Key words
MRI - pacemaker - ICD - guideline - MRI safety
Einleitung
Ein implantiertes Herzschrittmacher- (SM) oder Cardioverter-Defibrillator- (ICD) System
wurde lange als eine absolute Kontraindikation für die Durchführung einer MR-Untersuchung
angesehen. Studien verschiedener Arbeitsgruppen innerhalb der letzten 15 Jahre konnten
jedoch zeigen, dass die Durchführung von MR-Untersuchungen bei Patienten mit konventionellen
SM/ICD-Systemen unter Abwägung des individuellen Nutzen-Risiko-Profils als Einzelfallentscheidung
und als zulassungsüberschreitende Anwendung („off-label use“) unter dezidierten Sicherheitsvorkehrungen
mit einem vertretbaren Risiko möglich ist [1]
[2]
[3]
[4]
[5]
[6]
[7]
[8]
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[10]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18]
[19]
[20]. Im Jahr 2008 wurde erstmals ein europäisches Positionspapier zu dieser Thematik
unter Mitwirkung entsprechender Expertengruppen aus Kardiologie und Radiologie veröffentlicht
und die Präsenz von SM/ICD-Systemen als relative MR-Kontraindikation neu klassifiziert
[1].
Im Jahr 2008 wurden erstmals sogenannte bedingt MR-sichere („MR conditional“) Schrittmachersysteme
eingeführt, die inzwischen von allen großen SM-Herstellern angeboten werden. Diese
Systeme – definiert als funktionelle Einheit von Schrittmacheraggregat, Elektroden
und Programmierung – sind unter bestimmten Rahmenbedingungen für die Durchführung
einer MR-Untersuchung getestet und zugelassen.
Die Erfahrungen der letzten Jahre in Deutschland zeigen, dass der Umgang mit den Systemen
sehr unterschiedlich ist. Während einige spezialisierte Zentren auch bei Patienten
mit konventionellen SM/ICD-Systemen MR-Untersuchungen als zulassungsüberschreitende
Anwendung („off-label use“) bei entsprechender Indikation unter den empfohlenen dezidierten
Sicherheitsvorkehrungen durchführen, werden in vielen Einrichtungen – auch bei Vorliegen
eines „MR-conditional“ Systems – Patienten mit Schrittmachern oder ICDs grundsätzlich
abgelehnt. Ein Grund hierfür ist, dass sowohl auf Seiten der Radiologie als auch der
Kardiologie ein erheblicher Informationsbedarf und auch Rechtsunsicherheit besteht,
wie in der klinischen Routine mit diesen neuen Entwicklungen und der teilweise sehr
komplexen und fachübergreifenden Thematik konkret umgegangen werden soll.
Aktualisierte Empfehlungen/Richtlinien zu der Thematik wurden 2013 von der Europäischen
Gesellschaft für Kardiologie (ESC) [21] und 2015 von der Deutschen Röntgengesellschaft [22] veröffentlicht, beziehen sich aber – insbesondere bei der ESC-Publikation – schwerpunktmäßig
auf den eigenen Fachbereich und beinhalten kein abgestimmtes und von beiden Fachgesellschaften
ratifiziertes Vorgehen.
In diesem gemeinsamen Konsensuspapier der der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG)
und der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) werden der physikalische und
elektrophysiologische Hintergrund dargestellt sowie konkrete Handlungsempfehlungen
zum prozeduralen Management von Patienten mit SM und ICDs ausgesprochen. Insbesondere
die Schnittstellen der Verantwortlichkeiten zwischen Radiologie und Kardiologie bezüglich
Patientenaufklärung, Indikationsstellung, Monitoring und SM/ICD-Umprogrammierung werden
dezidiert diskutiert.
Die folgenden Empfehlungen betreffen das gesamte klinische Spektrum von MR-Untersuchungen.
Auf die Magnetresonanztomografie des Herzens, die zwar an der Gesamtzahl der MR-Untersuchungen
nur einen relativ kleinen Anteil repräsentiert, aber in der Abklärung kardiologischer
Krankheitsbilder eine zunehmende Bedeutung erlangt, wird gesondert eingegangen.
MR-Untersuchungen bei Patienten mit aktiven Implantaten – physikalischer und elektrophysiologischer
Hintergrund
MR-Untersuchungen bei Patienten mit aktiven Implantaten – physikalischer und elektrophysiologischer
Hintergrund
Zwischen aktiven Implantaten und Magnetresonanztomografen kann es zu Wechselwirkungen
kommen, die sich auf die Interaktion mit den im MR-System verwendeten elektromagnetischen
Feldern, also dem statischen Magnetfeld (B0), den Gradientenfeldern (Gx, Gy, Gz) und dem Hochfrequenzfeld (B1), zurückführen lassen.
Das statische Magnetfeld weist in den meisten klinischen MR-Systemen eine Feldstärke
von 0,5 – 3,0 Tesla auf und ist notwendig, um die zur Bildgebung erforderliche Kernmagnetisierung
zu erreichen. Dieses starke statische Magnetfeld wirkt auf die ferromagnetischen Komponenten
eines Implantats. Diese erfahren dadurch eine Zugkraft (Translationskraft), die im
Bereich der Öffnung des MR-Tunnels – also am Ort des größten Feldgradienten des statischen
Magnetfeldes- maximal ist, sowie ein Drehmoment, welches im Zentrum des MR-Tunnels
am ausgeprägtesten ist. Diese Kräfte können zwar bei älteren Schrittmachermodellen
in Einzelfällen zu Traktions-/Missempfindungen im Bereich der Schrittmachertasche
führen, sind aber nicht groß genug, um eingewachsene Aggregate oder Sonden zu dislozieren.
In moderneren aktiven kardialen Implantaten sind die ferromagnetischen Komponenten
deutlich verringert worden, sodass sich die wirkenden Kräfte ca. um den Faktor 10
reduziert haben und geringer sind als die auf sie wirkende Gravitationskraft [8].
Ältere SM und ICDs verwenden als Steuerungselement einen mechanischen Schalter, den
sogenannten „Reed switch“. Diese Schalter werden durch ein schwaches magnetisches Feld in Form eines Handmagneten
aktiviert (geschlossen), wodurch bei Herzschrittmachern ein Umschalten in den asynchronen
Stimulationsmodus (D00 oder V00) mit Deaktivierung der Wahrnehmungsfunktion, bei ICDs
die Deaktivierung der Tachykardieerkennung bewirkt wird. Das Verhalten dieser mechanischen
Reed-Schalter ist aber in dem starken statischen Magnetfeld eines MR-Systems dysfunktional.
Da im Zentrum des MR-Tunnels die Wirkung des Drehmoments überwiegt, bleiben die Schalter
in der Hälfte der Fälle deaktiviert (geöffnet) [9]. Da das Verhalten des Reed-Schalters im Einzelfall nicht vorhersehbar ist, besteht
während einer MR-Untersuchung ein potenzielles Sicherheitsrisiko, z. B. durch unkontrollierte
asynchrone Stimulationen. In aktuellen – und insbesondere in allen bedingt MR-sicheren
– Geräten wurden anstelle der mechanischen Reed-Schalter elektronische Bauelemente
in Form von Hallsensoren als Magnetfelddetektoren eingesetzt, welche auch in dem starken
statischen Magnetfeld eines MR-Systems regelrecht funktionieren.
Bewegungen im statischen Magnetfeld, aber auch induzierte Spannungen durch die Gradienten-
und Hochfrequenzfelder, können bei älteren konventionellen SM/ICD-Systemen zu einem
elektrischen Neustart („electrical reset“) führen mit Aktivierung eines Notfallmodus (in der Regel VVI). Dies kann dazu führen,
dass für den individuellen Patienten suboptimale Stimulationsmodi/-parameter aktiviert
oder Schutzprogrammierungen (antitachykarde Funktionen) zurückgesetzt werden. Diese
elektrischen Neustarts stellen somit ein potenzielles Sicherheitsrisiko dar, treten
aber bei bedingt MR-fähigen SM/ICD-Systemen durch Modifikationen und verbesserte Protektionen
der internen Schaltkreise nach bisherigem Kenntnisstand nicht mehr auf.
Die Gradientenfelder werden während der MR-Bildgebung geschaltet, um eine räumliche
Zuordnung des MR-Signals zu erreichen. Diese Magnetfelder haben eine maximale Steilheit
bis zu 80 mT/m und können im Submillisekundenbereich ein- und ausgeschaltet werden
(Anstiegsrate/slew rate bis 200 T/m/s). Die Gradientenfelder sind also zeitlich variable
elektromagnetische Felder, die somit Spannungspulse in den Elektroden eines SM- oder
ICD-Systems induzieren können. Diese Spannungspulse können vom SM/ICD-System einerseits
als vermeintliche Eigenaktionen des Herzens wahrgenommen werden mit konsekutiver Inhibierung
der SM-Stimulation, anderseits im ungünstigsten Fall zu einem Stimulationsimpuls mit
asynchroner Myokardstimulation führen. Bedingt MR-sichere Herzschrittmacher werden
so konstruiert, dass das Risiko der Stimulation des Herzens durch Modifikationen von
elektrischen Filtern und Schutzschaltungen im Aggregat nach bisherigem Kenntnisstand
weitgehend ausgeschlossen ist.
