Schlüsselwörter
wassergefiltertes Infrarot A (wIRA) - physikalische Medizin - Schmerzminderung - Gewebetemperatur
- Wundheilung - Gewebe-Sauerstoffpartialdruck
Key words
water-filtered infrared-A (wIRA) - physical medicine - reduction of pain - tissue
temperature - wound healing - tissue oxygen partial pressure
Grundlagen und Wirkungsweise
Grundlagen und Wirkungsweise
Wassergefiltertes Infrarot A (wIRA) ist eine spezielle Form der Infrarotstrahlung
(Wärmestrahlung) im Bereich von 780–1400 nm, die aufgrund ihrer sehr guten Verträglichkeit
– im Gegensatz zur deutlich schlechteren Verträglichkeit von ungefiltertem Infrarot
– in der Medizin zu Prävention und Therapie verwendet wird [17]. So benutzen in Deutschland z. B. ca. 30% der niedergelassenen Dermatologen und
eine Reihe renommierter Kliniken, auch im operativen Bereich, wIRA.
Wassergefiltertes Infrarot A steigert deutlich Temperatur, Sauerstoffpartialdruck
und Durchblutung im Gewebe [13]
[16]
[17]
[23].
Diese 3 Faktoren sind entscheidend für die ausreichende Versorgung des Gewebes mit
Energie und Sauerstoff. Hiervon hängen zahlreiche Leistungen des menschlichen Körpers
ab, wie generell Regenerations- und Heilungsprozesse, z. B. Wundheilung und Infektionsabwehr
[13]
[16]
[17]
[36].
Wassergefiltertes Infrarot A mindert indikationsübergreifend Schmerzen, Entzündung
und vermehrte Sekretion und verbessert Infektionsabwehr und Regeneration [13]
[17]
[23]
[53].
Wassergefiltertes Infrarot A entspricht dem Großteil der in gemäßigten Klimazonen
die Erdoberfläche wassergefiltert erreichenden Infrarotstrahlung der Sonne (Filterwirkung
des Wassers und des Wasserdampfs der Erdatmosphäre). Durch die Wasserfilterung werden
die Strahlungsanteile gemindert (die sogenannten Wasserabsorptionsbanden innerhalb
des Infrarot A und die meisten Teile des Infrarot B und C), die sonst durch Wechselwirkung
mit Wassermolekülen in der Haut eine unerwünschte thermische Belastung (mit stechend-brennendem
Gefühl) hervorrufen würden [13]
[16]
[17]. Technisch wird wIRA in speziellen Strahlern erzeugt (wIRA-Strahler), in denen die
gesamte Strahlung eines Halogenstrahlers durch eine Wasser enthaltende Küvette hindurchtritt
[16]
[17]
[23]
[53]. Während konventionelle Halogenstrahler ohne Wasserfilter („Rotlichtlampen“) je
nach korrelierter Farbtemperatur 50–80% ihrer Strahlung im unerwünschten Infrarot-B-
und Infrarot-C-Bereich emittieren, ist dieser Anteil bei wIRA-Strahlern <0,5%, [Abb. 1] [19]
[41]
[42].
Abb. 1 Spektren der Sonne, eines Strahlers für wassergefiltertes Infrarot A und von 2 Halogenstrahlern
ohne Wasserfilter: Die 3 verschiedenen Strahler bewirken mit ihren dargestellten spektralen
Bestrahlungsstärken die gleiche Hautoberflächentemperatur [19]
[41]
[42]
[53].
Wassergefiltertes Infrarot A als spezielle Form der Infrarotstrahlung (Wärmestrahlung)
mit hohem Eindringvermögen in das Gewebe bei geringer thermischer Oberflächenbelastung
erlaubt einen deutlich höheren Energieeintrag in das Gewebe und wirkt sowohl über
thermische (auf Wärmeenergietransfer bezogene) und temperaturabhängige (mit Temperaturänderung
auftretende) als auch über nicht-thermische (ohne relevanten Wärmeenergietransfer)
und temperaturunabhängige (ohne relevante Temperaturänderung auftretende) Effekte
[13]
[16]
[17].
