Einleitung Eine hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH) ist eine sehr seltene Erkrankung,
deren primäre Form rezessiv vererbt wird und meist familiär gehäuft auftritt. Weltweit
sind nur einige hunderte Fälle publiziert. Die HLH zeichnet sich durch eine Hyperinflammation
bei einer Überaktivierung des Immunsystems aus. Symptomatisch wird die Erkrankung
im Kindesalter meist mit anhaltendem Fieber, (Hepato-)Splenomegalie und Bi-/Panzytopenie.
Unbehandelt verläuft sie letal.
Fallbericht Die 40-jährige IV.Gravida II.Para stellte sich bei 24+6 SSW zur differenzierten Fehlbildungsdiagnostik
vor. Im Rahmen der Pränataldiagnostik ergaben sich keine fetalen Auffälligkeiten,
sodass die Patientin keine weitere (invasive) Diagnostik wünschte. Familien- und eigenanamnestisch
gab die Patientin mit Ausnahme eines Nikotinabusus keine Auffälligkeiten an. Die Schwangerschaft
verlief in der Folge unauffällig.
In der 34+5 SSW erfolgte die Vorstellung in der Entbindungsklinik. (Doppler-)sonographisch
ergaben sich auch hier keine Auffälligkeiten.
In der 37+6 SSW stellte sich die Patientin mit einer vaginalen Blutung und abnehmenden
Kindsbewegungen notfällig im Kreißsaal vor. Sonographisch zeigten sich bei unauffälligem
Schätzgewicht ein neu aufgetretenes Polyhydramnion, ein grenzwertig fetaler Doppler
sowie eine neu aufgetretene Hepatomegalie unklarer Genese mit Aszites. Bei pathologischem
CTG erfolgte die eilige Sectio caesarea komplikationslos noch am Aufnahmetag.
Ein Junge mit APGAR 7/8/8 pH-Wert 7,23 BE von -5 mmol/L wurde geboren. Postnatal erfolgte
bei paralleler Notwendigkeit einer CPAP-Beatmung die Übernahme auf die neonatologische
Intensivstation. Laborchemisch fielen eine Hypofibrinogenämie, Panzytopenie, erhöhtes
Ferritin sowie ein erhöhter Interleukin-2-Rezeptor auf. Der Verdacht einer kongenitalen
HLH wurde gestellt und eine Chemotherapie eingeleitet. Am 57. Lebenstag erfolgte die
allogene Stammzelltransplantation. Am 85. Lebenstag schlief das Kind nach kontinuierlicher
Verschlechterung des Allgemeinzustandes in den Armen der Mutter ein.
Diskussion Bisher sind nur wenige Fälle einer hämophagozytischen Lymphohistiozytose in der Literatur
beschrieben. Dieser Fallbericht unterstreicht die Notwendigkeit bei auch pränatal
aufgetretenen Auffälligkeiten differenzialdiagnostisch an seltene (maligne) Erkrankungen
zu denken, welche potentiell fulminant und letal verlaufen können. Bei einer familiären
Häufung solcher seltenen Erkrankungen sollte eine invasive pränatale Diagnostik im
frühen Schwangerschaftsalter durchgeführt werden, um eine suffiziente und schnelle
Behandlung postnatal durchführen zu können. Eine routinemäßige Durchführung der invasiven
pränatalen Untersuchungen ist jedoch im Hinblick auf das seltene Auftreten nicht sinnvoll.