Rofo 2018; 190(02): 161-174
DOI: 10.1055/s-0043-119037
Academic Radiology
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verbesserung radiologischer Lehre – Effekte von Lernzielfokussierung und verstärkter Berücksichtigung lerntheoretischer Erkenntnisse

Article in several languages: English | deutsch
Stefan Wirth
1   Department of Radiology,University Hospital, LMU Munich, Germany
,
York-Alexander William
1   Department of Radiology,University Hospital, LMU Munich, Germany
,
Marco Paolini
1   Department of Radiology,University Hospital, LMU Munich, Germany
,
Kathrin Wirth
1   Department of Radiology,University Hospital, LMU Munich, Germany
,
Daniel Maxien
1   Department of Radiology,University Hospital, LMU Munich, Germany
,
Maximilian Reiser
1   Department of Radiology,University Hospital, LMU Munich, Germany
,
Martin R. Fischer
2   Institute for Medical Education,University Hospital, LMU Munich, Germany
› Author Affiliations
Further Information

Correspondence

Prof. Dr. Dr. Stefan Wirth
Institut für Klinische Radiologie, Ludwigs-Maximilians-Universität München
Nußbaumstr. 20
80336 München
Germany   
Phone: ++ 49/89/4 40 05 92 01   
Fax: ++ 49/89/4 40 05 92 02   

Publication History

16 February 2017

20 July 2017

Publication Date:
20 September 2017 (online)

 

Anmerkung

Teile der Arbeit entstanden im Rahmen einer Projektarbeit von Stefan Wirth im Rahmen seines Studiums zum Master of Medical Education.

Zusammenfassung

Ziel Basierend auf Evaluationen und Prüfungsleistungen der Studierenden wurde eine Notwendigkeit zur Verbesserung einer institutionell bislang rein frontalen radiologischen Lehre abgeleitet. Ziel unserer Studie war es, zunächst exemplarisch eines von acht Seminaren verstärkt nach lerntheoretischen Erkenntnissen auszurichten, die resultierenden Effekte festzustellen und zu interpretieren.

Material und Methoden Die Ethikkommission erteilte ein positives Votum zur prospektiven Studie der Seminarumstellung, die nach dem Wintersemester 2015/2016 durchgeführt wurde. Didaktisch wurde in Online-Vorbereitung, Präsenzphase und Online-Nachbereitung aufgeteilt und hierbei interaktives Scaffolding mit praxisbezogenem Clinical Teaching nach Stanford, Skillsvermittlung nach Peyton und ausgedehnter Feedbackeinsatz in die Präsenzphase integriert. Jeweils zu Beginn und am Ende der Präsenzveranstaltungen füllte jede/r Studierende (je n = 256 vor und nach Umstellung) identische, standardisierte Fragebogen unter Verwendung einer 5-Punkte Likert-Skala (1: sehr gut, …, 5: mangelhaft) aus und beantwortete zusätzlich jeweils zwei zufällig geloste schriftliche Prüfungsfragen aus einem inhaltlich abgestimmten Staatsexamen-Fragenpool der letzten fünf Jahre. Zur statistischen Auswertung wurde der Mann-Whitney-U-Test für Evaluationsdaten und Fisher’s-Exact-Test für Prüfungsfragen verwendet.

Ergebnisse Vor/nach Umstellung betrug die subjektive studentische Gesamtbewertung 3,22 (Mittelwert) ± 1,51 (Standardabweichung) / 1,66 ± 0,78 (p < 0,001) und der objektive Anteil korrekt beantworteter Prüfungsfragen in der jeweiligen Kohorte zu Beginn des Seminars 37,7/53,9 % sowie am Ende des Seminars 55,1/84,6 % (p jeweils < 0,001).

Schlussfolgerung Die Umstellung des Testseminars führte sowohl zur besseren Bewertung der Lehrveranstaltung durch die Studierenden (Evaluation) als auch zu einer erheblich höheren Quote korrekt beantworteter Prüfungsfragen aus vergangenen Staatsexamina (Lernerfolg). Dies motiviert zur Konzeptübertragung auf vergleichbare Lehrveranstaltungen.

Kernaussagen

  • In der radiologischen Lehre können bewährte lerntheoretische Konzepte mit vertretbarem Aufwand berücksichtigt werden.

  • In einem Testseminar verbesserte dies die Bewertung der Veranstaltung durch die Studierenden.

  • Zudem führte dies auch zu einer höheren Quote korrekt beantworteter Prüfungsfragen aus vergangenen Staatsexamina.

  • Dies motiviert für weitere Schritte in Richtung exzellenter radiologischer Lehre.

Zitierweise

  • Wirth S, William Y, Paolini M et al. Improvement of Radiological Teaching – Effects of Focusing of Learning Targets and Increased Consideration of Learning Theory Knowledge. Fortschr Röntgenstr 2018; 190: 161 – 174


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Einleitung

Seit Gründung des Lehrstuhls für Medizindidaktik und Ausbildungsforschung [1] an der untersuchten universitären Einrichtung, verbesserte sich das Abschneiden der Studierenden in den Staatsexamina schrittweise von 3,11 in 2010 auf 2,63 in 2014. Dies entsprach bundesweit im schriftlichen Teil des 2. Staatsexamens dem 11. Rang (von 36) [2]. Dennoch ergab ein interner Vergleich der Lösungsquote der schriftlichen Staatsexamina 2011 – 2015 für Fragen mit radiologischen Lehrinhalten überwiegend eine unterdurchschnittliche Quote richtiger Lösungen.

Die radiologischen Lehrveranstaltungen waren bislang nicht praktisch, wenig strukturiert und ungenügend aufeinander abgestimmt. Auch die Seminare und Praktika fanden fast ausschließlich als Frontalveranstaltungen und damit im Stil von Vorlesungen statt. Es hing überwiegend von den Dozierenden ab, welche Lerninhalte wie detailliert und auf welche Weise vermittelt wurden. Zudem ging durch notwendige Wiederholung von Grundlagen vorausgegangener Semester viel Zeit verloren. Die Studierenden gaben an, dass das Ziel radiologischer Lehrveranstaltungen oft unklar blieb, mehr Interaktivität gewünscht gewesen wäre und der Lernerfolg nicht eingeschätzt werden konnte.