Innerhalb des Spektrums der Infrarot-A-Strahlung wurden Effekte von den energiereichen
Wellenlängen nahe dem sichtbaren Licht – ungefähr 780–1000 nm, insbesondere 820 nm
[27] – sowohl in vitro als auch in vivo beschrieben. Diese Wellenlängen stellen – v. a.
im Hinblick auf nicht-thermische Effekte, wie die Minderung der Wundsekretion – den
klinisch wichtigsten Teil von Infrarot A und wassergefiltertem Infrarot A dar [17]. Die Bestrahlungsstärken in diesem Wellenlängenbereich sind bei wIRA-Strahlern deutlich
höher als bei konventionellen Halogenstrahlern ohne Wasserfilter: Bei einer Wellenlänge
von 820 nm ist die bei gleicher Hautoberflächentemperatur anwendbare Bestrahlungsstärke
bei einem wIRA-Strahler bspw. ca. 6-mal so hoch wie bei dem in der [Abb. 1] dargestellten Halogenstrahler ohne Wasserfilter mit einer korrelierten Farbtemperatur
(„correlated color temperature“, CCT) von 3000 K und ca. 30-mal so hoch wie bei dem
Halogenstrahler ohne Wasserfilter mit einer CCT von 1750 K [19]
[41]
[42].
Die Schmerzminderung durch wIRA wird sowohl über thermische als auch nicht-thermische Wirkungen erklärt
[7]
[8]
[15]
[17]: eine gesteigerte Durchblutung erlaubt eine bessere Elimination akkumulierter Metabolite,
wie Schmerzmediatoren, Laktat und Bakterientoxine, und steigert zusammen mit der erhöhten
Gewebetemperatur den Stoffwechsel (verbesserte Metabolisierung akkumulierter Stoffe
und Regeneration); nicht-thermische Effekte beinhalten direkte Wirkungen auf Zellen
und zelluläre Strukturen und Substanzen und möglicherweise auch auf Nozizeptoren.
wIRA wirkt deutlich muskelentspannend und auch hierüber schmerzmindernd. Eine Schmerzminderung
[40] bewirkt – neben einer Verbesserung der Lebensqualität – auch eine Erhöhung des Sauerstoffpartialdrucks
[1]
[7]
[8] und senkt damit deutlich das Infektionsrisiko [7]
[8]
[15]
[17]
[25].
Außerdem wirkt eine Bestrahlung mit sichtbarem Licht („visible light“, VIS) und wIRA
in Verbindung mit endogenem Protoporphyrin IX (oder Protoporphyrin IX von Bakterien)
vermutlich gewissermaßen wie eine milde photodynamische Therapie (endogener PDT-ähnlicher Effekt) [16]
[17]
[50]. Dies fördert die Zellregeneration und Wundheilung (alte oder vorgeschädigte Zellen
gehen in die Apoptose und werden durch neue Zellen ersetzt) und wirkt antibakteriell/antiinfektiv
(photodynamische Inaktivierung von Bakterien) [17].
Einen wesentlichen Anteil an der antiinfektiven – antibakteriellen und antiviralen – Wirkung von wIRA dürfte die Verbesserung der körpereigenen Abwehr durch Steigerung von Temperatur,
Sauerstoffpartialdruck und Durchblutung des Gewebes sowie der damit verbesserten Energie-
und Sauerstoffbereitstellung für die körpereigene Abwehr haben, also ein thermischer
wIRA-Effekt. Dieser ist vermutlich kombiniert mit nicht-thermischen wIRA-Effekten
z. B. auf immunkompetente Zellen, sodass klinisch eine bessere Abwehrlage resultiert
[17].
Die Wirkmechanismen von wIRA, z. B. über die Beeinflussung der Cytochrom-c-Oxidase,
werden ausführlich in [13]
[17] dargestellt.
Große Anwendungsbreite
wIRA sollte grundsätzlich immer dann in Erwägung gezogen werden, wenn klinisch eine
tiefenwirksame Wärmeapplikation (mit hoher Leistungsdichtetoleranz und hohem Energiefluss
ins Gewebe) erwünscht/indiziert ist oder wenn pathogenetisch mind. ein Faktor (Temperatur,
Sauerstoffpartialdruck, Durchblutung im Gewebe) gestört oder suboptimal ist oder ein
Symptom (z. B. Schmerz, Entzündung, Hypersekretion, Infektion, Regenerationsbedarf)
vorliegt, das durch die thermischen und nicht-thermischen Effekte von wIRA positiv
beeinflusst wird. Dabei werden selbst ungestört “normal” ablaufende Vorgänge, wie
eine Regeneration nach sportlicher Belastung oder ein normaler Wundheilungsprozess,
durch wIRA noch verbessert [12]
[13]
[14]
[16]
[17]
[18]
[23]
[53]. Entsprechend breit sind die klinischen Anwendungsmöglichkeiten von wIRA.
