Erreger
Otto Busse (dt. Pathologe) und Abraham Buschke (dt. Dermatologe) haben 1894 eine Erkrankung
entdeckt, die durch den Pilz
Cryptococcus (C.) neoformans
und seine Varianten hervorgerufen wird. Normalerweise unterscheidet man 4 Serotypen
von diesem Pilz: C. neoformans var. neoformans (Serotyp A und D), die vornehmlich in Europa und den USA vorkommen, und C. neoformans var. gatti (Serotyp B und C), die in Afrika, Südostasien, Australien und Südamerika zu finden
sind. Die Pilze befinden sich im Erdboden und können sich in geografischen Regionen
mit warmem, feuchtem Klima verbreiten, wobei die optimale Temperatur für den Erreger
bei 30 bis 37 °C liegt und besonders große Konzentrationen sich in Taubenexkrementen finden. Die Prävalenz in den USA beträgt 0,01% der Katzen, während es bei den Hunden
nur 0,003% sind. Die höhere Prävalenz bei Katzen könnte entweder mit dem häufigeren
Kontakt mit Taubenkot, durch das Verscharren des Kotes und anschließendem Belecken
der Pfoten zusammenhängen oder aber mit der Immunsuppression durch das Feline Leukämie
Virus (FeLV) oder das Feline Immundefizienz Virus (FIV). Da in der Humanmedizin immunsupprimierte
Patienten ein höheres Erkrankungsrisiko haben, geht man davon aus, dass auch Katzen
mit Immunsuppression (auch iatrogener Natur) erhöht gefährdet für eine Kryptokokkose-Infektion
sind.
Infektion
Kryptokokken sind mit einer Polysaccharidkapsel umhüllt und pflanzen sich in großen
Kolonien fort, die ein schleimiges Aussehen haben. Wenn sie in den Körper eintreten,
können sie ovale oder runde Blastosporen bilden. Sie haben eine Mutterzelle, die auch
Tochterzellen produzieren kann und die Inkubationszeit beträgt 2 Wochen. Die Kryptokokken
gelangen bei primärer Infektion über Inhalation in die Lunge, größere Organismen verbleiben
in den oberen Atemwegen, während kleinere bis in die Alveolen vordringen können. Die
Erreger streuen daraufhin hämatogen in das Gehirn, die Haut, Lymphknoten, Knochen
und andere Organe und bilden Granulome in Bereichen, an denen sie anhaften. Durch
Bildung der Granulome bzw. Kapseln schützen sich die Erreger vor dem Abwehrsystem
des Körpers wie z. B. Leukozyteneinwanderung und Phagozytose. Die kutanen Läsionen und die Besiedelung der oberen Atemwege sind die häufigsten Formen einer Infektion mit Kryptokokkus, wobei (seltene) Augenmanifestationen
ebenfalls beschrieben werden.
Nase und Haut
Bei der nasalen Form der Kryptokokkose zeigen die Patienten nasalen Stridor, Dyspnoe und Nasenausfluss als Folge einer Rhinitis und Sinusitis sowie Schwellungen über den nasalen Knochen.
Bei der kutanen Form präsentieren sich Hautläsionen als subkutane Läsionen mit festen Knoten besonders im Gesichtsbereich auf der Nase, an den Lippen und an der Pinna ([Abb. 1]). Die Läsionen können ulzerieren und produzieren dann ein visköses und mukosanguinöses
Sekret.
Abb. 1 Typische subkutane Knotenbildung im Ohrbereich bei einer Katze mit Kryptokokkose.(©
S. Kruppke)
Lymphe, Knochen und ZNS
Die Lymphknoten schwellen typischerweise an und können bei beiden genannten Formen (nasale und kutane Manifestation) abszedieren,
zusätzlich kann Fieber auftreten. Eine Beteiligung der Knochen wird meist erst in der Sektion entdeckt.
