Aktuelle Dermatologie 2017; 43(11): 457-476
DOI: 10.1055/s-0043-118403
Tagungsbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frankfurter Dermatologentagung – 1. November 2017

Annual Frankfurt Dermatology Meeting – November 1st, 2017
M. Meissner
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
,
P. Kleimann
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
,
M. Wolter
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
,
R. Kaufmann
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Markus Meissner
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Theodor-Stern-Kai 7
60590 Frankfurt am Main

Publication History

Publication Date:
13 November 2017 (online)

 

Incontinentia pigmenti

B. Malisiewicz

Anamnese Die Vorstellung eines zwei Monate alten Mädchens erfolgte bei streifenförmigen Bläschen, Plaques und warzigen Hyperkeratosen auf teils rötlichem Grund. Hautveränderungen seien bereits kurz nach der Geburt aufgetreten. Laborchemisch lag eine Bluteosinophilie vor. Ex domo erfolgte eine histologische Evaluation, die mit der Verdachtsdiagnose einer Incontinentia pigmenti vereinbar war. Augen-, Zahn- oder ZNS-Anomalien wurden bereits kinderärztlicherseits ausgeschlossen.

Befund Es zeigten sich entlang der Blaschko-Linien angeordnete erythematöse Papeln, Plaques, sowie warzige Hyperkeratosen und Hyperpigmentierungen ([Abb. 1]). An den Füßen lagen Nageldystrophien vor ([Abb. 2]).

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Abb. 1 Blaschkiform angeordnete erythematöse Papeln, Plaques und Hyperpigmentierungen im Intimbereich sowie der unteren Extremität beidseits.
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Abb. 2 Striär angeordnete, hyperkeratotisch-verrukiforme Plaques auf erythematösem Grund an der rechten Großzehe und dem rechten Fußrücken. Zudem leichte Nageldystrophe an der Großzehe.

Diagnostik Zur Diagnosesicherung erfolgte eine humangenetische Abklärung, die eine Mutation im IKBKG-Gen mit einer Deletion im Exon 4-10 nachweisen konnte. Die Abklärung der Mutter fiel unauffällig aus, sodass es sich hier um eine Neumutation handelte. Extrakutane Manifestationen konnten bereits im Vorfeld ausgeschlossen werden.

Therapie Im entzündlichen Stadium erfolgte eine topische Behandlung mit mittelpotenten Steroiden und rückfettenden antiseptischen Externa. Nach Abklingen der Entzündung war eine reine Rückfettung mittels Unguentum emulsificans aquosum ausreichend. Weiterführende Nachsorgen zeigten eine normale Entwicklung ohne Anomalien.

Kommentar Die Incontinentia pigmenti ist eine sehr seltene, genetisch bedingte Erkrankung, die bei 1 von 50 000 Geburten auftritt und fast ausschließlich Mädchen betrifft. Bis auf seltene Ausnahmen (somatischer Mosaizismus, Klinefelter-Syndrom) ist diese Erkrankung für männliche Individuen bereits pränatal tödlich. Ursächlich ist eine autosomal-dominante Mutation im IKBKG-Gen (früher NEMO-Gen), das sich auf Chromosom Xq28 befindet. Zumeist liegt eine Deletion im Exon 4-10 vor. Eine familiäre Häufung ist selten (10 – 25 %). In 64 % handelt es sich um eine Neumutation. In erster Linie liegen kutane Symptome vor, die sich entlang der Blaschko-Linien manifestieren. Hierbei verläuft die Erkrankung in vier Stadien, wobei nicht jedes Stadium durchlaufen wird. Im ersten und entzündlichen Stadium bestehen streifig angeordnete Bläschen oder Pusteln auf erythematösem Grund, die häufig von einer Bluteosinophilie begleitet sind. Es folgt das zweite verruköse Stadium mit warzenartigen Hyperkeratosen. Anschließend kommt es zur Ausbildung von Hyperpigmentierungen (drittes Stadium). Im Erwachsenenalter entstehen streifenförmige Hypopigmentierungen und Atrophien. Neben diesen Stadien kommt es in 50 % zu Haaranomalien und vernarbenden Alopezien. Von besonderer Relevanz sind extrakutane Manifestationen. Hierbei sind neben Zahnanomalien Augenanomalien mit Neovaskularisationen und ZNS-Anomalien mit Krampfanfällen von besonderer Relevanz. Die Diagnose basiert auf dem klinischen Bild und dem Nachweis der Mutation im IKBKG-Gen. Ist eine Mutationsanalyse nicht verfügbar, kann die Diagnose anhand von Major- (kutane Stadien I – IV) und Minorkriterien (extrakutane Befunde) gestellt werden. Hierbei müssen entweder ein Major- und Minorkriterium oder mindestens zwei kutane Stadien vorliegen. Eine humangenetische Abklärung der Mutter wird empfohlen. Die Therapie erfolgt multidisziplinär abhängig von der Signifikanz der kutanen und extrakutanen Manifestationen. Kutan können im entzündlichen Stadien topische Steroide appliziert werden. Bei Bläschen und Erosionen ist eine antiseptische Therapie zur Vermeidung von Impetiginisationen sinnvoll. Prognostisch limitierend ist das Vorliegen und das Ausmaß der extrakutanen Manifestationen. Sollten diese fehlen, ist von einer normalen Lebenserwartung auszugehen.

Literatur

1 Minić S, Trpinac D, Obradović M. Incontinentia pigmenti diagnostic criteria update. Clin Genet 2015; 85: 536 – 542

2 Kaya TI, Tursen U, Ikizoglu G. Therapeutic use of topical corticosteroids in the vesiculobullous lesions of incontinentia pigmenti. Clin Exp Dermatol 2009; 34: 611 – 613


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ANCA-negative eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, Churg-Strauss-Syndrom)

I. Kaluzki

Anamnese Eine 35-jährige Patientin stellte sich mit einem akuten Schub juckender, nicht flüchtiger, seit sechs Monaten rezidivierend auftretender Hautveränderungen sowie akuter Luftnot bei vor neun Monaten erstmanifestiertem Asthma bronchiale vor. Begleitend bestünden regelmäßig febrile Temperaturen bis 39 °C. Unter systemischem Prednisolon komme es stets zur Befundregredienz. Daneben umfasste die Hausmedikation Salbutamol, Montelukast, Theophyllin und Fexofenadin. Seit Langem bestünden multiple Allergien u. a. auf diverse Pollen und Nüsse sowie eine allergische Rhinopathie. Zudem wurde eine Raynaud-Symptomatik geschildert und seit einem Jahr sei eine Mitralklappeninsuffizienz bekannt.

Befund Es fanden sich symmetrisch am Dekolleté und periumbilikal übergehend bis axillär, zu den Armbeugeseiten und bis inguinal jeweils beidseits teils randbetonte, unregelmäßig scharf begrenzte, erythematöse Maculae mit fließendem Übergang zu residuell hyperpigmentierten Arealen, stellenweise imponierten urtikarielle Plaques ([ Abb. 3 ]). Klinisch waren keine neurologischen Defizite feststellbar.

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Abb. 3 Am Dekolleté übergehend bis axillär und auf die Armbeugeseiten beidseits teils randbetonte, unregelmäßig scharf begrenzte, erythematöse Maculae mit fließendem Übergang zu residuell hyperpigmentierten Arealen.

Diagnostik Die Dermatohistologie ergab eine nekrotisierende, eosinophilenreiche leukozytoklastische Vaskulitis mit mehrkernigen Riesenzellen entsprechend granulomatösen Veränderungen. Das Differenzialblutbild war normwertig ohne Eosinophilie, das Gesamt-IgE (890 U/ml) deutlich erhöht, der ANCA-Status negativ, der 24 h-Sammelurin unauffällig. Im CT-Thorax fand sich eine transiente pulmonale Verdichtung, die Bronchialschleimhaut erschien bronchoskopisch gerötet, geschwollen und vergröbert, histologisch mit chronisch-entzündlicher Begleitreaktion. Eine Weichteilschwellung aller Nasennebenhöhlen wurde tomografisch dargestellt mit Nachweis einer akuten Sinusitis beider Kieferhöhlen. Bei myxomatös veränderter Mitralklappe zeigte eine Kardio-MRT unter Prednisolon-Therapie keine akute Herzbeteiligung. Die gastrointestinale Hohlraumdiagnostik ergab makroskopische und mikroskopische Normalbefunde. In Zusammenschau der Befunde wurde die Diagnose einer eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) entsprechend den ACR-Klassifikationskriterien gestellt.

Therapie Bei führender pulmonaler Symptomatik wurde neben einer Anpassung der Inhalativa die systemische Prednisolon-Dosis auf 50 mg erhöht, worunter es zur Besserung der pulmonalen wie kutanen Beschwerden kam. Montelukast wurde wegen berichteter möglicher Krankheitstriggerung abgesetzt. Eine Erhaltungstherapie mit Azathioprin lehnte die Patientin ab. Bei schrittweiser Prednisolon-Reduktion auf aktuell 15 mg zeigte sich 3 Monate später eine suffiziente Symptomkontrolle.

Kommentar Die EGPA ist eine eosinophilenreiche, nekrotisierende Multisystem-Vaskulitis kleiner bis mittelgroßer Gefäße mit Assoziation zu Asthma und Bluteosinophilie. Die in 40 % auftretenden Hauterscheinungen sind vielgestaltig (kutane/subkutane Knoten, makulopapulöses Exanthem, Petechien, Ulzerationen), jedoch bioptisch häufig diagnoseweisend. Typisch ist eine Symptom-Chronologie aus langjährigen Allergie-/Asthmabeschwerden gefolgt von Blut-/Gewebseosinophilie und schließlich diversen Vaskulitis-Manifestationen. Unbehandelt verläuft die Erkrankung meistens letal. Die Standardtherapeutika umfassen neben Glukokortikoiden Cyclophosphamid als Induktions- und Azathioprin als Erhaltungstherapie. In ANCA-positiven Fällen konnte Rituximab erfolgreich eingesetzt werden. Interessant ist in dem stark Asthma-assoziierten Patientenkollektiv eine beschriebene mögliche Krankheitstriggerung durch Omalizumab – neben Montelukast.

