Aktuelle Dermatologie 2017; 43(01/02): 13-14
DOI: 10.1055/s-0042-120073
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Entwicklung und Validierung eines Melanom-Risikoscores

Vuong K, Armstrong BK, Weiderpass E. et al.
Development and External Validation of a Melanoma Risk Prediction Model Based on Self-assessed Risk Factors.

JAMA Dermatol 2016;
152: 889-896
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Publication History

Publication Date:
14 February 2017 (online)

 

    Melanome sind in den letzten Jahrzehnten häufiger geworden, und Australien verzeichnet weltweit die höchste Inzidenz. Als Präventivmaßnahme wird vor allem zum Schutz vor UV-Strahlung geraten, aber allgemeine Empfehlungen werden oft nicht übermäßig ernst genommen. Individuelle Risikoscores gehen genauer auf den Einzelnen ein und könnten gerade in Hochrisikogruppen bessere Akzeptanz zeigen. Einen solchen Score stellen Mediziner aus Sydney vor.


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    Ihr Modell zur Abschätzung des individuellen Melanomrisikos weist eine hohe Aussagekraft auf und zeigt eine gute interne und externe Validität. Zu diesem Schluss kommen Kylie Vuong und ihre Kollegen, die das Modell zunächst an einer australischen Kohorte entwickelt haben.

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    Eine große Anzahl von Nävi erhöht das individuelle Melanomrisiko. Die Abbildung zeigt einen Patient mit Syndrom atypischer Nävi (zahlreiche atypische und gewöhnliche melanozytäre Nävi) und zusätzlich seborrhoischen Keratosen. Auf dem Boden eines dysplastischen Nävus ist an der rechten Schulter ein nävusassoziiertes Melanom entstanden. Quelle: Bauer J, Garbe C. Tumoren der Haut. Stuttgart: Thieme; 2009.

    Die populationsbasierte Australian Melanoma Family Study ist eine Fall-Kontroll-Studie, die zwischen Juli 2000 und Dezember 2002 in drei australischen Großstädten insgesamt 629 Patienten mit neu diagnostiziertem Melanom, 240 im Hinblick auf Alter, Geschlecht und Wohnort gematchte Kontrollen und 295 Angehörige oder Freunde der Patienten aufgenommen hat. In dieser Gruppe wurden in der logistischen Regressionsanalyse diejenigen von den Teilnehmern selbst beurteilten Variablen identifiziert, die am stärksten mit der Melanomdiagnose verbunden waren. Dabei ermitteln die Wissenschaftler

    • Haarfarbe, mit einem mehr als vervierfachten Risiko für Rothaarige (relatives Risiko [RR] 4,29 gegenüber Schwarzhaarigen)

    • Häufigkeit von Naevi (als kategorisierte Variable), mit einem mehr als verfünffachten Risiko bei „vielen“ Naevi (RR 5,24 gegenüber „keine“)

    • positive Familienanamnese, mit einem knapp verdoppelten Risiko bei Melanom eines Verwandte ersten Grades (RR 1,91 gegenüber leerer Anamnese) und

    • Nicht-Melanom-Hautkrebs in der Eigenanamnese, mit einem mehr als verdreifachten Risiko (RR 3,18 gegenüber leerer Anamnese)

    Der Besuch von Sonnenstudios war zwar als lineare Variable signifikant mit dem Melanomrisiko verbunden, nicht aber nach Stratifizierung in drei Gruppen (RR 1,59 bei mehr als 10 Besuchen gegenüber keinem Besuch; p = 0,20).

    Diese Modell wurde dann an vier unabhängigen Kohorten validiert: der Western Australia Melanoma Study (511 Patienten und 511 gematchte Kontrollen aus Australien), der Leeds Melanoma Case-Control Study (960 Patienten und 513 Kontrollen aus Yorkshire), der Epigene-QSkin Study (766 Patienten und knapp 44.000 Teilnehmer der australischen QSklin Study ohne Melanom) und der Swedish Women‘s Lifestyle and Health Cohort Study (273 Patientinnen unter knapp 50.000 Frauen).

    Die Auswertung zeigte zunächst bei der internen Validierung eine Fläche unter der ROC-Kurve (ROC: Receiver Operator Characteristic) von 0,70. Bei externer Validierung lagen die Werte dann erwartungsgemäß etwas niedriger, zwischen 0,63 (schwedische Kohorte) und 0,67 (Leeds-Kohorte).

    Wurde das Modell schließlich anhand der tatsächlich gestellten Diagnosen getestet, errechneten sich über eine Nachbeobachtungszeit von 20 Jahren beispielweise für das Dezil mit dem geringsten vorhersagten Risiko 11,89 Melanome – und 11 Melanome wurden tatsächlich diagnostiziert.

    Fazit

    Das von ihnen entwickelte Modell scheint gut geeignet, um das individuelle Risiko für ein Melanom abzuschätzen, meinen die Autoren. Einschränkend gilt, dass die erhobenen Variablen ausschließlich auf den Angaben der Studienteilnehmer beruhten – so ließe sich die Aussagekraft vermutlich verbessern, wenn etwa die vorhandenen Naevi von einem Kliniker gezählt würden, da Selbsteinschätzungen oft zu niedrig liegen. Das würde aber die Anwendung umständlicher, zeitaufwendiger und teurer machen. Weitere Studien müssten nun untersuchen, wie sich die Anwendung des Modells auf die Patientenversorgung auswirkt, und Kosten-Nutzen-Analysen erstellen.

    Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim


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    Eine große Anzahl von Nävi erhöht das individuelle Melanomrisiko. Die Abbildung zeigt einen Patient mit Syndrom atypischer Nävi (zahlreiche atypische und gewöhnliche melanozytäre Nävi) und zusätzlich seborrhoischen Keratosen. Auf dem Boden eines dysplastischen Nävus ist an der rechten Schulter ein nävusassoziiertes Melanom entstanden. Quelle: Bauer J, Garbe C. Tumoren der Haut. Stuttgart: Thieme; 2009.