Die komplexesten und bedeutsamsten Wechselwirkungen entstehen zwischen Implantat und
dem Hochfrequenzfeld des MR-Systems. Dieses Hochfrequenzfeld bewirkt eine resonante Anregung
der Wasserstoffprotonen und dient der Signalerzeugung. Die Frequenz dieses als Hochfrequenz
(HF)- oder auch Radiofrequenz (RF)-Feld bezeichneten Feldes hängt über das gyromagnetische
Verhältnis von der magnetischen Flussdichte ab und beträgt bei 1,5 Tesla Magnetfeldstärke
ca. 64 MHz bzw. entsprechend bei 3,0 Tesla ca. 128 MHz. Diese HF-Felder sind elektromagnetische
Wellen, besitzen also neben der magnetischen eine elektrische Feldkomponente, die
mit der leitfähigen Elektrode des Implantats wechselwirken kann. Im menschlichen Körper
beträgt die Wellenlänge des HF-Feldes bei 1,5 Tesla aufgrund der hohen Dielektrizitätskonstante
des menschlichen Gewebes ungefähr 50 cm, bei 3,0 Tesla entsprechend 25 cm. Falls SM-
oder ICD-Elektroden eine Länge von ganzen bzw. halbzahligen Vielfachen der Wellenlänge
dieser Hochfrequenzpulse aufweisen, kann es zu stehenden Wellen und über Resonanzeffekte
zu besonders hohen Energiedepositionen an den Elektrodenspitzen kommen. Wie eine Antenne
kann die Elektrode das HF-Signal auffangen, lokal verstärken und dessen Energie an
die Elektrodenspitze und von dort an das Herzmuskelgewebe weitergeben, was dann zu
thermischen Gewebeschäden und irreversiblen Reizschwellenanstiegen führen kann. Wie
hoch die Energieaufnahme und Weiterleitung an das Gewebe ist, hängt von vielen Faktoren
ab, z. B. von Lage und Verlauf der Elektrode im Patienten, der Position des Patienten
im MR-System, dem Aufbau und der Isolation der Elektrode sowie dem elektrischen Aufbau
der im System verwendeten HF-Sendespule. Sowohl in Phantomexperimenten mit realistischen
Aggregat-Elektrodenkonfigurationen (rechts- und linkspektoral implantierte Aggregate)
als auch in Tierexperimenten wurde gezeigt, dass das HF-Feld bei bestimmten Positionen
der Elektroden eine deutliche Temperaturerhöhung (ΔT bis 65° C) an der Elektrodenspitze
induzieren kann (7, 10, 20). Durch die Ankopplung eines Aggregates an die Elektrode
wird die HF-induzierte Erwärmung der Elektrodenspitze eher reduziert. Dies bedeutet
umgekehrt, dass bei stillgelegten implantierten Elektroden („abandoned leads“) die
Gefahr einer potenziellen Elektrodenerwärmung erhöht ist.
Die Frequenz des HF-Feldes ist zwar viel zu hoch, als dass es hierdurch zu einer direkten
Depolarisation der Herzmuskelzelle und somit zu Herzkontraktionen kommen könnte, allerdings
sind grundsätzlich Gleichrichtungsprozesse, z. B. über die nicht lineare Antwort einer
Schutzdiode im Aggregat möglich. Dies kann zur Herzstimulation und zur Induktion von
Tachykardien führen. Weiterhin kann das HF-Feld im Rahmen dieser Gleichrichtungsprozesse
– ähnlich wie auch die Gradientenfelder – zur Inhibition des Schrittmachers sowie
zu fehlerhaften Tachykardietherapien führen.
Inzidenz von Komplikationen im MRT bei Schrittmacher- und ICD-Patienten
Inzidenz von Komplikationen im MRT bei Schrittmacher- und ICD-Patienten
Die tatsächliche Inzidenz von Komplikationen bei MR-Untersuchungen von Patienten mit
konventionellen SM- oder ICD-Systemen ist grundsätzlich nicht aus real world bzw. Registerdaten zu erheben, da MR-Untersuchungen bei dieser Patientengruppe bis
vor kurzem als kontraindiziert angesehen wurden. Verfügbar sind nur vereinzelte Komplikationsmeldungen
aus Fallberichten von Patienten, die in Unkenntnis der Präsenz eines SM/ICD-Systems
eine MR-Untersuchung ohne dezidierte Sicherheitsmaßnahmen erhalten haben. Hierunter
fallen u. a. Berichte von MR-induzierten irreversiblen Funktionsstörungen von ICD-Systemen,
MR-induzierte Asystolie durch Inhibierung der Stimulationsfunktion des SM sowie mindestens
6 Fälle mit letalem Ausgang, in 3 von diesen 6 Fällen durch die Induktion von Kammerflimmern
[27]
[28]. Weder die wahre Zahl der MR-bezogenen Komplikationen noch die Bezugsgröße, nämlich
die Zahl aller Patienten, die eine solche „akzidentelle“ MR-Untersuchung erhalten
haben, sind bekannt.
Alternativ kann man daher nur die kontrollierten Studien, bei denen Patienten mit
konventionellen SM/ICD-Systemen unter dezidierten Sicherheitsmaßnahmen und nach detaillierter
Überprüfung der SM/ICD-Funktion einer MR-Untersuchung unterzogen wurden, heranziehen
[2]
[3]
[5]
[7]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18].
In keiner dieser Studien mit einer kumulativen Gesamtzahl von über 1000 Patienten
wurde unter kontrollierten Bedingungen eine klinisch relevante Komplikation (behandlungspflichtige
Brady- oder Tachyarrythmie, Elektrodendysfunktion mit der Notwendigkeit der Elektrodenrevision,
Schäden von Teilkomponenten oder der Gesamtintegretät des Schrittmachers mit der Notwendigkeit
des Aggregatwechsels, Myokardinfarkt, Perikardperforation, Tod) mitgeteilt.
Es wurden allerdings diverse MR-induzierter Effekte beobachtet, die aber in keinem
Fall die Patientensicherheit gefährdeten. Hier seien auszugsweise erwähnt:
Nach der MR-Untersuchung wurden bei Schrittmacherpatienten zwar statistisch signifikante,
aber nur sehr kleine und klinisch nicht relevante Änderungen der Reizschwelle, Impedanz
und Batteriespannung [2] sowie bei ICD-Patienten Verlängerungen der Ladezeit und Abnahme der Batteriespannung
[26] beobachtet. Eine kleine (< 20 %) Änderung der elektrischen Amplitude im rechten
Vorhof bzw. rechten Ventrikel wurde bei ungefähr 80 % respektive 90 % der Device-Patienten
beobachtet [3].
Bei den in den letzten Jahren eingeführten bedingt MR-sicheren („MR conditional“)
SM- und ICD-Systemen, die für MR-Untersuchungen getestet und zugelassen wurden, gibt
es – insbesondere im Rahmen des von der U.S. Food and Drug Administration (FDA) geforderten
Zulassungsverfahrens- mehrere prospektive randomisierte klinische Studien zur Sicherheit
dieser Implante. In keiner dieser Studien traten bei Einhaltung der spezifischen Nutzungsbedingungen
relevante MR-induzierte Ereignisse oder die Patientensicherheit betreffende Komplikationen
auf [29]
[30]
[31]
[32].
MR-Untersuchungen bei Patienten mit konventionellen Herzschrittmachersystemen
MR-Untersuchungen bei Patienten mit konventionellen Herzschrittmachersystemen
Indikationsstellung und -überprüfung bei konventionellen Schrittmachern
Die klinische Dringlichkeit und therapeutische Konsequenz der angeforderten MR-Untersuchung
muss durch den klinischen Zuweiser sowie das Fehlen adäquater bildgebender Alternativen
durch den zuständigen Radiologen dokumentiert werden. Die Durchführung oder Ablehnung
der Untersuchung erfolgt als interdisziplinäre Einzelfallentscheidung zwischen Zuweiser,
Kardiologen und Radiologen.
Maßgeblich für diese Entscheidung ist die Abschätzung des individuellen Nutzen-Risiko-Verhältnisses
unter Berücksichtigung des elektrophysiologischen Risikoprofils ([Tab. 1]), des spezifischen Risikos der jeweiligen MR-Untersuchungsregion ([Tab. 2]) sowie der lokalen Gegebenheiten (Expertise und Kooperation von radiologischem und
kardiologischem Personal vor Ort, Gewährleistung einer qualifizierten Patientenüberwachung
während der MR-Untersuchung sowie eines adäquaten Managements eventueller Notfallsituationen).
Tab. 1
Risikoerhöhende elektrophysiologische Parameter bei MR-Untersuchungen von SM-Patienten
(modifiziert nach [22]).
Elektrophysiologische Parameter
|
Erhöhtes Gefährdungspotenzial
|
Schrittmacherabhängigkeit des Patienten
|
|
vulnerables Myokard (akuter/subakuter Myokardinfarkt, floride Myokarditis), arrhythmogenes
Substrat/strukturelle Herzerkrankung
|
erhöhtes Risiko für die Induktion von Kammerflimmern/ventrikulären Tachykardien durch
Spannungsinduktion in den Elektroden durch Gradientenfelder oder gleichgerichtete
(„rectified“) HF-Felder
|
gekappte/stillgelegte Schrittmacherelektroden/Sondenfragmente
|
erhöhtes Risiko für HF-induzierte Gewebserwärmung an der Elektrodenspitze bei gekappten/stillgelegte
(„abandoned“) Elektroden im Vergleich zu mit dem SM-Aggregat konnektierten Elektroden
|
zusätzliche Elektroden (z. B. Sinus coronarius-, epikardiale Elektroden)
Elektrodenverlängerung, -adapter
|
erhöhtes/unbekanntes Risiko für HF-induzierte Erwärmungseffekte an der Elektrodenspitze
durch Addition der einzelnen Antenneneffekte bzw. Verlängerung der Antennenstrecke
der Elektroden
|
Elektrodendefekt
|
erhöhtes Risiko für HF-induzierte Erwärmungseffekte an der Elektrodenspitze oder an
Elektrodenbruchstellen
|
metallische kardiale oder extrakardiale Implantate (Länge> 5 cm) in unmittelbarer
Nähe (< 4 cm) der Elektroden
|
erhöhtes Risiko für HF-induzierte Erwärmungseffekte an der Elektrodenspitze durch
Addition der einzelnen Antenneneffekte
|
primär erhöhte Stimulationsreizschwellen
|
insuffiziente Stimulation bei HF-induzierter Gewebserwärmung an der Elektrodenspitze
mit weiterer Erhöhung der Reizschwellen
|
niedrige Batteriespannung (ERI-, EOL-Kriterien)
|
erhöhtes Risiko für Umschaltung in den Notfallmodus („electrical reset“), in der Regel
VVI
|
Implantationszeit < 6 Wochen
|
instabile Reizschwellen in der Einheilungsphase der Elektroden; Sondendislokation
extrem unwahrscheinlich (keine ausreichenden klinischen Daten hierzu verfügbar)
|
Tab. 2
Risikoabschätzung der MR-Untersuchungsregion bei MR-Untersuchungen von Schrittmacher-Patienten
(modifiziert nach [22]).