Literatur

1 Churg J, Strauss L. Allergic granulomatosis, allergic angiitis, and periarteritis nodosa. Am J Pathol 1951; 27: 277 – 301

2 Masi A, Hunder GG, Lie JT et al. The American College of Rheumatology 1990 criteria for the classification of Churg-Strauss syndrome (allergic granulomatosis and angiitis). Arthr Rheum 1990; 33: 1094 – 1100

3 Hauser T, Mahr A, Metzler C et al. The leucotriene receptor antagonist montelukast and the risk of Churg-Strauss syndrome: A case-crossover study. Thorax 2008; 63: 677 – 682

4 Nazir S, Tachamo N, Fareedy SB et al. Omalizumab-associated eosinophilic granulomatosis with polyangiitis (Churg-Strauss syndrome). Ann Allergy Asthma Immunol 2017; 118: 372 – 374


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Fumarsäureester-Therapie bei Melkersson-Rosenthal-Syndrom

G. Hauck

Anamnese Es stellte sich ein 53-jähriger Patient mit einer zunehmenden Schwellung der rechten Gesichtshälfte vor. Diese würde progredient seit Mai 2016 bestehen. Außer schmerzhaftem Druckgefühl würden keine Beschwerden bestehen. Der Patient war bereits bei den Kollegen der HNO vorstellig gewesen, die eine Parotitis ausgeschlossen haben.

Befund Es zeigte sich eine flächige Schwellung in der rechten Gesichtshälfte, vor allem an der rechten Wange bis infraorbital reichend ([ Abb. 4 ]). Enoral war ebenfalls eine leichte Schwellung (buccal rechts) zu tasten. Begleitend fand sich ein leichtes Erythem an der rechten Wange, nicht überwärmt, keine Sensibilitätsstörungen. Eine Lingua plicata lag nicht vor.

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Abb. 4 Flächige, rötliche Schwellung der rechten Gesichtshälfte, vor allem an der rechten Wange bis infraorbital reichend.

Diagnostik Serologisch zeigten sich keine Entzündungszeichen. Auch waren keine autoimmunen Antikörper, Hinweise auf Sarkoidose oder Borrelien zu finden. Histologisch zeigte sich unter unaffektierter Epidermis eine konfluierende Entzündung mit epitheloidzelligen Granulomen mit vereinzelt Riesenzellbildung. Der Befund zeigt sich vereinbar mit einer granulomatösen Dermatitis, klinisch als Pareiitis granulomatosa (Melkersson-Rosenthal-Syndrom).

Therapie und Verlauf Ambulant wurde bereits eine systemische Behandlung mit Prednisolon 40 mg über 4 Wochen ohne Besserung durchgeführt. Daraufhin erfolgte nach der Erstvorstellung bei uns eine weitere Systemtherapie über 3 Monate mit Minozyclin 100 mg begleitet von Ketotifen 2 × 2 g und Ibuprofen 600 mg 2 × tgl. Hierunter zeigte sich ebenfalls keine Befundänderung. Nach Antrag an die Krankenkasse wurde eine „Off-Label“-Behandlung mit Fumarsäureestern eingeleitet, die nach einer insgesamt 6-monatigen Therapie zu einer Befundbesserung und Linderung der Schmerzsymptomatik im Gesicht führte. Nach dem Absetzen kam es in den drei Folgemonaten zu keinem Rezidiv.

Kommentar Das Melkersson-Rosenthal-Syndrom ist eine granunlomatöse Erkrankung, die mit dem Symptomkomplex aus begleitendem Ödem, teilweise Fazialisparese und Lingua plicata einhergeht. Es wurde erstmals 1928 beschrieben, mit weiterhin unbekannter Ätiologie. Beschrieben sind Assoziationen zu M. Crohn und zur Sarkoidose. Häufig verläuft die Erkrankung mono- oder oligosymptomatisch, was die Diagnosestellung oft schwierig gestaltet. Das Vorliegen nur eines Symptomes (meist als unilaterale granulomhaltige Dermatitis mit begleitendem Ödem) ist ausreichend zur Sicherung der Diagnose. Das Vorliegen einer Symptomtriade ist eher selten. Zugelassene Therapien gibt es bisher nicht, beschriebene Therapieerfolge finden sich mit Steroiden, aber auch mit Fumarsäureestern, Clofazimin, Hydroxychloroquin und Azathioprin. Als Ultima Ratio ist bei Lippenbeteiligung eine operative Verkleinerung möglich. Die Erkrankung ist häufig therapierefraktär und besteht als chronisch persistierender Befund.

Literatur

1 Kanerva M, Moilanen K, Virolainen S et al. Melkersson-Rosenthal syndrome. Otolaryngol Head Neck Surg 2008; 138: 246 – 251

2 Critchlow WA, Chang D. Cheilitis granulomatosa: a review. Head Neck Pathol 2014; 8: 209 – 213

3 Leão JC, Hodgson T, Scully C, Porter S. Review article: orofacial granulomatosis. Aliment Pharmacol Ther 2004; 20: 1019 – 1027


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Metastasiertes Merkelzellkarzinom unter Therapie mit PD1-Antikörper

F. Angeletti

Anamnese Eine 73-jährige Patientin stellte sich aufgrund einer neu aufgetretenen Schwellung der linken Axilla ärztlich vor. Allgemeinsymptome bestanden nicht. Eine Punktion der Läsion erbrachte den Nachweis lymphogener Metastasen eines Merkelzellkarzinoms. Die Patientin wurde zur weiteren Behandlung in die Dermatologie verwiesen.

Befund Es zeigten sich am linken Oberarm mehrere derbe, subkutane Knoten. In der linken Axilla befand sich ein nicht verschieblicher Konglomerattumor.

Diagnostik Eine ganzheitliche Untersuchung der Haut wurde vorgenommen. Hierbei konnte kein Primärtumor diagnostiziert werden. Probebiopsien wurden aus Knoten des Oberarms entnommen. Histologisch zeigten sich Metastasen eines Merkelzellkarzinoms. Ein Staging wurde durchgeführt. Es zeigten sich lymphogene und kutane Filiae ([Abb. 5]).

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Abb. 5a Exemplarische kutane Merkelzellkarzinommetastase im CT (s. Pfeil). b Nach 10 Monaten Therapie mit PD1-AK.

Therapie und Verlauf Bei metastasiertem Merkelzellkarzinom war eine operative Sanierung aufgrund des Operationsausmaßes nicht sinnvoll. Eine palliative Radiatio wurde durchgeführt und eine Systemtherapie mit liposomal verkapseltem Doxorubicin eingeleitet. Im weiteren Verlauf zeigte sich ein Progress der Erkrankung. Nach interdisziplinärem Tumorboardbeschluss wurde eine „Off-Label“-Therapie mit dem PD1-Antikörper Pembrolizumab eingeleitet. Bereits nach wenigen Wochen zeigte sich ein gutes Gesamtansprechen ([Abb. 5]). Seither besteht über den Zeitraum von einem Jahr eine „stable disease“ Situation.

Kommentar Beim Merkelzellkarzinom handelt es sich um einen seltenen, aggressiven Hauttumor neuroendokrinen Ursprungs. Die primäre Exzision mit einem Sicherheitsabstand von 2 cm sollte angestrebt werden. Im nicht metastasierten Stadium wird eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie empfohlen. Bei positivem Befund sollte eine radikale Lymphadenektomie der entsprechenden Region vollzogen und eine anschließende adjuvante Radiatio erwogen werden. Im metastasierten Stadium können mittels Chemotherapie initial gute Ansprechraten erzielt werden. Allerdings ist hierbei das Langzeitansprechen limitiert. Neue Optionen bietet die Anwendung von PD1/PD-L1-Antikörpern. Eine Überexpression des PD1-Liganden konnte im Merkelzellkarzinom nachgewiesen werden. Klinische Studien zeigen Ansprechraten von bis zu 56 % und deuten langfristig auf eine Rolle von PD1/PDL-1-Antikörpern in der First-line-Behandlung hin. Im laufenden Jahr wird ein PD-L1-Antikörper zur Therapie des Merkelzellkarzinoms in Deutschland zugelassen werden.

Literatur

1 Nghiem PT, Bhatia S, Lipson EJ et al. PD-1 Blockade with Pembrolizumab in Advanced Merkel-Cell Carcinoma. N Engl J Med 2016; 374: 2542 – 2552

2 Terheyden P, Becker JC. New developments in the biology and the treatment of metastatic Merkel cell carcinoma. Curr Opin Oncol 2017; 29: 221 – 226

3 Lipson EJ, Vincent JG, Loyo M et al. PD-L1 Expression in the Merkel Cell Carcinoma Microenvironment: Association with Inflammation, Merkel Cell Polyomavirus, and Overall Survival. Cancer Immunol Res 2013; 1: 54 – 63


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Therapie eines riesigen metastasierten Basalzellkarzinoms

M. Jäger

Anamnese Es erfolgte die stationäre Aufnahme einer 52-jährigen Patientin, die sich zunächst notfallmäßig aufgrund einer ausgeprägten Schwäche und Abgeschlagenheit in unserer internistischen Notaufnahme vorstellte. Die Patientin berichtete über zwei große Hauttumoren, die ihr vor 3 Jahren erstmals aufgefallen seien. Trotz Größenprogredienz habe sie diese in der Zwischenzeit lediglich verbunden. In der jüngsten Vergangenheit haben die Tumoren rezidivierend geblutet, was jedoch zu keiner ärztlichen Vorstellung geführt habe. Die beschriebene Schwäche und Abgeschlagenheit konnte auf eine Anämie mit einem Hb-Wert von 3,2 g/dl zurückgeführt werden. Anderweitige Blutungsquellen konnten ausgeschlossen werden.

Befund In der dermatologischen Untersuchung konnten multiple malignomsuspekte Hautveränderungen beobachtet werden. Darunter ein zirka 20 × 25 cm großer, ulzerierender Tumor mit stellenweise erhabenem Randwall im Sinne eines Ulcus rodens am Rücken sowie ein etwa 10 × 10 cm großer, exophytisch wachsender Knoten prästernal ([Abb. 6 a], [Abb. 7 a]).

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Abb. 6  Rücken: a Befund vor Therapie mit Vismodegib; b Befund nach zwei Monaten Therapie.
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Abb. 7 Brust: a Befund vor Therapie mit Vismodegib; b Befund nach zwei Monaten Therapie.

Diagnostik Wir führten ein Tumormapping in Form multipler Probebiopsien durch. Die feingewebliche Untersuchung der Bioptate erbrachte den Nachweis eines sklerodermiformen Basalzellkarzinoms. Zusätzlich führten wir ein Staging mittels CT-Thorax/Abdomen und MR-Schädel durch. Dabei kamen multiple bipulmonale Filiae, malignomsuspekte Lymphknoten im Oberbauch und retroperitoneal sowie eine osteolytische Metastase des linken Os ilium zur Darstellung. Eine empfohlene bioptische Sicherung einer Metastase zur Klärung der Tumorentität wurde von der Patientin abgelehnt.