Allgemeine Anwendungsaspekte
Allgemeine Anwendungsaspekte
wIRA ist ein kontaktfreies, verbrauchsmaterialfreies, leicht anzuwendendes, (selbst
bei Wunden) als angenehm empfundenes Verfahren mit guter Tiefenwirkung und anhaltendem
Wärmedepot [12]
[13]
[16]
[17]
[18]. wIRA ist kreislaufschonend (verglichen mit warmem Vollbad), sauber (verglichen
mit Fango), bei verschiedensten Lagerungen einsetzbar und benötigt keine Fixierung
(verglichen mit warmem Wickel). wIRA bietet Bewegungsfreiheit, eine simultane Kombination
mit Bewegung ist möglich. wIRA ist v. a. durch Variation des Bestrahlungsabstands
und damit der Bestrahlungsstärke sowie über die Bestrahlungsdauer sehr gut dosierbar.
wIRA wird meist lokal/körperregionbezogen (lokoregional) und seltener systemisch auf
den gesamten Körper wirkend (Ganzkörperhyperthermie) eingesetzt [12]
[13]
[17]
[18]. Entsprechend fokussiert die hier vorliegende Übersicht auf die lokoregionale Anwendung
von wIRA.
Die Bestrahlung der unbedeckten Haut oder Wunde erfolgt senkrecht zur Haut mit einem
wIRA-Strahler täglich 1-mal oder mehrmals über jeweils mind. (20–)30 min oder auch
deutlich länger (mehrere Stunden pro Tag, z. B. Nachtstunden nutzend) [19]
[23]
[53] mit moderater, als angenehm empfundener Bestrahlungsstärke (für allgemeine Anwendungen
(ohne Wunden) typischerweise 60–120 mW/cm² wIRA bzw. 80–160 mW/cm² wIRA und sichtbares
Licht VIS) [12]
[13]
[15]
[17]
[18]. Der Bestrahlungsabstand ist immer so zu wählen, dass die Bestrahlungsstärke als
angenehm empfunden wird („Wohlfühlabstand“; bei derzeit üblichen wIRA-Strahlern meist
ca. 35–80 cm). Ein größerer Bestrahlungsabstand und eine geringere Bestrahlungsstärke
sind zu wählen bei Patienten mit gestörtem Sensorium (z. B. diabetischer Polyneuropathie)
oder gestörter Rückäußerungsfähigkeit, bei schlecht durchblutetem Gewebe, bei kaltem
Gewebe oder geringem Unterhautgewebe (z. B. Schienbeinkante) [23]
[53]. Bei adäquater (moderater) Bestrahlungsstärke kann die Anwendung von wIRA als sicher
angesehen werden und unerwünschte Effekte (wie thermisch bedingte Hautreizungen) können
vermieden werden [23] (in [23] auch ausführlichere Erläuterungen hierzu).
Es sollte lieber länger mit moderater Bestrahlungsstärke als kürzer mit höherer Bestrahlungsstärke
mit wIRA bestrahlt werden [23]
[53].
In der Regel können wIRA-Effekte durch längere Einzelbestrahlungsdauern und größere
tägliche Bestrahlungsdauern – bei immer moderater Bestrahlungsintensität – gesteigert
werden.
wIRA geht nicht in relevantem Maß durch blickdichte Kleidung oder Verbände [12]
[13]
[17]
[18].