Risikoabschätzung der MR-Untersuchungsregion
|
Gefährdungspotenzial
|
MR-Untersuchungsregion: höheres Risiko
|
|
BWS, Herz/Thorax, Mamma, Schulter, (Oberarm u. Ellenbogen je nach spezifischer Lagerungsposition)
|
Elektrode komplett in HF-Sendespule mit vermehrter Einkopplung von HF-Energie und
potenziell erhöhten Erwärmungseffekten an der Elektrodenspitze
|
MR-Untersuchungsregion: niedrigeres Risiko
|
|
Hirn, Becken, Hüftgelenk, Knie, OSG/Fuß
|
Elektroden außerhalb/weitgehend außerhalb der HF-Sende-Spule mit nur geringer Einkopplung
von HF-Energie und nur minimalen Erwärmungseffekten an der Elektrodenspitze
|
Bei den in [Tab. 1] dargestellten elektrophysiologischen Risikoparametern sind insbesondere die ersten
drei Punkte – 1. SM-Abhängigkeit, 2. vulnerables Myokard/myokardiale Texturstörungen
mit erhöhter Disposition für das Auftreten höhergradiger Rhythmusstörungen sowie 3.
gekappte/stillgelegte SM-Elektroden – als deutlich risikoerhöhend für eine MR-Untersuchung
bei einem Patienten mit einem konventionellen SM-System hervorzuheben. In diesen Fällen
muss die Indikation besonders streng gestellt werden, keiner der drei Punkte impliziert
aber per se die Ablehnung einer MR-Untersuchung, wenn unter Berücksichtigung des zu
erwartenden klinischen Nutzens sowie des spezifischen Risikos der MR-Untersuchungsregion
das Nutzen-Risiko-Verhältnis insgesamt als positiv für den Patienten eingeschätzt
wird [22].
Patientenaufklärung bei konventionellen Schrittmachern
Der Patient muss in einem angemessenen Zeitraum vor der MR-Untersuchung über die folgende
Umstände und Risiken dezidiert aufgeklärt werden [22]:
-
Es handelt sich bei der MR-Untersuchung von Patienten mit konventionellen SM-Systemen
um eine zulassungsüberschreitende Anwendung („off-label use“) mit einer individuellen
Einzelfallentscheidung der behandelnden Ärzte. Es existiert keine Zulassung der zuständigen
Behörden für die Durchführung der MR-Untersuchung, weder die SM- noch die MR-Hersteller
haften für auftretende Schäden/Komplikationen.
-
Die MR-Untersuchung eines Patienten mit einem konventionellen SM-System beinhaltet
die folgenden potenziellen Risiken und Komplikationen
-
Beschädigung des SM-Systems bis hin zum vollständigen Funktionsausfall und der Notwendigkeit
des Aggregatwechsels.
-
Fehlfunktion der SM-Elektroden – z. B. durch erwärmungsbedingte irreversible Erhöhung
der Reizschwelle – mit der Notwendigkeit der Elektrodenrevision.
-
Erwärmung der SM-Elektroden mit thermischen Schäden des Herzmuskels (akut oder chronisch)
und ineffektiver SM-Stimulation als potenziell lebensbedrohliche Komplikation bei
absolut schrittmacherabhängigen Patienten.
-
Induktion von potenziell lebensbedrohlichen tachykarden Herzrhythmusstörungen.
-
Inhibierung der SM-Therapie von spontan während der MR-Untersuchung auftretenden bradykarden
Rhythmusstörungen mit potenziell lebensbedrohlichen Folgen bei absolut SM-abhängigen
Patienten.
Das Auftreten der oben beschriebenen Risiken kann durch die Einhaltung dezidierter
Sicherheitsmaßnahmen minimiert werden, diese Risiken können aber nicht vollständig
ausgeschlossen werden und sind im Einzelfall nicht quantifizierbar.
Umprogrammierungsstrategien bei konventionellen Schrittmachern
Bei der Umprogrammierungsstrategie konventioneller SM-Systeme müssen folgende mögliche
Interaktionen zwischen dem SM-System und den elektromagnetischen Feldern des MR-Systems
berücksichtigt werden:
-
Die gepulsten MR-Felder können zu einer kompletten Inhibition des SM führen mit einem
entsprechenden Gefährdungspotenzial für absolut SM-abhängige Patienten.
-
Bei älteren SM-Modellen mit einem Reed-Schalter führt die Aktivierung des Reed-Schalters
durch das statische magnetische Feld (Wahrscheinlichkeit 50 %) zu einer asynchronen
Stimulation mit der SM--spezifischen Stimulationsfrequenz (herstellerabhängig zwischen
85 und 100/min). Bei Patienten mit entsprechend hohen intrinsischen Herzfrequenzen
können so – potenziell arrhythmogen wirkende – konkurrierende Rhythmen auftreten.
-
Die durch die MR-Felder induzierte vom SM wahrgenommene elektromagnetische Interferenz
kann dazu führen, dass der SM nicht mehr zwischen elektromagnetischer Interferenz
und intrinsischer Herzaktivität diskriminieren kann und deshalb in einen Schutzmodus
mit temporärer asynchroner Stimulation wechselt (sogenannter Interferenzmodus). Auch
hier besteht – analog zu Punkt 2 – das potenzielle Risiko konkurrierender Rhythmen.
-
Ein durch die elektromagnetischen Wechselfelder des MR-Systems induzierter Spannungsabfall
der Batterie kann zum Umschalten in einen Notfallmodus (electrical reset) führen mit standardmäßiger VVI-Programmierung. Ein Gefährdungspotenzial besteht
dann, wenn bei einem absolut SM-abhängigen Patienten die ursprüngliche Programmierung
von V00 / D00 auf VVI wechselt und der SM somit durch die gepulsten MR-Felder komplett
inhibiert werden kann.
Vor diesem Hintergrund wird das folgende Vorgehen empfohlen, das die im Jahr 2013
publizierten ESC-Guidelines on Cardiac Pacing and Cardiac Resynchronisation Therapy
[21] konkretisiert und um praktische Handlungsanweisungen in der Zusammenarbeit zwischen
behandelndem Kardiologen und Radiologen ergänzt:
-
Bei absolut SM-abhängigen Patienten (definiert als Eigenrhythmus < 30/min) und nicht
absolut SM-abhängigen Patienten mit permanenter symptomatischer Bradykardie (Eigenrhythmus
< 50/min, individuelle Abweichungen in Abhängigkeit von Symptomatik und Einschätzung
des Kardiologen möglich) soll ein asynchroner Modus (D00 oder V00) deutlich über der
Eigenfrequenz des Patienten programmiert werden. Idealerweise sollte die Umprogrammierung
vor und die Reprogrammierung nach der MR-Untersuchung möglichst zeitnah erfolgen.
Aus Praktikabilitäts- bzw. Logistikgründen und in Abhängigkeit von der individuellen
Einschätzung des betreuenden Kardiologen ist bei der initialen SM-Umprogrammierung
vor der MR-Untersuchung ein zeit- und ortsversetztes Vorgehen vertretbar ([Tab. 3]). Die Re-Programmierung des SM mit Wiederherstellung des ursprünglichen Modus, Überprüfung
der SM-Funktionalität sowie der Stimulationsreizschwellen muss unmittelbar nach der
MR-Untersuchung erfolgen.
-
Bei nicht absolut SM-abhängigen Patienten ohne permanente symptomatische Bradykardie
soll keine Umprogrammierung in einen asynchronen Modus erfolgen, um konkurrierende
Rhythmen (s.o) zu vermeiden.
Hier bestehen grundsätzlich 2 Optionen:
-
Inaktivierung der Stimulationsfunktion des SM
Die Inaktivierung der Stimulationsfunktion des SM erfolgt durch eine Umprogrammierung
in 0D0, 000 oder – falls beide Optionen bei älteren SM-Modellen nicht möglich sind
– eine Umprogrammierung des Stimulationsoutputs auf „subthreshold“. Dieses Vorgehen erfordert aus elektrophysiologischer Sicht die Um- und Reprogrammierung
des SM unmittelbar vor und unmittelbar nach der MR-Untersuchung vor Ort, um die Zeitspanne
der deaktivierten SM-Funktion möglichst kurz zu halten. Außerdem muss eine kurzfristige
– ggfs. notfallmäßige – Reprogrammierung des SM in seinen ursprünglichen Modus vor
Ort gewährleistet sein, um eine eventuell auftretende symptomatische bradykarde Episode
zu behandeln.
-
Umprogrammierung in den VVI/DDI-Modus
Der Vorteil bei diesem Vorgehen ist, dass die initiale Umprogrammierung des SM grundsätzlich
auch zeit- und ortsversetzt vor der MR-Untersuchung erfolgen kann, da der VVI-Modus
einen ausreichenden Schutz gegen bradykarde Episoden bietet. Empfohlen wird hier die
Umprogrammierung bis maximal 24 Stunden vor der MR-Untersuchung. Die Reprogrammierung
mit Wiederherstellung des ursprünglichen Modus, Überprüfung der SM-Funktionalität
sowie der Stimulationsreizschwellen muss unmittelbar nach der MR-Untersuchung erfolgen.
