nutzung registerspezifischer Online-Fragebögen (vgl. 2.3.2).

Um die bürokratischen Belastungen für die Leistungserbringer so gering wie möglich zu halten und die Effektivität für Qualitätssicherungsmaßnahmen zu stärken, sind Kompatibilität und Harmonisierung mit anderen QS-Verfahren und die Nutzung bereits vorhandener, möglichst elektronischer Datenquellen anzustreben. Eine Möglichkeit wäre hier die Einbindung des neuen Registers in bereits bestehende Systeme. Hier wäre die Verwendung des DGPRÄC-Registers oder des Registers der Arbeitsgemeinschaft für ästhetische, plastische und wiederherstellende Operationsverfahren in der Gynäkologie (AWOgyn) denkbar.

Um einen zusätzlichen Anreiz für die Nutzung des Registers zu schaffen, werden Rückmeldeinstrumente entwickelt, mit deren Hilfe den behandelnden Ärzten und Behandlungseinrichtungen Daten zur Qualität ihrer Behandlungsergebnisse zurückgemeldet werden, die Leistungsvergleiche ermöglichen und auf diese Weise Anreize zur Leistungssteigerung schaffen.


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2.8 Art der Datenerfassung

2.8.1 Implantatdaten

Die korrekte Identifizierung des eingesetzten Implantates im Zusammenhang mit einem bestimmten Eingriff bedingt die Dokumentation einiger Merkmale. Dies erfolgt zum einen über die Auswahl des Implantatherstellers, zum anderen über die Eingabe der eindeutigen Seriennummer. Hierdurch kann später der entsprechende Fall in der Datenbank eindeutig zugeordnet werden.

Dies ist allerdings lediglich möglich, wenn bei einem ggf. erforderlichen Zweiteingriff der Implantatpass vorgelegt wird. Wird eine über diese Option hinausgehende Identifikation gewünscht, muss datenschutzrechtlich geklärt werden, in welchem Umfang personenbezogene Daten zusätzlich erfasst werden können.


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2.8.2 Klinische Daten

Zusätzlich zur Erfassung der Implantat-Kenndaten werden klinische Daten registriert. Der Fragebogen kann durch den Operateur, seine Assistenten oder – basierend auf dem Operationsbericht – auch durch eine Studienassistentin ausgefüllt werden [1].

Der standardisierte Fragebogen soll dabei helfen, einheitliche Datensätze zu schaffen und dadurch die Vergleichbarkeit der gewonnenen Informationen zu sichern. Die Fragebögen von ICOBRA sind anhand der vorausgegangenen Problemstellungen umfangreich evaluiert worden und bereits im klinischen Alltag erprobt. Besonderer Wert wurde darauf gelegt, ausschließlich klinisch eindeutige Daten zu erfragen, um die zusätzliche Arbeitsbelastung möglichst gering zu halten und andererseits keine zweideutigen Aussagen zu erhalten.


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2.8.3 Materialprüfung

Schadhafte Implantate werden derzeit nach der Explantation über ein standardisiertes Formular an das BfArM gemeldet. Die Implantate werden an den jeweiligen Hersteller und die zuständige Materialprüfstelle, TÜV oder DEKRA, gesendet, die den Schaden bewerten.


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2.9 Datenschutz

Derzeit ist die implantierende Institution / Praxis verpflichtet, die Implantatinformationen zu jedem Eingriff zu archivieren. Strukturelle Vorgaben gibt es hierfür nicht. Dies erfolgt daher in aller Regel durch ein händisch geführtes Implantatbuch, teilweise aber auch lediglich durch Angabe der Seriennummern in den OP-Berichten.

Bei dem kürzlich zurückliegenden Massenandrang besorgter Patientinnen im Rahmen des PIP-Skandals hat sich gezeigt, dass diese Strukturen nicht geeignet sind, um gleichzeitige Anfragen tausender Patienten zeitnah zu beantworten. Auch eine aktive Kontaktaufnahme der Patienten von Seiten der Klinik ist nur mit erheblichem Aufwand zu gewährleisten, da sämtliche Akten / OP-Berichte des betroffenen Zeitraums überprüft werden müssen. Darüber hinaus sind Krankenhäuser / Praxen möglicherweise inzwischen geschlossen.

Eine Möglichkeit für Patienten zu schaffen, unabhängig von der implantierenden Institution Auskunft über eine mögliche Gefährdung zu erlangen, ist also durchaus sinnvoll. Es sind daher die datenschutzrechtlichen Bedingungen zu prüfen, auch personenbezogene Daten zentral zu erfassen. Dies würde die Schaffung einer Anlaufstelle für Patienten ermöglichen bzw. könnte den implantierenden Institutionen eine Liste mit betroffenen Patienten zur Verfügung gestellt werden.