Therapie und Verlauf Bei Inoperabilität leiteten wir eine Therapie mit Vismodegib 150 mg/d ein. Oben beschriebene Tumoren zeigen sich unter der Therapie regredient ([Abb. 6 b], [Abb. 7 b]), in den radiologischen Kontrollen konnte im Verlauf ein gemischtes Ansprechen der Metastasen nachgewiesen werden. Typische Nebenwirkungen der Behandlung mit Vismodegib waren nicht zu beobachten. Mittlerweile ist die Patientin ca. 11 Monate unter Therapie und die kutanen Tumore weiter regredient.

Kommentar Trotz ihrer leichten Zugänglichkeit als Hauttumore und ihres langsamen Wachstums, können immer wieder Basalzellkarzinome stattlicher Größe beobachtet werden. Diese in der englischen Literatur als „neglected tumors“ beschriebenen Tumoren stellen eine große Herausforderung für den Behandler dar. Gründe für dieses Phänomen sind vielgestaltig, so fürchten einige Betroffene die Diagnose und Behandlung oder aber haben sich schlichtweg an den langsam wachsenden Tumor gewöhnt. Vismodegib stellt das erste für die Behandlung fortgeschrittener oder metastasierter Basalzellkarzinome zugelassene Medikament dar. Seine Wirkung entfaltet es durch Hemmung des für die Pathogenese des Basalzellkarzinoms relevanten Sonic-Hedgehog-Signalwegs. Die Therapieadhärenz wird maßgeblich durch das Auftreten belastender Nebenwirkungen bestimmt, dazu gehören vor allem Muskelkrämpfe, Haarausfall und Geschmacksstörungen. Für Patienten wie in unserem geschilderten Fall ist Vismodegib die einzige wirklich effektive verfügbare Therapieoption, die ein längerfristiges Überleben der Patienten ermöglicht.

Literatur

1 Varga E, Korom I, Raskó Z et al. Neglected Basal Cell Carcinomas in the 21st Century. J Skin Cancer 2011; 2011: 392151

2 Silapunt S, Chen L, Migden, Michael R. Hedgehog pathway inhibition in advanced basal cell carcinoma: latest evidence and clinical usefulness. Ther Adv Med Oncol 2016; 8: 375 – 382


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Sandbox-Dermatitis

K. Gebauer

Anamnese Der 6-jährige Junge stellte sich mit seit zirka einem Jahr juckenden, kleinen, hypopigmentierten Papeln an den Ellenbogen, den Knien, den Handrücken sowie am Nacken vor. Der Juckreiz war sehr störend. Die bisher durchgeführte Therapie mit Basodexan hatte anamnestisch zu keiner Besserung geführt. Allergien waren nicht bekannt und in der Familienanamnese zeigte sich kein Hinweis auf eine atopische Diathese.

Befund Es fanden sich an beiden Ellenbogen, Knien, Handrücken und Nacken multiple, 1 – 3 mm große, flache, lichenoide, hypopigmentierte bis hellrote Papeln ([Abb. 8]). An den Handrücken sowie am Nacken zeigten sich zudem milde Kratzexkoriationen.

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Abb. 8 Multiple, 1 – 3 mm große, flache, lichenoide, hypopigmentierte bis hellrote Papeln an beiden Handrücken mit milden Kratzexkoriationen.

Diagnostik Die Diagnose der Sandbox-Dermatitis wurde klinisch gestellt.

Therapie und Verlauf Unter einer kurzfristigen antientzündlichen Therapie mit einer 1 %-Hydrocortisoncreme zeigte sich zunächst keine Besserung. Nach Umstellung der Lokaltherapie auf 0,03 %-Tacrolimussalbe für 3 Wochen mit einem anschließenden proaktiven Therapiekonzept kam es zu einer deutlichen Befundregredienz.

Kommentar Die Sandbox-Dermatitis ist eine seltene Erkrankung im Kindesalter. Die genauen Zahlen sind unklar, da die Erkrankung wahrscheinlich unterdiagnostiziert ist. Die erstmalige Beschreibung geht auf das Jahr 1956 zurück, seitdem haben sich eine Vielzahl von Synonymen wie „Dermatitis papulosa juveniles“ oder „Friktionale lichenoide Dermatitis“ ergeben. Betroffen sind vor allem Jungen im Alter zwischen 4 – 12 Jahren. Die charakteristischen Hautveränderungen treten bevorzugt in den Sommermonaten an den Prädilektionsstellen wie Handrücken, Knien und Ellenbogen auf, wobei oftmals Juckreiz besteht. Pathogenetisch wird das häufige Reiben von rauen Materialien wie Sand sowie eine atopische Diathese als prädisponierender Faktor kontrovers diskutiert. In der Studie von Sardana et al. wiesen zirka die Hälfte der Patienten eine atopische Diathese auf. Aufgrund der Häufung in den Sommermonaten scheint auch eine UV-Exposition einen Einfluss zu haben. Differenzialdiagnostisch sind Erkrankungen wie beispielsweise der Lichen nitidus oder der Lichen planopilaris abzugrenzen. Bedeutsam ist, die Sorge der Eltern ernst zu nehmen und diese über die Harmlosigkeit und den variablen Verlauf der Erkrankung aufzuklären. Häufig ist die Erkrankung selbstlimitierend und heilt innerhalb von 6 – 9 Wochen ab. Sie zeigt jedoch eine hohe Rezidivrate vor allem in den Sommermonaten, zudem sind Einzelfälle beschrieben, die das ganze Jahr persistieren. Therapeutisch bewirken oftmals harnstoffhaltige Externa eine deutliche Besserung, im entzündlichen Zustand können kurzfristig niedrig konzentrierte externe Kortikosteroide oder topische Calcineurininhibitoren eingesetzt werden.

Literatur

1 Sardana K, Goel K, Garg VK et al. Is frictional lichenoid dermatitis a minor variant of atopic dermatitis or a photodermatosis. Indian J Dermatol 2015; 60: 66 – 73

2 Fölster-Holst R, Kiene P, Brodersen JP et al. Dermatitis papulosa juvenilis. Hautarzt 1996; 47: 129 – 31

3 Sutton RL. Summertime pityriasis of the elbow and knee. In: Sutton RL Jr, editor. Diseases of the Skin. 2nd ed. St Louis: Mosby; 1956: 898


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Reaktive Angioendotheliomatose

P. Kleimann

Anamnese Die Patientin stellte sich mit seit mehreren Monaten bestehenden symptomlosen, lividen, figurierten Erythemen an Stamm und Extremitäten vor. In der Vorgeschichte war ein Mamma-Karzinom links mit Z. n. OP und Radiato bekannt. Zum Zeitpunkt der konsiliarischen Vorstellung war die Patientin wegen rezidivierender Fieberschübe und einer bekannten rheumatoiden Arthritis in der Rheumatologie in Behandlung.

Befund An der linken Mamma sowie am Abdomen, am Rücken, den Schultern, den Oberarmen und Oberschenkeln fanden sich bizarr konfigurierte, livide, nicht wegdrückbare Erytheme ([Abb. 9 a]).

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Abb. 9a Oberarm links: bizarr konfigurierte, livide, nicht wegdrückbare Erytheme. b Histologie: innerhalb der Gefäße Endothelproliferationen und schaumige Zellen, welche die Lumina okkludierten (H & E-Färbung).

Diagnostik Zur weiteren Einordnung des Befundes wurde eine Biopsie entnommen. Im histologischen Befund kamen innerhalb der Gefäße Endothelproliferationen und schaumige Zellen, welche die Lumina okkludierten, zur Darstellung. Fokal Thrombosierung der Gefäße und intraluminale Fibrinablagerungen. Des Weiteren Rekanalisierungsphänomene und Hämorrhagien. Die Gefäßwände waren von Lymphozyten durchsetzt ([Abb. 9 b]).

Diagnose Reaktive Angioendotheliomatose.

Kommentar Die reaktive Angioendotheliomatose stellt eine seltene, benigne, selbst-limitierende Erkrankung mit intravaskulärer Proliferation endothelialer Zellen dar. Diese wird als Reaktion auf unterschiedliche Auslöser interpretiert. Infrage kommen hier Infektionen wie Tuberkulose oder eine bakterielle Endokarditis sowie auch systemische Erkrankungen wie Kryoglobulinämie, chronisch lymphatische Leukämie und rheumatoide Arthritis. Das klinische Bild ist variantenreich und reicht von flachen, lividen Erythemen bis hin zu Plaques und Knoten, die teils ulzeriert sein können. Diese können an Stamm und Extremitäten lokalisiert sein und aus wenigen bis multiplen, disseminierten Läsionen bestehen. Wichtige klinische Differenzialdiagnosen stellen das Kaposi-Sarkom, Angiosarkom sowie Skleroderm, Morphea oder die Calciphylaxie dar. Histologisch sollte die Differenzialdiagnose einer malignen Angioendotheliomatose, welche ein intravaskuläres Lymphom darstellt, ausgeschlossen werden. Der Begriff der Angioendotheliomatose ist hier verwirrend, da es sich dabei nicht um eine Endothelproliferation, sondern um eine lymphoproliferative Erkrankung handelt. Entscheidend sind hier die immunhistochemischen Färbungen. Die reaktive Angioendotheliomatose kann spontan bzw. unter Therapie der Grunderkrankung regredient verlaufen. In der Literatur werden Behandlungsversuche mit topischen sowie systemischen Steroiden, Radiatio und Laser beschrieben. Im Vordergrund sollte die Therapie der auslösenden Grunderkrankung stehen. Im Falle unserer Patientin wurde die Angioendotheliomatose auf die bekannte rheumatoide Arthritis zurückgeführt. Auf eine Behandlung wurde bei asymptomatischem Befund im Einvernehmen mit der Patientin verzichtet.

Literatur

1 McMenamin ME, Fletcher CDM. Reactive Angioendotheliomatosis: A Study of 15 Cases Demonstrating a Wide Clinicopathologic Spectrum. Am J Surg Pathol 2002; 26: 685 – 697

2 Lazova R, Slater C, Scott G. Reactive Angioendotheliomatosis: Case Report and Review oft he Literature. Am J Dermatopathol 1996; 18: 63 – 69

3 Cerroni L, Garbe C, Metze D et al. Histopathologie der Haut. 2. Auflage. Berlin: Springer; 2016


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Anhaltendes Therapieansprechen durch Elektrochemotherapie bei lokal metastasiertem malignem Melanom der Kopfhaut: mehr als ein palliativer Ansatz?