Wenn die Infektion in das Zentralnervensystem eingedrungen ist, kann es zu Ataxien und Depression führen. Im weiteren Krankheitsverlauf können sich die Kryptokokken nicht nur auf
dem Nasenbereich, der Haut, Lunge oder Lymphknoten ausbreiten, sie können auch auf
andere Organe, wie z. B. Milz, Niere, übergehen und zu einer lebensbedrohlichen Situation
führen.
Diagnostik
Besonders wichtig für die Diagnosestellung sind die direkte zytologische Untersuchung und die pathologische Auswertung von Gewebeproben, denn ein Antikörpertest ist bei dieser Erkrankung nicht hilfreich. Durch Zytologie
mit Gram- oder Tuschefärbung bzw. Methylenblaufärbung nach Feinnadelaspirationsbiopsie
der Umfangsvermehrungen, kann der Verdacht einer Infektion mit C. neoformans ausgesprochen werden.
Ein Latexagglutinationstest weist Kapselantigene im Serum, Urin und im Liquor nach und kann sowohl zur Diagnosestellung
als auch zum Monitoring des Therapieverlaufs eingesetzt werden. Hierbei werden die
für den Nachweis benötigten Antikörper an Latexpartikel gebunden. Wird nun die Probe
mit den enthaltenen Antigenen zugegeben, entsteht eine Agglutination, die entweder
mit dem bloßen Auge oder mit Photometrie in automatisierten Verfahren nachgewiesen
werden kann; zusätzlich kann noch eine Pilzkultur angesetzt werden.
Diagnostisch sehr gut geeignet sind auch CT-Untersuchungen von Kopf und Hals, denn durch diese können sehr dezente Veränderungen aufgedeckt werden, die zusammen
mit anderen Befunden hinweisend auf eine mykotische Rhinitis der Katze sind.
Der Patient
Eine 2 Jahre alte Katze mit Umfangsvermehrungen an den Ohren und respiratorischer
Problematik wird in der Sprechstunde vorgestellt. Unter der vorher beim Haustierarzt
eingeleiteten Antibiotikatherapie mit Amoxcillin und Clavulansäure (in der Standarddosierung
von 12,5 mg/kg 2 × tgl. p. o.) trat keine Verbesserung des klinischen Bildes ein.
Abb. 2 Ulzerierte Umfangsvermehrung am Ohr bei einer Katze mit Kryptokokkose.(© S. Kruppke)
Bei der körperlichen Untersuchung zeigen sich ein hochgradiger nasaler Stridor und
massiv vergrößerte Lymphonodi retropharyngeales. Auf beiden Ohrmuscheln sowie am linken
Ohrgrund sind alopezische, feste, teilweise ulzerierte Umfangsvermehrungen sichtbar
([Abb. 2] und [3]).
Abb. 3 Mehrere subkutane, feste Knoten am Ohr einer Katze mit Kryptokokkose.(© S. Kruppke)
Aufarbeitung und Verdacht
In der Zytologie der Umfangsvermehrungen des Patienten sind pleomorphe Pilzelemente nachweisbar, rundlich
oval mit einer Größe von 2 – 20 µm und einer muzinhaltigen Kapsel, die sich im Mikroskop
als heller, lichtbrechender Saum darstellt.
Abb. 4 CT Weichteilfenster, nativ, transversal: Weichteilmasse (100 HE) ventral im Cavum
nasi links.(© S. Kruppke)
In der CT-Untersuchung von Kopf und Hals zeigt sich eine weichteildichte Masse im ventralen linken Nasengang
mit Deformation, Hyperostose, sowie beginnender Osteolyse der angrenzenden Knochenstrukturen
und begleitender destruktiver Rhinitis ([Abb. 4], [5], [6] und [7]). Diese Veränderungen in Zusammenhang mit der hochgradig generalisierten Lymphadenopathie
des Kopfes sprechen für eine mykotische Rhinitis der Katze durch C. neoformans
, differenzialdiagnostisch kommen eine chronische Rhinitis sowie eine Neoplasie (Lymphom,
epitheliale Neoplasie) infrage.