Alternativ wäre es möglich, im Falle von Auffälligkeiten die entsprechenden Seriennummern auf einer Web-Seite zu publizieren. Hier könnten sich die Patienten mithilfe der Implantatpässe informieren. Sollten sie betroffen sein, können sie sich an die behandelnde Institution wenden.

Sollen keine Klarnamen verwendet werden, wäre auch die Angabe der eindeutigen Krankenhausidentifikationsnummer eine Option. Eine externe Zuordnung wäre ausgeschlossen, krankenhausintern aber die Identifikation deutlich vereinfacht.

Ein Problem würde dies lediglich bei Verlust des Implantatpasses darstellen, bzw. wenn die implantierende Einrichtung nicht mehr tätig ist.

Verbleibende datenschutzrechtliche Hürden könnten ebenfalls durch bundesgesetzliche Regelungen bzw. Erlaubnistatbestände beseitigt werden.

2.9.1 Anonymität der behandelnden Ärzte

Ein bundesweites Register für Brustimplantate bietet nicht nur die Möglichkeit einer zentralen Sammlung und statistischen Auswertung von aufgetretenen Komplikationen, sondern lässt auch ihre Rückverfolgung auf die entsprechende implantierende Klinik bzw. den entsprechend implantierenden Arzt zu. Für das Register werden daher ausschließlich anonymisierte Falldaten verwendet, sodass eine direkte Rückverfolgung zu den Operateuren außerhalb der Klinikserver nicht mehr möglich ist. Diese Anonymisierung der Behandelnden sichert zudem einen vertrauensvollen Umgang mit Komplikationen, sodass anhand der zentralen Datenauswertung jede behandelnde Einrichtung im Sinne der Prozessqualität (z. B. Einhaltung von Therapiestandards usw.), Strukturqualität und Ergebnisqualität Verbesserungen vornehmen kann. Jeder Teilnehmer bekommt die aggregierten Daten als Benchmark und die eigenen Daten zum Abgleich.


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2.9.2 Umgang mit Patientendaten

Den Patienten wird das im Datenschutzgesetz vorgesehene Auskunftsrecht auf entsprechende Anfrage jederzeit kostenlos gewährt. Ebenso können die Patienten jederzeit verlangen, dass die über sie gesammelten personalisierten Daten teilweise oder ganz gelöscht werden.

Falls gewünscht, bleiben die Daten auf nationaler Ebene noch mit den Patientendaten verknüpft, um optimale Behandlung und Nachsorge zu gewährleisten (s. o.). Für die Weiterleitung an die internationale Auswertungsstelle ist dies nicht erforderlich. Die Daten werden anonymisiert oder pseudonymisiert. Im Falle von Auffälligkeiten reicht die Rückmeldung betroffener Seriennummern, um auf nationaler Ebene die entsprechende Identifikation betroffener Patienten oder implantierender Institutionen zu gewährleisten.

Sollte auch auf nationaler Ebene keine Tracking Funktion gewünscht werden bzw. an datenschutzrechtlichen Hürden scheitern, würden ohnehin lediglich Seriennummer und implantierende Institution gespeichert werden. Ein personalisierte Zuordnung ist dann von extern nicht möglich.


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2.9.3 Zugriffsrechte

Das Implantatregister ist nicht öffentlich zugänglich; nur ein eng beschriebener Kreis von Berechtigten darf Einsicht in die jeweils gelieferten Daten nehmen bzw. Antrag auf anonymisierte Auswertung stellen. Den jeweiligen Chirurgen / Institutionen werden die eingegebenen Daten als Benchmark zum Vergleich mit der Gesamtheit übermittelt. Über die weiterführende Verwendung von Daten und Datensätzen in anonymer Form entscheidet das Registergremium. Dieses ist auch verpflichtet, jährlich über das Implantatregister und die Ergebnisse der Datenauswertung öffentlich zu berichten. Das Recht der Erstveröffentlichung für die nationalen Daten liegt ebenfalls hier.

Die Auswertung der internationalen Daten erfolgt derzeit in der Registerzentrale in Australien.


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2.9.4 EDV-Sicherheit

Um einen datenschutzrechtlich sicheren Umgang mit den eingegebenen Daten zu gewährleisten, muss eine dauerhafte Betreuung der Datenbank und Serverstruktur sichergestellt sein.

Die Dokumentationsplattform, bestehend aus Zentralserver und externen Modulen, wurde vor dem Hintergrund der Datentrennung entwickelt. Der Zentralserver beinhaltet die Hauptsoftwareanwendungen und die Zentraldatenbank inklusive aller Studiendefinitionen sowie die anonymisierten Daten der klinischen Studien.