J. Kleemann

Anamnese Die Vorstellung des 79-jährigen Patienten erfolgte bei R1-reseziertem, ulzeriertem, malignem Melanom der Kopfhaut, Tumordicke 6,5 mm (T4b), erstdiagnostiziert im April 2014. In den initialen Staging-Untersuchungen zeigten sich multiple metastasensuspekte Raumforderungen frontal und parietal am Kapillitium ([Abb. 10 a]), jedoch kein Hinweis auf Lymphknoten- oder Fernmetastasen.

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Abb. 10 CT Schädel 3D-Rekonstruktion prä- (a) und post- (b) interventionell: a Darstellung multipler Metastasen frontal und parietal am Kapillitium. b Befund nach Elektrochemotherapie mit kompletter Remission (März 2015).

Befund In der klinischen Untersuchung zeigte sich fronto-parietal eine reizlose, krustig belegte Narbe. In der Umgebung tasteten sich disseminiert verteilt einzelne kleinste Knoten.

Diagnostik Es folgte die mikrografisch-kontrollierte Nachexzision des R1-exzidierten Primärtumors und die exemplarische Exzision einer kutanen Metastase parietal zur Diagnosesicherung der Metastasierung.

Therapie und Verlauf Bei disseminiertem Verteilungsmuster der Tumoren über das gesamte Kapillitium, multiplen internistischen Vorerkrankungen und fortgeschrittenem Lebensalter entschieden wir uns gemeinsam mit dem Patienten gegen ein erneutes chirurgisches Vorgehen. Eine mögliche systemische Tumortherapie wurde seitens des Patienten abgelehnt, sodass wir uns zur Durchführung einer palliativen Elektrochemotherapie entschieden. Im September 2014 erfolgte eine erste Elektrochemotherapie des Kapillitiums mit Bleomycin (15 mg/m2 Körperoberfläche). Diese führte zu einem gemischten Tumoransprechen mit teils regredienten, teils einzelnen neuen Metastasen parietal und frontal (Dezember 2014). Nach erneutem Therapiezyklus in Januar 2015 zeigte sich im folgenden Staging (März 2015) eine komplette Remission ohne Hinweis auf neue Metastasen. Bis zum aktuellen Zeitpunkt, 29 Monate nach Behandlung, besteht weiterhin kein Hinweis auf ein lokales Tumorrezidiv oder eine Fernmetastasierung ([Abb. 10 b]).

Kommentar Der präsentierte Fall demonstriert die erfolgreiche Anwendung einer Elektrochemotherapie mit Bleomycin bei lokal metastasiertem malignem Melanom der Kopfhaut. Bei Tumoren mit großer Flächenausdehnung oder disseminiertem lokalen Metastasierungsmuster am Kapilitium ist bei einem operativen Verfahren mit großen Wunddefekten und schwierigen Verschlüssen zu rechnen, was in manchen Situationen wie Multimorbidität und/oder sehr hohem Alter nur eingeschränkt durchführbar ist. In dieser Situation bietet die Elektrochemotherapie ein effektives und sicheres Behandlungsverfahren mit guter Lebensqualität. Das demonstrierte sehr gute komplette Langzeitansprechen unseres Patienten deckt sich mit Daten aus der Literatur, bei der das Langzeitansprechen zwischen 21,6 % und 46,7 % beschrieben wird.

Literatur

1 Caracò C, Mozzillo N, Marone U et al. Long-lasting response to electrochemotherapy in melanoma patients with cutaneous metastasis. BMC Cancer 2013; 1: 13 – 564

2 Ricotti F, Ciuliodiru K, Cataldi I et al. Electrochemotherapy: an effective local treatment of cutaneous and subcutaneous melanoma metastases. Dermatol Ther 2014; 27: 148 – 152

3 Angeletti F, Meissner M, Kaufmann R et al. Elektrochemotherapie – Möglichkeiten lokaler Tumorkontrolle. Akt Dermatol 2016; 42: 510 – 514


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Onkolytische Virustherapie – Talimogene laherparepvec: Ein zusätzliches Werkzeug in der modernen Therapie des malignen Melanoms

J. Kleemann

Anamnese Im Rahmen der Tumornachsorge präsentierte sich im Oktober 2016 ein 86-jähriger Patient mit superfiziell spreitendem malignem Melanom am linken Unterschenkel, Tumordicke 1,8 mm, erstdiagnostiziert im September 2013. Nach erfolgter Nachexzision mit 1 cm Sicherheitsabstand im September 2013 wurde im August 2014 ein Lokalrezidiv sowie im Januar 2016 eine In-transit-Metastase am linken Unterschenkel reseziert. Bei Vorstellung berichtete der Patient, ihm seien seit einigen Wochen neue Knoten am linken Unterschenkel aufgefallen.

Befund Es zeigten sich disseminiert verteilt am gesamt linken Unterschenkel multiple (25), teils hautfarbene, teils erythematöse, wenig verschiebliche oberflächliche Knoten ([Abb. 11 a]).

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Abb. 11 Behandlungsverlauf vor dem 1. Zyklus (a) und vor dem letzten Zyklus (b).

Diagnostik Sonografisch zeigten sich diese echoarm und somit hochgradig metastasensuspekt. MR Schädel und CT Thorax zeigten einen altersentsprechenden Normalbefund.

Therapie und Verlauf Aufgrund des komplexen Verteilungsmusters und der damit betroffenen großen Fläche war ein chirurgisches Vorgehen nicht möglich, sodass wir uns zu einer Therapie mit Talimogene laherparepvec (T-VEC) entschieden. Der Patient erhielt von November 2016 bis Januar 2017 fünf Behandlungszyklen. Klinisch zeigte sich im Januar 2017 ein komplettes Tumoransprechen, das sich im durchgeführten Staging mittels Sonografie und MRT der unteren Extremität bestätigte. Die komplette Remission ist bis zum aktuellen Zeitpunkt anhaltend ([Abb. 11 b]).

Kommentar Bei T-VEC handelt es sich um ein genetisch verändertes Herpes-simplex-Virus (HSV-1), das intraläsional injiziert wird. Der dargestellte Fall demonstriert ein sehr effektives lokales Ansprechen der Therapie mit guten Langzeitresultaten und damit einer effektiven und nebenwirkungsarmen Alternative in der Therapie des lokal metastasierten malignen Melanoms. Die genetischen Modifikationen des HSV-1 führen zum einen zur Tumorspezifität, bei der die Replikation in gesunden Zellen vermindert wird und gleichzeitig eine vermehrte Replikation in den Tumorzellen zu einer verbesserten Antigenpräsentation und Tumorlyse führt. Zusätzlich findet sich ein immunogener, systemischer Effekt durch die Freisetzung von GM-CSF mit konsekutiver Aktivierung von dendritischen Zellen und damit verbesserter Antigenpräsentation.

Literatur

1 Liu BL, Robinson M, Han ZQ et al. ICP34.5 deleted herpes simplex virus with enhanced oncolytic, immune stimulating, and anti-tumour properties. Gene Ther 2003; 10: 292 – 303

2 Kaufman HL, Bines SD. OPTIM trial: a Phase III trial of an oncolytic herpes virus encoding GM-CSF for unresectable stage III or IV melanoma. Future Oncol 2010; 6: 941 – 949


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Therapie einer großflächigen Lentigo maligna des linken Augenwinkels mit Imiquimod

A. Valipour

Anamnese Ein 87-jähriger Patient stellte sich mit V. a. ein Rezidiv eines Lentigo-maligna-Melanoms (LMM) des linken Augenwinkels vor. Erstmalig sei die Erkrankung vor ca. 15 Jahren diagnostiziert und operativ versorgt worden. Im Verlauf hätten sich bereits vor fünf und zwei Jahren Rezidive gezeigt, wobei in beiden Fällen eine R0-Resektion erfolgt sei. Zudem hätte sich der Patient vor vier Jahren einer Radiatio mittels eines Dermopan-Gerätes (Gesamtdosis 72 Gray) unterzogen.

Untersuchungsbefund Am linken Augenober- und -unterlid sowie periorbital links bis zur linken Regio zygomatica reichend zeigt sich eine unscharf begrenzte, bizarr geformte, ca. 5 × 2 cm messende, hellbraune bzw. stellenweise weißliche Makula ([Abb. 12 a]).

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Abb. 12 Lentigo maligna (a) vor Therapie mit Imiquimod und (b) nach Therapie.

Diagnostik Wir führten eine Probebiopsie der Haut durch, welche ein LMM sichern konnte.

Therapie und Verlauf Nach Exzision des LMM-Anteils verblieb weiterhin eine großflächige Lentigo maligna (LM). Es erfolgte daraufhin eine interdisziplinäre Besprechung des Casus unter Einbeziehung von Ophthalmologen und Strahlentherapeuten. Aufgrund der anatomischen Lokalisation konnte eine weitere Operation nur unter Inkaufnahme von ausgeprägten postoperativen Komplikationen für das Auge angeboten werden. Bei Z. n. Radiatio erschien eine erneute Bestrahlung nicht zielführend. Nach einer Literaturrecherche bzgl. weiterer Therapieoptionen wurde gemäß der partizipativen Entscheidungsfindung ein „Off-Label“-Therapieversuch mit Imiquimod 5 %-Creme initiiert. Insgesamt wurde die Therapie für vier Monate, zwischenzeitlich einmal täglich, appliziert. Hierunter konnte eine histologisch bestätigte Remission erreicht werden ([Abb. 12 b]).

Kommentar Der LM sind gelegentlich anatomisch bedingt therapeutische Grenzen bzgl. einer chirurgischen Intervention gesetzt bzw. der Eingriff bei hohem Alter und Multimorbidität nicht möglich. Insbesondere periorbitale Läsionen bzw. die Affektion der Augenlider stellen eine Herausforderung für den behandelnden Arzt dar. Hier ist ein interdisziplinäres Vorgehen indiziert. Eine Therapiealternative ist die Radiatio, wobei jedoch auch hier dosislimitierende Situationen erreicht werden können. In diesen Fällen kann die „Off-Label“-Verordnung von Imiquimod 5 % diskutiert werden, welche bisher erfolgreich bei der Lentigo maligna eingesetzt wurde. Entscheidend bei dieser Therapie ist ein im Vergleich zu einer aktinischen Keratose längeres Therapieintervall von mindestens vier Monaten. Ebenfalls sollte die Therapiefrequenz auf bis zu einmal tgl. modifiziert werden, um eine adäquate Inflammationsreaktion zu erreichen. Eine Therapieadhärenz vorausgesetzt, sind bei initial aussichtslosen Befunden gute Therapieergebnisse möglich.

