Diabetes aktuell 2016; 14(07): 356
DOI: 10.1055/s-0042-119925
Forum der Industrie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Keineswegs ein „rein kosmetisches“ Problem!

Nagelmykosen bei Patienten mit Diabetes konsequent behandeln
Günther Buck
1   Weilheim
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Publikationsdatum:
25. November 2016 (online)

 

Rund 14-18 % der Bevölkerung leiden unter einer Nagelpilzinfektion, ab dem 65. Lebensjahr ist jeder Zweite betroffen [1], [2]. Für den Anstieg der Prävalenz spielen das Alter, erbliche Prädispositionen, Rauchen und Umweltfaktoren eine erhebliche Rolle - aber auch Erkrankungen wie Diabetes oder arterielle und venöse Durchblutungsstörungen können das Risiko für eine Onychomykose erhöhen [3], [4].

Die von Nagelmykosen ausgehende Gefahr bei Patienten mit Diabetes wird oft unterschätzt. So ist das Risiko für Ulzerationen am Fuß bei Diabetikern um das 1,6-Fache erhöht, wenn eine Onychomykose vorliegt [5]. Periphere Neuropathien erhöhen dieses Risiko weiter: Durch die verminderte Schmerzwahrnehmung nehmen Betroffene kleine Verletzungen oder Infektionen wie Fußpilz gar nicht oder erst spät wahr. So können sich Nagel- und Fußmykosen unbemerkt ausbreiten, bakterielle Infektionen und schlecht heilende Ulzerationen können entstehen und im schlimmsten Fall mit einer Amputation enden.

Nagelmykosen zuverlässig diagnostizieren

Inspiziert der behandelnde Arzt die Füße seiner diabetischen Patienten regelmäßig, kann eine sich entwickelnde Onychomykose frühzeitig erkannt werden. Hauptsymptome sind eine gelb-bräunlich verfärbte Nagelplatte, subunguale Hyperkeratosen, eine Ablösung der Nagelplatte oder Brüchigkeit der atrophisch zerstörten Nagelplatte. Charakteristisch ist, dass einzelne Nägel der Infektion widerstehen. Die Diagnose erfolgt über den Erregernachweis mittels Kultur (Goldstandard).


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Vor der oralen die topische Therapie

Bei einem Befall ohne Nagelmatrix und/oder weniger als 4 Nägeln ist zunächst eine topische Behandlung indiziert. Ist eine systemische Therapie notwendig, sollte diese immer mit einer topischen Behandlung kombiniert werden. Da bei Patienten mit Diabetes neben Dermatophyten häufig auch Hefen und Schimmelpilze ursächlich sind [6], [7], empfiehlt sich hierzu ein Wirkstoff mit einem breiten Wirkspektrum, wie er mit Ciclopirox (Ciclopoli®) zur Verfügung steht [8], [9]. Er besitzt in vitro auch antibakterielle und antiphlogistische Eigenschaften, die besonders bei unklaren Mischinfektionen von Vorteil sind [10]. Ciclopirox ist bei Diabetikern erprobt [11]. Darüber hinaus ist für den Erfolg einer topischen Behandlung die Penetration des Wirkstoffs in therapeutisch wirksamer Konzentration durch die Barriere des Nagelkeratins entscheidend. Dies gewährleistet eine wasserlösliche Lackgrundlage.

Anders als bei den meisten topischen Präparaten ist bei einer wasserlöslichen Lackgrundlage ein Anfeilen der Nägel zur Verbesserung der Wirkstoffpenetration nicht notwendig. Das Verletzungsrisiko durch Hantieren mit der Feile, das besonders bei Diabetikern mit bestehenden peripheren Neuropathien eine potenzielle Infektionsquelle darstellt, entfällt. Der Lack basiert auf dem hydrophilen Biopolymer Hydroxypropylchitosan (HPCH), welches aus Chitin hergestellt wird. Die freien Hydroxylgruppen können über Wasserstoffbrücken und andere nicht kovalente Bindungen mit dem Nagelkeratin interagieren. Diese Bindungsfähigkeit ermöglicht einen guten Transport und eine schnelle Freisetzung des Wirkstoffs in den Nagel.

Die Anwendung ist einfach: Der Nagellack wird abends vor dem Schlafengehen auf die betroffenen Nägel und die umliegende Haut aufgepinselt. Innerhalb von 6 Stunden penetriert der Lack bis tief in den Nagel und gelangt so auch an schwer erreichbare Stellen, wie das Nagelbett [8]. Lackreste können am nächsten Morgen mit Wasser abgewaschen werden. Der Wirkstoff verbleibt im Nagel.


