Aktuelle Dermatologie 2017; 43(01/02): 6
DOI: 10.1055/s-0043-101322
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Totgeglaubte leben länger – der Epikutantest

There is Life in the Old Dog Yet – the Epicutaneous Patch Test
Christiane Bayerl
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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie, Hauttumorzentrum Wiesbaden
HELIOS Dr. Horst Schmidt Kliniken
Ludwig-Erhard-Straße 100
65199 Wiesbaden

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Publication Date:
14 February 2017 (online)

 
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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

Stirbt der Epikutantest aus? Nach der 12. Novellierung des deutschen Arztneimittelgesetzes 2004 gelten Epikutantestsubstanzen nach §4 Abs. 5 AMG als Arzneimittel. Entsprechend unterliegen sie aufwändigen Zulassungsbestimmungen, die für die Hersteller nicht mehr lohnend sind. Klinische Epikutanteststudien sind immer komplexer in der Planung geworden. Es liegen auch beim Paul Ehrlich Institut keine Anträge auf Zulassung dieser fehlenden Diagnostika vor – es fehlen z. B.: Dispers blau 106 und 124 als Leder- und Textilfarben, p-tert-Butylphenylglycidether für das Baugewerbe/Kunstharze/Kleber, etc. [1].

Für Epikutantestungen besteht eine Anzeigepflicht bei der zuständigen Überwachungsbehörde nach § 67 Allgemeine Anzeigepflicht (AMG) seit 2009, d. h. jede Praxis, die Epikutantestungen durchführt, hat dies formlos der zuständigen Arzneimittelüberwachungsstelle des Bundeslandes zu melden (GCP-Inspektorate der Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten). In manchen Bundesländern sind die Regierungspräsidien, in anderen die Gewerbeaufsichtsämter zuständig. Änderungen der Testreihen finden Sie unter http://dkg.ivdk.org/dkgblo.html [1].

Bei einigen Dermatosen erlebt der Epikutantest erstmals eine Würdigung. Eine ungarische Studie hat Kontaktallergien bei 82 Rosazea-Patienten untersucht. Bei 29 Patienten (35 %) fand sich ein klinisch relevantes positives Epikutantestergebnis. Am häufigsten wurde Nickel, Perubalsam und Duftstoffmix I gefunden. Relevante Kontaktallergien bestanden an erster Stelle auf Kosmetika (46 %), dann auf Waschsubstanzen (38 %), gefolgt von Gesichtcremes und Make-ups (20 %). 28 % reagierten auf Komponenten eines therapeutisch eingesetzten Externums. Die klinische Symptomatik bestand bei 6 Patienten bereits seit 10 Jahren [2]. Zudem mehren sich Kasuistiken zu den neuen Therapieoptionen bei Rosazea, z. B. dem Brimonidintartrat. Der Alpha-2-Rezepor-Agonist mit spezifischer Wirkung am Gefäßsystem der Haut kann das „Erröten“ über eine Vasokonstriktion zurückdrängen. Die Wirkung ist hochselektiv für die Haut und das Auge. Sehr selten wird die Substanz als Allergen diagnostiziert; nach neusten Berichten nun auch bei Patienten, die nicht zuvor über die Anwendung von Brimonidintartrat in Augentropfen sensibilisiert worden waren [3]. Es zeigen sich damit Parallelen zu den Kontaktallergiedaten bei der perioralen Dermatitis. Bei diesem Krankheitsbild wurden ebenfalls Allergene aus Kosmetika und Körperpflegeprodukten bei jungen Frauen und Allergene aus topischer Medikation, z. B. aus Augenpräparaten gefunden [4].

In-vitro-Verfahren wie der Lymphozytentransformationstest (LTT) sind nicht für die Routine-Diagnostik etabliert. Der Epikutantest wird uns bleiben und wir sollten ihn öfter einsetzen bei Rosazea und perioraler Dermatitis. Er mag als diagnostische Methode noch so althergebracht wirken, wir brauchen ihn.

Christiane Bayerl, Wiesbaden


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  • Literatur

  • 1 Geier J, Mahler V. Aktuelles zu den Epikutantestreihen der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe. Dermatologie in Beruf und Umwelt 2016; 64: 70-75
  • 2 Ponyai G, Kiss D, M’meth I, Temesvári E. Contact hypersensitivity in rosacea – a study in 82 patients. J Eur Acad Dermatol Venereol 2012; 26: 1171-1172
  • 3 Bangsgaard N, Fischer LAN, Zachariae C. Sensitization to and allergic contact dermatitis caused by Mirvaso (brimonidine tartrate) for treatment of rosacea – 2 cases. Contact Dermatitis 2016; 74: 373-384
  • 4 Landeck L, John SM, Geier J. Periorbital dermatitis in 4779 patients – patch test results during a 10-year period. Contact Dermatitis 2014; 70: 205-212

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HELIOS Dr. Horst Schmidt Kliniken
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  • Literatur

  • 1 Geier J, Mahler V. Aktuelles zu den Epikutantestreihen der Deutschen Kontaktallergie-Gruppe. Dermatologie in Beruf und Umwelt 2016; 64: 70-75
  • 2 Ponyai G, Kiss D, M’meth I, Temesvári E. Contact hypersensitivity in rosacea – a study in 82 patients. J Eur Acad Dermatol Venereol 2012; 26: 1171-1172
  • 3 Bangsgaard N, Fischer LAN, Zachariae C. Sensitization to and allergic contact dermatitis caused by Mirvaso (brimonidine tartrate) for treatment of rosacea – 2 cases. Contact Dermatitis 2016; 74: 373-384
  • 4 Landeck L, John SM, Geier J. Periorbital dermatitis in 4779 patients – patch test results during a 10-year period. Contact Dermatitis 2014; 70: 205-212

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