Literatur

1 O’Neill J, Ayers D, Kenealy J. Periocular lentigo maligna treated with imiquimod. The Journal of dermatological treatment 2011; 22: 109 – 112

2 Tio D, van der Woude J, Prinsen CAC et al. A systematic review on the role of imiquimod in lentigo maligna and lentigo maligna melanoma: need for standardization of treatment schedule and outcome measures. JEADV 2017; 31: 616 – 624


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Ausgeprägtes genitales Lymphödem bei einem Teenager als extraintestinale Manifestation eines M. Crohn

K. Weid

Anamnese Eine 15-jährige Patientin stellte sich aufgrund eines ausgeprägten chronischen Lymphödems der Labia majora mit tiefen Rhagaden im Randbereich und perianal vor. Das Lymphödem bestünde seit 4 Jahren. Es wurde bisher mit Lymphdrainage sowie einer Kompressionshose behandelt. Im Verlauf wäre es zu starker Ekzem- und Rhagadenbildung gekommen. Verschiedene Lokaltherapien und Antibiosen führten zu keiner Besserung der Symptomatik.

Befund Es zeigte sich eine massive Schwellung der großen Schamlippen mit lateral befindlichen tiefen Rhagaden ([Abb. 13]). Perianal zeigte sich eine scharf begrenzte Rötung und eine Fissur bei 6 Uhr in SSL.

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Abb. 13 Genitales Lymphödem der Labia majora.

Diagnostik Im Aufnahmelabor fiel eine mikrozytäre, hypochrome Anämie auf.

Zudem lag die Patientin mit Größe und Gewicht deutlich unter dem Altersdurchschnitt. Zudem bestand eine Pubertas tarda. Erst in einer gezielten Nachfrage wurde von rezidivierenden Durchfällen berichtet. Eine nachfolgend durchgeführte MRT-Diagnostik zeigte eine langstreckige Wandverdickung des Rektums und eine rektovaginale Fistel.

Therapie und Verlauf Lokal behandelten wir ergänzend zur Kompressionstherapie mit Tannolact-Sitzbädern sowie Epipevisone- und Epi-Pevaryl-Creme im Wechsel. In pädiatrischer Rücksprache stellten wir die Diagnose eines M. Crohn mit Kolonbefall und extraintestinaler Manifestation im genitalen Bereich. Die Patientin erhielt eine kombinierte Antibiose mit Metronidazol und Ciprofloxacin. Eine Therapie mit Infliximab wurde eingeleitet. Hierunter kam es zur Besserung der genitalen Symptome. Im Verlauf erfolgte die operative Sanierung der Fistel.

Kommentar Der sogenannte „metastatische“ M. Crohn ist selten und geht den gastrointestinalen Symptomen häufig Monate voraus. Dies fällt vor allem bei Kindern mit perioralen und anogenitalen Läsionen auf. Prädisponiert sind junge Erwachsene und Crohn-Patienten mit Kolonbefall. Eine Korrelation zwischen Krankheitsaktivität von Darm- und Hautläsionen konnte bisher nicht gezeigt werden. Histologisch zeigen sich in etwa 40 % der Fälle nicht-verkäsende Granulome und mehrkernige Riesenzellen. Aufgrund vielgestaltiger Ausprägungsformen und möglichem Beginn vor dem Auftreten gastrointestinaler Symptome stellt die Diagnosefindung eine Herausforderung dar.

Therapeutisch kommen lokale Steroide und systemisch Metronidazol sowie verschiedene Immunsuppressiva, in schweren Fällen sogar TNF-alpha-Inhibitoren, zum Einsatz.

Literatur

1 Kurtzman DJB, Jones T, Lian F. Metastatic Crohn’s disease: A review and approach to therapy. J Am Acad Dermatol 2014; 71: 804 – 813

2 Kontzi M, Reifenberger J, Homey B. Metastatischer Morbus Crohn – Atypische Manifestation. Hautarzt 2010; 61: 281 – 284

3 Corbett SL, Walsh CM, Spitzer RF. Vulvar inflammation as the only clinical manifestation of Crohn disease in an 8-year-old girl. Pediatrics 2010; 125: 1518 – 1522


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Angiolymphoide Hyperplasie mit Eosinophilie

S. Y. Becker-Weimann

Anamnese Die Vorstellung der 53-jährigen Patientin erfolgte bei Verschlechterung einer vorbekannten angiolymphoiden Hyperplasie mit Eosinophilie mit ästhetisch störenden Knötchen im Gesichtsbereich. Die Erstdiagnose erfolgte vor 15 Jahren durch eine histologische Sicherung. Beschwerden im Sinne von Schmerzen oder Juckreiz wurden verneint.

Untersuchungsbefund Es fanden sich am Nasenabhang links, nasolabial links und an der linken Wange ca. 10 z. T. solitäre, z. T. gruppiert stehende, symptomlose, erythematöse, feste Papeln und Knoten bis 6 mm Größe mit glatter Oberfläche ([Abb. 14]).

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Abb. 14 Vor Therapie.

Diagnostik Die bei der Erstdiagnose ex domo entnommene Histologie zeigte eine Gefäßproliferation aus teils dicht beieinanderliegenden Kapillaren mit epitheloiden Endothelien sowie fibrosiertes Stroma und begleitendes, kräftiges, lymphozytäres Entzündungsinfiltrat mit reichlich eosinophilen Granulozyten. Insgesamt war der histologische Befund gut vereinbar mit einer angiolymphoiden Hyperplasie mit Eosinophilie. Aufgrund des eindeutigen klinischen Befundes mit entsprechender Vorhistologie verzichteten wir auf eine weitere Probeentnahme.

Therapie und Verlauf Exemplarische Therapieversuche in kleinen Arealen wurden mit CO2-, Dioden-Laser und Stickstoffvereisung mittels Kryosonde durchgeführt. Hierbei zeigte sich das beste Ergebnis durch die Kombinationstherapie von CO2-Laserabtragung und Stickstoffvereisung, sodass wir uns gemeinsam mit der Patientin für die Fortführung dieser Kombinationstherapie entschieden. Bereits nach der 1. Behandlung konnte eine deutliche Besserung des Lokalbefundes erreicht werden.

Kommentar Die angiolymphoide Hyperplasie mit Eosinophilie (ALHE) ist eine seltene Erkrankung mit unbekannter Ätiologie, die als benigne vaskuläre Neoplasie klassifiziert wird. Die ALHE tritt häufig bei Frauen zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr im Kopf-Hals-Bereich auf, seltener in anderen Körperregionen. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung liegen keine Daten zur Prävalenz vor. Klinisch ist sie durch unilateral lokalisierte, mehrere symptomlose oder leicht juckende, solitäre oder gruppiert stehende, erythematöse Papeln und Nodi gekennzeichnet. Eine Eosinophilie im Differenzialblutbild wird in 10 – 20 % der Fälle beobachtet. Histologisch ist ALHE durch vermehrte Gefäße mit proliferierenden, epitheloiden Endothelzellen in der Dermis und zytoplasmatischen Vakulolen charakterisiert. Des Weiteren besteht ein diffuses lymphozytäres Infiltrat mit zahlreichen eosinophilen Granulozyten.

Bisher wurden z. B. chirurgische Exzision, Lasertherapie mittels CO2-, Farbstoff-, Argon-, Nd-YAG-Laser, Kryotherapie sowie Radiatio als mögliche Therapieoptionen diskutiert. Als weitere therapeutische Möglichkeiten wurden intraläsionale und systemische Kortikosteroide sowie läsionale Anwendung von Interferon-α, Imiquimod und Zytostatika beschrieben. Da es sich bei AHLE um eine seltene Entität handelt, liegen jedoch keine kontrollierten klinischen Studien vor.

Literatur

1 Buder K, Ruppert S, Trautmann A. Angiolymphoid hyperplasia with eosinophilia and Kimura’s disease – a clinical and histopathological comparison. J Dtsch Dermatol Ges 2014; 12: 224 – 228

2 Kadurina MI, Dimitrov BC. Angiolymphoid hyperplasia with eosinophilia: successful treatment with the Nd:YAG laser. J Cosmet Laser Ther 2007; 9: 107 – 111


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Blue-Rubber-Bleb-Nävus-Syndrom

L. Meister

Anamnese Der 60-jährige Patient wurde vorstellig mit seit der Kindheit bestehenden, rezidivierend auch blutenden lila-blauen Knoten am gesamten Körper.

Befund Es fanden sich am gesamten Integument bläulich- bis lividfarbene Knoten mit einem maximalen Durchmesser von 1,5 × 2 cm ([Abb. 15]).

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Abb. 15 Bläulich- bis lividfarbene Knoten im Bereich des gesamten Integuments.

Diagnostik Eine Sonografie des Abdomens, eine Gastroskopie und Koloskopie zeigten sich ohne pathologischen Befund. Die Histologie aus einem Knoten zeigte zahlreiche lakunenartige Gefäße mit schmalem Endothel.

Therapie Zunächst wurden exemplarisch einzelne Knoten mit der Elektroschlinge abgetragen, andere mittels CO2-Laser und einzelne Knoten mittels Stempelkryotherapie behandelt. Die großen Knoten an den Armen wurden nach durchgeführter MR-Angiografie zum Ausschluss von größeren Gefäßmalformationen exzidiert.

Nach Abheilung zeigte sich das beste Ansprechen auf die Stempelkyrobehandlung, sodass im Verlauf sukzessive weitere Knoten mittels Stempelkryotherapie (2 × 10 Sekunden) erfolgreich behandelt wurden.

Kommentar Das Blue-Rubber-Bleb-Nävus-Syndrom (BRBNS) ist eine seltene Erkrankung (etwa 200 Fälle in der Weltliteratur beschrieben). Die genaue Pathogenese ist unbekannt.

Es tritt in der Regel sporadisch auf, jedoch ist in der Literatur auch ein autosomal-dominantes Auftreten beschrieben. Gekennzeichnet ist das BRBNS durch bereits in der Kindheit auftretende vaskuläre Malformation, die im Verlauf an Größe zunehmen. Sie manifestieren sich hauptsächlich an der Haut sowie im Gastrointestinaltrakt. Hier kann es zu gastrointestinalen Blutungen kommen, weshalb bei Diagnosestellung ein Test auf okkultes Blut im Stuhl bzw. eine Gastrokoloskopie empfohlen wird. Einzelne Fälle von Gefäßmalformationen im ZNS sind beschrieben. Bei ausgeprägten Befunden an den Akren kann es zu orthopädischen Malformationen und Beeinträchtigungen in der Bewegungsfreiheit kommen. Überwiegend kommt es jedoch zu blanden Verläufen.