Wunden
Aufgrund von 7 prospektiven klinischen Studien (davon 6 randomisierte kontrollierte Studien) sind die im Folgenden zusammengefassten
Wirkungen von wIRA auf die Wundheilung gut belegt (überwiegend mit Evidenzgrad 1a,
im Sinne von mehreren prospektiven randomisierten kontrollierten Studien, bzw. Ib),
und zwar auf verschiedenartige Wunden (Operationswunden, Verbrennungswunden, chronische
Unterschenkelulzera vorwiegend venöser Genese mit und ohne Diabetes mellitus) und
anhand verschiedener, sich ergänzender Zielvariablen und Verfahren [21]
[22]
[23]
[35]
[53]:
-
akute Schmerzminderung während einer wIRA-Bestrahlung (Evidenzgrad 1b): ausnahmslose
akute Schmerzminderung bei 230 einzelnen Bestrahlungen, 18,5 vs. 0,0 auf einer VAS-Skala
0–100, p<0,000001, [Abb. 2] (Studie Heidelberg) [7]
[17],
-
Minderung der erforderlichen Schmerzmedikation (Evidenzgrad 1a/1b): Operationswunden:
52–69% weniger Analgetikabedarf, p=0,000020 bzw. 0,00037 bzw. 0,0045, [Abb. 3] (Studie Heidelberg) [7]
[17]. Unterschenkelulzera: 6 vs. 14,5 Tbl., p=0,000002 (Studie Basel) [17], zudem Studie Tromsø/Hillerød [32],
-
größere/schnellere Wundflächenreduktion, schnellere Epithelialisierung (Evidenzgrad
1a/1b): Verbrennungen: 90% Wundflächenreduktion nach 9 vs. 13 Tagen, p=0,000011, [Abb. 4] (Studie Kassel) [8]
[17]; Unterschenkelulzera: kompletter Verschluss nach 14 vs. 42 Tagen, p=0,000005 (Studie
Basel) [17]
[50],
-
bessere Gesamteinschätzung der Wundheilung (Evidenzgrad 1a/1b): Operationswunden:
88,6 vs. 78,5 auf einer VAS-Skala 0–100, p<0,000001 (Studie Heidelberg) [7]
[17]. Unterschenkelulzera: 85 vs. 67,5 auf einer VAS-Skala 0–100, p=0,012 (Studie Freiburg)
[18]
[44],
-
bessere Gesamteinschätzung des Effekts der Therapie (Evidenzgrad 1b): 79,0 vs. 46,8
auf einer VAS-Skala 0–100 mit 50 als Neutralpunkt, p<0,000001 (Studie Heidelberg)
[7]
[17],
-
höherer Gewebesauerstoffpartialdruck während wIRA-Bestrahlung (Evidenzgrad 1b): in
einer Gewebetiefe von 2 cm 41,6 vs. 30,2 mmHg, p<0,000001, [Abb. 5a] (Studie Heidelberg) [7]
[17],
-
höhere Gewebetemperatur während wIRA-Bestrahlung (Evidenzgrad 1b): in einer Gewebetiefe
von 2 cm 38,9 vs. 36,4°C, p<0,000001, [Abb. 5b] (Studie Heidelberg) [7]
[17],
-
besserer kosmetischer Aspekt (Evidenzgrad 1b): 84,5 vs. 76,5 auf einer VAS-Skala 0–100,
p=0,00027 (Studie Heidelberg) [7]
[17],
-
niedrigere Wundinfektionsrate (Evidenzgrad 1b): einmalige präoperative Bestrahlung:
5,1% (9 von 178) vs. 12,1% (22 von 182) Wundinfektionen insgesamt, p=0,017; späte
Wundinfektionen (an den postoperativen Tagen 9 bis 30): 1,7% (3 von 178) vs. 7,7%
(14 von 182), p=0,007 (Studie München) ([28] sowie aus den Daten der Publikation berechnete Werte [23]). Postoperative Bestrahlung: 7% (3 von 46) vs. 15% (7 von 48), p=0,21, Trend; späte
Wundinfektionen 0% (0 von 46) vs. 8% (4 von 48), p=0,12, Trend (Studie Heidelberg)
[7]
[17],
-
schnellere Granulation (Evidenzgrad 1b): 90 vs. 80 auf einer VAS-Skala 0–100, p=0,036
(Studie Freiburg) [18]
[44],
-
geringere Exsudation (Evidenzgrad 1b, Trend): 30 vs. 55 auf einer VAS-Skala 0–100,
p=0,075, Trend (Studie Freiburg) [18]
[44],
-
geringere Wundbeläge (Evidenzgrad 1b, Trend): 20 vs. 40 auf einer VAS-Skala 0–100,
p=0,070, Trend (Studie Freiburg) [18]
[44],
-
kürzerer Krankenhausaufenthalt (Evidenzgrad 1b, Trend): 9 vs. 11 Tage, p=0,022, Trend
(Studie Heidelberg) [7]
[17].
Abb. 2 Abnahme der postoperativen Schmerzen während Bestrahlung in der Gruppe mit wassergefiltertem
Infrarot A (wIRA) und sichtbarem Licht (VIS) und in der Kontrollgruppe mit nur sichtbarem
Licht (VIS) (Abdominaloperationen, Studie Heidelberg) [16].
