„Derzeit nimmt die Zahl der Menschen mit Diabetes in Deutschland jährlich um 300 000
zu“, berichtete Prof. Baptist Gallwitz, Tübingen, DDG-Präsident und Mitautor des Positionspapiers.
Dies erklärt den hohen Anteil von Krankenhauspatienten mit Diabetes von derzeit 30 %.
„Der Diabetes ist in der Regel dann eine Nebendiagnose, im Vordergrund stehen Eingriffe
etwa an Hüfte oder Herz“, sagte Gallwitz. Doch die Behandlung von Menschen mit Diabetes
im Krankenhaus wirft häufig Probleme auf – vor allem wenn eine Operation ansteht.
So kommt es bei Diabetespatienten nach Operationen häufig zu Komplikationen. „Die
Wundheilung ist verzögert, die Gefahr von Infektionen steigt“, erläuterte Gallwitz.
Bei vielen Diabetespatienten sind Herz und Nieren vorgeschädigt, das Risiko von Durchblutungsstörungen
und Thrombosen damit erhöht. Zugleich wird die Dosierung von Medikamenten unter der
Narkose erschwert. „Insgesamt haben Diabetespatienten ein um 50 % erhöhtes Risiko,
an den Folgen einer Operation zu sterben, betonte der DDG-Präsident.
Antidiabetische Medikation anpassen
Antidiabetische Medikation anpassen
Auch die diagnostik- und operationsbedingten Nahrungspausen können zu Problemen führen.
Der Körper greift in dieser Situation auf Reserven zurück, und es kommt zur Freisetzung
von Hormonen, die den Blutzucker ansteigen lassen. Bei Diabetespatienten fällt diese
Reaktion häufig extrem aus. „Sehr viel hängt dann von der richtigen Dosierung der
blutzuckersenkenden Medikamente ab“, erläuterte PD Erhard Siegel, Heidelberg. Eine
zu hohe Dosis könne rasch zu einer lebensgefährlichen Hypoglykämie führen.
„Insulin beispielsweise gehört zu den Top-5-Hochrisiko-Medikamenten bei stationären
Patienten“, fügte Siegel hinzu. Ein Drittel aller Medikationsfehler mit Todesfolge
innerhalb von 48 Stunden sind auf eine fehlerhafte Insulinverabreichung zurückzuführen.
In ihren neuen Empfehlungen gibt die DDG daher genaue Anweisungen zur Diabetestherapie
vor und nach Operationen. Die Ärzte erfahren, welche Medikamente sicher und welche
riskant sind. „Metformin beispielsweise sollte 48 Stunden vor einem Eingriff abgesetzt
werden“, erläuterte Siegel. Denn Metformin wird über die Nieren ausgeschieden, und
bei einem zu hohen Anstieg der Blutkonzentration kann es – allerdings in sehr seltenen
Fällen – zur Laktatazidose kommen. Auch für Kontrastmitteluntersuchungen gilt eine
Karenzzeit von 48 Stunden, da diese sonst die Niere schädigen könnten.
Gute Voraussetzungen schon im Vorfeld schaffen
Gute Voraussetzungen schon im Vorfeld schaffen
Die DDG rät, die Operation - falls möglich - unter Regionalanästhesie durchzuführen.
„Wenn möglich, sollte ein Facharzt den Blutzucker in den Wochen vor der Operation
einstellen“, so Gallwitz. Ist die Stoffwechselsituation ungünstig – etwa wenn der
HbA1c-Wert auf über 8,5 % gestiegen ist – muss eine Verschiebung des Eingriffs erwogen
werden. Jede Stoffwechseloptimierung erhöht die Chancen, dass die Patienten den Operationsstress
gut überstehen und frühzeitig nach Hause entlassen werden können.
Quelle: Pressemitteilung „Neues Positionspapier der Deutschen Diabetes Gesellschaft
– Wie Diabetespatienten den Klinikaufenthalt ohne Komplikationen überstehen“ vom 21.11.2016,
herausgegeben von der Deutschen Diabetes Gesellschaft
(DDG)