Zur Behandlung der kutanen Läsionen eignen sich ablative Techniken (Laser, Elektroschlinge), chirurgische Exzisionen, Sklerosierungsbehandlungen sowie, wie im vorliegenden Fall gezeigt, die Behandlung mittels Stempelkryotherapie.

Literatur

1 Kaur T, Singh S. Blue rubber bleb nevus syndrome: a case report. Indian J Dermatol 2014; 59: 98 – 99

2 Ballieux F, Boon LM, Vikkula M. Blue bleb rubber nevus syndrome. Handb Clin Neurol 2015; 132: 223 – 230


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Großflächige Skalpnekrosen bei Riesenzellarteriitis

L. Meister

Anamnese Der 75-jährige Patient wurde uns vorgestellt mit großflächiger, schmerzhafter Kopfhautnekrose bei zusätzlichen Hyperästhesien des Gesichtes und Kopfes, Visusminderung rechts sowie bereits durch Nekrosektomie entfernte rechtsseitige Zungennekrose.

Befund Am Kapillitium fand sich eine großflächige, scharf bizarr begrenzte, schwarze Nekroseplatte ([Abb. 16 a]).

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Abb. 16a Kapillitium mit großflächiger, scharf und bizarr begrenzter, schwarzer Nekroseplatte; b zerebrale Angiografie mit Darstellung des Verschlusses der rechten A. temporalis.

Diagnostik In der farbkodierten Dopplersonografie zeigten sich ein Halo-Zeichen und eine diastolische Flussreduktion der rechten A. temporalis. In der zerebralen Angiografie zeigte sich ein Verschluss der A. temporalis rechts sowie Kaliber-reduzierte Gefäße der A. temporalis links und der A. occipitalis rechts ([Abb. 16 b]). Die Blutsenkungsgeschwindigkeit war normwertig, das CRP war leicht erhöht. Auf eine Biopsie der A. temporialis wurde im vorliegenden Fall verzichtet. Weitere größere Gefäße waren nicht betroffen.

Therapie Der Patient erhielt eine Therapie mit Prednisolon 100 mg p. o. täglich, Methotrexat 15 mg p. o. einmal wöchentlich sowie ASS 100 mg p. o.

Nach durchgeführtem CT-Schädel ohne Nachweis einer Knochennekrose erfolgte die großzügige Nekrosektomie in Intubationsnarkose. Im betroffenen Gebiet waren sämtliche Schichten der Kopfhaut einschließlich des Periosts betroffen. Aufgrund der Größe des Defekts war eine Deckung mittels Latissmimus-dorsi-Lappen angedacht, jedoch wegen der multiplen Begleiterkrankungen, der sehr schlechten Gefäßversorgung und des reduzierten Allgemeinzustandes verworfen worden. Folgend erhielt der Patient regelmäßige feuchte Wundverbände. Der Patient verstarb wenige Monate nach Vorstellung.

Kommentar Die Riesenzellarteriitis (RZA) ist eine granulomatöse Vaskulitis, die durch den bevorzugten Befall von extrakraniellen Arterien des Kopfes (z. B. A. temporalis und A. ophthalmica) charakterisiert ist. Nach den Klassifikationskriterien des American College of Rheumatology (ACR) kann die Diagnose für die Riesenzellarteriitis bei Vorliegen von mindestens drei der folgenden Kriterien gestellt werden:

  1. Alter bei Erkrankungsbeginn mindestens 50 Jahre;

  2. Neuauftreten lokalisierter Kopfschmerzen;

  3. lokaler Druckschmerz oder abgeschwächte Pulsation einer Temporalarterie

  4. BSG-Beschleunigung von über 50 mm/Stunde;

  5. bioptischer Nachweis (meist mit Nachweis von Riesenzellen).

Skalpnekrosen sind eine seltene Komplikation der RZA. Der simultane Befall der den Temporalbereich versorgenden Arterien sowie unzureichend ausgebildete Kollateralen scheinen die Voraussetzung für die Entwicklung von Hautnekrosen zu sein. Die Therapie der Wahl bei der RZA ist die Gabe von systemischen Glukokortikoiden. Zur Verringerung der kumulativen Steroidmenge bzw. der Rezidivfrequenz wird auch der frühzeitige Beginn einer Therapie mit Methotrexat empfohlen. In Addition zur Steroidtherapie sollte Acetylsalicylsäure in niedriger Dosierung (100 mg/Tag) verabreicht werden.

Literatur

1 Valesky EM, Vranes S et al. Bitemporal scalp necrosis: a very rare manifestation of giant cell arteritis. Z Rheumatol 2012; 71: 806 – 809

2 Luger A, Wuketich S. Scalp necrosis in temporal giant cell arteritis. Derm Wochenschr 1967; 153: 89 – 98


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Ausgeprägtes Kontaktekzem nach topischer Imiquimod-Therapie

G. Mengi

Anamnese Ein 61-jähriger Patient stellte sich uns mit einer ausgeprägten Ekzemreaktion im Stirnbereich vor. Der Patient berichtete, dass ihm eine Therapie mit Imiquimod 3,75 % zur Behandlung multipler aktinischer Keratosen (AK) verordnet worden sei. Nach drei Tagen Behandlung war eine ausgeprägte Lokalreaktion entstanden, die zunächst als erwartungsgemäße Reaktion auf die Lokaltherapie gewertet worden sei. Bei weiterer Progredienz wurde die Therapie am 9. Tag abgesetzt. Zum Zeitpunkt der Vorstellung in unserer Ambulanz äußerte der Patient neben der optischen Beeinträchtigung vor allem Beschwerden in Form von brennenden Dysästhesien. Eine regelmäßige Einnahme von Medikamenten erfolgte nur zum Ausgleich einer Hypothyreose mit Levothyroxin. Weitere Grunderkrankungen lagen nicht vor.

Befund Im Bereich der gesamten Stirn stellte sich eine scharf begrenzte, erythematöse Plaque mit ausgeprägter gelblicher Verkrustung und teilweise nässenden Erosionen dar ([Abb. 17]). Zudem zeigte sich eine mäßige Schwellung der oberen Gesichtshälfte. Das übrige Integument stellte sich altersgemäß unauffällig dar.

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Abb. 17 Scharf begrenzte, erythematöse Plaque mit ausgeprägter gelblicher Verkrustung und teilweise nässenden Erosionen im Bereich der Stirn.

Diagnostik Im Hautabstrich zeigten sich lediglich Keime der normalen Hautflora.

Therapie und Verlauf Initial erfolgte die topische Behandlung mit 2 % Fusidinsäure und 0,1 % Betamethason-Creme zweimal täglich. Bereits zwei Tage nach Beginn der antiinflammatorischen Lokaltherapie stellte sich die Krustenbildung deutlich regredient dar.

Im Verlauf konnte unter der Therapie eine narbenlose Abheilung erzielt werden. Auch die initial zu behandelnden aktinischen Keratosen waren 3 Monate nach Abheilung des ausgeprägten Ekzems nicht mehr nachweisbar.

Kommentar Imiquimod 3,75 %-Creme ist zur Flächentherapie von aktinischen Keratosen zugelassen und eine effektive Therapieoption. Die Substanz ist eine Toll-like-Rezeptor-7- und -8-Aktivator und stimuliert das Immunsystem, indem es beispielsweise zur vermehrten Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen führt. Neben der gewünschten lokalen Immunantwort sind als Nebenwirkungen Lokalreaktionen mit erosiven, brennenden Ekzemen beschrieben, die in seltenen Fällen auch sehr stark ausgeprägt und teilweise ulzerierend verlaufen können. Studien konnten diesbezüglich jedoch nachweisen, dass die Stärke der Lokalreaktion mit dem Ansprechen der Therapie korreliert. In dem vorliegeden Fall konnten multiple aktinische Keratosen bereits mit einer 9-tägigen topischen Imiquimod-Therapie adäquat behandelt werden. Bei sehr starker Lokalreaktion sollte die Therapie unterbrochen und der weitere Heilungsverlauf abgewartet werden. Möglicherweise ist eine weitere Therapie der aktinischen Keratosen bei sehr starker Lokalreaktion dann nicht mehr notwendig.

Literatur

1 Gupta G. Lmax and imiquimod 3.75 % in daily clinical practice. J Eur Acad Dermatol Venereol 2015; 29 (Suppl 1): 15 – 18

2 Hanna E, Abadi R, Abbas O. Imiquimod in dermatology: an overview. Int J Dermatol 2016; 55: 831 – 844

3 Swanson N, Abramovits W, Berman B et al. Imiquimod 2.5 % and 3.75 % for the treatment of actinic keratoses: results of two placebo-controlled studies of daily application to the face and balding scalp for two 2-week cycles. J Am Acad Dermatol 2010; 62: 582 – 590


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Spontanheilung eines CD30-positiven, ALK-negativen, anaplastisch-großzelligen Lymphoms am rechten Oberlid

K. Hempel

Anamnese Die Vorstellung des 39-jährigen Patienten erfolgte aufgrund einer seit über fünf Wochen progredienten, therapierefraktären, ulzerierten Plaque am rechten Oberlid. Initial sei lediglich eine kleine Rissverletzung bemerkt worden. Ophtalmologisch war ein Wunddebridement durchgeführt worden, was aber eher zu einer Verschlechterung als zu einer Verbesserung geführt habe.

Untersuchungsbefund Am rechten Oberlid fand sich eine horinzontal verlaufende, 2 × 1 cm große, derbe Plaque mit polyzyklischem erhabenem Rand und zentraler, teils nekrotisierender Ulzeration ([Abb. 18]). Umgebend präsentierte sich eine deutliche erythemo-ödematöse Schwellung des gesamten rechten Oberlides.

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Abb. 18 Ödematöses, gerötetes, rechtes Oberlid mit ca. 2 × 1 cm großer, ulzerierter, derber Plaque.

Diagnostik Histologisch zeigten sich dichte Infiltrate aus Lymphozyten, Makrophagen und vereinzelten neutrophilen Granulozyten sowie zahlreichen eosinophilen Granulozyten. Die immunhistochemische Zusatzuntersuchung präsentierte CD30-positive, ALK-negative, anaplastische, großzellige T-Zellen.

In der Lymphknoten-Sonografie, im Immunstatus-Labor, CT-Thorax/Abdomen und in der Knochmarkpunktion fand sich kein Hinweis auf eine Lymphom-Manifestation.

