Pneumologie 2017; 71(09): 562-563
DOI: 10.1055/s-0043-114236
Pneumo-Fokus
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Bedeutung pulmonaler Erkrankungen durch nichttuberkulöse Mykobakterien

Prevots DR. et al.
Nontuberculous mycobacterial pulmonary disease: an increasing burden with substantial costs.

Eur Respir J 2017;
49: pii 1700374
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
31. August 2017 (online)

 

    Im Vergleich zur echten Tuberkulose sind pulmonale Erkrankungen durch nichttuberkulöse Mykobakterien (NTM) selten. Üblicherweise handelt es sich um chronische Erkrankungen und die Prävalenz in einem gegebenen Jahr fällt höher aus als die Inzidenz. Die Arbeitsgruppe um Rebecca Prevots stellte in einer Übersichtsarbeit Daten zur Verbreitung, Krankheitslast und zu den Kosten pulmonaler NTM-Erkrankungen vor.


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    Chronische bronchopulmonale Erkrankungen sind die häufigsten Folgen von NTM-Infektionen. Das Risiko für NTM-Infektionen erhöht sich durch vorbestehende bronchopulmonale Erkrankungen und geschwächte Immunabwehr. Ihre Beachtung nimmt seit einigen Jahren zu und damit auch die Bemühungen, die Epidemiologie, Krankheitslast und Kosten der Krankheiten genauer zu erfassen. Leider gehören pulmonale Erkrankungen durch NTM in den meisten Ländern nicht zu den meldepflichtigen Erkrankungen. Deshalb existieren in den einzelnen Ländern unterschiedliche Datengrundlagen.

    Das zentrale Labor für öffentliche Gesundheit der kanadischen Provinz Ontario führt annähernd 95 % aller Tests auf Mykobakterien durch. Dort nahm die Prävalenz pulmonaler NTM-Erkrankungen von 29,3/100 000 in den Jahren 1998 – 2002 auf 41,3/100 000 Personen in den Jahren 2006 – 2010 zu. Aus North Carolina, USA, liegen Berichte über NTM-Isolate aller Labore vor, die zwischen 2006 und 2010 fast 95 % aller Isolate aus drei Bezirken des Bundesstaates erfassten. Danach lag die Infektionsprävalenz für diesen Zeitraum bei 13,6/100 000 Einwohnern. National repräsentative Erhebungsdaten aus Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und UK sowie Japan ergaben, dass europäische Patienten mit pulmonalen NTM-Erkrankungen eher männlich und aktuelle bzw. ehemalige Raucher sind. Außerdem besteht bei 33 % von ihnen eine COPD. In Japan sind zu 65 % Frauen von diesen Erkrankungen betroffen und 13 % haben eine COPD.

    Aktuelle Ergebnisse aus Deutschland auf der Grundlage von Daten von 7 Millionen Krankenversicherten zeigen, dass im Beobachtungszeitraum 2010 – 2011 die jährliche Inzidenzrate der pulmonalen NTM-Erkrankungen bei 1,1 – 1,5/100 000 Einwohnern lag. Das entspricht den jährlichen Inzidenzraten für Dänemark des Zeitraums 1997 – 2008. Die deutsche Analyse ergab außerdem einen Kostenanstieg aufgrund pulmonaler NTM-Erkrankungen im Vergleich zu einer Kontrollgruppe um das 4-Fache. Davon entfielen 63 % der Gesamtkosten auf Krankenhausaufenthalte und 21,8 % der direkten Kosten auf Medikamente. Das Mortalitätsrisiko steigt für die Erkrankten um das 3,6-Fache an. Dabei liegt die Mortalität für Patienten mit pulmonaler NTM-Erkrankungen und COPD bei 41 %, für diejenigen ohne zusätzliche COPD bei 14 %.

    Die dominierenden NTM-Erreger in Australien und Nordamerika sind Mycobacterium-avium-Komplex (MAC). In Europa, v. a. in Südeuropa, ist M. xenopie weit verbreitet.

    Fazit

    Seit einigen Jahren werden pulmonale NTM-Erkrankungen häufiger registriert. Die Patienten haben ein höheres Mortalitätsrisiko und es kommt zu einem deutlichen Anstieg krankheitsbedingter Kosten. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Krankheitslast und hoher Kosten braucht es nach Ansicht der Autoren fortlaufende Inzidenz- und Prävalenzerfassungen und eine Ausweitung der Meldepflicht für pulmonale NTM-Erkrankungen.

    Matthias Manych, Berlin


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