Martineau AR.
et al.
Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic
review and meta-analysis of individual participant data.
BMJ 2017;
356: i6583
Um mögliche Ursachen für die heterogenen Ergebnisse der Einzelstudien zu analysieren,
unternahmen Martineau und Kollegen aus Großbritannien eine Metaanalyse. Sie werteten
die bis Ende 2015 publizierten randomisierten, doppelblinden, Plazebo-kontrollierten,
prospektiven Studien aus, die klären sollten, ob eine Supplementation mit Vitamin
D2 oder D3 das Risiko für akute Atemwegsinfekte senken kann. Ziel war es, die individuellen
Patientendaten aus diesen Studien in der Metaanalyse neu auszuwerten. Die Autoren
identifizierten 25 entsprechende Untersuchungen mit insgesamt 11 321 Teilnehmern zwischen
0 und 95 Jahren, von denen die Patientendaten von 10 933 (96,6 %) zur Verfügung standen.
Als primären Endpunkt definierten die Autoren die Inzidenz aller akuten Atemwegsinfekte
(obere und untere sowie nicht genauer klassifizierbare Atemwegsinfekte). Sekundär
ausgewertet wurden die jeweiligen Inzidenzen der oberen und unteren Atemwegsinfekte,
der Bedarf einer notfallmäßigen oder stationären Therapie, Antibiotikagabe, Krankschreibung,
unerwünschte Wirkungen und Mortalität.
Zudem bildeten die Autoren Subgruppen je nach
-
25[OH] Vitamin D-Serumspiegel,
-
Dosierungsschema des Vitamin D (täglich oder wöchentlich ohne Bolusgabe versus mindestens
ein Bolus mit mindestens 30 000 E Vitamin D),
-
Alter,
-
Body-Mass-Index (< 25 versus > 25) und
-
Vorliegen von Asthma, COPD oder vorherigen Grippeimpfungen.
Ergebnisse
Zunächst wurde der Effekt von Vitamin D auf den Anteil aller Personen berechnet, die
mindestens einen akuten Atemwegsinfekt erlitten hatten: Hier ergab sich ein signifikanter
protektiver Effekt der Vitamin-D-Supplementation (adjusted odds ratio 0,88, 95 % Konfidenzintervall
0,81 – 0,96, p = 0,003 bei einer number needed to treat von 33). Wie sich in Subgruppenanalysen
zeigte, waren vor allem diejenigen vor Infekten geschützt, die täglich oder wöchentlich
Vitamin D einnahmen, aber keine Bolusgaben erhielten (adjusted odds ratio 0,81, 95 %
KI 0,72 – 0,91). Unter Bolusgabe ergab sich hingegen kein signifikanter Effekt. Unter
denjenigen mit täglicher/wöchentlicher Dosierung profitierten in einer nächsten Subanalyse
v. a. die Teilnehmer mit niedrigen Vitamin-D-Serumspiegeln: Bei einem basalen 25(OH)-Vitamin-D-Spiegel
< 25 nmol/l ergab sich eine adjusted odds ratio von 0,30 (95 % KI 0,17 – 0,53), für
diejenigen mit höheren Vitaminspiegeln lag die adjusted odds ratio bei 0,75.
In Bezug auf mögliche Risiken erwies sich Vitamin D als sicher; es ergab sich kein
Einfluss der Supplementation auf die Inzidenz von mindestens einem schweren unerwünschten
Ereignis (darunter auch Hyperkalzämie, Nierensteine) (adjusted odds ratio 0,98) oder
die Mortalität.
Die Autoren sehen anhand ihrer Ergebnisse die Prävention akuter Atemwegsinfekte als
eine wichtige neue Indikation für eine Vitamin-D-Supplementation an. Dies wäre insbesondere
von Nutzen für Personen mit niedrigen Vitamin-D-Spiegeln und bei wöchentlicher/ täglicher
Dosierung ohne Bolusgabe. In Bezug auf den fehlenden Effekt von Bolusgaben erläutern
die Autoren, dass sich kurzzeitig sehr hohe Spiegel negativ auf die Metabolisierung
des Vitamin D auswirken.
Dr. med. Susanne Meinrenken, Bremen