Z Orthop Unfall 2017; 155(03): 264
DOI: 10.1055/s-0043-105397
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die perkutane Ringbandspaltung beim Schnappfinger: eine modifizierte Technik

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Dr. Alice Wichelhaus, Rostock


Publication History

Publication Date:
06 July 2017 (online)

 

Werthel JD et al. Modified percutaneous trigger finger release. Hand Surg Rehabil 2016; 35: 179 – 182

Der Triggerfinger ist ein häufiges Krankheitsbild, bei dem konservative Therapie selten dauerhaft zum Erfolg führt. In der Regel wird dann eine offene Ringbandspaltung durchgeführt. Die Autoren beschreiben eine alternative Technik zur perkutanen Spaltung des A1-Ringbands bei stenosierender Tendovaginitis der Langfinger.


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Von März 2008 bis Januar 2017 wurden 171 konsekutive Patienten, respektive 213 Trigger-Finger, in die Studie eingeschlossen, die alle vom selben Operateur behandelt wurden. Davon konnten 128 Finger bei 92 Patienten (67 Frauen, 25 Männer) nach mindestens 6 Monaten nachuntersucht werden.

Nach Lokalanästhesie mit 1%igem Lidocain wurde der Patient aufgefordert, den betroffenen Finger bis jenseits der Auslösestellung für das Schnappphänomen zu beugen. In dieser Stellung wurde die Spitze eines 11er-Skalpells durch die Haut knapp proximal des Ringbands in die Beugesehne eingeführt. Der Patient wurde aufgefordert, mit dem Finger zu wackeln, was bei korrekter Positionierung zu einer Bewegung des Skalpells führt. Der Messergriff wurde dann in die Handflächenebene abgesenkt, wobei die Skalpellspitze auf die Fingermitte zentriert blieb. Dann sollte der Patient unter sanfter Mithilfe des Chirurgen den Finger komplett strecken, wodurch die Skalpellspitze nach distal gezogen wurde und dabei das Ringband komplett spaltete. Eine anschließende vollumfängliche Beugung und Streckung des Fingers diente als Erfolgskontrolle der Maßnahme. Die Nachbehandlung erfolgte funktionell ohne Limitierungen. Physiotherapie wurde nur verordnet, wenn Bewegungseinschränkungen bei einer Nachuntersuchung nach 1 Woche festgestellt wurden.

Es konnten 120 (94%) erfolgreiche Ringbandspaltungen verzeichnet werden, bei 6% der Finger wurde eine offene Nachoperation bei inkompletter Spaltung des A1-Ringbands notwendig. Verletzungen der Sehne oder der neurovaskulären Strukturen wurden nicht beobachtet. Die mittlere Inzisionslänge betrug 4,5 mm, nur 3-mal musste Hautnahtmaterial verwendet werden. Nach 6 Monaten waren alle Patienten zufrieden, ohne dass Komplikationen wie ein „Bow-Stringing“ durch versehentliche zusätzliche Spaltung des A2-Ringbands, Bewegungseinschränkungen oder Narbenbeschwerden festgestellt wurden.

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Abb. 1 Kapsel-Band-Apparat und digitale Sehnenscheide eines rechten Mittelfingers. Ansicht von lateral.(Quelle: Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2014)
Fazit

Für die offene Ringbandspaltung wird in der Literatur eine Erfolgsrate von 100% angegeben. Mit perkutanen Methoden sollen Zeit und Kosten eingespart werden. Verglichen mit einer perkutanen Nadel-Bandspaltung berichten die Autoren über eine verlässlichere Komplettdurchtrennung des Ringbands bei weniger neurovaskulären Komplikationen. Die Reliabilität und Reproduzierbarkeit dieser einfachen Bandspaltungsmethode werden als gut bewertet bei vermutet geringeren Kosten als bei der Standardmethode.

Kommentar

Die offen chirurgische Ringbandspaltung ist eine risikoarme und gut erprobte Operationsmethode für die Ringbandstenose an den Langfingern. Insbesondere sind bei korrekt angewendeter Technik Verletzungen der neurovaskulären Strukturen auszuschließen, da die Operation unter direkter visueller Kontrolle erfolgt. Aus Studien zu perkutanen Methoden zur Auflösung von Beugekontrakturen bei Morbus Dupuytren ist bekannt, dass die Gefahr der akzidentellen Nerven- und Gefäßverletzung größer ist als bei offener Chirurgie. Die Autoren geben zwar keine Nervenschäden an, es muss aber jedem Anwender dieser Methode die Gefahr der akzidentellen Nervenverletzung bewusst sein. Die Inzisionslänge in der hier vorgestellten OP-Methode ist etwa halb so lang wie bei der Standardmethode. Eine Revisionsrate von 6% erscheint im Vergleich zur Standardmethode zu hoch.

Die Autoren der Studie geben als Indikation für die perkutane Spaltung des Ringbands Kosteneinsparungen an, haben dann die Kostendifferenz jedoch nicht kalkuliert, sodass dieses Argument hinfällig ist.


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Dr. Alice Wichelhaus, Rostock



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Abb. 1 Kapsel-Band-Apparat und digitale Sehnenscheide eines rechten Mittelfingers. Ansicht von lateral.(Quelle: Schünke M, Schulte E, Schumacher U. Prometheus. LernAtlas der Anatomie. Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem. Illustrationen von M. Voll und K. Wesker. 4. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2014)