Abb. 3 Erforderliche Analgetikadosis in den Untergruppen mit wassergefiltertem Infrarot
A (wIRA) und sichtbarem Licht (VIS) im Verhältnis zu den Kontrolluntergruppen mit
nur sichtbarem Licht (VIS) (Mediane der Kontrolluntergruppen=100) (Studie Heidelberg)
[16].
Abb. 4 Relative Änderung der Wundfläche von schwerbrandverletzten Kindern in Abhängigkeit
von der Dauer der Behandlung (in Tagen) in der Gruppe mit wassergefiltertem Infrarot
A (wIRA) und sichtbarem Licht (VIS) und in der Kontrollgruppe mit nur sichtbarem Licht
(VIS) (Studie Kassel) [16].
Abb. 5 Sauerstoffpartialdruck und Temperatur in 2 cm Gewebetiefe an den postoperativen Tagen
2 und 10 in der Gruppe mit wassergefiltertem Infrarot A (wIRA) und sichtbarem Licht
(VIS) und in der Kontrollgruppe mit nur sichtbarem Licht (VIS) (Abdominaloperationen,
Studie Heidelberg) [16].
Einen Überblick über weitere Details zu den klinischen Studien zu wIRA bei Wunden
(auch mit der hier verwendeten Bezeichnung der Studien anhand der Studienorte), wie
Bestrahlungszeiten und Bestrahlungshäufigkeiten, bietet die Publikation [23].
Die Effekte von wIRA bei Wunden wurden in den bisherigen Studien aufgrund begrenzter
täglicher Bestrahlungszeiten (9–40 min) eher unterschätzt [23].
Die Anwendung bei Wunden beschränkt sich nicht auf Wundheilungsstörungen, da auch
die „normale“ ungestört ablaufende Wundheilung von wIRA profitiert (schneller, schmerzärmer,
mit sehr gutem kosmetischem Ergebnis),
Zumindest während der Bestrahlungen setzt die Anwendung von wIRA eine offene Wundbehandlung
voraus [53].
In der Regel ist die unbedeckte Wunde täglich mind. insgesamt 60 min (oder auch deutlich
länger, z. B. 2–6 Stunden pro Tag) mit moderater Bestrahlungsstärke (individuell ermittelter
„Wohlfühlabstand“) zu bestrahlen (bei Wunden gilt orientierend: 70 mW/cm² für die
Gesamtbestrahlungsstärke wIRA+VIS; bei Wunden mit verminderter Wärmeverträglichkeit
des bestrahlten Gewebes gilt orientierend: 35 mW/cm² für die Gesamtbestrahlungsstärke
wIRA+VIS). Es sollte bis zum Abschluss der Wundheilung und lieber öfter und länger
mit geringerer Bestrahlungsstärke als kürzer mit höherer Bestrahlungsstärke bestrahlt
werden [23]
[53].
Die [Abb. 6] zeigt den Verlauf einer Wundinfektion unter Therapie mit wIRA [53].
Abb. 6 a Fortschreitende Auflösung transplantierter Spalthautgitter wegen Infektion mit „Extended-spectrum“-β-Laktamase
(ESBL) bildenden Klebsiellen, Ansicht der Stumpfkuppe (Femur), 9 Tage postoperativ.
b 4 Tage nach Verlegung und Beginn der Bestrahlungen mit wIRA, 3-mal täglich 1 h. c Fortschreitende Epithelialisierung 3 Wochen nach Beginn der Bestrahlungen mit wIRA
[53]
Erfahrungen mit wIRA bei Wunden außerhalb von Studien:
wIRA ist auch bei Dekubitalulzera sowohl präventiv als auch therapeutisch (Verkleinerung
der Wundfläche, bessere Granulation) einsetzbar [16]
[17]
[18]
[50].
wIRA kann beim diabetischen Fuß sowohl präventiv – bei gefährdeten Patienten mit Diabetes
mellitus und Sensibilitätsstörungen – vor dem Auftreten einer Wunde als auch therapeutisch
eingesetzt werden [17]
[18].
Zusammenfassend: wIRA stellt eine wertvolle Therapieoption dar und kann für die Behandlung
von akuten und chronischen Wunden, auch infizierten Wunden, und Verbrennungen – eingebettet
in ein Gesamttherapiekonzept – empfohlen werden [23]
[53].
