Zeitschrift für Phytotherapie 2016; 37(06): 233-234
DOI: 10.1055/s-0042-119176
Editorial
© Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Editorial

Jost Langhorst
Further Information

Publication History

Publication Date:
25 January 2017 (online)

 
Zoom Image

Forschung zu begleiten und zu unterstützen, das ist eine der wesentlichen Aufgaben, der sich die Gesellschaft für Phytotherapie stellen möchte. Die Zeitschrift für Phytotherapie hat dabei die zentrale Rolle, die Kommunikation aller Beteiligter zu erleichtern, der Wissenschaftler und Praktiker aus Medizin und Pharmazie von der Universität bis zu den Her­stellern, von der Hausarztpraxis bis zur Offizin. An den drei großen Beiträgen im vorliegenden Heft lassen sich aktuelle Aufgaben der Forschung in der Phytotherapie exemplarisch aufzeigen.

Ein potenzielles Feld für ­Forschung wird ausgelotet

Im Beitrag „Evidenzlage pflanzlicher Präparate in der Anwendung bei Kindern und Jugendlichen – Ein narrativer Überblick“ werden die Forschungsaktivitäten im Bereich der Pädiatrie zum Thema Phytotherapie ausgelotet. Dabei wird deutlich, wie viele potenzielle Fragestellungen für Phytotherapie in diesem Forschungsbereich noch gar nicht ausgeleuchtet, geschweige denn ausreichend bearbeitet sind.


#

Klinische Forschung wird durchgeführt

In der Arbeit „Myrrhe, Kamille und Kaffeekohle in der Therapie von Patienten mit Colitis ulcerosa – eine retrospektive Kohorten-Studie mit 5-Jahres-Follow-up“ wird eine umschriebene klinische Fragestellung bearbeitet und dabei Anwenderzufriedenheit, Akzeptanz und Nebenwirkungsprofil eines als traditionelles Arzneimittel zugelassenen Kombinations-Phytotherapeutikums in einer gut beschriebenen Kohorte über einen 5-Jahres-Zeitraum generiert und dargestellt.


#

Klinische Forschungsergebnisse gehen in die Leitlinienarbeit ein

Die Arbeit „Phytotherapy for osteoarthritis. Evidence derived from two Cochrane reviews“ ist direkt als Produkt der Leitlinienarbeit der „Task Force Naturheilkunde und Komplementärmedizin in medizinischen Leitlinien“ entstanden, die im Jahr 2011 nicht zuletzt durch den Einfluss der Gesellschaft für Phytotherapie ihre Arbeit aufgenommen hat. Im Rahmen der Erstellung der S2k-Leitlinie „Gonarthrose“ wird aktuell darum gerungen, ob ein Phytotherapeutikum, in diesem Fall Weihrauch, die Kriterien für eine Aufnahme im Rahmen eines offenen Statements in die Leitlinie erfüllt.

Seit dem Jahr 2011 ist ein Prozess in Gang gebracht worden, der die Wahrnehmung von Naturheilkunde und Phytotherapie in den medizinischen Leitlinien grundlegend verändert hat. Als ein Beispiel unter vielen für diesen Prozess sollen die beiden folgenden E-Mails dienen [1]:

2011: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie hat im Bereich Naturheilkunde keinen Beratungs- oder Unterstützungsbedarf. Aktuell laufen bei uns diesbezüglich keine Projekte und sind auch nicht geplant. Mit freundlichen Grüßen

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.“

2016: „Unsere Fachgesellschaft hat gerade mit der Überarbeitung einer Leitlinie zum Management der frühen rheumato­iden Arthritis begonnen … Wir begrüßen die Mitwirkung der Gesellschaft für Phytotherapie und würden uns freuen, wenn Sie Herrn Professor Langhorst das offi­zielle Mandat hierfür erteilten … In der Hoffnung auf eine positive Rückmeldung …

Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V.“

Zwischen diesen beiden E-Mails lagen fünf Jahre – fünf Jahre, in denen die „Task Force Naturheilkunde und Komplemen­tärmedizin in medizinischen Leitlinien“, unterstützt durch die Rut- und Klaus-Bahlsen-Stiftung, konsequent daran gearbeitet hat, Therapien aus dem Bereich Naturheilkunde, Phytotherapie und Komplementärmedizin in humanmedizinische Leitlinien zu integrieren. Fünf Jahre, in denen wir mehr als einmal Erfahrungen mit erstaunlich undifferenzierten Vorurteilen, an vielen Stellen aber auch mit offenem Interesse an unserem Fach gemacht haben. Fünf Jahre, in denen es gelungen ist, die Gesellschaft für Phytotherapie als erste Fachgesellschaft aus dem Bereich Naturheilkunde und Komplementärmedizin als vollwertiges Mitglied in die AWMF zu integrieren. Fünf Jahre, in denen die klinische Forschung im Fach fortgesetzt wurde. Fünf Jahre, in denen durch die Erstellung zahlreicher systemischer Reviews und Metaanalysen nutzbare Ergebnisse für die Leitlinienarbeit erstellt und eingebracht wurden [1].

An vielen Stellen sind durch Ausdauer und Konsequenz Bedingungen geschaffen worden, die eine fairere Auseinandersetzung mit Naturheilkunde und Phytotherapie im Prozess der Leitlinienerstellung möglich machen. Durch den Einsatz vieler Beteiligter ist es mit seriöser und akribischer Arbeit gelungen, Vertrauen aufzubauen. Die Akzeptanz der Leitlinienarbeit im Bereich Naturheilkunde und Komplementärmedizin steigt. Die Möglichkeiten der empfohlenen Therapien werden nun schon an zahlreichen Stellen durch Optionen aus der Naturheilkunde und insbesondere der Phytotherapie ergänzt – sicher im Sinne der Patienten [1].

Aber erst durch die konsequente Ausweitung und Fortführung der begonnenen Arbeit wird eine Rückentwicklung (und Rückabwicklung) der Phytotherapie im Feld der Leitlinienarbeit unmöglich gemacht.

Hierfür müssen nun die Bedingungen geschaffen werden: Eine Stiftung der GPT für Leitlinienarbeit, die die Arbeit langfristig absichert und möglich macht, ist dabei ein gangbarer Weg.

Viel Freude beim Lesen wünscht Ihnen

Jost Langhorst


#
#
  • Literatur

  • 1 Langhorst J. Leitlinienarbeit im Bereich Naturheilkunde und Komplementärmedizin – das Potenzial ist noch lange nicht erschöpft. Forsch Komplementärmed Klass Naturheilkd 2016; 23: 145-146

  • Literatur

  • 1 Langhorst J. Leitlinienarbeit im Bereich Naturheilkunde und Komplementärmedizin – das Potenzial ist noch lange nicht erschöpft. Forsch Komplementärmed Klass Naturheilkd 2016; 23: 145-146

Zoom Image