Pneumologie 2022; 76(S 01): S56
DOI: 10.1055/s-0042-1747815
Abstracts

Therapie eines metastasierten Nichtkleinzelligen Lungenkarzinoms mit nachgewiesener NRG1-Fusion mit zielgerichteter Antikörpertherapie

F M Schönhofer
1   Asklepios Klinikum Harburg; Pneumologie
,
C Wesseler
2   Asklepios Klinikum Harburg
› Institutsangaben
 
 

    Eine 50-jährige Patientin wird 06/2019 mit NSCLC linker Lungenunterlappen (TNM: T2b, N3, M1c (LYM, OSS), St. IVb nach UICC 8th Version 2017) diagnostiziert. Histologisch: azinäres Adenokarzinom ohne Treibermutation in der molekularpathologischen NGS-basierten Analyse. Erstlinientherapie: 4 Zyklen CT (Cisplatin/Carboplatin, Pemetrexed, Pembrolizumab). Anschließend 5 Zyklen einer Erhaltungstherapie mit Pemetrexed/Pembrolizumab bzw. Pembrolizumab-Monotherapie (07/2019 bis 01/2020). Hierunter im CT nachgewiesener lokaler Tumorprogress. Bei Nieraucherstatus wurde eine erneute diesmal Archer-basierte molekulare Diagnostik mittels Videothorakoskopie mit Keilresektion durchgeführt.

    Eine Genfusion im NRG1-Gen wurde nachgewiesen. Wegen des im März 2020 Pandemie bedingten Lockdowns, konnte die Patientin im Ausland nicht an einer randomisierten Studie teilnehmen, sodass mittels early access program eine zielgerichtete Tumortherapie mit Zenocutuzumab in 3-wöchentlichen Zyklen von 04/2020 bis 11/2020 durchgeführt. Das Karzinom sprach in Form von einer partiellen Remission auf die Antikörpertherapie an. Neben Husten und radiologischem Monitoring ließ sich die Wirkung exzellent am Tumormarker CA19-9 zeigen.

    11/2020 PET-CT und Nachweis von „slow progress“ mit steigendem CA19-9. Folgend der ESMO-Empfehlung Umstellung auf die 3.-Linientherapie mit Afatinib (11/2020 – 08/2021), hierunter Tumorstabilisierung bei erhöhter Dosis von 50mg/d, jedoch mit relevanten Nebenwirkungen wie chronischen Durchfällen. Auch die Chemotherapie (Carboplatin/Gemcitabine) konnte wegen Nebenwirkungen nur mit 2 Zyklen appliziert werden. Zusätzlich fielen in der Diagnostik symptomatische Hirnfiliae auf.

    Aus dieser Kasuistik mit Lungenkarzinomen ohne Nachweis von Treibermutationen in der Erstdiagnostik, Nie-Raucher-Status und fehlendem Ansprechen auf die Erstlinientherapie lässt sich ableiten, dass Gewebeentnahmen und molekularbiologische Diagnostik zu wiederholen sind, um eventuell doch eine individualisierte Pharmakotherapie durchführen zu können. In diesem Fall ist es die erste Patientin in Deutschland, die die zielgerichtete NRG-1-Fusions Therapie erhalten hat.


    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    11. Mai 2022

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