Aktuelle Dermatologie 2017; 43(01/02): 7-8
DOI: 10.1055/s-0042-121677
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kutanes Melanom: Wirkt die Art und Weise der Entdeckung sich auf die Prognose aus?

Avilés-Izquierdo JA. et al.
Who detects melanoma? Impact of detection patterns on characteristics and prognosis of patients with melanoma.

J Am Acad Dermatol 2016;
75: 967-974
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Publication History

Publication Date:
14 February 2017 (online)

 

Kutane Melanome sind verantwortlich für die meisten der auf Hautkrebs zurückzuführenden Todesfälle. Umso wichtiger ist eine frühe Diagnose. Spanische Dermatologen untersuchten, inwieweit die Prognose davon abhängt, wer zuerst den primären Tumor entdeckt. Sie machten eine erstaunliche Erfahrung.


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Oft konsultieren Patienten mit kutanem Melanom erst in fortgeschrittenen Stadien einen Arzt. José A. Avilés-Izquierdo aus Madrid und Kollegen wollten wissen, wer tatsächlich als erster ein Melanom entdeckt und warum Patienten mit einem Melanom schließlich einen Arzt aufsuchen. Weiterhin analysierten sie die Assoziationen zwischen dem Erstentdecker, den Patientencharakteristika, der Epidemiologie, den klinischen und histologischen Merkmalen und dem Einfluss auf den Krankheitsverlauf und das Ergebnis. Dazu schlossen die Untersucher 783 Patienten mit primärem kutanem Melanom in eine retrospektive Studie ein. Die erforderlichen Daten entnahmen sie den Patientenakten der dermatologischen Abteilung des Hospital Gregorio Marañón in Madrid. Alle Patienten hatten eine mindestens dreijährige Nachbeobachtung (durchschnittlich 89 Monate) durchlaufen, waren älter als 18 Jahre und von weißer Hautfarbe. Die Ärzte definierten vier Untergruppen, abhängig davon, wer zuerst das Melanom entdeckte:

  1. selbst

  2. Verwandte oder Freunde

  3. Mitarbeiter im Gesundheitswesen (Krankenschwestern, Apotheker, Physiotherapeuten) und nicht-dermatologische Ärzte entdeckt

  4. Dermatologen

Ergebnis

Die Analyse der Daten ergab, dass mehr als die Hälfte (417; 53 %) der Melanome selbstentdeckt waren. In 154 Fällen (20 %) bemerkte ein professioneller Dermatologe den Hautkrebs, in 128 Fällen (16 %) Familie oder Freunde und in 84 Fällen (11 %) Mitarbeiter im Gesundheitswesen und nicht-dermatologische Ärzte. Die Melanomentdeckung in der Untergruppe der Verwandten oder Freunde war deutlich vom Geschlecht abhängig. So war es wahrscheinlicher, dass Frauen bei ihren Partnern das Karzinom entdeckten (Verhältnis von 9:1; 45 Frauen vs. 5 Männer).

Von den Patienten, die ein Melanom bei sich selbst entdeckten, konsultierten 32 % einen Arzt wegen Blutungen, Juckreiz oder Vergrößerung der Knoten. Frauen entdeckten weit häufiger eigene Melanome als Männer (254 Frauen vs. 164 Männer, p < 0,05). Diese Frauen wiesen damit eine bessere Prognose auf. Männer hatten allerdings signifikant häufiger Melanome an schlecht sichtbaren Stellen. Allgemein waren selbstentdeckte Melanome dicker und häufiger ulzeriert, entwickelten öfter Metastasen und gingen mit häufigeren melanombedingten Todesfällen einher. Frauen aller Altersklassen hatten dünnere Melanome als Männer gleichen Alters. Die Differenz in der Tumordicke in Abhängigkeit vom Geschlecht war am höchsten in der Subgruppe mit selbstentdeckten Melanomen bei Patienten > 70 Jahren (2,78 mm bei Männern vs. 1,17 mm bei Frauen; p = 0,001).

Dermatologen bemerkten die Melanome in 80 % der Fälle zufällig. Hinsichtlich des Ausgangs bestanden statistisch signifikante Unterschiede zwischen selbstentdeckten und den von Dermatologen entdeckten Melanomen. So traten nach Selbstentdeckung bei 11 % (n = 45) und nach Entdeckung durch den Dermatologen nur bei 3 % (n = 4) melanombedingte Todesfälle auf.

Fazit

Wenn ein Dermatologe die Melanom-Diagnose stellt, besteht eine bessere Prognose für den Patienten. Frauen entdeckten Melanome in früheren Stadien. Von Frauen selbst entdeckte Melanome wiesen eine bessere Prognose auf als die von Männer, v. a. die im Alter > 70 Jahren. Daher sollten speziell diese Männer nach Ansicht der Autoren das logische Ziel zukünftiger sekundärer Präventionskampagnen und Schulungen sein.

Dr. Volker Kriegeskorte, Buchloe


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