Insgesamt wurde hieraus ein grundsätzlicher Bedarf zur Veränderung radiologischer Lehrveranstaltungen abgeleitet. Da dies personell nicht für alle radiologischen Veranstaltungen zeitgleich umzusetzen war, sollte in einem ersten Schritt die Auswirkung anhand einer Testveranstaltung abgeschätzt und im Erfolgsfall zur Motivation für eine Übertragung auf andere Lehrveranstaltungen genutzt werden. In Absprache mit der lokalen Medizindidaktik erschien es dabei sinnvoll die Lehre stärker an den konkreten klinischen Gegebenheiten und Bedürfnissen auszurichten. Bisherige Publikationen geben dem Recht und berichten darüber hinaus insbesondere über Erfolge mit interaktivem, fall-basiertem Lernen und E-Learning [3] [4] sowie Peer-to-peer-Feedback [5]. Da im Folgenden einige speziell medizin-didaktische Begriffe benötigt werden, gibt [Tab. 1] hierzu eine Kurzübersicht.

Tab. 1

Synopsis und Kurzerläuterung relevanter medizindidaktischer Begriffe.

Begriff

Kurzerläuterung

Ziele

Blended-Learning

Lernform und Lernorganisation, die eine didaktisch sinnvolle Verknüpfung von traditionellen Präsenzveranstaltungen und modernen Formen wie z. B. E-Learning anstrebt. Das Konzept verbindet die Effektivität und Flexibilität von elektronischen Lernformen mit den sozialen Aspekten der persönlichen Kommunikation sowie ggf. dem praktischen Lernen von Tätigkeiten.

Geeignete Kombination verschiedener Medien und Methoden um deren Vorteile zu verstärken und deren Nachteile zu minimieren.

Brain-Storming

Methode zur Ideenfindung. Eine, im Hinblick auf wichtige Einflussparameter, für eine bestimmte Fragestellung gemischte Gruppe, wie z. B. hinsichtlich Alter, Expertise, Hierarchieposition von etwa 6 – 8 Personen sammelt möglichst viele Ideen in kurzer Zeit. Hierbei sind freies Assoziieren und Phantasieren nicht nur erlaubt, sondern erwünscht. Dagegen sind Bewertung und Beurteilung der Ideen zu unterlassen.

Generierung neuer Ideen in einer Gruppe zu gegebener Fragestellung oder Thematik

Buzz Group

Murmelgruppe. Zwei bis vier Studierende bilden eine Gruppe und tauschen halblaut zu einem vorgegebenen Thema ihre Meinung aus. Nach Ablauf einer vorgegebenen Zeit werden die Ergebnisse der einzelnen Gruppen im Plenum zusammengetragen. Oft stellt die Murmelgruppe einen Übergang zwischen Frontalformat und interaktivem Lehrformat dar.

Abruf von Vorwissen, Senkung der Hemmschwelle zur aktiven Mitarbeit der Studierenden

E-Learning

Lehrformen, die elektronische oder digitale Medien für die Präsentation oder Verteilung von Lernmaterialien verwenden.

Zeit- und Ortsunabhängigkeit

Feedback

Gruppendynamische Methode zur Rückmeldung von Verhalten an eine Person. Dies beinhaltet, wie andere Teilnehmer diese Person wahrgenommen, verstanden und erlebt haben.

Bewusstmachung von Schwächen und Stärken. Wiederholung von Kerninhalten

Flipped Classroom

Unterrichtsmethode, bei der Stoffvermittlung und Übung örtlich und zeitlich getauscht werden. Statt während der Präsenz zu lernen und zu Hause zu üben wird zu Hause Stoff erarbeitet und während der Präsenz geübt.

Auffrischung von Grundlagen, Vermeidung von Zwischenfragen hierzu

Peyton

Methode zum Erwerb von praktischen Fertigkeiten (Skills). Zunächst zeigen Dozierende die Fertigkeit unkommentiert in normaler Geschwindigkeit. Anschließend wiederholen Dozierende den Vorgang verlangsamt mit gleichzeitiger Erklärung der einzelnen Schritte. Im dritten Schritt werden Dozierende nun durch die Studierenden schrittweise unter Erläuterung angewiesen. Im letzten Schritt vollziehen die Studierenden alle Schritte selbst.

Vermittlung praktischer Fertigkeiten, hier der Befundung und Beurteilung

Peer-to-Peer

Kommunikation auf gleicher Ebene, hier von Studierenden zu Studierenden

Akzeptanzsteigerung, Reduktion von Hemmschwellen

Scaffolding

Unterstützung komplexer Lernprozesse in Form von Anleitungen, Denkanstößen und anderen Hilfestellungen, welche Dozierende geben. Hierdurch kann individuell auf den Kenntnisstand der Lernenden eingegangen werden und komplexe Aufgaben lassen sich in einfacher beherrschbare Teilschritte aufteilen.

Vereinfachung komplexer Lernprozesse, Individualisierung und Zeitmanagement

Swot

Strategisches Planungsinstrument durch Analyse der möglichen internen (hier die konkrete Lehrveranstaltung) und externen Auswirkungen (hier die Radiologie, das Klinikum oder die Lehre insgesamt) einer Projektumsetzung. Untersucht werden Stärken (Strengths), Schwächen (Weaknesses), Chancen (Opportunities) und Gefahren (Threats).

Projektstärkung bereits zu Beginn der Planungsphase

Die Beschreibung von Radiografien des Thorax („Röntgen-Thorax“) ist häufig, komplex, typisch und vermutlich aufgrund einer hohen Relevanz im klinischen Alltag oft Bestandteil in den medizinischen Examina [6]. Leider ist die diagnostische Leistung von Studierenden und der Ärzteschaft in einem frühen Weiterbildungsstadium diesbezüglich häufig unbefriedigend [7] [8]. All dies gilt insbesondere unter Behelfs- oder Notfallbedingungen, wie z. B. auf Intensivstation, weshalb das Seminar „Radiologische Bildgebung auf Intensivstation“ als Testveranstaltung gut geeignet erschien.


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Zielsetzung

Ziel war es, exemplarisch das Seminar „Radiologische Bildgebung auf Intensivstation“ durch verstärkte inhaltliche Fokussierung und Ausrichtung nach lerntheoretischen Erkenntnissen zu verbessern, die resultierenden Effekte festzustellen und zu interpretieren.

Führt eine Lernzielabstimmung und Fokussierung sowie eine verstärkte Ausrichtung nach lerntheoretischen Erkenntnissen im Vergleich der Semester vor und nach Umstellung dieses Seminars zu einer jeweils signifikanten (p < 0,05) Verbesserung der subjektiven Bewertung durch die Studierenden um mindestens 0,5 Punkte einer 5-Punkt Likert-Skala und/oder zu einer um mindestens fünf Prozent objektiv besseren Lösungsquote von inhaltlich passenden Staatsexamensfragen?


#

Material und Methoden

Die lokale Ethikkommission erteilte dem Projekt unter der Nummer 17 – 036 UE ein positives Votum zur prospektiven Studie.