Auf den Modulservern sind sämtliche identitätsbezogenen Daten (demografische Daten der Benutzer, Kliniken und Patienten) gespeichert. Der Standort der Modulserver ist abhängig von den Bedürfnissen des Kunden. Zwischen dem Zentralserver und den Modulservern besteht keine direkte Verbindung. Dadurch werden Sicherheit und Privatsphäre beider Systeme sichergestellt. Gemeinsam werden die Daten lediglich im Browser angezeigt.


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2.10 Inhalte der Datenerfassung

2.10.1 Implantatdaten, am Beispiel der Brustimplantate

Für die Erfassung der Implantate wird ein Implantatpass angefertigt, welcher bei jeder Operation in die Datenbank eingespeist wird. Dieser beinhaltet folgende Punkte:

Wichtig ist die individuelle Verschlüsselung der Klinik als Patienten-ID.

Zum Implantat selbst werden Art des Implantats mit Form, Katalog- und Seriennummer, Füllvolumen und Füllmaterial, Oberflächenstruktur sowie der Hersteller festgehalten.

Weiter wird der OP-Grund genannt, ob rein ästhetisch oder als Wiederaufbau nach Mamma-Ca. Und auch Operationsdaten wie Zugangsweg, Lage des Implantats und Antibiotikagabe werden dokumentiert, genau wie Erstoperation, Revision oder Explantation.

Bei Explantation oder Revision muss genau dokumentiert werden, wegen welcher Komplikationen und nach welchem Zeitraum diese auftraten. In diesem Zusammenhang muss die Frage geklärt werden, ob eine Kapselfibrose entstanden ist und wenn ja, in welchem Schweregrad I – IV:

Das Implantat wird beschrieben und Veränderungen wie Oberflächenschäden, Bleeding u. a. dokumentiert.

Auch die Patientendaten mit Name, Vorname, Geburtsdatum und Geschlecht werden auf dem Pass vermerkt.

Als Pilotprojekt wurde vom Universitätsklinikum Regensburg ein elektronischer Brustimplantat-Erhebungsbogen entworfen, welcher ausführlich im Artikel von Kuehlmann B. dargestellt ist [40].


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2.10.2 Klinische Daten

Neben Daten zu Implantat und Operationsverfahren sollten klinische Informationen gesammelt werden, die zum Zwecke epidemiologischer Studien verwendet werden können. Sowohl Laborparameter (CRP, Leukozyten, Procalcitonin) als auch Ergebnisse klinischer Nachuntersuchungen (Lymphadenopathie, B-Symptomatik, sowie mikrobiologische und histologische Befunde) bzw. Folgeerkrankungen (z. B. Lymphomentstehung o. Ä.) sollten auf standardisierten Bögen im Implantatregister festgehalten und hinterlegt werden, ebenso der Behandlungsverlauf.


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2.11 Auswertung und Publikation

Die Auswertung, Publikation und die weitere Verwendung der gesammelten nationalen Daten obliegt einem Registergremium bei der jeweiligen Fachgesellschaft.

Die Rückmeldewege müssen transparent sein und alle Leistungserbringer in überzeugender Form erreichen. Dort müssen die Datenmeldungen in kritischer und offener Diskussion verarbeitet werden. Erkannten Qualitätsdefiziten muss mit konkreten Maßnahmen begegnet werden. Die Implementierung und Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen muss aus den folgenden Rückmeldungen bewertet und nötigenfalls verbessert werden.

Die Statistiken aus den anonymisierten Gesamtdaten werden auf einer Onlineplattform veröffentlicht. Diese sind grundsätzlich den eingebenden Kliniken zugänglich. Ausnahmefälle, z. B. zu Forschungszwecken, müssen von der Geschäftsstelle genehmigt werden.


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2.12 Weitere Anreize und Unterschiede zu bereits vorhandenen Registern

Ein Problem bei der Einführung von Neuerungen kann die praktische Umsetzung im Alltag darstellen.

Uneinheitliche Rahmenbedingungen haben uneinheitliche Ausstattungen, Arbeitsweisen und Funktionen klinischer Register zur Folge. Nachteilig wirken sich redundante und teilweise sogar konkurrierende Qualitätssicherungssysteme aus. Hierdurch entstehen unnötiger Kosten- und Dokumentationsaufwand sowie Akzeptanzverluste bei Ärzten und Patienten. Solche Probleme, wie sie in Bezug auf das bundesweite Krebsregister beschrieben werden, können vollständig auf die Problematik bei den Brustimplantatregistern übertragen werden.

Durch starke Anreize für die Ärzteschaft und durch hohe Nutzerfreundlichkeit lässt sich dieses Problem minimieren. Letzten Endes haben aber die Erfahrungen mit den beiden bestehenden Registern gezeigt, dass hierdurch alleine keine ausreichende Erfassungsquote zu erzielen ist. Die vollständige Erfassung ist jedoch zur sinnvollen Bewertung unerlässlich.

