Die zystische Fibrose (CF) ist eine schwere autosomale, rezessive Erbkrankheit. Niedrig
dosiertes Azithromycin wirkt sich für einen Zeitraum von 6 bis 12 Monaten günstig
auf die Erkrankung aus. Wie C. Samson und Kollegen in ihrer Studie feststellten, hat
diese Therapie jedoch über ein Jahr hinaus keinen klinischen Nutzen bei jungen Patienten
mit CF. Daher sollte die Dauer der Therapie mit Azithromycin überdacht werde.
Respir Med 2016; 117: 1-6
Zäher Schleim in der Lunge von CF-Patienten stellt ein gutes Nährmedium für Krankheitserreger
wie Pseduomonas aueruginosa (hier im Bild), Staphylokoccus aureus u. a. dar. Ein Großteil
der CF-Patienten stirbt an den Folgen einer chronischen Infektion der unteren Atemwege.
(© Thomas Stephan/Thieme Verlagsgruppe)
Das Makrolidantibiotikum Azithromycin ist weltweit eines der am häufigsten bei CF-Patienten
im Alter ab 6 Jahren eingesetzten entzündungshemmenden Medikamente, obwohl die Anwendung
„off-label” erfolgt. Die Therapie wird selten unterbrochen, was häufig zu sehr langen
Behandlungszeiten, oft von über einem Jahr führt. Es liegt allerdings keine Evidenz
vor, dass nach einem Jahr noch nutzbringende Effekte vorhanden sind. Daher unternahmen
die französischen Wissenschaftler nun eine retrospektive Studie, in der sie die Wirkung
einer länger als 12 Monate anhaltenden Behandlung mit niedrigen Dosen von Azithromycin
auf die Progression der CF-Lungenerkrankung untersuchten.
Dazu nahmen sie insgesamt 68 CF-Patienten eines pädiatrischen Zentrums in ihre Untersuchung
auf, die länger als 12 aufeinanderfolgende Monate eine Behandlung mit 250 mg bzw.
500 mg 3-mal wöchentlich (Patienten unter bzw. über 40 kg Gewicht) erhalten hatten.
Sie sammelten die Daten der jungen Patienten über 1 Jahr vor und 3 Jahre nach Beginn
der Azithromycintherapie. Dazu gehörten Angaben zur Lungenfunktionsanalyse, die Exazerbationsraten,
die Rate der Therapiezyklen mit Antibiotika und die Veränderungen in der Kolonisation
der Atemwege.
Die Patienten (33 weiblich, 35 männlich) waren im Durchschnitt 9,95 ± 3,61 Jahre alt.
50 von ihnen konnten die Ärzte volle 2 Jahr lang nachbeobachten, 46 sogar 3 Jahre
lang. Nach 12 Monaten trat eine statistisch signifikante Reduktion der pulmonalen
Exazerbationsraten von zuvor jährlich 2,2 ± 2,1 auf 1,5 ± 1,4 und der Therapiezyklen
mit dem Antibiotikum von zuvor 2,2 ± 2,1 auf 1,4 ± 1,4 auf. Dieser Effekt hielt nachfolgend
jedoch nicht an. Die pulmonalen Exazerbationsraten und die durchschnittliche Anzahl
der Therapiezyklen nahmen wieder zu und erreichten nach 3 Jahren Durchschnittsanzahlen
von 2,6 ± 2,5 bzw. 2,7 ± 2,6.
Die Behandlung modifizierte die Lungenfunktion nicht. Die Forscher beobachteten einen
für CF typischen abnehmenden, zeitabhängigen Trend für verschiedene Parameter, so
für das forcierte exspiratorische Volumen in einer Sekunde (FEV1), die forcierte Vitalkapazität (FVC), den partiellen Sauerstoffdruck (PaO2) und den partiellen CO2-Druck (PaCO2). Zudem ergaben sich während der Therapie keine Unterschiede in der Atemwegskolonisation
durch Pathogene wie Pseudomonas aeruginosa und Methicillin-sensitivem und/oder -resistentem
Staphylococcus aureus. Isolierte Staphylococcus aureus-Stämme entwickelten jedoch
nach einer 6-monatigen Behandlung mit Azithromycin eine Resistenz, die auch danach
noch anhielt.
Die Autoren sehen in der Langzeittherapie mit Azithromycin von jungen Patienten mit
zystischer Fibrose über ein Jahr hinaus keinen Nutzen. Da es nach einem Jahr Behandlung
zudem zur Selektion makrolidresistenter Stämme von Bakterien und einer Abnahme der
Wirksamkeit kam, sollten die behandelnden Ärzte nach ihrer Meinung die Therapiedauer
der zystischen Fibrose mit Azithromycin überdenken. Sie weisen darauf hin, dass neue
Makrolide mit einer stärkeren entzündungshemmenden Wirkung, wie Solithromycin, in
der Entwicklung sind.
Dr. Volker Kriegeskorte, Buchloe