Allgemeine Lernziele und Ansiedlung im Curriculum

Die übergeordneten Lernziele aller radiologischen Lehrveranstaltungen sind (a) die Vermittlung von Wissen der Darstellung normaler und veränderter Anatomie in Bildern diverser radiologischer Verfahren, (b) die Fertigkeit der systematischen, beschreibenden Befundung, (c) die Kompetenz der priorisierten, wertenden Beurteilung und (d) die Kompetenz zur Bewertung von Indikationen für bestimmte radiologische Verfahren mit und ohne spezifische Kontrastmittel. An der untersuchten Einrichtung folgen nach zwei Jahren Vorklinik sechs klinische Module (Semester). Das Modul 1 widmet sich den Grundlagen der klinischen Medizin, was die radiologische Basis zu (a) hinsichtlich normaler Anatomie, zu (b) sowie teilweise zu (d) beinhaltet. Darauf bauen im interdisziplinären Basisjahr (Modul 2 und Modul 3 zusammengefasst als einjähriges Modul 23 bezeichnet) acht radiologische Seminare und ein Praktikum auf [9]. Darüber hinaus ist die Radiologie nur noch als Wahlfach im PJ und im Rahmen eines Repetitoriums vertreten. Diese Aufteilung orientiert sich unter anderem auch an der von der Deutschen Röntgengesellschaft empfohlenen Gliederung radiologischer Curricula in einen eher modalitäten-orientierten Grundlagenteil und einen kompetenz-orientieren zweiten Teil [10].


#

Thema, Zielgruppe, Format und Rahmen

Die ursprüngliche Lehrveranstaltung „Radiologische Bildgebung auf Intensivstation“ widmet sich vor allem der Radiografie des Thorax im Liegen, beinhaltet aber auch typische CT-Befunde wie Hirnblutung im Verlauf, Pneumonie, Abszess sowie typische Ultraschallbefunde wie Cholestase, Cholezystitis, Pleuraerguss, Perikarderguss und freie abdominelle Flüssigkeit.

Das 90-minütige Seminar ist eine Pflichtveranstaltung mit einmaliger Teilnahme von Studierenden im zweiten oder dritten klinischen Semester. Die Veranstaltung findet in einem tageslichtfreien, dimmbaren, kleinen Hörsaal mit 40 Sitzplätzen statt und wird von jedem der vier Dozierende/n jeweils 4-mal pro Semester angeboten und jeweils von etwa 16 Studierenden besucht.


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Die Intervention der Umstellung des gewählten Testseminars

Um die Auswirkungen der Seminarumstellung besser abschätzen zu können, wurde eine SWOT-Analyse unter Einbeziehung von Studierenden, Dozierenden und Entscheidungsträgern durchgeführt ([Tab. A, B], Onlinesupplement).

Vor Umstellung wiesen die Inhalte zum Teil sehr deutliche Überlappungen mit anderen Lehrveranstaltungen auf (z. B. CT Abdomen, Traumaseminar, interventionelle Radiologie, etc.). Eine Bildgebung an Intensivpatienten kann prinzipiell mit allen Modalitäten erfolgen. Durch Matrixanalysen [11] [12] wurden als Konsensusbewertung der an der Umgestaltung der Veranstaltung beteiligten Personen die Modalität der Radiografie, als am wichtigsten und mit den geringsten inhaltlichen Überschneidungen identifiziert ([Tab. 3a, b]). Zudem ergab ein Abgleich der Lerninhalte und -ziele mit anderen Lehrveranstaltungen, dass alle Teile außerhalb der „Radiografie des Thorax im Liegen“ entweder bereits in anderen Lehrveranstaltungen abgebildet waren oder aber mit Minimalaufwand dort integriert werden können. Daher wurde das Themengebiet auf die Radiografie im Liegen eingegrenzt und die Veranstaltung entsprechend umbenannt.

Tab. 2

Lernziele.

Phase

Typ[1]

Lernziel

Vorbereitung

K

kann die Unterschiede von Röntgen-Thorax im Liegen und in 2 Ebenen im Stehen benennen

K

kann Qualitätskriterien und normale Anatomie für Röntgen-Thorax im Liegen wiedergeben

K

kann ein Schema zur strukturierten Befundung von Röntgen-Thorax im Liegen wiedergeben

K

kann die Einteilung der Befundsicherheit wiedergeben (sicher, V. a., fraglich, Ausschluss)

K

hat ein Beispiel der Erscheinungsform pro typischer Pathologie (siehe unten) gesehen

Präsenz

K S

kann Qualitätskriterien für Röntgen-Thorax im Liegen anwenden und Normalbefund wiedergeben

C

kann ein Schema zur strukturierten Befundung einer Röntgen-Thorax im Liegen anwenden

C

kann die Einteilung der Befundsicherheit aus der Onlinevorbereitung anwenden

Für jede der Pathologiegruppen: (1) Pneumothorax, Spannungspneumothorax, (2) Atelektase, Belüftungsstörungen, (3) Pneumonie, typisch und atypisch, (4) Herzinsuffizienz, Stauung, Überwässerung, Pleuraerguss, Lungenödem, (5) Perikarderguss, (6) Lungenembolie, (7) Fehllage von Installationen, (8) Beispiel einer Nebenpathologie

S

erkennt mithilfe die Erscheinungsform im Röntgen-Thorax im Liegen

S

kann mithilfe normale und krankhafte Veränderungen beschreiben

C

kann mithilfe Ausmaß und Dringlichkeit eines Befunds einschätzen

C

kann mithilfe akute Diagnostik- und Therapieentscheidungen abwägen

C

kann mithilfe priorisiert und unter Angabe einer Sicherheit strukturiert werten

S C A

kann Feedback von Dozent/Peer annehmen und Peer geben

Nachbereitung

S

kann in Bildbeispielen die Pathologien der Präsenzphase selbst erkennen

S

kann Bildbeispiel systematisch beschreiben

C

kann Bildbeispiel zu einem Fall systematisch beurteilen

1 K: Knowledge (Wissen), S: Skill (Können), C: Competence (Kompetenz), A: Attitude (Haltung).


Tab. 3

Ablaufplan der Lehrveranstaltung.

Phase

Gelenk[1]

Dauer

Methode

Inhalt

ICAP[2]

Vorbereitung

25 min

Online Moodle

20 min

Selbststudium

Wiederholung von Grundlagen (PDF, 10 Seiten)

P

5 min

Video

Demo der Befundung eines Rö-Th 1E Normalbefunds

P

Präsenz

90 min

Seminar

Einstieg

A

1 min

frontal

Begrüßung und Vorstellung

P

1 min

Eye-catcher

Hervorgehobene „klinische Relevanz“ des Themas

P

2 min

frontal

Vorstellung von Lernzielen, Struktur, Inhalt und Ablauf der LV

P

Theorie Röntgen-Thorax in 1 Ebene (Rö-Th 1E), Grundlagen

7 min

frontal

Technik, Qualitätskriterien, Feedbackregeln, Befundschema

P

B1

2 min

Buzz Group

Form/ Inhalt eines schriftlichen Untersuchungsbefunds ?

