Z Orthop Unfall 2017; 155(01): 23
DOI: 10.1055/s-0042-123527
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Parathormongabe nach pertrochantärer Femurfraktur – ein Vergleich mit Risedronat

Contributor(s):
Marko Saß
Aspenberg P. et al.
Effects of teriparatide compared with risedronate on recovery after pertrochanteric hip fracture. Results of a randomized, active-controlled, double blind clinical trial at 26 weeks.

J Bone Joint Surg Am 2016;
98: 1868-1878
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Dr. Marko Saß, Rostock


Publication History

Publication Date:
01 March 2017 (online)

 

Aspenberg P et al. Effects of teriparatide compared with risedronate on recovery after pertrochanteric hip fracture. Results of a randomized, active-controlled, double blind clinical trial at 26 weeks. J Bone Joint Surg Am 2016; 98: 1868–1878

Hintergrund der Studie ist die Überlegung, dass eine Osteoporosemedikation die Frakturheilung beeinflussen könnte. Dahingehend wurde der Einfluss von Parathormon (Teriparatid) im Vergleich zum Bisphosphonat Risedronat in der Heilungsphase nach operativer Versorgung einer pertrochantären Femurfraktur untersucht.


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Methoden

Die vorliegende Publikation ist das Ergebnis einer randomisierten, multizentrischen, aktiv kontrollierten, doppelt blinden Studie bei Patienten nach osteosynthetischer Stabilisierung einer pertrochantären Femurfraktur bei vorliegender Osteoporose. Unter Berücksichtigung klar definierter Ein- und Ausschlusskriterien wurden die Patienten gemäß erfolgter Randomisierung entweder täglich mit 20 mg Teriparatid subkutan und einmal wöchentlich mit oralem Placebo behandelt bzw. im anderen Studienarm mit täglicher subkutaner Placeboinjektion und einmal wöchentlicher oraler Gabe von 35 mg Risedronat im Sinne einer doppelten Verblindung. Eine Basismedikation mit Kalzium und Vitamin D erhielten alle Patienten täglich.

Die Medikation begann innerhalb von 2 Wochen postoperativ. Nach 6, 12, 18 und 26 Wochen erfolgten Untersuchungen gemäß Timed-up-and-go-Test (TUG), Schmerzangabe bei diesem Test gemäß visueller Analogskala (VAS), Einschätzung nach modifiziertem Charnley-Hüftschmerz-Score, radiologische Untersuchungen, Beurteilung der Gehfähigkeit (Nutzung von Hilfsmitteln) und Erfassung des Gesundheitszustands gemäß Kurzformerhebungsbogen SF-36.


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Ergebnisse

Von den insgesamt 224 randomisierten Patienten konnten nur 171 in die Analyse eingeschlossen werden (86 × Teriparatid, 85 × Risedronat). Dabei wurde jeweils im TUG-Test eine bessere Zeit für die Teriparatid-Patienten gemessen, es zeigte sich auch jeweils eine geringere Schmerzangabe gemäß VAS in der Teriparatid-Gruppe. Signifikante Unterschiede konnten jedoch nicht festgestellt werden. Die anderen erfassten Parameter wie Allgemeinstatus, modifizierter Charnley-Hüftschmerz-Score, Gehfähigkeit bzw. Nutzung von Gehhilfen wiesen keine wesentlichen Differenzen zwischen beiden Gruppen auf.

Fazit

Aus den Ergebnissen des besseren Abschneidens der Teriparatid-Gruppe im TUG-Test und bei der VAS-Schmerzbeurteilung und gleichwertigen Ergebnissen in den weiter erhobenen Befunden schlussfolgert die Studiengruppe einen positiven Effekt des Teriparatids auf die Frakturheilung bei osteoporotisch bedingter pertrochantärer Femurfraktur.

Selbstkritisch wird im Artikel die fehlende Beurteilung durch Knochendichtemessung (DXA) und die hohe Abbruchrate (bedingt durch hohes Patientenalter und Komorbiditäten) eingeschätzt.

Zur Beurteilung dieses Artikels werden zunächst die Leitlinien des Dachverbands für Osteologie (DVO) herangezogen zur empfohlenen Medikation nach osteoporotischer proximaler Femurfraktur. Hier gibt es klare Empfehlungen für Bisphosphonate (u. a. Risedronat), allerdings keine Aussage zur Wirkung von Parathormon. Somit könnte dieser Artikel die vorliegende Lücke schließen und das Parathormon (Teriparatid) als einziges knochenanabol wirkendes Medikament in die Empfehlungen mit einbeziehen.

Dennoch gibt es keine bedenkenlose Empfehlung dieses Präparats, welches seit 2003 in Deutschland verfügbar ist. So erscheinen die notwendigen täglichen subkutanen Injektionen gegenüber einer nur 1 × wöchentlich erforderlichen oralen Gabe deutlich aufwendiger. Weiterhin sind die Behandlungskosten von Teriparatid gegenüber bekannten Bisphosphonaten deutlich erhöht und die empfohlene maximale Behandlungsdauer von 2 Jahren begründet sich mit tierexperimentell nachgewiesenen Osteosarkomen als bedenkliche Nebenwirkung.

Somit sollte die in der vorliegenden Publikation beschriebene positive Wirkung des Teriparatids nicht bedenkenlos in den klinischen Alltag übertragen werden und dieses Präparat lediglich als Reservetherapeutikum verstanden werden.


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Dr. Marko Saß, Rostock