Der Klinikarzt 2016; 45(11): 573
DOI: 10.1055/s-0042-120362
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Symptomatische Hyperurikämie (Teil1)

Leitlinien fordern: Frühe Diagnose und frühe Therapie
Stephanie Schikora
1   Heidelberg
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Publication Date:
29 November 2016 (online)

 

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Sich schnell entwickelnde, massive Schmerzen und/oder eine intensive Schwellung bzw. Rötung des Großzehengrundgelenks – klar, ein klassischer akuter Gichtanfall. Sind jedoch andere periphere Gelenke wie zum Beispiel Fußgelenke, Knöchel, Knie, Finger, Handgelenke oder Ellenbogen [1] betroffen oder haben sich die Uratkristalle nicht nur peri- oder intraartikulär, sondern auch in anderen Geweben abgelagert [2], [3], ist die Diagnose alles andere als trivial.

Diagnostischer Goldstandard ist die Gelenkpunktion

Klar ist: Die Bestimmung der Serumharnsäurespiegel reicht zur sicheren Diagnose einer symptomatischen Hyperurikämie nicht aus, auch wenn ein erhöhter Harnsäurespiegel als wichtigster Risikofaktor für diese entzündliche Arthropathie gilt. Denn tatsächlich weisen etwa die Hälfte der Patienten während eines akuten Anfalls keine erhöhten Werte auf [4]. Grund dafür ist eine Ausschüttung von Interleukin-6 im Gichtanfall, die eine vermehrte Harnsäureausscheidung und damit normale Werte bewirkt. Dementsprechend ist eine erneute Bestimmung der Serumharnsäurespiegel nach 2 Wochen angezeigt.

Als gesicherte Diagnose gilt der Nachweis von Natriumuratkristallen in der Synovialflüssigkeit bzw. im Tophusaspirat mithilfe einer Gelenkpunktion (Goldstandard) und ihrer anschließenden Visualisierung im Polarisationsmikroskop [4]. Gelingt eine solche Gelenkpunktion nicht oder ist sie aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich (z. B. Kontraindikation, Ablehnung durch den Patienten, fehlende Verfügbarkeit eines Polarisationsmikroskops), können einfache Diagnosescores [z. B. 5], gefolgt von bildgebende Verfahren eine sinnvolle Alternative sein.

Eine chronische Systemerkrankung

Ursache einer symptomatischen Hyperurikämie ist fast immer eine genetische Prädisposition in Form einer Nierenfunktionseinschränkung mit einer gestörten Harnsäureausscheidung. So entstehen dauerhaft erhöhte Serumharnsäurespiegel, die durch eine purinreiche Ernährung, eine intensive Diät, Dehydrierung, Alkoholkonsum, Operationen, Gelenktaraumata oder die Einleitung einer diuretischen Therapie zusätzlich ansteigen können [1].

Ohne wirksame Langzeittherapie schreitet die symptomatische Hyperurikämie im Laufe der Zeit voran. Langfristig können dauerhaft erhöhte Harnsäurespiegel im Blut zu Ablagerungen von Uratkristallen an verschiedenen Stellen im Körper führen – beispielsweise an den Händen, den Ohren, den Nieren oder in den Augen [13]. Gelenkschäden, Funktionseinschränkungen wichtiger Organe wie der Niere [13] oder auch eine Erhöhung des Mortalitätsrisikos [14] können die Folgen sein.

Zum Beispiel lassen sich peri- oder intraartikuläre Harnsäureablagerungen arthrosonografisch anhand der charakteristischen Doppelkonturzeichen am Gelenkspalt gut darstellen [6]. Etwas sensitiver und besonders gut für periphere Körperregionen geeignet ist der farbliche Nachweis der Natriumuratablagerungen mittels dem Dual Energy CT (DECT). Röntgenuntersuchungen dagegen können zwar zur Abgrenzung einer chronischen symptomatischen Hyperurikämie von anderen Gelenkerkrankungen sinnvoll sein [7]. Da jedoch charakteristische Veränderungen erst in der Spätphase der Gicht sichtbar werden, sind sie im frühen Stadium nicht zielführend.


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Erhöhten Harnsäurewerten rasch gegensteuern

Bei einer gesicherten Gichterkrankung sollte – neben der analgetischen und antiinflammatorischen Therapie des Gichtanfalls mit nichtsteroidalen Antirheumatika, Colchicin und Glukokortikoiden [8] – möglichst rasch eine kausale harnsäuresenkende Behandlung initiiert werden [8]. Ziel dabei ist es, die Serumharnsäurespiegel dauerhaft auf einen Wert unter 6 g/dl zu senken. Bei einer besonders schweren Erkrankung sind sogar Zielwerte unter 5 mg/dl für eine mögliche raschere Symptomkontrolle erstrebenswert [8], [9], [10]. Nur bei Patienten mit asymptomatischer Hyperurikämie, die noch keine Ablagerung von Mononatriumuratkristallen oder Gichtsymptome aufweisen, kann eine Therapie auf den Referenzwert der Labore ausreichen [11].

Empfohlen werden hierfür die Xantinoxidasehemmer Allopurinol oder Febuxostat [8], [9], [10]. Die neuen Richtlinien der European League Against Rheumatism (EULAR) befürworten bei nierengesunden Patienten Allopurinol als Erstlinientherapie [9]. Febuxostat wiederum eignet sich insbesondere bei niereninsuffizienten Gichtpatienten, bei denen besonders niedrige Harnsäurespiegel angezeigt sind [12].

Laut der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) liegt eine Indikation für eine medikamentöse Therapie dann vor, wenn mindestens ein sicherer Gichtanfall aufgetreten ist oder bereits eine chronische Arthritis, Harnsäureablagerungen in Form von Tophi bzw. eine Nierensteinanamnese vorliegt. Auch Gichtanfälle in der Anamnese sowie eine Hyperurikämie bei eingeschränkter Nierenfunktion (< 90 ml/min/1,73 m²) sind Indikationen für eine harnsäuresenkende Therapie [8].

Quelle: Presseinformationen der Berlin-Chemie Menarini


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