Ein Nachteil dieses Vorgehen ist, dass die folgenden zwei Szenarien auftreten können:
Trotz programmiertem VVI-Modus können während der MR-Untersuchung asynchrone Stimulationen
a) durch die Aktivierung des Reed-Schalters im statischen Magnetfeld oder b) durch
passageres Umschalten in den Interferenzmodus ausgelöst werden. Das Risiko, durch
diese asynchrone Stimulationen bei einem „normalen“ SM-Patienten ohne arrhythmogenes
Substrat ventrikuläre Tachykardien bzw. Kammerflimmern auszulösen, ist zwar aus elektrophysiologischer
Sicht sehr gering, kann aber naturgemäß nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen
werden. Dies unterstreicht die Notwendigkeit eines qualifizierten Monitorings während
der MR-Untersuchung mit der notfallmäßigen Option der zeitnahen Defibrillation durch
den Arzt vor Ort oder ein sofort verfügbares Notfallteam.
-
Der Stimulationspuls soll für schrittmacherabhängige wie nicht schrittmacherabhängige
Patienten auf das 4fache der Stimulationsreizschwelle oder 5,0 Volt/1,0 ms erhöht
werden, um einen eventuell auftretenden Anstieg der Stimulationsreizschwellen – infolge
einer Erwärmung der SM-Elektroden – zu kompensieren.
-
Die Wahrnehmungs- und Stimulationspolarität der SM-Elektroden soll (wenn möglich)
auf bipolar umprogrammiert werden.
-
Zusätzliche Stimulationsfunktionen (z. B. frequenzadaptierte Stimulation, antitachykarde
Stimulation) müssen deaktiviert werden.
-
Der Zeitpunkt der Umprogrammierung des SM in Bezug auf die MR-Untersuchung ist abhängig
vom elektrophysiologischen Status des Patienten ([Tab. 3]). Die Reprogrammierung des SM soll in jedem Fall unmittelbar nach der MR-Untersuchung
erfolgen, um eventuelle MR-induzierte Störungen des SM-Systems (z. B. electrical reset, Reizschwellenerhöhung, Batterieentladung) zu erfassen und den ursprünglichen – auf
den individuellen Patientenstatus optimierten – Modus wiederherzustellen.
-
Nach 3 Monaten sollte eine SM-Verlaufskontrolle zum Ausschluss von Langzeitschäden
(z. B. chronische Reizschwellenerhöhung durch Bildung von Narbengewebe) erfolgen.
Tab. 3
Empfehlungen zu Umprogrammierung und Monitoring bei MR-Untersuchungen von Pat. mit konventionellen Schrittmachern.
Pat.-Status
|
MR-Modus
|
Umprogrammierung prä-MRT
|
Monitoring während MRT
|
Reprogrammierung post-MRT
|
absolut SM-abhängig
|
D00, V00
|
orts- und zeitversetzt möglich, aber selber Tag wie MRT
|
Kardiologe vor Ort präsent
|
unmittelbar post-MRT
|
nicht SM-abhängig; stabile/permanente bradykarde HF
|
D00, V00
|
orts- und zeitversetzt möglich, aber selber Tag wie MRT
|
qualifiziertes ärztl. Personal vor Ort; Kardiologe im Stand-by notfallmäßig verfügbar
|
unmittelbar post-MRT
|
nicht SM-abhängig, keine stabile/permanente Bradykardie
Option A
|
0D0, 000
|
unmittelbar prä-MRT
|
qualifiziertes ärztl. Personal vor Ort; Kardiologe im Stand-by notfallmäßig verfügbar
|
unmittelbar post-MRT
|
nicht SM-abhängig, keine stabile/permanente Bradykardie
Option B
|
VVI, DDI
|
orts- und zeitversetzt möglich, innerhalb 48 Std. vor MRT
|
qualifiziertes ärztl. Personal vor Ort; Kardiologe im Stand-by notfallmäßig verfügbar
|
unmittelbar post-MRT
|
Monitoring bei konventionellen Schrittmachern
Eine entscheidende Sicherheitssäule im prozeduralen Management von Patienten mit konventionellen
SM-Systemen ist ein adäquates Monitoring der Vitalfunktionen, um potentiell lebensbedrohliche
Komplikationen – insbesondere das Auftreten tachy- oder bradykarder Rhythmusstörungen
– frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
MR-induzierte tachykarde Rhythmusstörungen (ventrikuläre Tachykardien/Kammerflimmern)
bei SM-Patienten können grundsätzlich auftreten
-
durch asynchrone SM-Stimulationen im Rahmen der oben beschriebenen Interaktionen des
SM-Systems mit den statischen und gepulsten MR-Feldern sowie
-
durch die von den elektromagnetischen MR-Felder in die Elektroden induzierten Spannungsimpulse
mit konsekutiver myokardialer Stimulation.
Bradykarde Rhythmusstörungen im Rahmen einer MR-Untersuchung können grundsätzlich
auftreten
-
bei nicht schrittmacherabhängigen Patienten mit intendierter programmierungsbedingter
Inaktivierung der Stimulationsfunktion (s. o.) durch spontane passagere bradykarde
Episoden im Rahmen der Grunderkrankung des Patienten,
-
bei absolut SM-abhängigen Patienten mit Programmierung in den D00-Modus durch MR-bedingten
„electrical reset“ in den VVI-Modus und Inhibierung der Stimulationsfunktion durch die gepulsten MR-Felder,
-
bei absolut SM-abhängigen Patienten durch ineffektive Stimulation in Folge der Erhöhung
der Reizschwellen durch thermische Schäden im Bereich der Elektrodenspitze
Obligat ist eine kontinuierliche pulsoximetrische Überwachung mit Darstellung der
peripheren Pulskurve und Messung der Sauerstoffsättigung mittels eines für das Patientenmonitoring
zertifizierten bedingt MR-sicheren Pulsoximeters. Des Weiteren soll ein zusätzliches
EKG-Monitoring mittels eines zertifizierten und bedingt MR-sicheren EKG-Geräts erfolgen.
Es ist jedoch zu beachten, dass selbst bei diesen EKG-Geräten die Registrierungen
während der MR-Bildgebung häufig stark artefaktüberlagert sind und oft nur in den
Sequenzpausen eine diagnostische Aussage erlauben.
Ein externer Defibrillator muss obligat vor Ort präsent sein. Des Weiteren muss grundsätzlich
ein Programmiergerät vor Ort präsent oder notfallmäßig verfügbar sein. Es wird darauf
hingewiesen, dass alle Notfallmaßnahmen am Patienten, die den Einsatz eines Defibrillators
oder Programmiergeräts oder anderweitigen Notfallequipments mit ferromagnetischen
Anteilen erfordern, obligat außerhalb des MR-Untersuchungsraumes erfolgen müssen,
da diese Gerätschaften in der Nähe des MR-Systems stark angezogen werden und damit
eine unmittelbare Gefährdung für Patient und Mitarbeiter darstellen. Der Patient muss
in dieser Notfallsituation also umgehend aus dem MR-System und aus dem Gefahrenbereich
des MR-Untersuchungsraums entfernt werden.
Ein Kardiologe soll bei Konstellationen mit höherem Risikoprofil ([Tab. 1]), v. a. bei absoluter SM-Abhängigkeit, gekappten/stillgelegten SM-Elektroden (einschließlich
in situ verbliebener Sondenfragmente), zusätzlichen Sonden bei CRT-Systemen sowie bei myokardialen
Texturstörungen mit potenziell arrhythmogenem Substrat (z. B. subakuter Myokardinfarkt,
floride Myokarditis) vor Ort präsent sein. Die Notwendigkeit der Präsenz eines Kardiologen
ergibt sich aus dem akuten Gefährdungspotenzial für den Patienten beim Auftreten bradykarder
und tachykarder Rhythmusstörungen und der Notwendigkeit einer sofortigen leitliniengerechten
Therapie.
Stillgelegte/gekappte („abandoned“) SM-Elektroden werden in den ESC-Leitlinien von
2013 [21] als absolute Kontraindikation für eine MR-Untersuchung ausgewiesen. Aus Sicht der
Autoren dieses Konsensuspapiers sind stillgelegte Elektroden – wie oben ausgeführt
– als deutlich risikoerhöhend anzusehen, eine MR-Untersuchung kann jedoch in begründeten
Einzelfällen bei gegebener klinischer Dringlichkeit und unter Berücksichtigung der
individuellen Risiko-Nutzen-Relation durchgeführt werden. Dies gilt insbesondere,
wenn die MR-Untersuchung den Thoraxbereich nicht betrifft sowie bei Patienten mit
fehlender absoluter Schrittmacherabhängigkeit. Hier handelt es sich um zwei typische
Konstellationen, bei denen sich das Hauptrisiko stillgelegter Elektroden, i. e. die
HF-induzierte Erwärmung mit Reizschwellenerhöhung und konsekutivem Stimulationsverlust,
relativiert.
Bei „unkomplizierten“ Konstellationen mit niedrigem Risikoprofil (nicht SM-abhängiger
Patient, keine MR-Untersuchung im Thoraxbereich, keine gekappten/stillgelegten Elektroden
oder anderweitigen risikoerhöhenden Parameter) kann das Monitoring durch entsprechend
qualifiziertes ärztliches Fachpersonal vor Ort durchgeführt werden, sofern ein Kardiologe
im Stand-By notfallmäßig verfügbar ist und eine leitliniengerechte Erstversorgung
bis zu dessen Eintreffen gewährleistet ist.