Hauterkrankungen
Vulgäre Warzen können mit 6–9 einwöchigen Therapiezyklen mit kontinuierlicher Keratolyse
mit Salizylsäurepflaster und jeweils einer unblutigen Kürettage und einer Bestrahlung
mit wIRA und sichtbarem Licht VIS (diese Kombination ist bei wIRA-Strahlern üblich)
von 30 min erfolgreich therapiert werden [5]
[14]
[17]
[18]. In einer prospektiven, randomisierten, kontrollierten, doppeltblinden Studie der
Hautklinik der Universität Jena mit 80 Patienten mit therapierefraktären Warzen wurden
bei nur drei 3-wöchigen Therapiezyklen (somit nur insgesamt 3 Bestrahlungen) in den
beiden Gruppen mit wIRA(+VIS) eine Minderung der Gesamtwarzenfläche pro Patient im
Median um 94%/99% im Vergleich zu 47%/73% in den beiden Gruppen mit nur VIS sowie
72% im Vergleich zu 34% völlig verschwundene Warzen und 42% im Vergleich zu 7% warzenfreie
Patienten erreicht [5].
wIRA beschleunigt die Abheilung von Herpes labialis und mindert die Schmerzen bei
Herpes Zoster sowohl akut als auch die chronischen Post-Zoster-Schmerzen [12]
[13]
[14]
[17]
[18].
wIRA bewirkt bei Sklerodermie eine Befindlichkeitsbesserung, weniger Schmerzen und
eine Minderung der Raynaud-Symptomatik [12]
[13]
[14]
[17]
[18]. Bei Morphea (und den anderen Formen der Sklerodermie) führt wIRA zu einer Rückbildung
der Sklerose (mit messbarer Rückbildung von Hauthärte und Größe von Plaques) und Abnahme
des Juckreizes und der Schmerzen [12]
[13]
[14]
[17]
[18]
[49]
[51]. Bei ulzerierter Morphea kann eine Abheilung des Ulkus erreicht werden [6]
[18].
Bei Akne papulopustulosa führt eine Therapie mit wIRA und dem vollen sichtbaren Spektrum
v. a. zu einer Reduktion der Entzündungszeichen sowie der Seborrhoe [14]
[17]
[18]
[19]. Eine Kombination mit einem Dermatikum ist möglich.
wIRA ist zur Resorptionsverbesserung topischer Dermatika und Substanzen (z. B. Cortison,
Lokalanästhetika) als Alternative zum Okklusivverband einsetzbar [9]
[14]
[17]
[18]
[39], um z. B. bei Psoriasis oder bei Neurodermitis weniger Cortison oder ein weniger
starkes Cortison zu verwenden.
wIRA vermag im Rahmen einer Photodynamischen Therapie (PDT) zusammen mit einer oder
mehreren Anregungsbanden (Wirkbanden) im sichtbaren Bereich (VIS) und einem topisch
aufgetragenen Photosensibilisator (oder einer Vorstufe hiervon) bei aktinischen Keratosen
eingesetzt zu werden [4]
[14]
[17]
[18]
[26]
[48]. Gegenüber anderen für PDT verwendeten Bestrahlungsquellen ist wIRA(+VIS) schmerzärmer
[14]
[17]
[18]
[48].
Physiotherapie, Orthopädie und Sportmedizin
Physiotherapie, Orthopädie und Sportmedizin
Im Hinblick auf Schmerz- und Entzündungsminderung sowie Durchblutungssteigerung ist
wIRA präventiv, therapeutisch, regenerativ oder rehabilitativ einsetzbar bei muskulären
Verspannungen (z. B. Schulter-Nacken-Verspannungen), Myogelosen [24] (muskelentspannender Effekt der Wärme), Lumbago, Erkrankungen des rheumatischen
Formenkreises [29], ankylosierender Spondylitis (Morbus Bechterew) [3]
[30], Arthrosen (Knie-, Hüft-, Fingergelenkarthrosen, hierzu auch kontrollierte Studie
[33]), Arthritiden (entzündungsmindernder Effekt; hierzu auch kontrollierte Studie bei
Psoriasisarthritis [31]), Kontusionen und in der postoperativen Rehabilitation [12]
[13]
[14]
[16]
[17]. Die Resorption von Hämatomen und Seromen wird durch wIRA beschleunigt [8]
[16]
[17].