Abb. 5 CT Knochenfenster, transversal: nahezu vollständiger Verlust der Knochenstruktur
im Cavum nasi links.(© S. Kruppke)
Diagnose
Abb. 6 CT Weichteilfenster, nach Kontrastmittelgabe (8 ml Accupaque 300, i. v.), transversal:
heterogene mittelgradige Kontrastmittelanreicherung der Weichteilmasse ventral im
Cavum nasi links.(© S. Kruppke)
Der Verdacht auf eine Infektion mit C. neoformans wird schließlich im Labor mittels positivem Latexagglutinationstest und in der pathohistologischen Untersuchung erhärtet. Die Pathohistologie (Feinnadelaspiration)
zeigt eine hochgradige Ulzeration der Epidermis. In der Tiefe finden sich hochgradig
epitheloide Makrophagen, mehrkernige Riesenzellen sowie multifokale Ansammlungen mit
neutrophilen Granulozyten, Plasmazellen und Lymphozyten. Intraläsional finden sich
ca. 2 µ im Durchmesser große, eosinophile Strukturen, umgeben von einem blassen, nicht
färbbaren Halo. Die pathohistologische Diagnose lautet somit hochgradige pyogranulomatöse bis ulzerative Dermatitis mit Nachweis von intraläsionalen Pilzstrukturen.
Abb. 7 CT Weichteilfenster, nach Kontrastmittelgabe (8 ml Accupaque 300, i. v.), transversal:
hochgradige Vergrößerung der Lnn. mandibulares vor allem links, mit Masseneffekt auf
den Larynx.(© S. Kruppke)
Therapie
Die Behandlung der Kryptokokkose erfolgt üblicherweise mit
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Ketokonazol: 10 mg/kg alle 12 Stunden,
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Itrakonazol: 5 – 10 mg/kg alle 12 Stunden oder
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Amphotericin B (0,15 – 0,4 mg/kg 3 × pro Woche)
in Kombination mit 5-Fluorocytosin (25 – 50 mg/kg 4 × tgl.)
Die Behandlungsdauer kann bis zu 2 Jahren dauern und sollte mittels Zytologie und Latexagglutinationstest regelmäßig kontrolliert
werden, wobei die erste Kontrolle nach 6 Wochen erfolgen sollte. Dann empfiehlt sich
eine Kontrolle alle 3 Monate.
Eine Umgebungsbehandlung ist möglich mit 1%igem Formalin oder 0,12% Peressigsäure. Die Übertragung auf Menschen
und andere Tiere ist möglich, jedoch scheint die Gefahr gering. Leben Menschen oder
Partnertiere mit Immunsuppression im gleichen Haushalt, sollten diese Tiere getrennt
und die üblichen Hygieneregeln eingehalten werden.
Die Prognose bei Besiedlung der Haut und der Atemwege ist gut, bei Infektion des Gehirns schlecht.
Auf einen Blick: Symptome, Diagnostik & Therapie der Kryptokokkose
Symptomatik:
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respiratorische Symptome (Nasenausfluss, Dyspnoe), subkutane, auch ulzerierende Knoten
im Gesichtsbereich
Diagnostik:
Therapie:
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Ketokonazol (10 mg/kg alle 12 Stunden), Itrakonazol (5 – 10 mg/kg alle 12 Stunden)
oder Amphotericin B (0,15 – 0,4 mg/kg 3× pro Woche);
-
1. Kontrolle nach 6 Wochen, dann alle 3 Monate, die Therapie kann bis zu 2 Jahren
dauern!
Verlauf
Der Verlauf der Erkrankung bei dieser Katze war zufriedenstellend. Nach 4 Wochen waren
die kutanen Läsionen trocken und in Abheilung, die respiratorischen Symptome haben
sich deutlich verbessert. Die Lnn. retropharyngeales waren weiterhin angeschwollen,
doch nach insgesamt 4 Monaten bildeten sich diese langsam zurück. Die Hautläsionen
waren abgeheilt und der Latexagglutinationstest war nach 1 Jahr negativ.