Therapie und Verlauf In der interdiziplinären dermatologischen Tumorkonferenz wurde eine Radiatio des Herdes empfohlen. Bei zunehmender spontaner Abheilung wurde in einer gemeinsamen Entscheidung mit dem Patienten vorerst auf eine Radiatio verzichtet. Nach drei Monaten war der Herd komplett abgeheilt. Eine erneute Probebiopsie zeigte nur reaktive Veränderungen ohne Vorhandensein des vorbekannten anaplastischen, großzelligen, kutanen Lymphoms.

Kommentar Das CD30-positive, primär kutane, anaplastisch-großzellige Lymphom (PcALCL) ist ein Subtyp des kutanen T-Zell-Lymphoms und histologisch durch große, atypische CD30+-T-Zellen charakterisiert. Klinisch präsentieren sich rötliche Knoten oder Plaques mit vornehmlicher Lokalisation am Stamm und den Extremitäten vor allem bei älteren Männern, welche etwa doppelt so häufig wie Frauen betroffen sind.

Die Erkrankung schreitet selten zu einer Systembeteiligung voran und die Prognose ist quoad vitam sehr gut. In der Regel werden Therapiekonzepte mittels Radiatio, Exzision oder lokaler Steroidinjektion gewählt. In unserem Fall war initial eine Radiatio geplant. Es kam jedoch zur deutlichen Regression des Tumors mit kompletter Abheilung. Subgruppen der Patienten mit PcALCL zeigen selten auch eine Spontanremission wie in unserem Fall.

Literatur

1 Kaffenberger BH, Kartono Winardi F, Frederickson J et al. Periocular Cutaneous Anaplastic Large Cell Lymphoma Clearance with Brentuximab Vedotin. J Clin Aesthet Dermatol 2013; 6: 29 – 31

2 Chao-Lo MP, King-Ismael D, Lopez RA. Primary cutaneous CD30+ anaplastic large cell lymphoma: report of a rare case. J Dermatol Case Rep 2008; 2: 31 – 34

3 Sasaki K, Sugaya M, Fujita H, et al. A case of primary cutaneous anaplastic large cell lymphoma with variant anaplastic lymphoma kinase translocation. Br J Dermatol 2004; 150: 1205 – 1207


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Idiopathische Mucinosis follicularis

T. Linke

Anamnese Die 15-jährige Patientin berichtete über seit zwei Monaten bestehende Hautveränderungen an der Stirn. Zu einer initialen Rötung wären im Verlauf Juckreiz, Schuppung und stellenweiser Haarausfall einer Augenbraue hinzugetreten.

Befund Bei der Erstvorstellung fand sich über der rechten Augenbraue eine 5,5 × 2,5 cm große, über der linken Augenbraue eine 5,5 × 3,5 cm große, scharf begrenzte, blassrote Plaque mit ringförmiger Abblassung des Randbereiches und flächiger feinlamellärer Schuppung. An der linken lateralen Augenbraue zeigte sich ein Haarverlust ([Abb. 19]). Das restliche Integument war ohne nennenswerte Pathologika.

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Abb. 19 Über beiden Augenbrauen scharf begrenzte, blassrote Plaques mit ringförmiger Abblassung des Randbereiches und flächiger, feinlamellärer Schuppung. Teilverlust der linken Augenbraue.

Diagnostik Klinisch stellten wir den Verdacht auf eine Tinea faciei, differenzialdiagnostisch kamen ein Pseudolymphom sowie eine Kontaktdermatitis in Betracht. Bei klinisch nicht eindeutig einzuordnendem Befund wurden eine Probeexzision, die Entnahme eines Schuppenpräparates sowie die mykologische Untersuchung eines Augenbrauenhaars durchgeführt. Dermatophyten konnten nicht nachgewiesen werden. Histologisch ergab sich die Diagnose Mucinosis follicularis. Einen Hinweis auf ein zugrundeliegendes T-Zell-Lymphom gab es nicht.

Therapie und Verlauf Eine Therapie mit einem lokalem Calcineurininhibitor morgens und einem lokalem Steroid abends führte schließlich zur Abheilung der Befunde. Da Auslassversuche zu einer raschen Verschlechterung des Hautbildes führten, wurde eine proaktive Therapie mit 0,1 %-Tacrolimussalbe fortgeführt, unter der sich langfristig ein stabiler Hautbefund einstellte.

Kommentar Die Erkrankung tritt isoliert idiopathisch oder im Rahmen einer Grunderkrankung wie der Mycosis fungoides auf. Ursächlich sind Muzinablagerungen in der äußeren Haarwurzelscheide und den Talgdrüsen. Bei der sekundären Form steht die Therapie der Grunderkrankung im Vordergrund. Hier ist neben der Mycosis fungoides auch an andere Grunderkrankungen zu denken wie an den Lupus erythematodes, Leukämien oder auch an die Sarkoidose. Ein evidenzbasierter Behandlungsstandard für die idiopathische Form existiert derzeit nicht. In Einzelfällen wurden variable Behandlungserfolge mit dem Einsatz von Kortikosteroiden, Dapson, Minocyclin, Indometacin, Interferonen, Isotretinoin, UVA1-Phototherapie und Hydroxychloroquin erzielt. Es finden sich auch Fallberichte erfolgreicher Anwendungen von topischen Calcineurininhibitoren.

Literatur

1 Kim KR, Lee JY, Kim MK et al. Successful treatment of recalcitrant primary follicular mucinosis with indomethacin and low-dose intralesional interferon alpha. Ann Dermatol 2009; 21: 285 – 287

2 Kluk J, Krassilnik N, McBride SR. Follicular mucinosis treated with topical 0.1 % tacrolimus ointment. Clin Exp Dermatol 2014; 39: 216 – 234

3 Gorpelioglu C, Sarifakioglu E, Bayrak R. A case of follicular mucinosis treated successfully with pimecrolimus. Clin Exp Dermatol 2008; 34: 86 – 87


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Weizenbierunverträglichkeit – Mehr als nur eine Histaminintoleranz?

I. Hrgovic

Anamnese Wir berichten über einen 50-jährigen Patienten, der seit Jahren unmittelbar nach Genuss von Weizenbier Juckreiz am gesamten Körper und eine Flush-Symptomatik am Gesicht entwickelte. Weitere Biersorten und Weizenprodukte (Pils, Lagerbier) vertrage der Patient problemlos. Anstrengungsabhängige anaphylaktische Reaktionen wurden nicht bemerkt. Bei klinischen V. a. Histaminintoleranz stellte sich der Patient zur allergologischen Abklärung vor.

Diagnostik Die Pricktestungen auf Kristall- und Hefeweizen waren positiv, während auf Rotwein, Lagerbier, Hopfen, Hefe, Gerste, Weizenmehl und Natriumdisulfit keine Typ-I-Sensibilisierungen nachgewiesen werden konnten ([Abb. 20]). Im Blut zeigten sich ein erhöhtes Gesamt-IgE von 374 U/ml, erhöhte IgE-Werte gegenüber Gerste (14,5 kU/l, Klasse III) sowie normwertige IgE-Werte gegenüber Hopfen, Weizen, Mais, Hefe und den Rekombinanten rTria a14/19 aus Weizen. Nach Zusammenschau aller Befunde konnten wir die Diagnose einer klinisch relevanten Typ-I-Sensibilisierung gegenüber Weizenbier stellen.

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Abb. 20 Pricktestung auf Biersorten und Getreide.

Kommentar Die Entwicklung von Typ-I-Allergien gegenüber Biersorten ist sehr selten. In der englischsprachigen Literatur sind bisher 11 Fälle einer echten Typ-I-Bierallergie und nur ein Fall einer Weizenbierallergie beschrieben worden. Die bedeutendsten Allergene für die Entwicklung allergischer Reaktionen gegenüber Bier sind vor allem Hopfen, Gerste, Hefe, Weizen und Malz. Insbesondere scheint Malz ein entscheidendes Allergen zu sein. So konnten diverse IgE-bindende Proteine in Malz identifiziert werden, die u. a. eine Kreuzreaktivität gegenüber Pfirsichen und Äpfeln aufweisen. Im Rahmen des Brauprozesses wird Malz aus Gerste oder Weizen durch Mälzung hergestellt. Durch diesen Prozess werden verstärkt verschiedene Enzyme gebildet (wie z. B. Proteinasen und Amylasen). Weizenmalz findet sich vor allem in obergärigen Bieren (z. B. Weizenbier, Kölsch), während Gerstenmalz in den vom Patienten vertragenen untergärigen Bieren (z. B. Lagerbier, Pils) verwendet wird. Dies könnte auch eine Erklärung für die bestehende Verträglichkeit gegenüber Weizenmehlprodukten sein. Dieser Fall veranschaulicht, dass auch bei bestehenden V. a. Histaminintoleranz eine weiterführende allergologische Abklärung überraschende Diagnosen aufdecken kann.

Literatur

1 Bansal RA, Tadros S, Bansal AS. Beer, Cider, and Wine Allergy. Case Reports Immunol 2017; 2017: 7958924

2 Figueredo E, Quirce S, del Amo A et al. Beer-induced anaphylaxis: identification of allergens. Allergy 1999; 54: 630 – 634

3 Herzinger T, Kick G, Ludolph-Hauser D et al. Anaphylaxis to wheat beer. Ann Allergy Asthma Immunol 2004; 92: 673 – 675

4 Quercia O, Zoccatelli G, Stefanini GF. Allergy to beer in LTP-sensitized patients: beers are not all the same. Allergy 2012; 67: 1186 – 1189


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‚Subcutaneous non-absorbable polypropylene (SNAP)‘-Nähte bei der operativen Entfernung kongenitaler Naevi

F. Angeletti

Anamnese Bei der 9-jährigen Patientin bestand seit Geburt ein kongenitaler Naevus des linken Unterschenkels. Dieser hatte über die Jahre ein größenproportionales Wachstum gezeigt und sich morphologisch nicht verändert.

Befund Es fand sich am linken Unterschenkel eine 10 × 7 cm messende, braune Makula mit überwiegend homogener Pigmentierung und einzelnen, dunkler pigmentierten Arealen.

Diagnostik Es wurde die klinische Diagnose eines kongenitalen Naevuszellnaevus gestellt.