Zum sportmedizinischen Bereich liegen u. a. 6 Studien mit wIRA vor [20].
wIRA lässt sich zur muskulären Regeneration nach Sport [11]
[17] (wIRA in Ruhe oder wIRA in Kombination mit Bewegung, s. u.) verwenden: Nach stufenweise
ansteigender ausbelastender Ergometrie verbesserte sich bei 25 Probanden einer prospektiven,
randomisierten, kontrollierten Studie während anschließender Bestrahlung der ventralen
Oberschenkelmuskulatur mit wIRA(+VIS) in Ruhe über 20 min (Tag mit Bestrahlung) das
Befinden der Muskulatur auf einer visuellen Analogskala (0–100) von 36 auf 71 signifikant
mehr (p=0,0138) als in Ruhe ohne Bestrahlung (von 34 auf 54, Kontrolltag) und erreichte
nach Bestrahlung bemerkenswerterweise binnen 20 min wieder den Ausgangswert vor Ergometrie
von 70. Die Leistungsfähigkeit sank von der ersten Ergometrie zu der sich nach den
20 min anschließenden zweiten Ergometrie am Tag mit Bestrahlung signifikant weniger
(p=0,0128) als am Kontrolltag [11]
[14]
[17]
[20].
Simultane Kombination mit Bewegung
Simultane Kombination mit Bewegung
Da wIRA – im Gegensatz zu anderen wärmeapplizierenden Verfahren wie Fango oder heiße
Rolle – ein kontaktfreies Verfahren ist, lässt sich wIRA simultan mit Bewegung kombinieren
[14]
[17]
[34].
In einer prospektiven, randomisierten, kontrollierten Studie mit 40 adipösen Frauen
verminderte sich die „Summe der Umfänge von Taille, Hüfte und beiden Oberschenkeln
von jeder Probandin“ während 4 Wochen signifikant mehr (p<0,001) in der Gruppe mit
wIRA (während Ergometertraining) als in der unbestrahlten Kontrollgruppe (nur Ergometertraining)
[14]
[17]
[20]
[34]. Auch nahm das Körpergewicht während der 4 Wochen in der Gruppe mit wIRA deutlich
mehr als in der Kontrollgruppe ab. Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass wIRA
– während moderater Fußkurbelergometer-Ausdauerbelastung als lipolytischem Reiz –
die lokale Lipolyse (speziell am Oberschenkel) in dem sonst bradytrophen und hypothermen
Fettgewebe steigert und die mobilisierten Fette in der Muskulatur während der Ergometerbelastung
verbrannt werden. Dies ist nutzbar, um in Verbindung mit einer angemessenen Ernährung
die Körperzusammensetzung, insbesondere die lokale Fettverteilung, und die Abnahme
von Fett und Körpergewicht bei adipösen Personen zu verbessern.
Auch zur Therapie der Fibromyalgie lässt sich die Kombination von wIRA(+VIS) mit Bewegung
(Ergometer und mehrere wIRA-Strahler) mit hierbei nur niedriger Belastung erfolgreich
zur Schmerzminderung nutzen [12]
[13]
[14]
[17]
[20].
Neonatologie
wIRA wird bei Neugeborenen zur Aufrechterhaltung oder Erhöhung der Körpertemperatur
eingesetzt [17]
[47]. wIRA vermag vor einem Transport ein „Wärmedepot“ aufzubauen, was einer Auskühlung
auf dem anschließenden Transport entgegenwirkt, sodass die Häufigkeit erniedrigter
Körpertemperatur (Hypothermie-Inzidenz) der Neugeborenen bei Aufnahme auf die Intensivstation
verringert wird. wIRA reduziert den Körpertemperaturabfall bei Frühgeborenen während
Inkubatorpflege.
Anästhesiologie und Intensivmedizin
Anästhesiologie und Intensivmedizin
In der Intensivmedizin vermag wIRA z. B. eine Hypersekretion bei Bronchopneumonien
zu mindern und die pulsoximetrisch messbare Hämoglobin-Sauerstoff-Sättigung durch
thorakale Bestrahlung mit wIRA bei Verschleimung infolge gestörten Schluckens und
Abhustens anzuheben [17].
wIRA lässt sich zur postoperativen Wiedererwärmung z. B. nach kardiochirurgischen
Eingriffen verwenden [2]
[10]
[17].
Im Bereich der Viszeralchirurgie und der Intensivmedizin vermögen wIRA-Bestrahlungen
des Abdomens die Darmmotilität zu aktivieren [17].