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Wirksamkeit belegt

In einer randomisierten 2-armigen klinischen Studie wurde Ciclopirox in wasserlöslicher Lackgrundlage an 137 Patienten mit Onychomykose geprüft [8]. Verglichen wurde der wasserlösliche Ciclopirox-Lack (Ciclopoli®), täglich angewendet, mit einem Amorolfin 5 % Nagellack auf Acrylatbasis, 2-mal wöchentlich aufgetragen. Nach 12 Wochen war der Ciclopirox-Lack dem Amorolfin 5 % Nagellack hinsichtlich der Umwandlung zu einer negativen Kultur nicht unterlegen - das primäre Studienziel war somit erreicht. Nach 48 Wochen waren die Prozentzahlen der Patienten mit Komplettheilung, Therapieerfolg und mykologischer Heilung durchgängig höher als in der Referenzgruppe ([Tab.1]).

Tab. 1 Resultate am Therapieende ̶ nach 48 Wochen.

Endpunkte

Ciclopoli®-Nagellack

5 %-Amorolfin-Nagellack

Differenz (Prozentpunkte)

95 %-Konfidenzintervall (für Differenz)

Komplettheilung[*]

35,0 %

11,7 %

23,3[**]

8,8-37,9

Therapieerfolg[#]

58,3 %

26,7 %

31,7[**]

14,9-48,4

mykologische Heilung[ $ ]

100 %

81,7 %

18,3[**]

8,5-28,1

* Konversion zu negativer KOH-Mikroskopie und negativer Pilzkultur und 100 % geheilter Nagel (verblindeter Gutachter)


# Konversion zu negativer KOH-Mikroskopie und negativer Pilzkultur und ≤ 10 % Restbefall des Nagels (verblindeter Gutachter)


$ Konversion zu negativer KOH-Mikroskopie und negativer Pilzkultur


** p < 0,001



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Compliance ist wichtig

Für eine erfolgreiche Nagelpilzbehandlung ist auch die Therapietreue entscheidend: Die Behandlung sollte so lange durchgeführt werden, bis der Nagel vollständig gesund nachgewachsen ist. Vielen Patienten fällt es dabei leichter, die Therapie mit alltäglichen Abläufen abzustimmen. So kann die Anwendung eines täglich zu applizierenden Lacks wie Ciclopoli® in die abendliche Hygiene integriert werden.

Leider oft unterschätzt: Onychomykosen bei Diabetespatienten

Die Therapie von Nagelmykosen ist bei Patienten mit Diabetes eine besondere Herausforderung. Worauf besonders zu achten ist, das fragten wir Prof. Dietrich Abeck, Mitautor der Leitlinie Nagelpilz, niedergelassener Dermatologe und Konsiliararzt.

Sind Nagelmykosen bei Diabetikern mehr als ein „kosmetisches Problem“ und falls ja, weshalb sollten sie behandelt werden?

Prof. Dietrich Abeck: Vom Nagelpilz befallene Nägel können auch Schmerzen bereiten, beispielsweise beim Gehen, und viele Aspekte des täglichen Lebens beeinträchtigen. Eine Nagelmykose ist aber vor allem ein signifikanter Risikofaktor für bakterielle, teilweise lebensbedrohliche Infektionen der unteren Extremitäten. Nahezu ein Drittel der Patienten mit Diabetes leidet an einer Onychomykose und unbehandelt ist diese eine für den Erhalt der Gliedmaßen bedrohliche Infektion.

Topisch oder systemisch? Was ist bei diabetischen Patienten zu beachten?

Abeck: Bei der Entscheidung, ob eine topische Behandlung ausreicht oder eine topisch-orale Kombinationsbehandlung notwendig ist, unterscheiden sich diabetische und nichtdiabetische Patienten nicht. Das richtet sich nach dem Ausmaß des Nagelbefalls und der Anzahl betroffener Nägel. Ein mehr als 50 %iger Befall des Nagels spricht auf eine alleinige topische Behandlung oft nicht an, und auch ein Befall von 4 oder mehr Nägeln rechtfertigt eine Kombinationsbehandlung.

Die Bedeutung eines Diabetes für die Therapie ist bis heute nur unzureichend untersucht. Es wird aber postuliert, dass diabetische Patienten mit Nagelmykose wegen einer eventuellen Hypoglykämie oder schlechter Fußpflege schwieriger zu behandeln seien.

Welche Kriterien sollten bei der Wahl eines Produkts zur topischen Therapie bei Diabetikern beachtet werden?

Abeck: Hier ist vor allem auf die Einfachheit bei der Anwendung zu achten. Topika, die ein regelmäßiges Abfeilen der pilzbefallenen Nagelanteile verlangen, sind eher schlecht geeignet. Dies spricht für den Gebrauch von topischen Antimykotika auf der Grundlage wasserlöslicher Lackzubereitungen.

Wie wichtig ist der Behandlungsrhythmus?

