Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(08): 845
DOI: 10.1055/s-0043-112814
DGGG
Mitteilungen aus der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Aus der AGO-Kommission Mamma und der AWOgyn – Gemeinsame Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e. V. – Kommission Mamma und der Arbeitsgemeinschaft für ästhetische, plastische und wiederherstellende Operationsverfahren in der Gynäkologie e. V. zur Clip- oder Coilmarkierung der Brust nach neoadjuvanter Systemtherapie

AGO-Kommission Mamma und AWOGyn
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Korrespondenzadresse

Dr. med. Ingo Bauerfeind
Frauenklinik
Klinikum Landshut gemeinnützige GmbH
Robert-Koch-Straße 1
84034 Landshut

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
24. August 2017 (online)

 

    Die operative Therapie der Patientin mit einem Mammakarzinom im Rahmen der primär systemischen Therapie erfordert eine sorgfältige Planung, die bereits vor Beginn der neoadjuvanten Systemtherapie beginnt. Durch die modernen medikamentösen Therapien werden sehr hohe Raten an pathologischen Komplettremissionen erzielt. Dieses bedeutet, dass der ursprüngliche Tumor bis zur Operation deutlich schrumpft bzw. partiell oder komplett verschwinden kann. So ist die Dokumentation der Lokalisation des Mammakarzinoms in der Brust vor Beginn der Systemtherapie von essenzieller Bedeutung, um nach der primären Chemo- und ggf. Antikörpertherapie dieses Areal identifizieren und repräsentatives Drüsengewebe aus dem Bereich des ehemaligen Tumors oder dessen Residuen sicher entfernen zu können.

    Neben der bildgebenden und schriftlichen Dokumentation des primären Befundes (Seiten- und Quadrantenlokalisation, Größe des Tumors, Abstand zum Mamillenrand in cm) ist die Clip- oder Coilmarkierung des Tumors oder, bei Multifokalität und Multizentrizität, aller Tumore obligat. Die Clip- oder Coilmarkierung erlaubt die Identifikation und Verifizierung des Tumorbetts nach vorangegangener Chemotherapie in der Bildgebung und damit erst die sichere, repräsentative Gewebeentnahme.

    Bei deutlichen Remissionen nach einer primär systemischen Chemo- und ggf. Antikörpertherapie kann auch bei multifokalen oder auch multizentrischen Mammakarzinomen eine brusterhaltende Operation erwogen werden. Ziel der Operation ist hierbei selbstverständlich die Entfernung aller vor Beginn der Systemtherapie bekannten Karzinomherde. Voraussetzung für die Identifikation aller Karzinomherde ist daher die Clip- oder Coilmarkierung aller bekannten Karzinomherde vor Beginn der primär systemischen Therapie. Die Clip- oder Coilmarkierung nur eines Herdes bei Vorliegen mehrerer Karzinomherde ist nicht ausreichend und kann eine komplette Resektion aller malignen Herde gefährden (Empfehlungsgrad: „good clinical practice“).

    Die Kommission Mamma der AGO e. V. und die AWOGyn fordern, dass Vergütungsstrukturen geschaffen werden, die dieses Vorgehen unterstützen und falsche Anreize für die Unterlassung sinnvoller Clip- und Coilmarkierungen vermeiden, oder gar eine Mitfinanzierung durch die Patientinnen erwogen wird. Im Einzelfall resultiert hieraus ggfs. anstelle einer möglichen brusterhaltenden Operation eine nicht notwendige Mastektomie für die Patientin.

    AGO-Kommission Mamma und AWOGyn


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    Korrespondenzadresse

    Dr. med. Ingo Bauerfeind
    Frauenklinik
    Klinikum Landshut gemeinnützige GmbH
    Robert-Koch-Straße 1
    84034 Landshut