A

C1

3 min

Synchronisation

Ergebnisabfrage, Zusammenführung und Auflösung

C A

4 min

frontal

Normalbefund, Unterschiede Rö-Thorax im Liegen/Stehen

P

fallbasiertes Lernen (FBL): Fall 1 nach Peyton Step 1 + 2

4 min

frontal

Beispiel Fall 1 mit Erläuterung des weiteren Ablaufs

P

jeweils

Scaffolding

FBL: Fall 2 – 8 nach Peyton, Step 3 + 4 (inklusive 3 min Halbzeitpause)

2,5 min

Aktivität S1

Strukturierte Befundung durch Studierende/n

C A

1 min

Aktivität S2

Priorisierte Beurteilung durch andere/n S.

C A

1 min

Aktivität S3

Peer-to-peer-Feedback (FB) an S1, S2

I

1 min

Interaktion

Auflösung und Ausgewähltes Dozierenden-FB an S1–S3

I

2 min

frontal

weitere Beispiele und Erläuterungen zu dieser Pathologie

P

Ausstieg

3 min

frontal

Zusammenfassung

B2

2 min

Buzz Group

Take-home-Points

C A

C2

4 min

Synchronisation

Ergebnisabfrage, Zusammenführung und Auflösung

I

D

1 min

frontal

Erläuterung Nachbereitung, Verabschiedung

P

1 min

Fragebogen

Evaluation

A

1 min

Eye-Catcher

WDH Hervorgehobene „klinische Relevanz“ des Themas

P

1,5 min

Puffer

Nachbereitung

35 min

Online/Moodle

30 min

Selbststudium

Je ca. 2 – 4 Beispiele zu jeder der 8 Pathologien (PPT[3])

C A

5 min

MC-Test

Lernkontrolle ohne Benotung

A

1 Die Gelenkstelle gibt an, in welcher Phase sich die Gruppe der Studierenden bei Gruppenarbeit befindet (A: keine Gruppenarbeit, B: Einstieg in eine Gruppenarbeit, C: Synchronisation der Gruppe, D: Ende der Gruppenarbeit).


2 ICAP gibt das kognitive Aktivierungsniveau der Studierenden an (I: interaktiv, C: konstruktiv, A: aktiv, P: passiv).


3 Die Fälle werden als Powerpointdatei (PPT) in Moodle, einer web-basierten, institutionellen Organisationsplattform für Studierende, bereit gestellt.



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Das veränderte Seminar

Die Lernziele des umgestalteten Seminars „Röntgen-Thorax im Liegen“ sind in [Tab. 2] angegeben. Diese verteilen sich nun auf Online-Vorbereitung, Präsenzphase und Online-Nachbereitung, orientieren sich am nationalen kompetenzbasierten Lernzielkatalog für Medizin (NKLM) [13] und wurden zusätzlich nach Knowledge (K), Skills (S), Competences (C) und Attitudes (A) kategorisiert.

Die Online-Vorbereitung ist ein zehnseitiges Worddokument, die etwa zur Hälfte der Wiederholung vorausgegangener Inhalte dient und zur anderen Hälfte auf die Präsenzphase vorbereitet. Die Präsenzphase und die Nachbereitung basieren auf Powerpoint-Folien. Dier Präsenzphase beginnt im Frontalformat für etwa 20 Minuten und leitet das fallbasierte Lernen durch ein Beispiel ein, welches als Beispiel vollständig durch die Dozierenden übernommen wird. Die übrigen sieben Fälle werden von den Studierenden in verschiedenen Rollen bearbeitet. Diese Rollen sind: Befundung, Feedback zur Befundung, Beurteilung, Feedback zur Beurteilung. Die Dozierenden geben abschließend nochmals Feedback zu den einzelnen Rollen und ergänzen weitere Beispiele derselben Pathologie. Für die Präsenzphase der Lehrveranstaltung im neuen Format, visualisiert und erklärt [Abb. 1] den prinzipiellen Ansatz wechselnden Aktivierungsniveaus der Studierenden (Sandwichstruktur [14]). Zentrale Elemente sind interaktives, klinisch orientiertes Lernen an Fällen nach dem „Clinical Teaching“-Modell nach Stanford [15] sowie ein besonderer Schwerpunkt auf Feedback [16]. Dozierende leisten hierbei im Verlauf der Lehrveranstaltung abnehmende Hilfestellung bei der Erarbeitung durch die Studierenden (Scaffolding, [17], von engl. „Scaffold“ – „Gerüst“ als Unterstützung des Lernprozesses durch Bereitstellung einer ersten Orientierungsgrundlage in Form von Anleitungen, Denkanstößen und anderen Hilfestellungen durch die Dozierenden). [Tab. 3] gibt hierzu den neuen Ablaufplan und [Abb. 2] hierfür ein Beispiel an.

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Abb. 1 Lerntheoretisch verbesserte Ablaufstruktur des Seminars „Röntgen-Thorax im Liegen“ während der Präsenzzeit. Grüne Bestandteile stellen Aktivität der Dozierenden dar, wogegen dies für die Studierenden in Apricot markiert ist.
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Abb. 2 Beispielpathologie „Stauung“ aus dem Seminar nach Umstellung. a Klinische Angabe mit zu bearbeitendem Bild einer Pathologiegruppe. Ein/e Studierende/r führt die Befundung, ein/e weiter/e die Beurteilung durch. Falls benötigt, so erhalten sie hierbei jeweils Hilfestellung. Im Anschluss daran geben zwei weitere Studierende Feedback zu Befund und Beurteilung. b Auflösung des Falles durch Angabe einer Musterbeurteilung und eines zugehörigen CT-Bildes, gefolgt von einem abschließenden Dozentenfeedback. c Weiterer Verlauf. e, f Weitere Beispiele derselben Pathologiegruppe, welche frontal durch Dozierende vorgestellt werden.

Die Methode zum Erwerb der Fähigkeiten der Befundung und Beurteilung erfolgt in Anlehnung an die Methode nach Peyton [18] [19]. Hierbei werden insgesamt vier Schritte durchlaufen. Als ersten Schritt („Demonstration“), zeigen Dozierende die Fertigkeit unkommentiert in normaler Geschwindigkeit. Im einem zweiten Schritt („Deconstruction“), wiederholen Dozierende den Vorgang verlangsamt mit gleichzeitiger Erklärung der einzelnen Schritte. Im dritten Schritt („Comprehension“), werden Dozierende nun durch die Studierenden schrittweise unter Erläuterung angewiesen. Im vierten und letzten Schritt („Performance“) vollziehen nun die Studierenden alle Schritte selbst.

