Diabetes aktuell 2016; 14(06): 256
DOI: 10.1055/s-0042-118917
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Kardiovaskulärer Benefit

SUSTAIN-6: weniger Schlaganfälle und Herzinfarkte
Stephanie Schikora
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Publication Date:
26 October 2016 (online)

 

Nach Empagliflozin und Liraglutid hat jetzt Semaglutid, das allerdings derzeit in Deutschland nicht zugelassen ist, als drittes Antidiabetikum positive Endpunktdaten vorgelegt: In der SUSTAIN-6-Studie [1] hat der nur einmal wöchentlich subkutan zu injizierende GLP-1-Agonist das kardiovaskuläre Risiko bei Hochrisikopatienten mit Typ-2-Diabetes signifikant reduziert.

Herz, Niere und Gefäße profitieren

Rund 2 Jahre lang waren insgesamt 3297 Typ-2-Diabetiker mit hohem kardiovaskulärem Risiko – 83 % davon hatten bereits eine manifeste kardiovaskuläre Erkrankung, eine chronische Nierenerkrankung oder beides – zusätzlich zu einer blutzuckersenkenden Basistherapie einmal wöchentlich mit 0,5 bzw. 1,0 mg Semaglutid oder mit Placebo behandelt worden. Primärer Studienendpunkt war eine Kombination aus kardiovaskulär bedingtem Tod, Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Dieser Endpunkt trat unter Semaglutid signifikant seltener auf (6,6 versus 8,9 %; p < 0,001 für Nicht-Unterlegenheit), berichtete der Studienleiter Dr. Steven Marso, Kansas City (Kansas, USA). Damit bestätige sich die Nicht-Unterlegenheit von Semaglutid wie geplant. Ausschlaggebend für die Senkung des kardiovaskulären Risikos war eine relative Reduktion nicht tödlicher Schlaganfälle um 39 % (1,6 versus 2,2 %; p = 0,04) und nicht tödlicher Myokardinfarkte um 26 % (2,9 versus 3,9 %; p = 0,12). Die Zahl kardiovaskulärer Todesfälle (2,7 versus 2,8 %) hingegen unterschied sich zwischen den beiden Studienarmen ebenso wenig wie die Gesamtmortalität (3,8 versus 3,6 %), wobei zwischen den beiden Semaglutiddosierungen kein relevanter Unterschied bestand. Bis sich solche positiven kardiovaskulären Befunde auch in der Sterblichkeit niederschlagen, dauere es eben länger als nur 2 Jahre, vermutete Prof. Lars Ryden, Stockholm (Schweden).

Auch auf den systolischen Blutdruck, das Körpergewicht und den Blutzucker hatte Semaglutid positive Effekte: So sank der Blutdruck unter Verum um 2,59 mmHg, unter Placebo jedoch nur um 1,27 mgHg. Zudem verloren die Studienteilnehmer der Verumgruppe deutlich mehr an Gewicht als die Patienten der Kontrollgruppe (3,6 bzw. 4,9 versus 0,5–0,7 kg).

Und obwohl bei signifikant mehr Teilnehmern des Kontrollarms eine zusätzliche antidiabetische Medikation notwendig wurde, war den HbA1c-Wert unter Semaglutid am Ende der Studie deutlich geringer als unter Placebo (7,6 bzw. 7,3 versus 8,3 %; p < 0,001; Ausgangswert 8,7 %). Trotzdem war die Hypoglykämierate in beiden Gruppen vergleichbar. Günstige Effekte hatte Semaglutid auch auf die Inzidenz und Progression der diabetischen Nephropathie (3,8 versus 6,1 %; p = 0,005)


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Unerwartet: Mehr Retinopathien

Allerdings waren unter Semaglutid vermehrt Retinopathien aufgetreten. Mit 3,0 versus 1,8 % war die Rate zwar insgesamt relativ niedrig, unter dem GLP-1-Agonisten aber signifikant erhöht (p = 0,02). Zwar sei eine direkte toxische Wirkung anhand der vorliegenden Daten nicht vollständig auszuschließen, Prof. Tina Vilsboll, Kopenhagen (Dänemark), vermtuet die Ursache dieser unerwarteten Nebenwirkung aber eher in der rasch verbesserten Blutzuckereinstellung. Denn Augenbefunde könnten sich bei einem Typ-1-Diabetes unter einer raschen Blutzuckersenkung akut verschlechtern. Sollte dies zutreffen, könnte eine einschleichende Dosierung dazu beitragen, Retinopathien zu verhindern.

Quelle: SUSTAIN 6. Präsentation auf dem 52. Annual Meeting der European Association for the Study of Diabetes (EASD) am 16.09.2016 in München


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