MR-bezogene Sicherheitsmaßnahmen bei konventionellen Schrittmachern
Die mit Abstand zahlreichsten klinischen Erfahrungen liegen an geschlossenen/zylindrischen
MR-Geräten mit einer Feldstärke von 1,5 Tesla vor, sodass bei einer geplanten MR-Untersuchung
von Patienten mit konventionellen Schrittmachern diese MR-Systeme definitiv zu präferieren
sind [3]
[13]
[14]
[16]
[23]
[24]
[25]
[26]. Bei einer Feldstärke von 3 Tesla gibt es Studien, welche die Sicherheit von MR-Untersuchungen
des Hirns unter dezidierten Sicherheitsvorkehrungen demonstrieren konnten [12]. Es sei aber darauf hingewiesen, dass bei der Verdoppelung der Resonanzfrequenz
von 64 MHz (1,5 Tesla) auf 128 MHz (3,0 Tesla) die HF-Energie um das 4fache ansteigt
und somit die zulässigen Grenzwerte der „specific absorption rate“ (SAR-Wert) bei
gleichen Sequenzparametern dementsprechend deutlich früher erreicht werden. Des Weiteren
führen die kürzeren Wellenlängen bei der Hochfeld-MRT zu Inhomogenitäten in der Energieabsorption
im Körper, in deren Folge die SAR-Grenzwerte im Gewebe lokal überschritten werden
können („hot spots“). Außerhalb der Kopfregion ist es bei 3 Tesla somit deutlich schwieriger,
SAR-Werte und HF-induzierte Erwärmungseffekte zu kontrollieren bzw. zu limitieren.
Offene MR-Systeme haben gegenüber zylindrischen Systemen technisch-physikalische Besonderheiten
(u. a. vertikaler magnetischer Feldverlauf) und sollen – unabhängig von der Magnetfeldstärke
– aufgrund der mangelhaften Datenlage nicht eingesetzt werden.
Als HF-Sendespule sollte die in das MR-System integrierte Körper-HF-Spule eingesetzt
werden. Lokale kombinierte HF-Sende-Empfangsspulen sind im Bereich des Thorax absolut
kontraindiziert. Der Einsatz lokaler HF-Empfangsspulen ist unkritisch und in allen
Körperregionen – inklusive der Thoraxregion – möglich. Die HF-induzierte Elektrodenerwärmung
ist von vielen Einflussparametern abhängig (u. a. Position und Konfiguration der SM-Elektroden
im Patienten sowie relativ zur HF-Sendespule, Relation der Wellenlänge des HF-Anregungspulses
zu der effektiven Elektrodenlänge, SAR-Wert der verwendeten MR-Sequenz) und ist deshalb
im Einzelfall nicht vorhersagbar. Der SAR-Wert (Einheit W/kg) ist ein Maß für die
Absorption elektromagnetischer Feldenergie in biologischem Gewebe. Zur Beschränkung
der konsekutiven Gewebeerwärmung wird im Rahmen einer MR-Untersuchung geräteseitig
die in den Körper eingestrahlte Hochfrequenzleistung überwacht und der entsprechende
SAR-Wert angezeigt. Entsprechend der gesetzlich vorgeschriebenen IEC-Grenzwerte (DIN EN
60 601 – 2-33) darf der SAR-Wert – grundsätzlich und unabhängig von der Präsenz eines
Herzschrittmachers oder eines anderweitigen aktiven oder passiven Implantats – 4,0 W/kg
im Ganzkörperbereich bzw. 3,2 W/kg im Kopf während einer MR-Untersuchung nicht überschreiten.
Bleiben alle anderen Einflussparameter konstant, besteht ein linearer Zusammenhang
zwischen dem SAR-Wert der jeweiligen MR-Sequenz und der Gewebeerwärmung an der SM-Elektrodenspitze.
Diese HF-induzierte Gewebserwärmung kann somit über eine Begrenzung des SAR-Werts
einfach und effektiv reduziert werden.
Hieraus ergibt sich, dass bei MR-Untersuchungen von Patienten mit konventionellen
SM eine Limitation des SAR-Wertes aller verwendeten MR-Sequenzen auf jeweils < 2 W/kg
im Ganzkörperbereich (oberer Grenzwert des normalen Betriebsmodus [„normal operating
mode“]) nachdrücklich empfohlen wird.
Anmerkung: Während mittlerweile klare Grenzen für die eingestrahlte Hochfrequenzleistung
und die verwendeten Gradientenstärken existieren, gibt es seitens der Industrie noch
Spezifizierungs- und Optimierungsbedarf bezüglich der Messtechniken und Messgenauigkeiten,
mit denen die einzelnen Hersteller von MR-Systemen die Einhaltung dieser Grenzwerte
überwachen und garantieren.
MR-Untersuchungen bei Patienten mit bedingt MR-sicheren (“MR conditional”) Herzschrittmachersystemen
MR-Untersuchungen bei Patienten mit bedingt MR-sicheren (“MR conditional”) Herzschrittmachersystemen
Bedingt MR-sichere („MR conditional“) SM-Systeme sind für eine MR-Untersuchung unter
dezidierten Rahmenbedingungen getestet und im Rahmen des Europäischen Medizinproduktegesetz
mit einer CE-Zertifizierung zugelassen („in label use“). Die Herzschrittmacherhersteller
gewährleisten die Sicherheit bei korrekter Anwendung im Rahmen der spezifischen Nutzungsbedingungen.
Die technischen Modifikationen bei den bedingt MR-sicheren SM-Systemen umfassen bei
dem SM-Aggregat u. a. den Ersatz des Reed-Schalters durch einen Hall-Sensor (dessen
Verhalten auch in einem starken statischen Magnetfeld im Gegensatz zum klassischen
Reed-Schalter vorhersehbar ist), verbesserte Protektion der internen Schaltkreise
(und damit Vermeidung von „electrical resets“ in Folge elektromagnetischer Interferenzen und induzierter Spannungsabfälle), Modifikation
der Eingangskapazitäten und Schutzdioden im SM-Aggregat (zur Reduktion der Spannungsinduktion
in den Elektroden) sowie einen softwaremäßig hinterlegten MR-Schutzmodus (s. u.).
Bei den SM-Elektroden wurden einige neue Modelle entwickelt, bei denen die HF-bedingte
Erwärmung durch dedizierte Designmodifikationen (z. B. Implementierung eines elektronischen
Filters hinter der Elektrodenspitze) signifikant reduziert wird. Darüber hinaus haben
alle Hersteller ihre konventionellen SM-Elektrodensortimente getestet und zahlreiche
Modelle identifiziert, die unter bestimmten Rahmenbedingungen als bedingt MR-sicher
zugelassen werden konnten („back labeling“). Dies impliziert, dass auch eine im SM-Ausweis
bei Implantation als primär „konventionell“ und „nicht MR-sicher“ ausgewiesene Elektrode
im Nachhinein als „bedingt MR-sicher“ getestet und zugelassen werden kann. Hieraus
wird deutlich, dass bezüglich der Elektroden die Angaben im SM-Ausweis zu MR-Sicherheit
nicht verlässlich sind und aktuell über den Hersteller (Handbuch, Hotline, Website)
überprüft werden müssen.
Das empfohlene prozedurale Management von Patienten mit bedingt MR-sicheren SM wird
im Folgenden erläutert. Es sei darauf hingewiesen, dass alle Informationen nur eine
Momentaufnahme der aktuellen Situation darstellen. Änderungen der Nutzungsbedingungen
sind möglich und es besteht die Notwendigkeit, jeden Fall individuell und zeitaktuell
zu überprüfen.
Indikationsstellung/Überprüfung der Nutzungsbedingungen bei bedingt MR-sicheren Schrittmachern
In der Kardiologie/SM-Ambulanz wird obligat mittels SM-Abfrage – ggfs. nach Einsicht der Patientenakte des implantierenden
Zentrums und im Zweifelsfall nach Anfertigung einer Röntgenuntersuchung des Thorax
– verifiziert, ob die schrittmacherspezifischen Bedingungen für eine bedingt sichere
MR-Untersuchung erfüllt sind:
-
Verifikation eines kompletten und in seiner Zusammensetzung zugelassenen bedingt MR-sicheren
SM-Systems, bestehend aus SM-Aggregat und –Elektroden
-
links- bzw. rechtspektoraler Implantationsort des SM-Aggregates
-
Implantationszeit > 6 Wochen
-
elektrisch intakte SM-Elektroden
-
Stimulationsreizschwellen im Normbereich
-
ausreichende Batteriekapazität je nach SM-Herstellerspezifikation
-
keine zusätzlichen kardialen Elektroden (insbesondere keine gekappten/stillgelegten
SM-Elektroden), keine zusätzlichen Komponenten wie Elektrodenadapter oder -verlängerungen
-
Ausschluss anderweitiger kardialer Implantate je nach SM-Herstellerspezifikation
-
schriftliche Dokumentation (Check-Liste) des verantwortlichen Kardiologen, dass die
elektrophysiologischen Nutzungsbedingungen des SM erfüllt sind
.
In der Radiologie (bei MR-Untersuchungen des Herzens ggfs. in der zuständigen kardiologischen
Sektion) Verfikation der MR-bezogenen Nutzungsbedingungen bezüglich
-
Bauart und Feldstärke des MR-Systems,
-
der Stärke des Gradientensystems bezüglich Amplitude und Anstiegssteilheit (slew rate),
-
dem Vorliegen einer Ganzkörper- vs. Teilkörperzulassung des SM-Systems,
-
der Präsenz anderweitiger extrakardialer Implantate, welche eine MR-Untersuchung ausschließen.
-
abschließend schriftliche Dokumentation (Check-Liste) des für die MR-Untersuchung
verantwortlichen fachkundigen Arztes, dass die MR-bezogenen Nutzungsbedingungen des
SM erfüllt sind.
Patientenaufklärung bei bedingt MR-sicheren Schrittmachern
Es wird empfohlen, den Patienten darüber aufzuklären, dass es sich bei den bedingt
MR-sicheren SM-Systemen um eine neue Technologie handelt, bei der z. Zt. nur begrenzte
klinische Langzeiterfahrungen vorliegen. MR-assoziierte Risiken wie Elektrodenerwärmungen
und/oder nicht intendierte kardiale Stimulationen werden soweit minimiert, dass das
verbleibende Restrisiko nach den Kriterien der Zulassungsbehörden unter Berücksichtigung
des zu erwartenden Nutzen der MR-Untersuchung als vertretbar klein akzeptiert wird,
aber im individuellen Einzelfall nicht mit absoluter Sicherheit ausgeschlossen werden
kann.