Die Nachbereitung ist ebenso wie die Vorbereitung optional. Hier werden als Powerpoint-Datei weitere Fälle angeboten, wobei jeder Fall aus zwei Folien besteht. Auf der ersten Folie sind klinische Angaben, Fragestellung und das Röntgenbild dargestellt. Hier können die Studierenden Ihre Fähigkeiten prüfen und aus der zweiten Folie, welche Befund, Beurteilung und weitere Erläuterungen in Kurzform enthält, überprüfen.

Die Dozierenden wurden allgemein medizindidaktisch im Rahmen von internen Fortbildungen geschult und waren in den Umgestaltungsprozess involviert. Vor Beginn der Veranstaltung im neuen Format wurde in zwei gemeinsamen Probeveranstaltungen mit PJ-Studierenden geübt. Zudem führte SW die ersten Lehrveranstaltungen im neuen Format durch und diese wurden von jeder/m weiteren Dozierender/m zumindest einmal als stille/r Beobachter besucht.

Der Gesamtaufwand für die Seminarumgestaltung lag bei etwa vier Personenwochen.


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Erfassung, Verarbeitung und Auswertung von Daten

Jeweils am Ende der Präsenzveranstaltungen füllten die Studierenden (je n = 256 im Semester vor und nach Umstellung) identische, standardisierte Fragebogen unter Verwendung einer 5-Punkte Likert-Skala aus und beantworteten zusätzlich jeweils zu Beginn und am Ende zwei zufällig geloste, schriftliche Fragen aus einer Sammlung von 50 Staatsexamensfragen der letzten fünf Jahre. Hierbei wurden solche Fragen berücksichtigt, die nach Bewertung der Studienleitung eine besondere Relevanz für Intensivpatienten haben und deren zugrundeliegende Lerninhalte nicht gesonderter Schwerpunkt anderer Lehrveranstaltungen sind. Der daraus resultierende Fragenpool war vor und nach Umstellung des Seminars identisch. Schwerpunkt war dabei „Röntgen-Thorax liegend“ bzw. in Behelfstechnik sowie nachfolgend CT. Beide Modalitäten machten zusammen knapp 90 % der Fragen aus. Der Rest verteilte sich auf die anderen Modalitäten, darunter noch am meisten auf Ultraschall.

Die Evaluationsbogen bestanden aus 31 Fragen, wovon 30 die Likert-Skala mit „1: trifft voll zu“ bis „5: trifft gar nicht zu“ nutzten und die 31. Frage die Gesamtbewertung nach einem Schulnotenprinzip mit „1: sehr gut“ bis „5: mangelhaft“ abfragte. [Tab. 4] gibt die verwendeten Fragen in verkürzter Darstellung an und zeigt, wie sich daraus die zur Auswertung gelangten Themenblöcke „Eigene Motivation“, „Lernklima“, „Dozierende“, „Konzept und Material“, „Verständnis und Lernerfolg“ und „Gesamtnote“ bildeten. Alle 31 Fragen sind in [Tab. 5] im Ergebnisteil mit angegeben.

Tab. 4

Thematische Gruppierung der Fragebogenitems zur Auswertung der subjektiven Evaluation.

Item Nr.

Item Text (verkürzt)

Themengruppe

 1

eigene Motivation ist hoch

eigene Motivation

 2

Inhalte relevant und wichtig

 5

Vorbereitung auf Veranstaltungsinhalte notwendig

 9

Veranstaltung sollte nachbereitet werden

26

Interesse Inhalte hoch

 3

mein Wissenstand in Bezug auf Inhalte ist hoch

Verständnis und Lernerfolg

27

Verständnisinhalte durch Veranstaltung weiterentwickelt

28

kann Inhalte der Veranstaltung wiedergeben

29

durch Veranstaltung ist Prüfungsvorbereitung einfacher

12

Lernziele wurden deutlich

Konzept und Material

13

erkennbarer roter Faden in Veranstaltung

14

Veranstaltungszeit ausreichend zur Inhaltsbearbeitung

15

Schwierigkeitsgrad genau richtig

17

eingesetzte Beispiele/Bilder halfen beim Verständnis

22

genügend Möglichkeit zur aktiven Teilnahme

23

Anregung zur kritischen Auseinandersetzung mit Inhalten

25

Umfang an Interaktivität genau richtig

16

Dozierende haben kompliziertes verständlich dargestellt

Dozierende

18

Ausführungen Dozierende war gut zu folgen

19

Dozierende bemüht Wissen zu vermitteln

20

adäquates Verhalten Dozierende gegenüber Studenten

21

Dozierende/r ging gut auf Fragen ein

24

Lernatmosphäre konstruktiv

Lernklima

30

Veranstaltung hat Spaß gemacht

31

Benotung Veranstaltung

Gesamtnote

Tab. 5

Einzelergebnisse der subjektiven Evaluation.

Item-Nr.

Itemtext (teilweise gering gekürzt)

vor Umstellung[1]

nach Umstellung1

Mittelwert

Standardabweichung

Mittelwert

Standardabweichung

 1

Meine Motivation ist hoch, mich auch nach der Veranstaltung mit den Inhalten zu beschäftigen.

3,32

1,49

2,29

0,98

 2

Meiner Meinung nach, sind die Inhalte der Veranstaltung relevant und wichtig.

2,00

0,91

1,39

0,61

 3

Mein Wissensstand in Bezug auf die Inhalte des AINS-Blocks in Modul 23 ist hoch.

3,67

1,20

2,61

0,92

 4

Mein Wissensstand in Bezug auf die notwendigen radiologischen Grundlagen ist hoch.

3,76

1,17

2,76

0,87

 5

Meiner Meinung nach, sollte man sich auf die Veranstaltung vorbereiten.

2,09

1,154

2,14

0,99

 6

Die zur Verfügung gestellten Lernmaterialen haben mir geholfen, mich vorzubereiten.

[2]

2

1,74

0,90

 7

Die Vorbereitung auf die Veranstaltung sollte vor allem radiologische Grundlagen beinhalten.

1,81

1,00

2,39

1,04

 8

Die Vorbereitung auf die Veranstaltung sollte vor allem Bildbeispiele beinhalten.

1,55

0,85

1,79

0,83

 9

Meiner Meinung nach, sollte die heutige Veranstaltung nachbereitet werden.

2,06

1,19

2,75

1,19

10

Eine Nachbereitung sollte vor allem radiologische Grundlagen beinhalten.

2,13

1,30

2,90

1,26

11

Eine Nachbereitung sollte vor allem Bildbeispiele beinhalten.

1,64

0,93

1,87

0,85

12

Die Lernziele der Veranstaltung wurden mir klar.