Daher muss eine gesetzliche Verpflichtung zur Nutzung auf Bundesebene vorangetrieben werden, wie sie bereits im Koalitionsvertrag von 2013 geplant ist.

Von Seiten der Industrie muss eine verbindliche Kennzeichnung der Implantate durch Seriennummern gefordert werden.

Schadhafte Implantate müssen von einer unabhängigen Prüfstelle bewertet werden.

Ein entscheidender Unterschied zu bereits bestehenden Registern ist die Vereinheitlichung der Dokumentation. Die Sicherheitsdaten werden zentral erfasst und verwaltet. Speziell auf Brustimplantate bezogen ist eine Involvierung jeder deutschen Einrichtung, die Brustimplantate verwendet, unerlässlich. Ein langfristiger Überblick über Qualität, Nutzen und Risiken von Implantaten kann nur dann erfolgen, wenn das Register alle Implantate in Deutschland sowohl bei der Implantation als auch bei Explantation erfasst. Die plastisch-chirurgische International Collaboration of Breast Registry Activities (ICOBRA) bietet die Möglichkeit, die Aussagekraft des Datenpools dieses geplanten Registers zusätzlich erheblich zu erweitern. Auffälligkeiten können durch die größere Datenmenge wesentlich früher detektiert werden. Die Bestrebungen müssen dahin gehen, bei dem internationalen Register aktiv mitzuwirken, welches jedoch die Vorgabe hat, 95% der Implantate zu registrieren.

Bisherige Versuche, ein Register für Brustimplantate in Deutschland zu etablieren, wie z. B. das Implantatregister der Arbeitsgemeinschaft für ästhetische, plastische und wiederherstellende Operationsverfahren in der Gynäkologie e.V. (AWOgyn), aber auch das der DGPRÄC, basieren auf freiwilliger Teilnahme. Sie können nicht das langjährige Schicksal einer Implantatträgerin erfassen und bewerten. Darüber hinaus haben sie keinen standardisierten Fragenkatalog und sind daher für den internationalen Vergleich ungeeignet [5].


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3 Zusammenfassung

Ein unverzichtbarer Schritt zur Verbesserung der Versorgungssicherheit ist die Einführung von verbindlichen Implantatregistern. Derzeit betreiben mehrere Fachgesellschaften isolierte Projekte. Auch auf Ebene der Europäischen Union laufen entsprechende Gespräche. Fragen des Datenschutzes, der Umsetzung und langfristigen Finanzierung, aber auch der Datenhoheit und internationalen Koordination erschweren dieses komplexe Thema. Die Deutsche Gesellschaft der Plastischen, Ästhetischen und Rekonstruktiven Chirurgen (DGPRÄC) hat im engen Dialog mit dem Gesundheitsministerium ein ganz neues Konzept erarbeitet. Dieses sieht die Schaffung eines einheitlichen, gesicherten Eingabeportals für alle betroffenen Fachgesellschaften durch die öffentliche Stelle vor. Es werden dabei 3 Datenqualitäten erhoben: Sicherheitsdaten (verpflichtend), Behandlerdaten (freiwillig) und Forschungsdaten (freiwillig, außer sie sind sicherheitsrelevant). Ein einheitliches Eingabeportal würde insgesamt zur Vereinfachung beitragen, wobei das Register selbst mit seinen Besonderheiten in der jeweiligen Fachgesellschaft angesiedelt ist. Von dort werden dann die Sicherheitsdaten (Pflicht) der öffentlichen Stelle weitergeleitet. Dieser mit den anderen Ländern abgestimmte minimale Datensatz, der verbindlich erhoben werden muss, würde ermöglichen, auch seltene unerwünschte Ereignisse frühzeitig zu erkennen. Die DGPRÄC steht diesbezüglich bereits mit einem internationalen Konsortium Plastisch-Chirurgischer Fachgesellschaften (ICOBRA) im engen Dialog. In Gesprächen mit verschiedenen Interessenträgern (Fachgesellschaften, Implantathersteller, Krankenkassen, Krankenhaus und Ärzteverbände, Behörden) ist das Konzept der DGPRÄC sehr positiv aufgenommen worden. Es liegt nun an der Politik, die große Chance dieser Vorarbeiten zu nutzen und die entsprechenden Strukturen zu schaffen, um dieses Konzept in den Einzelheiten weiter auszuarbeiten und zu verwirklichen.


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Interessenkonflikt:

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Danksagung

Wir bedanken uns bei Frau Kerstin van Ark, Pressesprecherin der DGPRÄC, für das Korrekturlesen.


Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Dr. Lukas Prantl
Center of Plastic, Hand- and Reconstructive Surgery
University Hospital Regensburg
Franz-Josef-Strauss-Allee 11
93053 Regensburg


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