Monitoring während der MR-Untersuchung bei bedingt MR-sicheren Schrittmachern
Die Präsenz eines Kardiologen während der MR-Untersuchung ist bei bedingt MR-sicheren
SM-Systemen nicht grundsätzlich erforderlich, solange evtl. auftretende Komplikationen
– die auch unabhängig von der Präsenz eines SM auftreten können – vom medizinischen
Fachpersonal vor Ort erkannt und leitliniengerecht behandelt werden können, bis ein
Notfallteam mit allen Reanimationsmöglichkeiten eintrifft. Die Situation ist vergleichbar
mit dem Management kontrastmittelinduzierter Zwischenfälle.
Alle Hersteller fordern bei ihren bedingt MR-sicheren SM-Systemen ein Patientenmonitoring
während der MR-Untersuchung mit einem der folgenden Verfahren: Pulsoximetrie, EKG
oder Blutdruckmessung, wobei sie dem Anwender die Wahl der Überwachungsmodalität freistellen.
Hier wird von den Autoren dieses Konsensuspapiers nachdrücklich empfohlen, das Monitoring
mittels eines zertifizierten und bedingt MR-sicheren Pulsoximeters durchzuführen,
da EKG-Registrierungen immer noch häufig durch ausgeprägte Artefaktüberlagerung in
der Aussagekraft stark beeinträchtigt sind und Blutdruckmessungen keine kontinuierliche
Überwachung des Patienten ermöglichen. Im Unterschied zum Vorgehen bei konventionellen
SM wird bei bedingt MR-sicheren SM die Pulsoximetrie als alleinige Monitoringmodalität
als ausreichend angesehen.
MR-bezogene Nutzungsbedingungen/Sicherheitsmaßnahmen bei bedingt MR-sicheren Schrittmachern
SAR-Wert: Bei den meisten bedingt MR-sicheren SM-Systemen wird eine Limitierung des Ganzkörper
SAR-Wertes auf einen Grenzwert von 2 W/kg (bzw. des lokalen Kopf-SAR-Wertes auf 3,2 W/kg)
zur Reduktion der HF-induzierten Elektrodenerwärmung gefordert (siehe auch Anmerkung
SAR-Wert im Abschnitt konventionelle SM). Einige SM-Systeme der Firmen Biotronik,
Boston Scientific und St. Jude sind auch für MR-Untersuchungen mit dem maximal möglichen
Ganzkörper SAR-Wert von 4 W/kg zugelassen.
MR-Spulen: Bei allen SM-Herstellern können alle derzeit kommerziell erhältlichen HF-Empfangsspulen
inklusive lokaler HF-Oberflächenempfangsspulen in allen Körperregionen eingesetzt
werden. Als Sendespule ist bei allen SM-Herstellern die in das MR-System integrierte
Körper-HF-Spule zugelassen. Einzelne SM-Hersteller (Medtronic, Biotronik, Boston Scientific)
ermöglichen auch die Anwendung kombinierter HF-Sende-/Empfangsspulen außerhalb der
Thoraxregion, welche – in relativ seltenen Fällen – bei einigen MR-Systemen z. B.
als Knie- oder Kopfspulen verfügbar sind.
Es bestehen weitere hersteller- und modellabhängige Spezifizierungen der Nutzungsbedingungen
für bedingt MR-sichere SM-Systeme wie MR-Untersuchungszeit, kumulative MR-Untersuchungszeit
über die Lebensdauer des SM-Systems, Mindestgröße des Patienten, Lagerung des Patienten
sowie Beschränkung der Bildgebung auf Bereiche außerhalb der Thoraxregion (Ausschlussbereiche)
und Ausschluss von Fieber bzw. einer gestörten Wärmeregulation des Patienten, auf
die hier nicht im Detail eingegangen wird. Eine detaillierte Übersicht dieser Nutzungsbedingungen
wird im Positionspapier der DRG zu MR-Untersuchungen bei Patienten mit Herzschrittmachern
gegeben [22]. Es liegt hier aber in der Verantwortung des zuständigen Radiologen, die zum Zeitpunkt
der MR-Untersuchung aktuell gültigen Nutzungsbedingungen über Produkthandbücher/Hotlines
oder Internetdressen des jeweiligen SM-Herstellers abzufragen und einzuhalten.
Schrittmacherbezogene Nutzungsbedingungen/Sicherheitsmaßnahmen bei bedingt MR-sicheren
Schrittmachern
Analog zum Vorgehen mit konventionellen SM-Systemen werden auch Patienten mit bedingt
MR-sicheren SM-Systemen vor der MR-Untersuchung in einen MR-Schutzmodus (asynchroner
Modus oder Deaktivierung der Pacingfunktion, bipolare Elektrodenkonfiguration, erhöhter
Stimulations-Output, Deaktivierung zusätzlicher Stimulationsfunktionen wie z. B. frequenzadaptierte
Stimulation oder antitachykarde Überstimulation) programmiert, der in den Softwareoptionen
des SM-Modells hinterlegt ist. Das impliziert, dass die Patienten in jedem Fall vor
und nach der MR-Untersuchung kardiologisch vorgestellt werden müssen.
Empfehlungen zu Umprogrammierung und Monitoring bei bedingt MR-sicheren („MR conditional“)
SM werden in [Tab. 4] ausgesprochen.
Tab. 4
Empfehlungen zu Umprogrammierung und Monitoring bei MR-Untersuchungen von Patienten mit bedingt MR-sicheren („MR conditional“) Schrittmachern.
Pat.-Status
|
MR-Modus
|
Umprogrammierung prä-MRT
|
Monitoring während MRT
|
Reprogrammierung post-MRT
|
absolut SM-abhängig
|
D00, V00
|
orts- und zeitversetzt möglich, aber selber Tag wie MRT
|
qualifiziertes ärztliches Personal vor Ort; Kardiologe im Stand-by notfallmäßig verfügbar
|
orts- und zeitversetzt möglich aber selber Tag wie MRT
|
nicht SM-abhängig, permanente Bradykardie
|
D00, V00
|
orts- und zeitversetzt möglich, aber selber Tag wie MRT
|
qualifiziertes ärztliches Personal vor Ort; Kardiologe im Stand-by notfallmäßig verfügbar
|
orts- und zeitversetzt möglich, aber selber Tag wie MRT
|
nicht SM-abhängig, keine permanente Bradykardie Option A[1]
|
0D0, 0001
|
unmittelbar prä-MRT
|
qualifiziertes ärztliches Personal vor Ort; Kardiologe im Stand-by notfallmäßig verfügbar
|
unmittelbar post-MRT
|
nicht SM-abhängig, keine permanente Bradykardie Option B[2]
|
VVI2
|
orts- und zeitversetzt möglich, innerhalb 48 Std. vor MRT
|
qualifiziertes ärztliches Personal vor Ort; Kardiologe im Stand-by notfallmäßig verfügbar
|
orts- und zeitversetzt möglich, innerhalb 48 Std. nach der MRT
|
1 Anmerkung: Der 0D0- oder 000-Modus wird wegen der Minimierung der möglichen Interferenzen
mit den MR-Feldern von den Herstellern bedingt MR-sicherer SM empfohlen und ist im
MR-Schutzmodus hinterlegt. Der Patient ist während der MR-Untersuchung im 0D0/000-Modus
aber nicht gegen spontane symptomatische Bradykardien geschützt. Folglich ist hier
eine entsprechende kardiologische Notfallversorgung, insbesondere die Möglichkeit
einer zeit- und ortsnahen Reprogrammierung des SM, grundsätzlich zu gewährleisten.
2 Anmerkung: Der VVI-Modus ermöglicht die orts- und zeitversetzte Um- u. Reprogrammierung,
beinhaltet aber ein prinzipiell erhöhtes Risiko für Interferenzen mit den MR-Feldern
(z. B. asynchrone Stimulationen bei Aktivierung des Magnetschalters), ist deshalb
nicht Bestandteil des hinterlegten MR-Schutzmodus und somit eine zulassungsüberschreitende
Anwendung (off-label use).
Im Gegensatz zu konventionellen SM-Systemen ist eine Verlaufskontrolle nach 3 Monaten
zum Ausschluss von Langzeitschäden nicht erforderlich.
MR-Untersuchungen bei Patienten mit konventionellen ICD-Systemen
MR-Untersuchungen bei Patienten mit konventionellen ICD-Systemen
Implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren (ICD) besitzen im Vergleich zu SM zusätzliche
elektrotechnische Komponenten, wie z. B. einen Transformator zur Hochtransformierung
der Batteriespannung sowie einen Kondensator zur Speicherung der für die Schockabgabe
notwendigen Energie.
Ein weiterer grundsätzlicher bautechnischer – und im Rahmen von MR-Untersuchungen
sicherheitsrelevanter – Unterschied ist, dass die magnetische Aktivierung des Reed-Schalters
nicht wie bei SM zu einer asynchronen Stimulation führt, sondern eine Deaktivierung
der Tachykardieerkennung und damit verbunden eine Deaktivierung der antitachykarden
Therapien (Schockabgabe und ventrikuläre Überstimulation zur Terminierung von Kammerflimmern
und/oder ventrikulären Tachykardien) bewirkt.
Alle grundsätzlichen Risiken, die bei Patienten mit SM bestehen (u. a. Inhibierung
der SM-Stimulation, nicht intendierte Herzstimulationen, Erwärmung der Elektroden),
gelten auch für ICD-Patienten.