Therapie Es erfolgten insgesamt 11 Teilexzisionen in 3 – 4-monatigen Abständen bis zur vollständigen Entfernung. Im Rahmen der ersten 7 Exzisionen erfolgte der zweischichtige Wundverschluss mittels resorbierbaren Subkutanfäden und nicht resorbierbaren Hautfäden. Die Narben zeigten immer wieder Dehiszenzen, sodass in den Folgeoperationen die Anteile an reseziertem Naevus geringer waren als erwünscht. Um eine höhere Stabilität der Narbe zu gewährleisten, wurden für die folgenden Eingriffe subkutane, nicht resorbierbare Polypropylen (SNAP)-Nähte verwendet ([Abb. 21 a, b]). Es traten keine Narbendehiszenzen mehr auf. Fremdkörperreaktionen wurden nicht beobachtet, sodass auch für die letzte Teilexzision SNAP-Nähte verwendet wurden. Abschließend zeigte sich ein gutes kosmetisches Ergebnis ohne Narbendehiszenz ([Abb. 21 c]). Histologisch bestätigte sich die Diagnose eines kongenitalen Naevuszellnaevus.

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Abb. 21 Kongenitaler Naevus, Unterschenkel links: a während 9. Teilexzision mit sichtbaren SNAP-Nähten; b nach Verschluss; c nach 11 Teilexzisionen.

Kommentar Beim kongenitalen melanozytären Naevus handelt es sich um eine pränatal angelegte, benigne, melanozytäre Hautveränderung, die in unterschiedlicher Größe und Gestalt auftreten kann. Bei großen Befunden besteht neben der kosmetischen Beeinträchtigung ein erhöhtes Melanomrisiko. Daher wird die Exzision empfohlen. Meist sind mehrere Teilexzisionen notwendig. Wunddehiszenzen und hypertophe Narben können dazu führen, dass der Naevus postoperativ seine Ausgangsgröße wiedererlangt und eine Vielzahl von Exzisionen notwendig sind. Der Einsatz sogenannter SNAP-Nähte reduziert aufgrund der hohen Reißfestigkeit das Risiko von Narbendehiszenzen und ersetzt den Einsatz von Wundexpandern. Fremdkörperreaktionen sind aufgrund der zeitnahen Entfernung des Materials bei jeder weiteren Exzision sehr selten. Bei guter Verträglichkeit ist die Anwendung auch für die finale Operation möglich. Durch den Einsatz von SNAP-Nähten bei der Behandlung kongenitaler Naevi kann die Zahl der Eingriffe, besonders in anatomisch anspruchsvollen Regionen, reduziert und ein gutes kosmetisches Ergebnis erzielt werden.

Literatur

1 Meissner M, Valesky EM, Kaufmann R. Subcutaneous non-absorbable polypropylene (SNAP) sutures in serial excision of congenital naevi: A new time-saving technique reducing dehiscence with optimized aesthetic results. JEADV 2016; 30: 533 – 535

2 Tomida M, Nakano K, Matsuura S et al. Comparative examination of subcutaneous tissue reaction to high molecular materials in medical use. Eur J Med Res 2011; 16: 249 – 252


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Der „double hatchet flap“ am Kapillitium

S. Bechstein

Einleitung Bedingt durch die hohe Sonnenexposition kommen insbesondere im Bereich der Kopfhaut häufig Hauttumoren vor. Der Verschluss von Skalpdefekten stellt aufgrund der mangelnden Elastizität und zusätzlicher aktinischer Schädigung der Haut eine besondere dermatochirurgische Herausforderung dar. An dieser Stelle möchten wir den „double hatchet flap“, erstmalig von Emmet 1977 beschrieben, als alternative Verschlusstechnik zu den klassischen Verfahren an der Kopfhaut vorstellen.

Technik Das Prinzip des Verschlusses ist die Verwendung zweier gegenläufiger „axtförmiger (hatchet)“ Lappen, die bis auf das Periost subgaleal mobilisiert werden ([Abb. 22 a, b]). Die Länge der Lappen sollte mindestens das 1,5-Fache der Größe des Primärdefektes betragen. Um eine adäquate Vaskularisation zu gewährleisten, sollte der Stiel des Lappens mindestens den Durchmesser des Defektradius’ erreichen. Nach der gegenläufigen Rotation werden die Lappen mit versenkten Galea- und Einzelknopfnähten über dem Primärdefekt und die Hebedefekte mittels VY-Plastik verschlossen ([Abb. 22 c]).

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Abb. 22a Anzeichnung der Schnittführung; b Lappen nach subgalealer Mobilisation; c Verschluss des Hebedefekts mittels VY-Plastik; d 5 Jahre postoperativ.

Kommentar Zu den Verschlussmöglichkeiten an der Kopfhaut gehören neben der Sekundärheilung zahlreiche Standardverfahren der Dermatochirurgie wie zum Beispiel die Dehnungsplastik, lokale Lappenplastiken und die Hauttransplantationen. Dies sind alles gute, etablierte Methoden, haben aber auch ihre Nachteile. Der Primärverschluss stellt bei kleinen Defekten die Methode der Wahl dar, ist aber bei Defekten > 2,5 cm Durchmesser oftmals nicht mehr durchführbar. Hauttransplantationen bieten bei erhaltenem Periost einen einfachen Verschluss, es bedarf jedoch eines weiteren Defekts zur Hautgewinnung und postoperativ entsteht ein haarloses Areal, was häufig ästhetisch nicht ansprechend ist. Bei Verschiebe-Rotationslappenplastiken am Kopf sind die Schnitte und die Mobilisationsflächen auch bei kleineren Defekten häufig sehr groß. Die Sekundärheilung ist eine Verschlussalternative mit langen Heilungszeiten und eignet sich vor allem bei sehr betagten Patienten. Der „double hatchet flap“ stellt eine einfache und schnell durchführbare plastische Rekonstruktionstechnik dar. Er kann als eine Variation des gegenläufigen Doppelrotationslappens mit „back cut“ gesehen werden. Bei korrekter Durchführung ist er mit einer geringen Morbidität assoziiert. Bei der Lappenkonstruktion muss eine ausreichend breite Lappenbasis gewählt werden, da sonst ein erhöhtes Risiko der Lappennekrose besteht. Zusammenfassend stellt die hier beschriebene Lappenplastik eine gute Alternative zu den Standardverschlusstechniken dar, mit der selbst größere Defekte am Skalp (4 – 6 cm) mit einem ästhetisch zufriedenstellenden Ergebnis einfach und schnell verschlossen werden können ([Abb. 22 d]).

Literatur

1 Schultheis K, Kaufmann R, Meissner M. Double hatched flap as an alternative closure of scalp defects J Dtsch Dermatol Ges 2015; 13: 73 – 75

2 Sowerby LJ, Taylor SM, Moore CC. The double hatchet flap: a workhorse in head and neck local flap reconstruction. Arch Facial Plast Surg 2010; 12: 198 – 201

3 Meissner M, Kaufmann R. Dermatosurgery in the elderly. Hautarzt 2016; 67: 153 – 159

4 Meissner M, Kaufmann R. Surgical wounds of the scalp. Methods of closure. Hautarzt 2011; 62: 354 – 361


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Prof. Dr. Markus Meissner
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main
Theodor-Stern-Kai 7
60590 Frankfurt am Main


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Abb. 1 Blaschkiform angeordnete erythematöse Papeln, Plaques und Hyperpigmentierungen im Intimbereich sowie der unteren Extremität beidseits.
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Abb. 2 Striär angeordnete, hyperkeratotisch-verrukiforme Plaques auf erythematösem Grund an der rechten Großzehe und dem rechten Fußrücken. Zudem leichte Nageldystrophe an der Großzehe.
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Abb. 3 Am Dekolleté übergehend bis axillär und auf die Armbeugeseiten beidseits teils randbetonte, unregelmäßig scharf begrenzte, erythematöse Maculae mit fließendem Übergang zu residuell hyperpigmentierten Arealen.
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Abb. 4 Flächige, rötliche Schwellung der rechten Gesichtshälfte, vor allem an der rechten Wange bis infraorbital reichend.
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Abb. 5a Exemplarische kutane Merkelzellkarzinommetastase im CT (s. Pfeil). b Nach 10 Monaten Therapie mit PD1-AK.
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Abb. 6  Rücken: a Befund vor Therapie mit Vismodegib; b Befund nach zwei Monaten Therapie.
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Abb. 7 Brust: a Befund vor Therapie mit Vismodegib; b Befund nach zwei Monaten Therapie.
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Abb. 8 Multiple, 1 – 3 mm große, flache, lichenoide, hypopigmentierte bis hellrote Papeln an beiden Handrücken mit milden Kratzexkoriationen.
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Abb. 9a Oberarm links: bizarr konfigurierte, livide, nicht wegdrückbare Erytheme. b Histologie: innerhalb der Gefäße Endothelproliferationen und schaumige Zellen, welche die Lumina okkludierten (H & E-Färbung).
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Abb. 10 CT Schädel 3D-Rekonstruktion prä- (a) und post- (b) interventionell: a Darstellung multipler Metastasen frontal und parietal am Kapillitium. b Befund nach Elektrochemotherapie mit kompletter Remission (März 2015).
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Abb. 11 Behandlungsverlauf vor dem 1. Zyklus (a) und vor dem letzten Zyklus (b).
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Abb. 12 Lentigo maligna (a) vor Therapie mit Imiquimod und (b) nach Therapie.
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Abb. 13 Genitales Lymphödem der Labia majora.
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Abb. 14 Vor Therapie.
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Abb. 15 Bläulich- bis lividfarbene Knoten im Bereich des gesamten Integuments.
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Abb. 16a Kapillitium mit großflächiger, scharf und bizarr begrenzter, schwarzer Nekroseplatte; b zerebrale Angiografie mit Darstellung des Verschlusses der rechten A. temporalis.
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Abb. 17 Scharf begrenzte, erythematöse Plaque mit ausgeprägter gelblicher Verkrustung und teilweise nässenden Erosionen im Bereich der Stirn.
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Abb. 18 Ödematöses, gerötetes, rechtes Oberlid mit ca. 2 × 1 cm großer, ulzerierter, derber Plaque.
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Abb. 19 Über beiden Augenbrauen scharf begrenzte, blassrote Plaques mit ringförmiger Abblassung des Randbereiches und flächiger, feinlamellärer Schuppung. Teilverlust der linken Augenbraue.
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Abb. 20 Pricktestung auf Biersorten und Getreide.
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Abb. 21 Kongenitaler Naevus, Unterschenkel links: a während 9. Teilexzision mit sichtbaren SNAP-Nähten; b nach Verschluss; c nach 11 Teilexzisionen.
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Abb. 22a Anzeichnung der Schnittführung; b Lappen nach subgalealer Mobilisation; c Verschluss des Hebedefekts mittels VY-Plastik; d 5 Jahre postoperativ.