Aktuelle Dermatologie 2017; 43(07): 274
DOI: 10.1055/s-0043-109284
Derma-Fokus
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Infiziertes Ekzem: Antibiotika in leichten Fällen ohne Nutzen

Francis NA. et al.
Oral and Topical Antibiotics for Clinically Infected Eczema in Children: A Pragmatic Randomized Controlled Trial in Ambulatory Care.

Ann Fam Med 2017;
15: 124-130
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Publication Date:
12 July 2017 (online)

 

    Kinder mit Ekzemen leiden häufig an wiederkehrenden Schüben, teilweise mit lokalen Infektionen. Ursachen und geeignete Therapieoptionen sind nicht ausreichend untersucht. Laut einem Cochrane-review-update von 2010 sind Antibiotika kritisch zu sehen; vorliegende Studien waren jedoch klein und wenig aussagekräftig. Nun gingen Nick Francis und Kollegen der Frage nach dem Nutzen von Antibiotika bei infizierten Ekzemen nochmals nach.


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    Schätzungen zufolge erhalten 40 % der Kinder ein Antibiotikum, wenn sie wegen eines infizierten Ekzems behandelt werden. Angesichts der dadurch evtl. unnötigen unerwünschten Wirkungen und vor dem Hintergrund der Resistenzentwicklung durch Antibiotikagebrauch gilt es zu klären, ob die Ekzemschübe unter Antibiotikatherapie schneller abheilen als unter einer Basisbehandlung. Für ihre Studie randomisierten Francis et al. 113 Kinder im Alter von 3 Monaten bis zu 7 Jahren, deren Eltern wegen eines infizierten Ekzems ihren Arzt oder die dermatologische Ambulanz um Rat gefragt hatten. Als Kriterien für die Diagnose „infiziertes Ekzem“ galten: Nichtansprechen der Symptome auf topisches Kortison und Basispflege, Aufflammen des Befundes, Nässen oder Krustenbildung.

    Ausgeschlossen wurden Patienten mit schwerer Infektion, bedeutenden Begleiterkrankungen oder solche, die kurz zuvor ein starkes Kortisonpräparat genutzt hatten. Alle Kinder wurden einer von 3 Gruppen zugeordnet:

    • 40 Kinder erhielten ein orales und ein topisches Plazebo,

    • 36 Kinder erhielten oral Flucloxacillin oder Erythromycin und ein topisches Plazebo,

    • 37 Kinder erhielten ein orales Plazebo und topisch Fusidinsäure (2 %-ige Creme, 3-mal täglich, 7 Tage).

    Alle Probanden wurden zudem mit einem Kortikosteroid behandelt (1 % Hydrocortison fürs Gesicht, 0,05 % Clobetasonbotyrat für sonstige Lokalisationen) und nutzten die Basispflege ihrer Wahl. Zu Beginn erfolgte eine sorgfältige Anamnese, Beurteilung der Symptome des Ekzems sowie evtl. Infektionszeichen. Die Eltern sollten über 4 Wochen in einem Tagebuch die Beschwerden ihrer Kinder notieren, darunter Hautsymptome (Juckreiz, Nässen, offene Stellen etc.), Schlafstörungen, Einnahme von Medikamenten, unerwünschte Wirkungen und Arztbesuche. Mittels Patient Oriented Eczema Measure-Score (POEM) wurde subjektiv der Schweregrad des Ekzems zu Beginn und nach 2 Wochen bestimmt. In diesem Score zeigen höhere Werte (0 bis 72 Punkte) einen höheren Schweregrad an. Neben diesem primären Endpunkt erfassten die Autoren verschiedene sekundäre Endpunkte anhand weiterer Score-Systeme, meist hinsichtlich der Lebensqualität.

    Zu Beginn lagen die POEM-Scores im Mittel bei 13,4 für die Kontrollgruppe, 14,6 für diejenigen mit dem oralen Antibiotikum und 16,9 bei denen mit dem topischen Verum. Nach 2 Wochen lagen die POEM-Scores bei 6,2 (Kontrolle), 8,3 (oral) und 9,3 (topisch). Unter Berücksichtigung der Werte zu Beginn der Studie ergaben sich beim POEM-Score nach 2 Wochen keine signifikanten Unterschiede zwischen der Kontrollgruppe im Vergleich zu den beiden Antibiotika-Gruppen (mittlere Differenz von je 1,5 mit 95 % Konfidenzintervallen von – 1,4 bis 4,4 [oral] und – 1,6 bis 4,5 [topisch]). Zu Beginn wiesen 93 % der Kinder mindestens eines der Symptome Nässen, Krustenbildung, Bläschen oder schmerzhafte Haut auf. Die im Tagebuch genannten Symptome besserten sich im Laufe der ersten Woche und blieben dann stabil; andere Daten auch nach 4 Wochen und 3 Monaten zeigten ebenfalls keinen Vorteil für die Antibiotikagabe. Unerwünschte Wirkungen (z. B. Durchfall, neuer Hautausschlag, Erbrechen) zeigten sich mit 12,4 – 17,5 % ähnlich häufig bei allen Patienten, schwere Nebenwirkungen traten nicht auf.

    Fazit

    Infizierte Ekzeme besserten sich in dieser Studie bei Kindern unter Kortikoidtherapie innerhalb einer Woche deutlich, unabhängig von einer Antibiotikagabe. Die geplante Probandenanzahl sei nicht erreicht worden, dennoch seien die Ergebnisse wegen der eindeutigen Daten aussagekräftig, so die Autoren. Es sei die bisher größte Studie zu dieser Fragestellung; das Ergebnis spreche dafür, leicht infizierte Ekzeme bei Kindern im ambulanten Bereich nicht antibiotisch zu behandeln.

    Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen

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    Infizierte Ekzeme besserten sich in der Studie unter Kortikoidtherapie innerhalb einer Woche deutlich, unabhängig von einer Antibiotikagabe. Quelle: Thieme Verlagsgruppe

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    Infizierte Ekzeme besserten sich in der Studie unter Kortikoidtherapie innerhalb einer Woche deutlich, unabhängig von einer Antibiotikagabe. Quelle: Thieme Verlagsgruppe