Das Risiko einer MR-Untersuchung ist jedoch aus folgenden Gründen bei einem ICD-Patienten
als deutlich höher einzustufen:
-
Im Gegensatz zu SM-Patienten liegt bei ICD-Patienten in der Regel eine strukturelle
Herzerkrankung vor. Infolgedessen besteht bei den im Rahmen einer MR-Untersuchung
auftretenden Spannungsinduktionen an den Elektrodenspitzen ein vergleichsweise höheres
Risiko, ventrikuläre Tachykardien oder Kammerflimmern auszulösen.
-
Bedingt durch die zusätzlichen antitachykarden Diagnostik- und Therapiefunktionen
resultieren zusätzliche komplexe Wechselwirkungen zwischen dem ICD und den spezifischen
MR-Feldern. Die gepulsten MR-Felder können vom ICD als ventrikuläre Tachykardie bzw.
Kammerflimmern interpretiert werden und somit eine therapeutische Schockabgabe induzieren.
Dieses Problem kann prinzipiell durch softwaregesteuerte Deaktivierung der ICD-Therapieoptionen
vor der MR-Untersuchung vermieden werden. Hier ist allerdings zu beachten, dass das
ICD-System durch die Wahrnehmung der MR-Felder als elektromagnetische Interferenz
einen elektrischen Neustart („electrical reset“) durchführen kann, bei dem standardmäßig die Therapieoption des ICD-Systems aktiviert
ist bzw. reaktiviert wird. Das Gefährdungspotenzial für den Patienten besteht hier
allerdings nicht – wie primär zu erwarten wäre – in der inadäquaten Schockabgabe des
ICD-Systems, da in dem starken statischen Magnetfeld eines MR-Systems der ferromagnetische
Kern des Transformators gesättigt ist, was eine Aufladung der ICD-Kondensatoren unmöglich
macht. Die Hauptgefährdung für den Patienten besteht darin, dass durch den faktischen
Kurzschluss der Batterie und repetitive erfolglose Ladungsversuche Schäden an den
elektronischen Komponenten des ICDs mit komplettem und permanentem Funktionsausfall
des Systems auftreten können. Bei ICD-Patienten mit absoluter SM-Abhängigkeit würde
hieraus eine akute und potenziell lebensbedrohliche Notfallsituation resultieren.
Weiterhin kann sich das Aggregat durch den Kurzschluss stark erhitzen, und so zu lokalen
thermischen Schäden führen.
Anmerkung: Bei einigen ICD-Herstellern (z. B. Medtronic, Boston Scientific) sind Warntöne
programmierbar, die z. B. auf eine Batterieerschöpfung oder einen Sondendefekt hinweisen
können. Es besteht das grundsätzliche Risiko, dass diese Warntöne – auch nach ansonsten
komplikationslos durchgeführter MR-Untersuchung – durch einen Defekt des ICD-Lautsprechersystems
nicht mehr funktionieren.
Indikationsstellung und -überprüfung bei Patienten mit konventionellen ICD-Systemen
Indikationsstellung und -überprüfung sollen analog zum Vorgehen bei konventionellen
SM erfolgen.
Der entscheidende Punkt ist auch bei ICDs die Abschätzung des individuellen Nutzen-Risiko-Verhältnisses
für den Patienten, wobei hier zur Abschätzung des Risikos die jeweilige geplante MR-Untersuchungsregion,
aber v. a. das elektrophysiologische Risikoprofil des ICD-Patienten zu berücksichtigen
ist.
Hier ist zu konstatieren, dass – wie bereits oben erwähnt – das elektrophysiologische
Risiko eines ICD-Patienten während einer MR-Untersuchung aufgrund 1. der höheren Vulnerabilität
des per se strukturell geschädigten Myokards sowie 2. des höheren Risikos irreversibler
Funktionsstörungen des ICD-Systems im Vergleich zu Schrittmacherpatienten als deutlich
höher einzuschätzen ist.
Die Indikationsstellung sollte somit – insbesondere bei sehr hohem und hohem Risikoprofil
([Tab. 5]) streng erfolgen und kritisch hinterfragt werden, ob der zu erwartende Nutzen der
MR-Untersuchung in einem adäquaten Verhältnis zum Risiko steht.
Tab. 5
Empfehlungen zu Risikoeinschätzung, Umprogrammierung und Monitoring bei MR-Untersuchungen
von Patienten mit konventionellen und bedingt MR-sicheren ICD-Systemen.
Risiko
|
MR-Modus[1]
|
Umprogrammierung prä-MRT
|
Monitoring während MRT
|
Reprogrammierung post-MRT
|
sehr hoch
(konventioneller ICD plus absolute SM-Abhängigkeit)
|
D00
|
unmittelbar vor MRT
|
Kardiologe vor Ort präsent
|
unmittelbar nach MRT
|
hoch
(konventioneller ICD plus stattgehabte VT/VF; keine absolute SM-Abhängigkeit)
|
0D0 oder D00[2]
|
unmittelbar vor MRT
|
Kardiologe vor Ort präsent
|
unmittelbar nach MRT
|
mittel
(konventioneller ICD ohne stattgehabte VT/VF; keine absolute SM-Abhängigkeit)
|
0D0 oder D002
|
unmittelbar vor MRT
|
Kardiologe vor Ort präsent
|
unmittelbar nach MRT
|
niedrig
(bedingt MR-sicherer ICD plus absolute SM-Abhängigkeit)
|
D00
|
unmittelbar vor MRT
|
Kardiologe vor Ort präsent
|
unmittelbar nach MRT
|
sehr niedrig
(bedingt MR-sicherer ICD ohne stattgehabte VT/VF; keine absolute SM-Abhängigkeit
|
0D0 oder D002
|
unmittelbar vor MRT
|
qualifiziertes ärztliches Personal vor Ort, Kardiologe im Stand-by notfallmäßig verfügbar
|
unmittelbar nach MRT
|
1 Grundsätzlich muss in allen Fällen die ICD-Therapie ventrikulärer Rhythmusstörungen
vor der MR-Untersuchung inaktiviert werden!
2 Bei nicht SM-abhängigen ICD-Patienten mit einer stabilen niedrigen Eigenfrequenz:
D00 mit asynchroner Stimulation deutlich über der Eigenfrequenz. Bei nicht SM-abhängigen
ICD-Patienten mit höheren oder instabilen Eigenfrequenzen: 0D0.
Patientenaufklärung bei Patienten mit konventionellen ICD-Systemen
-
Wie bei den konventionellen Schrittmachersystemen handelt es sich bei MR-Untersuchungen
von Patienten mit konventionellen ICD-Systemen um eine zulassungsüberschreitende Anwendung
(„off-label use“) mit einer individuellen Einzelfallentscheidung der behandelnden fachkundigen Ärzte.
-
Die MR-Untersuchung eines Patienten mit einem konventionellen ICD-System beinhaltet
die folgenden potenziellen Risiken und Komplikationen
-
Beschädigung des ICD-Systems bis hin zum vollständigen Funktionsausfall als potenziell
lebensbedrohliche Komplikation bei absolut SM-abhängigen Patienten.
-
Fehlfunktion der Elektroden – z. B. durch erwärmungsbedingte Erhöhung der Reizschwelle
– mit der Notwendigkeit der Elektrodenrevision.
-
Erwärmung der Elektroden mit thermischen Schäden des Herzmuskels und ineffektiver
Stimulation (akut oder chronisch) als potenziell lebensbedrohliche Komplikation bei
absolut SM-abhängigen Patienten.
-
Induktion von potenziell lebensbedrohlichen tachykarden Herzrhythmusstörungen.
-
Inhibierung der SM-Therapie von während der MR-Untersuchung auftretenden bradykarden
Rhythmusstörungen mit potentiell lebensbedrohlichen Folgen bei absolut SM-abhängigen
Patienten.
-
Aufgrund der notwendigen Deaktivierung der ICD-Therapieoptionen besteht kein Schutz
gegen während der MR-Untersuchung spontan auftretende potenziell lebensbedrohliche
tachykarde Rhythmusstörungen.
Die oben genannten Risiken können durch die Einhaltung dezidierter Sicherheitsmaßnahmen
reduziert, aber nicht vollständig ausgeschlossen werden und sind im Einzelfall nicht
quantifizierbar.
Umprogrammierungsstrategien bei Patienten mit konventionellen ICD-Systemen
Bei den Umprogrammierungsstrategien von Patienten mit konventionellen ICD-Systemen
ist vor allem zu berücksichtigen, dass das Auftreten intermittierender asynchroner
Stimulationen und konkurrierender Rhythmen nach Möglichkeit ausgeschlossen werden
sollte, um dem – aufgrund des strukturell geschädigten Myokards des ICD-Patienten
– erhöhten Risiko der Induktion höhergradiger ventrikulärer Rhythmusstörungen Rechnung
zu tragen.
Folglich sollten absolut SM-abhängige ICD-Patienten sowie nicht SM-abhängige ICD-Patienten
mit einer stabilen niedrigen Eigenfrequenz in einen D00 oder V00 Modus mit asynchroner
Stimulation deutlich über der Eigenfrequenz (z. B. 80 oder 90 /min) programmiert werden.
Diese Programmierung berücksichtigt auch, dass die in der Regel hämodynamisch eingeschränkten
ICD-Patienten niedrige Eigenfrequenzen häufig nicht gut tolerieren. Besteht bei primär
bradykarden Patienten mit konventionellen ICDs gerätetechnisch keine Möglichkeit zur
asynchronen Simulation, sollte eine MR-Untersuchung wegen der Gefahr der Stimulationsinhibierung
im DDD oder VVI-Modus (s. o.) nur in gut begründeten Ausnahmefällen erfolgen. Das
höchste Risiko für eine MR-Untersuchung bei Patienten mit konventionellen ICDs stellt
eine absolute SM-Abhängigkeit des Patienten dar wegen der Gefahr des kompletten Systemausfalls
inklusive der Stimulationsfunktion (s. o.).