Abeck: Die kontinuierliche Applikation ist wichtig, um konstante antimykotische Wirkspiegel zu erreichen. Wenn die Anwendung aber gelegentlich einmal vergessen wird, ist der Therapieerfolg nicht infrage gestellt.

Wie können sich Diabetiker vor Nagelpilzinfektionen schützen?

Abeck: Zur Primärprävention ist es sinnvoll, konsequent jede Fuß- oder Zehenzwischenraummykose zu behandeln! Leider erkranken etwa 10 bis teilweise über 50 % der Patienten nach einer erfolgreichen Behandlung ihrer Nagelpilzinfektion erneut. Das Risiko für eine wiederholte Ansteckung durch die gleichen Erreger steigt mit der Zeit und ist 3 Jahre nach Behandlungsende am höchsten.

Nach aktuellen Studien ist bis heute nur eine Diabeteserkrankung ein bedeutender Risikofaktor für ein erhöhtes Wiederauftreten einer Nagelpilzinfektion. Somit sollte neben der örtlichen Behandlung der betroffenen Nägel das Augenmerk insbesondere auf einer guten medikamentösen Einstellung des Diabetes mit dauerhaft normalen Blutzuckerwerten liegen.

Die Autoren einer aktuellen Studie [13]empfehlen folgende Maßnahmen zur Verminderung des Risikos für eine erneute Nagelpilzerkrankung nach erfolgreicher Therapie: das Auftragen eines antimykotischen Nagellacks auf die Nägel 2-mal pro Monat über einen Zeitraum von 3 Jahren, die konsequente Behandlung einer Pilzinfektion in den Zehenzwischenräumen und anderen Teilen des Fußes, die konsequente Mitbehandlung von Fuß- und Nagelpilz bei Familienmitgliedern und das Meiden öffentlicher Einrichtungen mit erhöhter Pilzgefahr, wie zum Beispiel Schwimmbäder. Zudem sollten für die Schuhe konsequent Antipilzsprays verwendet werden.

! Herr Professor Abeck, vielen Dank für das Gespräch!

Information

Der Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung der Taurus Pharma GmbH, Bad Homburg.

Quellen: Pressematerial der Taurus Pharma GmbH, Bad Homburg; Gespräch mit Prof. Dietrich Abeck, München.

Günther Buck, Weilheim, ist freier Journalist.

Ciclopoli® gegen Nagelpilz

Wirkstoff: 8 % Ciclopirox. Zusammensetzung: 1 g wirkstoffhaltiger Nagellack enthält 80 mg Ciclopirox. Sonst. Bestandteile: Ethylacetat, Ethanol 96 %, Cetylstearylalkohol, Hydroxypropylchitosan, gereinigtes Wasser. Anwendungsgebiete: Pilzerkrankungen der Nägel durch Dermatophyten und/oder andere Ciclopirox-sensitive Pilze. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen einen Inhaltsstoff. Kinder unter 18 Jahren (fehlende Erfahrung). Nebenwirkungen: Sehr selten Rötung, Schuppung, Brennen und Jucken an den behandelten Stellen. Warnhinweis: Enthält Cetylstearylalkohol, örtlich begrenzte Hautreizungen (z. B. irritative Kontaktdermatitis) möglich. Apothekenpflichtig. Stand: Juli 2016. Taurus Pharma GmbH, Benzstr. 11, 61352 Bad Homburg.


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  • Literatur

  • 1 Tietz HJ et al Ästhetische Dermatologie 2014; 2: 20-23
  • 2 Baran R et al Taylor & Francis. 2006; 1-2
  • 3 Faergemann J et al Br J Dermatol. 2003; 149 (Suppl. 65) 1-4
  • 4 Elewski BE et al J Clin Aesthet Dermatol. 2015; 8: 38-42
  • 5 Boyko EJ et al Diabetes Care. 2006; 29: 1202-1207
  • 6 Papini M et al G Ital Dermatol Venereol. 2013; 148: 603-608
  • 7 Winston JA et al Clin Diabetes. 2006; 24: 160-166
  • 8 Fachinformation Ciclopoli® gegen Nagelpilz Stand Juli 2016
  • 9 Bohn M et al J Am Acad Dermatol. 2000; 43: 57-69
  • 10 Tietz HJ. Antimykotika von A-Z - Therapie der Mykosen von der Ambulanz bis zur Intensivmedizin (5. Auflage). Stuttgart: Ligatur Verlag; 2011: 131-136
  • 11 Seebacher C et al Cutis. 2001; 68: 17-22
  • 12 Legora M et al Proceedings of the 16th Congress of the European Academy of Dermatology and Venereology, Wien (Österreich). 16.05.-20.05.2007
  • 13 Gupta AK et al J Drugs Dermatol. 2016; 15: 279-282

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