2,29

0,92

1,88

0,94

13

Für mich zog sich ein klar erkennbarer roter Faden durch die Veranstaltung.

3,20

1,63

1,70

0,91

14

Ich hatte während der Veranstaltung ausreichend Zeit, die Lerninhalte vollständig zu bearbeiten.

3,41

1,49

1,93

0,93

15

Der Schwierigkeitsgrad der Veranstaltung war genau richtig.

3,11

1,62

1,83

0,82

16

Meiner Meinung nach hat die Dozentin/der Dozent Kompliziertes verständlich dargestellt.

1,30

0,57

1,58

0,79

17

Die eingesetzten Beispiele, Bilder oder Fälle haben mir beim Verstehen der Inhalte geholfen.

2,07

0,871

1,48

0,66

18

Ich konnte den Ausführungen der Dozentin/des Dozenten gut folgen.

1,32

0,60

1,63

0,93

19

Es war der Dozentin/dem Dozenten wichtig, dass die Studierenden etwas lernen.

1,20

0,49

1,38

0,70

20

Das Verhalten der Dozentin/des Dozenten war professionell und angemessen.

1,16

0,41

1,31

0,63

21

Die Dozentin/der Dozent ging gut auf Fragen und Anregungen ein.

1,17

0,45

1,34

0,63

22

Es gab für mich genügend Möglichkeiten, aktiv mitzuarbeiten.

2,77

1,82

1,36

0,66

23

Ich wurde zur kritischen Auseinandersetzung mit den behandelten Inhalten angeregt.

3,09

1,64

1,81

0,83

24

Ich fand die Lernatmosphäre in der Veranstaltung konstruktiv.

2,15

0,87

1,89

0,95

25

Der Umfang an Interaktivität in der Veranstaltung war insgesamt genau richtig.

2,95

1,71

1,88

0,94

26

Die Inhalte der Veranstaltung haben mich interessiert.

1,48

0,77

1,68

0,76

27

Mein Verständnis für die Inhalte hat sich durch die Veranstaltung weiterentwickelt.

2,97

1,67

1,75

0,79

28

Ich kann einen Überblick über die Inhalte der Veranstaltung geben.

3,01

1,64

1,82

0,81

29

Durch den Besuch der Veranstaltung fällt mir die Vorbereitung auf die Prüfung leichter.

3,31

1,46

1,99

0,92

30

Insgesamt hat mir die Veranstaltung Spaß gemacht.

2,43

0,80

1,85

0,93

31

Insgesamt bewerte ich die Veranstaltung mit.

3,22

1,51

1,66

0,78

1 Fragen 1 bis 30: Likert-Skala mit „1: trifft voll zu“ bis „5: trifft gar nicht zu“, Frage 31. Schulnotenprinzip mit „1: sehr gut“ bis „5: mangelhaft“.


2 Frage 6 wurde nur nach Umstellung gestellt, da zuvor keine Lernmaterialien zur Vorbereitung angegeben waren.


Für die Auswertung der Evaluationsbogen wurden Mittelwertunterschiede von mehr als 0,5 als „relevant“ und solche mit mehr als 1,0 als „hoch relevant“ festgelegt. Bei den Staatsexamensfragen hingegen wurden die prozentualen Anteile korrekter und falscher Antworten im Kollektiv bestimmt und bei Veränderungen von mehr als fünf Prozent als relevant und bei mehr als zehn Prozent als hoch relevant gewertet. Hintergrund beider Überlegungen war, dass bei Schulnotenskalen Änderungen von 0,5 für die Hälfte des Kollektivs eine Notenstufenänderung bedingen würden und dies bei Änderungen von 1,0 für das gesamte Kollektiv der Fall wäre. Dem vergleichbar bedeutet bei den medizinischen Staatsexamina der Standardfall der Bestehensgrenze von 60 % (d. h. ohne Gleitklauselkorrektur zur Vermeidung von mehr als 22 % Durchfallquote) einen Notensprung in Schritten von je zehn Prozent. Für die statistische Testung auf Unterschiede in Daten der Evaluationsbogen wurde der Mann-Whitney-U-Test für unabhängige Stichproben verwendet und, bei den Prüfungsergebnissen der Fisher’s-Exact-Test herangezogen. Hinsichtlich der Anforderungen an multiples Testen wurden Frage 31 und die Auswertung der Prüfungsergebnisse als formal nicht zusammenhängend mit der sonstigen Auswertung erachtet und zur Anpassung der Schwellensignifikanzen die Methode nach Bonferroni genutzt [20]. Hieraus folgt eine Schwelle von p < 0,05 für die „Gesamtnote“, von p < 0,01 für jeden der fünf anderen Themenblöcke der Evaluationsbogen und von p < 0,01 für die Prüfungsfragen.


#
#

Ergebnisse

Die Ergebnisse sind in [Tab. 5], [6] angegeben.

Tab. 6

Ergebniszusammenfassung.

Themengruppe

Maßzahl[1]

Zeitpunkt im Seminar

vor Umstellung

nach Umstellung

p-Wert

Fragebogen

(subjektiv)

jeweils N = 256

jeweils N = 256

Mann-Whitney-U-Test

zeigene Motivation

MW (SD)

Ende

2,19 (0,46)

2,05 (0,62)

0,001

MD (25 %/75 %)

2 (2/2)

2 (2/2)

Verständnis und Lernerfolg

MW (SD)

Ende

3,24 (1,41)

2,04 (0,63))

< 0,001

MD (25 %/75 %)

2,5 (2/5)

2 (1,5/2,5)

Konzept und Material

MW (SD)

Ende

2,85 (1,39)

1,69 (0,56)

< 0,001

MD (25 %/75 %)

2 (2/4)

1,5 (1/2)

Dozierende

MW (SD)

Ende

1,23 (0,40)

1,44 (0,60)

< 0,001

MD (25 %/75 %)

1 (1/2)

1 (1/2)

Lernklima

MW (SD)

Ende

2,29 (0,73)

1,87 (0,85)

< 0,001

MD (25 %/75 %)

2,5 (1,5/3)

2 (1/2,5)

Gesamtnote

MW (SD)

Ende

3,22 (1,51)

1,66 (0,78)

< 0,001

MD (25 %/75 %)

3 (2/5)

2 (1/2)

Prüfungsfragen (objektiv)

jeweils N = 512

jeweils N = 512

Fisher’s Exact-Test

richtig (%)

Beginn

37,7

53,91

< 0,001

richtig (%)

Ende

55,11

84,6

< 0,001

< 0,001

< 0,001

p-Wert

1 Ein kreuzweiser Vergleich der korrekten Beantwortung von Prüfungsfragen am Ende des Seminars vor dessen Umstellung mit den Ergebnissen zu Beginn der Lehrveranstaltung im neuen Format ergab bei Anwendung des Fisher’s Exact Test einen p-Wert von 0,754 für zweiseitige und von 0,377 bei einseitiger Testung. (MW: Mittelwert; SD: Standardabweichung).