Bei nicht SM-abhängigen ICD-Patienten mit höheren oder instabilen Eigenfrequenzen
sollte der ICD in einen 0D0-Modus mit Deaktivierung der Stimulationsfunktion programmiert
werden. Vorab ist auch hier kritisch zu überprüfen, ob diese Patienten mit ihrer Eigenfrequenz
für die Dauer der Umprogrammierung hämodynamisch stabil sind.
Damit die von den zeitabhängigen Magnetfeldern in der Elektrode induzierten Spannungsimpulse
nicht vom ICD als vermeintliche maligne ventrikuläre Rhythmusstörungen therapiert
werden, muss die Tachykardieerkennung vor der MR-Untersuchung obligat deaktiviert
werden.
Das empfohlene Vorgehen zur Umprogrammierung wird in [Tab. 5] zusammengefasst.
Nach 3 Monaten sollte – analog zum Vorgehen bei konventionellen Schrittmachern – eine
ICD-Verlaufskontrolle zum Ausschluss von Langzeitschäden erfolgen.
Monitoring bei Patienten mit konventionellen ICD-Systemen
Obligat für das Monitoring eines ICD-Patienten ist – analog zum Vorgehen bei SM-Patienten
– eine pulsoxymetrische Überwachung mit kontinuierlicher Anzeige von peripherer Pulskurve
und Sauerstoffsättigung. Ein zusätzliches EKG-Monitoring wird empfohlen.
Obligat ist ferner die Verfügbarkeit eines Defibrillators sowie eines geeigneten ICD-Programmiergeräts
vor Ort.
Da grundsätzlich die ICD-Therapieoptionen für die MR-Untersuchung deaktiviert werden
und der Patient somit nicht gegen spontan auftretende höhergradige Rhythmusstörungen
geschützt ist, muss der Patient für die Dauer der Umprogrammierung kontinuierlich
überwacht werden.
Die Um- und Reprogrammierung muss unmittelbar vor und nach der MR-Untersuchung erfolgen.
Die Präsenz eines Kardiologen vor Ort ist grundsätzlich erforderlich, da eventuell
auftretende Komplikationen (Kammerflimmern, ineffektive Stimulationen bei einem SM-abhängigen
Patienten) bei ICD-Patienten mit strukturell geschädigtem Myokard ein schnelles und
dezidiertes elektrophysiologisches Management erfordern.
MR-bezogene Sicherheitsmaßnahmen bei Patienten mit konventionellen ICD-Systemen
Die folgenden MR-bezogenen Sicherheitsmaßnahmen bei Patienten mit konventionellen
ICD-Systemen sollen analog zum Vorgehen bei Patienten mit konventionellen SM angewendet
werden:
-
Beschränkung auf geschlossene/zylindrische MR-Geräte mit einer Feldstärke von 1,5
Tesla.
-
integrierte Körper-HF-Spule als HF-Sendespule, lokale Empfangsspulen sind in allen
Körperregionen unkritisch.
-
Limitation des SAR-Wertes aller verwendeten MR-Sequenzen auf jeweils < 2 W/kg im Ganzkörperbereich
(oberer Grenzwert des normalen Betriebsmodus) bzw. auf < 3,2 W/kg im Kopf.
-
Vermeidung von Sequenzen mit schnellen und steilen Gradientenanstiegen, z. B. – wenn
technisch möglich – durch Anwahl von Gradienten mit niedrigerer Leistungsfähigkeit.
-
Limitation der aktiven MR-Untersuchungszeit auf 30 min.
MR-Untersuchungen bei Patienten mit bedingt MR-sicheren ICD-Systemen
MR-Untersuchungen bei Patienten mit bedingt MR-sicheren ICD-Systemen
Bedingt MR-sichere („MR conditional“) ICD-Systeme sind für eine MR-Untersuchung unter
dezidierten Rahmenbedingungen getestet und im Rahmen des Europäischen Medizinproduktegesetz
mit CE-Zertifizierung zugelassen („in label use“). Die spezifischen Nutzungsbedingungen
entsprechen im Wesentlichen denjenigen der bedingt MR-sicheren SM-Systeme der jeweiligen
Hersteller und müssen aktuell über Handbuch, Website oder Hotline abgefragt werden.
Empfehlungen zu Risikoeinschätzung, Umprogrammierung und Monitoring bei MR-Untersuchungen
von Patienten mit konventionellen und bedingt MR-sicheren ICD-Systemen werden in [Tab. 5] ausgesprochen.
MR-Untersuchungen des Herzens bei Patienten mit SM- und ICD-Systemen
MR-Untersuchungen des Herzens bei Patienten mit SM- und ICD-Systemen
Die Empfehlungen zu Risikoeinschätzung, Umprogrammierung und Monitoring bei kardialen
MR-Untersuchungen entsprechen grundsätzlich den oben genannten allgemeinen Empfehlungen
für MR-Untersuchungen von Patienten mit konventionellen und bedingt MR-sicheren SM-
und ICD- Systemen. Im Vergleich zu extrakardialen MR-Untersuchungen sind allerdings
die folgenden Besonderheiten zu beachten:
-
höheres Risiko im Rahmen einer kardialen MR-Untersuchung aufgrund der Position des
SM/Elektrodensystems im zentralen Bereich der HF-Spule mit voller Einstrahlung der
HF-Energie,
-
höhere Wahrscheinlichkeit einer relevanten Beeinträchtigung der Bildqualität durch
Suszeptibilitäts- und Off-resonance-Artefakte, die insbesondere von dem Transformator
in ICD-Systemen ausgehen und die Verwendung alternativer Sequenztechniken erfordern
(z. B. „spoiled“ Gradientenechosequenzen anstelle von SSFP-Sequenzen, Breitband-Anregungspulse
bei late enhancement Sequenzen),
-
höheres Risiko bei kardialen Stress-MR-Untersuchungen durch instabile/stimulierte
Herzfrequenzen mit der Gefahr konkurrierender Rhythmen,
-
die Indikationsstellung zu einer MR-Untersuchung des Herzens impliziert in den meisten
Fällen den Verdacht auf eine strukturelle Myokarderkrankung (z. B. Myokarditis, Kardiomyopathie)
und damit ein prinzipiell höheres Risiko für das Auftreten von Rhythmusstörungen im
Rahmen einer MR-Untersuchung.
Aus diesen Gründen sollte die Indikation zu kardialen MR-Untersuchungen bei SM/ICD-Patienten
besonders streng unter Berücksichtigung alternativer diagnostischer Methoden (z. B.
Echokardiografie oder SPECT) gestellt werden und die Untersuchung nur in mit der speziellen
Thematik erfahrenen Zentren/Institutionen durchgeführt werden ([Tab. 6]).
Tab. 6
Empfehlungen zu Umprogrammierung und Monitoring von Patienten mit konventionellen Schrittmachern bei MR-Untersuchungen des Herzens.
Pat.-Status
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MR-Modus
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Umprogrammierung prä-MRT
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Monitoring während MRT
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Reprogrammierung post-MRT
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absolut SM-abhängig
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D00, V00
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orts- und zeitversetzt möglich, aber selber Tag wie MRT
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Kardiologe vor Ort präsent
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unmittelbar post-MRT
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nicht SM-abhängig; stabile/permanente Bradykardie
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D00, V00
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orts- und zeitversetzt möglich, aber selber Tag wie MRT
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Kardiologe vor Ort präsent
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unmittelbar post-MRT
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nicht SM-abhängig, keine stabile/permanente Bradykardie Option A
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0D0, 000
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unmittelbar prä-MRT
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Kardiologe vor Ort präsent
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unmittelbar post-MRT
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nicht SM-abhängig, keine stabile/permanente Bradykardie Option B
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VVI, DDI
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orts- und zeitversetzt möglich, innerhalb 48 Std. vor MRT
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Kardiologe vor Ort präsent
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unmittelbar post-MRT
|
Zusammenfassung
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Konventionelle SM- und ICD-Systeme gelten nicht mehr als eine absolute, sondern als
eine relative Kontraindikation für die Durchführung einer MR-Untersuchung. Entscheidend
bei Indikationsstellung und Untersuchungsdurchführung sind die Abschätzung des individuellen
Nutzen-Risiko-Verhältnisses, eine umfassende Aufklärung über „off-label use“ und spezifische
Risiken, dezidierte SM-/ICD-bezogene und MR-bezogene Sicherheitsmaßnahmen zur weitestgehenden
Reduzierung dieser Risiken sowie adäquate Monitortechniken während der MR-Untersuchung.
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Bedingt MR-sichere („MR conditional“) SM- und ICD-Systeme sind für eine MR-Untersuchung
unter dezidierten Rahmenbedingungen getestet und zugelassen („in label use“). Entscheidend
für die Patientensicherheit sind die genaue Kenntnis und die Einhaltung der für das
jeweilige SM/ICD-System spezifischen Nutzungsbedingungen.
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Das Risiko eines ICD-Patienten während einer MR-Untersuchung ist aufgrund der höheren
elektrophysiologischen Vulnerabilität des per se strukturell geschädigten Myokards
sowie des höheren Risikos irreversibler Funktionsstörungen konventioneller ICD-Systeme
im Vergleich zu SM-Patienten als deutlich höher einzuschätzen. Die Indikationsstellung
zu einer MR-Untersuchung eines ICD-Patienten sollte somit strenger erfolgen und kritisch
hinterfragt werden, ob der zu erwartende Nutzen der MR-Untersuchung in einem adäquaten
Verhältnis zum Risiko steht.
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MR-Untersuchungen des Herzens bei Patienten mit SM- und ICD-Systemen stellen aufgrund
des höheren Risikoprofils einen Sonderfall mit besonders strenger Indikationsstellung
dar. Hierzu werden noch dezidierte gemeinsame Handlungsempfehlungen von den entsprechenden
kardiologischen und radiologischen Fachgesellschaften erarbeitet.
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Die komplexe Thematik erfordert eine enge und abgestimmte Kooperation zwischen Radiologie
und Kardiologie.