Z Orthop Unfall 2017; 155(03): 265
DOI: 10.1055/s-0043-105395
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diagnostische Wertigkeit von Hüftgelenkspunktionen bei liegendem Zement-Spacer

Newman JM. et al.
What is the Diagnostic Accuracy of Aspirations Performed on Hips With Antibiotic Cement Spacers?.

Clin Orthop Relat Res 2017;
475: 204-211
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Dr. Judith Emmerich, Rostock


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Publication Date:
06 July 2017 (online)

 

    Newman JM et al. What is the Diagnostic Accuracy of Aspirations Performed on Hips With Antibiotic Cement Spacers? Clin Orthop Relat Res 2017; 475: 204 – 211

    Periprothetische Infekte sind eine ernste Komplikation nach Hüftprothesenimplantation. Ein 2-zeitiger Wechsel wird favorisiert. Nach Prothesenausbau wird zunächst ein Antibiotika-Zement-Spacer eingesetzt und vor Re-Implantation eine Hüftgelenkspunktion durchgeführt. Die Sensitivität der Punktion wird in der Literatur zwischen 55 – 99% angegeben. Ziel der Studie war es, den Stellenwert der Hüftpunktion als diagnostischem Parameter zu ermitteln.


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    Dazu wurden im Zeitraum 10/2012 bis 07/2015 bei 80 Patienten mit periprothetischem Infekt 98 Hüftpunktionen (58 ♂; 40 ♀; 54,2 Jahre [± 12,5 Jahre]) bei liegendem Antibiotika-Zement-Spacer durchgeführt. Die Punktionen erfolgten bildwandlergestützt. 77 der Punktionen erfolgten ohne und 21 mit NaCl-Lavage.

    Untersucht wurden

    • der Einfluss einer NaCl-Lavage auf die Validität des Punktats

    • die diagnostische Genauigkeit von Punktionen mit vs. ohne NaCl-Lavage

    Des Weiteren wurden Grenzwerte zur Diagnostik einer periprothetischen Infektion (Leukozyten, neutrophile Granulozyten) ermittelt.

    Ergebnisse:

    • Wenn keine Lavage durchgeführt wird, sind Leukozyten und Neutrophile bei infizierten Hüften höher als bei nicht infizierten Hüften.

    • Wenn eine Lavage durchgeführt wird, ist zwischen infizierter und nicht infizierter Hüfte bez. Leukozyten und Neutrophilen kein signifikanter Unterschied feststellbar.

    • Durch eine Lavage kommt es zu einer signifikant geringeren Leukozytenzahl in der Gruppe der infizierten Hüften.

    • Punktionen ohne Lavage ergeben eine gute diagnostische Genauigkeit für die Parameter Leukozyten (78%), Neutrophile (79%) und positive Kultur (84%), während mit Lavage die Erfassung der Leukozyten unterhalb des Grenzwerts lag und somit die diagnostische Genauigkeit nicht erfasst werden konnte.

    • Der optimale Grenzwert für Leukozyten in der Synoviaflüssigkeit ist bei 1166 Zellen/µl mit einer diagnostischen Genauigkeit von 78%.

    • Der optimale Grenzwert für Neutrophile in der Synoviaflüssigkeit liegt bei 68% mit einer diagnostischen Genauigkeit von 78%.

    • Für die Lavagegruppe wurde kein optimaler Grenzwert ermittelt, da unter Lavagebedingung zwischen infizierter und nicht infizierter Hüfte nicht unterschieden werden konnte.

    Somit führt eine NaCl-Lavage dazu, dass die Punktionsergebnisse nicht für die Therapieentscheidung bez. ausgeheiltem Infekt und Prothesenwiedereinbau vs. bestehendem Infekt und erneutem Débridement mit Spacerwechsel herangezogen werden können.

    Fazit

    Generell muss der Stellenwert der Hüftgelenkspunktion kritisch hinterfragt werden. Zum einen erfolgt die Punktion bei in-situ-befindlichem Antibiotika-Spacer und zum anderen führt eine Punktion, die zur Vermeidung einer „punctio sicca“ mittels NaCl-Spülung durchgeführt wurde, zu nicht verwertbaren Ergebnissen. Somit sollten Gewebeproben eher mit einer speziellen Fasszange gewonnen werden oder aber man verfolgt den von der PRO-IMPLANT Foundation aufgezeigten Behandlungsalgorithmus ohne vorherige Punktion.


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    Dr. Judith Emmerich, Rostock