Die Veränderung der Lehrveranstaltung ergab jeweils signifikant für die Durchschnittswerte der Bewertung „Eigene Motivation“ der Studierenden eine geringe Verbesserung von 2,19 auf 2,05, eine jeweils hoch relevante Verbesserung für „Verständnis und Lernerfolg“ von 3,24 auf 2,01 und für „Konzept und Material“ von 2,85 auf 1,69. Für die Bewertung „Dozierende“ ergab sich sogar eine leichte Verschlechterung von 1,23 auf 1,44, für das „Lernklima“ jedoch eine Verbesserung von 2,29 auf 1,87 sowie für die „Gesamtnote“ der Veranstaltung eine hoch relevante Verbesserung von 3,22 auf 1,66. Die Ergebnisse zu den einzelnen Fragebogenitems sind in [Tab. 5] angegeben.

Die Quote richtig beantworteter Prüfungsfragen veränderte sich durch die Seminarumstellung jeweils signifikant zu Beginn der Präsenzphase hoch relevant von 37,7 auf 53,9 % und am Ende dieses Teil der Lehrveranstaltung hoch relevant von 55,1 auf 84,6 % ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Anteil der durch die Studierenden richtig beantworteten Prüfungsfragen vor und nach Umstellung des Testseminars. Nach Umstellung startet die Lehrveranstaltung bereits auf dem Niveau, mit dem dies vor Umstellung endete. Zudem bewirkte die Veränderung eine deutliche Verbesserung während der Veranstaltung und hebt das Niveau des Kollektivs direkt am Ende der Veranstaltung auf das Notenniveau einer „zwei“, die üblicherweise bei Rängen zwischen 80 und 90 % vergeben wird (Daten von insgesamt 1056 Antworten zu Prüfungsfragen, je zwei pro Studierende und Zeitpunkt, siehe auch [Tab. 6].

[Tab. 6] beinhaltet alle wesentlichen Ergebnisse in einer Übersicht.


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Diskussion

Insbesondere die Studentenproteste Ende der 90er-Jahre prangerten Probleme in der klinischen Lehre an. Kernpunkt der Kritik war der zu theorielastige Unterricht und die praxisferne Ausrichtung [21]. Etwa ab diesem Zeitpunkt begann ein Umdenken, welches unter anderem bewirkte, dass heute nahezu jede medizinische Fakultät eine gesonderte Einrichtung für die Medizindidaktik unterhält. Das Bemühen um die Verbesserung der Lehre betrifft das Studium generell und damit auch die einzelnen Fachbereiche, welche spezifisch für die Umsetzung zuständig sind. Hinzu kommt, dass die Universitätskliniken auch einen sehr großen Teil ärztlicher Weiterbildung verantworten.

Die untersuchte Einrichtung hat selbst einen Veränderungsbedarf festgestellt und in Anbetracht feststehender Mittelzuweisungen und dem vermuteten Gesamtaufwand beschlossen, zunächst testweise eine radiologische Lehrveranstaltung umzustellen. Als besondere Herausforderungen bestanden Überschneidungen mit anderen Lehrveranstaltungen und unterschiedliche Reihenfolge der Seminarveranstaltungen im Rahmen des AINS-Blocks (Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin, Schmerztherapie), in welchen das Testseminar eingebettet ist. Darüber hinaus behandeln die radiologischen Lehrveranstaltungen Querschnittsthemen in einem relativ frühen Ausbildungsstand. Hinzu kommt ein gewollte Orientierung an dem White-Paper „Radiological Curriculum for Undergraduate Medical Education in Germany“ der Deutschen Röntgengesellschaft und der Konferenz radiologischer Lehrstuhlinhaber [10]. Unter Berücksichtigung didaktisch bewährter lerntheoretischer Erkenntnisse wurde zunächst ein theoretisch vorbereitender Teil Grundwissen vermittelt bzw. dieses aufgefrischt, um die Präsenzzeit effektiv zum Vertiefen des Gelernten nutzen zu können (Inverted oder flipped classroom [22] [23] – „Umgedrehter Klassenraum“, ein Modell, bei dem durch gezielte Vorbereitung die Präsenzphase effizienter genutzt werden kann). Im Rahmen der Studie kamen mit Ausnahme dieser Konzepte, welche auf technische Voraussetzungen angewiesen und daher vergleichsweise aktuelle Erkenntnisbereiche in der Pädagogik und Didaktik sind, nur etablierte und schon länger bekannte Methoden zum Einsatz. Die Ergebnisse zeigen, welches Potenzial diese bewährten und oft einfachen Mittel haben können, wenn diese konkret und konsequent eingesetzt werden. An der untersuchten Einrichtung erschien es in Absprache mit der lokalen Medizindidaktik grundsätzlich sinnvoll die radiologische Lehre stärker an den konkreten klinischen Gegebenheiten und Bedürfnissen auszurichten. Wenngleich Publikationen zur radiologischen Lehre, welche über Interdisziplinarität und hier wiederum unter Einbeziehung der Anatomie hinausgehen, nur in vergleichsweise geringer Zahl verfügbar sind, so stellten diese Studien insbesondere zu interaktivem, fallbasiertem Lernen und E-Learning [3] [4] sowie Peer-to-peer-Feedback [5] ebenfalls positive Effekte fest.

Im neuen Format erfolgt die Zielkommunikation [24] [25] in mehreren Phasen während der Präsenzzeit. Direkt zu Beginn veranschaulicht ein „Eye-Catcher“ die besondere klinische Bedeutung des Themas. Im einleitenden Frontalteil werden die prägnanter formulierten Lernziele kurz vereinbart, der persönliche Nutzen für die Studierenden betont und eine Agenda vorgestellt. Im Rahmen der ersten Aktivitätsphase entwickelten die Studierenden im Format einer Buzz-Group (auch „Murmelgruppe“ genannt, wo je zwei bis vier Studierende halblaut kurz eine Frage, ein Bild, ein Problem, usw. diskutieren und so einerseits aktiv werden und sich andererseits die Hemmschwelle zur Mitarbeit erniedrigt) mit dem in der Medizin allgemein gültigen Aufbau eines Befundbriefs, selbst eine strukturgebende Anwendung der Lernziele.