Neurologie
wIRA-Bestrahlungen der Kehlkopf- und Halsregion lassen sich zur Verbesserung der Sprech-
und Schluckfunktion bei z. B. postoperativen Sprech- und Schluckstörungen einsetzen,
soweit eine periphere Beeinflussbarkeit gegeben erscheint [17].
wIRA ist mit niedrigen Bestrahlungsstärken und beginnend mit kurzen Bestrahlungszeiten
zur Therapie des komplexen regionalen Schmerzsyndroms (Complex Regional Pain Syndrom
CRPS) einsetzbar [17].
wIRA vermag auch die Symptome von Polyneuropathien verschiedener Genese (zytostatikabedingt,
idiopathisch) deutlich zu mindern [17].
Hals-Nasen-Ohren (HNO)
wIRA lässt sich gut zur Therapie von Sinusitiden und Laryngitiden einsetzen.
Onkologie
wIRA zur lokalen Hyperthermie oder systemischen Hyperthermie (Ganzkörperhyperthermie)
kann mit Strahlentherapie (z. B. beim metastasierenden Mamma-Karzinom) oder Chemotherapie
kombiniert werden [12]
[13]
[14]
[17].
Hyperthermie wird in mehrerlei Hinsicht als komplementär zur Strahlentherapie angesehen
[17]
[43]: ionisierende Strahlung wirkt vorwiegend auf die M- und G1-Phase des Zellzyklus,
während Hyperthermie v. a. auf die S-Phase wirkt; Strahlentherapie ist in alkalischem
Gewebe sehr effektiv, während die Zytotoxizität der Hyperthermie unter sauren Bedingungen
verstärkt ist; Strahlentherapie wirkt nicht effektiv auf hypoxisches Gewebe, während
Hyperthermie sehr zytotoxisch auf hypoxische Zellen wirkt. Durch die Kombination von
Hyperthermie und Strahlentherapie lässt sich sowohl der hypoxische, einen niedrigen
(sauren) pH aufweisende Tumorkern wie auch der relativ gut perfundierte äußere Teil
des Tumors behandeln. Zudem erhöht die Hyperthermie über ihre vaskulären Effekte (verstärkte
Perfusion) die Tumoroxygenation, was die Wirkung der Strahlentherapie verstärkt. Hyperthermie
erhöht außerdem die Produktion von Sauerstoffradikalen während Strahlentherapie und
vermindert die Reparatur von strahlentherapiebedingten DNA-Schäden. So haben Hyperthermie
und Strahlentherapie oft einen synergistischen Effekt.
Bereits in den 1990er Jahren wurde lokale wIRA-Bestrahlung, über Temperaturmessfühler
geregelt, zur lokalen Hyperthermie in Kombination mit Strahlentherapie erfolgreich
z. B. bei weit über 100 Patientinnen mit lokal metastasierendem Mammakarzinom eingesetzt
[13]
[17]
[45]
[46]
[52]. 2009 wurde dieses Konzept mit wesentlich verfeinerter Mess- und Regeltechnik wieder
aufgegriffen: Es wird jeweils zunächst die lokale thermografie-geregelte wIRA-Hyperthermie
und dann die Strahlentherapie durchgeführt, sodass durch die wIRA-Hyperthermie die
Tumoroxygenation erhöht ist, was die Wirkung der Strahlentherapie verstärkt [17]
[37]
[38]. Über die kontinuierliche Thermografie und deren automatische quantitative Auswertung
wird die wIRA-Bestrahlung dabei so geregelt, dass ein Maximum an Hyperthermie ohne
Überschreitung individuell einstellbarer Grenzwerte erreicht wird.
Die Anwendungsbreite von wIRA ist im Hinblick auf die indikationsübergreifende Minderung
von Schmerzen, Entzündung und vermehrter Sekretion und die Förderung von Infektionsabwehr
und Regeneration groß. Dabei sollte wIRA immer eingebettet in ein Gesamttherapiekonzept
gesehen werden. Dann ist wIRA, das den großen Vorteil besitzt, ein substanzfreies
Verfahren darzustellen, das bei angemessener Anwendung keine unerwünschten Wirkungen
aufweist, vielfältig sinnvoll einsetzbar.
Weitere Fachinformationen zu wassergefiltertem Infrarot A (wIRA): http://www.waerme-therapie.com/fachartikel.html