Zweieinhalb Minuten für die strukturierte Befundung durch Studierende ist knapp bemessen, aber dennoch deutlich mehr als in der Routineversorgung zur Verfügung steht. Eine der Stärken des Konzepts nach Umstellung der Veranstaltung ist das Scaffolding, welches den Dozierenden jederzeit erlaubt einzugreifen, z. B. wenn die Zeit knapp wird. Zu Beginn der Veranstaltung wird bewusst keine Vollständigkeit von Befundung oder Beurteilung erwartet. Stattdessen greifen die Dozierenden ein und geben so Hilfestellung. Im Laufe der Veranstaltung geben die Dozierenden dann immer weniger Hilfestellung. Dies wird möglich, da die Übung und die Wiederholungen durch die Feedbacks dies auch immer weniger notwendig machen.

Die Hauptförderung von Verstehen und Behalten bestand in einer Verbesserung von Konzeption, Inhalt und Ablaufplan sowie insbesondere der Förderung aktiven Lernens. Die Online-Vorbereitung wiederholt Grundlagen, spart damit durch wegfallende Wiederholungen Zeit ein und fördert die Voraussetzungen zur Lernzielerreichung. In der Präsenzphase unterstützten verbessertes Lernklima und effektivere Zielkommunikation eine Aufmerksamkeitssteigerung. Die bewusste Begrenzung des einleitenden Frontalteils ist lernpsychologisch ebenso günstig, wie der sich anschließende, konsequente Aktivitätswechsel mit klaren Arbeitsanweisungen. Es wurde auf eine Gruppenmethode fokussiert, damit diese von verschiedenen Dozierenden sicher beherrscht werden kann. Die Gruppenphase zu Beginn hilft die Sinnhaftigkeit selbst festzustellen und sorgt am Ende durch eigene Erarbeitung der „Take-home-Punkte“ für Nachhaltigkeit. Kernstück der Präsenzphase ist der effektive, rekursive Aufbau anhand von Fällen mit Scaffolding-unterstützer Skills-Vermittlung in Anlehnung an Peyton [17] [18] [19]. Hierbei ist insbesondere der dritte Schritt der Methode, also eine Anweisung der Studierenden an Dozierende, welche dementsprechend handeln, nur teilweise abbildbar. Feedback versucht dies auszugleichen, sorgt für zusätzliche Aktivität, unterstützt Wertschätzung der Studierenden, sorgt für Wiederholung der Kerninhalte und erlaubt ein Lernen aus überwachbaren Fehlern [5] [16] [26]. Die Online-Nachbereitung bietet eine Vertiefung mit alternativen Fallbeispielen.

Die durchgeführten Schulungsmaßnahmen für Dozierende haben sich ebenfalls exemplarisch bewährt. Mit der gegebenen Begrenzung der Anzahl an Methoden erforderten die Schulungen nur wenig zusätzlichen Aufwand. Dieser bestand in allgemeinen medizindidaktischen Fortbildungen für alle Dozierenden, einer einstündigen Erklärung der neuen Methoden mit anschließendem Probedurchlauf durch die Veranstaltung für alle Dozierenden sowie einer Teilnahme der Dozierenden als Beobachter bei den ersten Seminaren im neuen Format.

Für die professionelle Entwicklung von Lehrplänen ist die Methode nach Kern [27] etabliert und Messparameter zur Qualitätskontrolle sind von der World Federation for Medical Education beschrieben [28]. Nach jedem Semester sollten die studentischen Evaluationen zur kontinuierlichen Verbesserung herangezogen, im Folgequartal im zuständigen Lehrgremium der Radiologie ausgewertet und aufgearbeitet, auf einer institutionellen Konferenz auch im Hinblick auf Anmerkungen der Dozierenden diskutiert und abschließend Maßnahmen beschlossen, dokumentiert und überwacht werden.

Für die konkret veränderte Lehrveranstaltung hat sich die Gesamtbewertung signifikant um 1,56 Notenpunkte und damit hoch relevant in den Bereich des besten Siebtels der verwendeten Skala verbessert. Hinsichtlich der Einzelergebnisse verschiedener Themengruppen der weiteren subjektiven Evaluation waren diese zwar ebenfalls alle signifikant, aber in Ihrer Relevanz unterschiedlich. Für die „Dozierenden“ ergab sich sogar eine Verschlechterung Ihrer Bewertung um 0,19 Notenpunkte. Erklärbar könnte dies durch ein mit 1,22 bereits sehr gutes Ausgangsniveau und möglichen Unsicherheiten bei den erstmaligen Seminardurchführungen im neuen Format sein. Verbessert haben sich noch die „eigene Motivation“ der Studierenden um 0,14 Notenpunkte sowie das „Lernklima“ um 0,42 Notenpunkte knapp unterhalb der definierten Relevanzschwelle auf jeweils bereits gutem Niveau. Hoch relevante Verbesserungen wurden für „Konzept und Material“ um 1,16 Notenpunkte sowie für „Verständnis und Lernerfolg“ um 1,2 Notenpunkte auf ein nun jeweils gutes Niveau festgestellt.

Da Multiple-choice-Fragen Wissen, aber keine Fertigkeiten oder Kompetenzen im Sinne des NKLM abprüfen sind diese in ihrer Wertigkeit bei Prüfungen umstritten. Gleichwohl sind MC-Fragen aber zumindest stark standardisiert und werden in den Staatsexamina verwendet. Aus diesem Grund wurden in dieser Studie Fragen der schriftlichen medizinischen Prüfungen verwendet um auch ein objektiveres Maß für die Auswirkung der Seminarumstellung zu erhalten. Hinsichtlich des Lernerfolgs wurden dabei die subjektiven Ergebnisse durch die um 29,5 % gestiegene Quote korrekt beantworteter Prüfungsfragen bestätigt. Gemessen an den Notengrenzen des letzten schriftlichen medizinischen Staatsexamens [29] würde dies bedeuten, dass beide Kohorten vor Beginn des Seminares auf einem Stand von Note „5“ waren und die Semestergruppe vor Umstellung nach dem Seminar auf diesem Notenlevel verblieb, während sich die Gruppe nach Umstellung direkt nach dem Seminarbesuch auf dem Niveau einer „2“ befand. Eine Nachhaltigkeit dieses Erfolgs soll durch das Angebot einer Nachbereitung gefördert werden, was bislang möglicherweise aufgrund eines Starteffekts allerdings nur wenig genutzt wurde. Wenngleich Fragen zum „Röntgen-Thorax liegend“ den Schwerpunkt bildeten, so waren auch zu etwas mehr als einem Drittel Fragen zur CT enthalten. Den Erfolg bei Fragen zur Radiografie erklären wir uns durch die primär darauf ausgerichtete Veranstaltung im neuen Format. Hinsichtlich der CT als zweitwichtigste Modalität beruht dies vermutlich auf die extensive Verwendung zur Veranschaulichung der aktiv erarbeiteten Pathologien und ebenso im Rahmen der ergänzenden Beispiele.

Nach Etablierung der Umstellung kann ein weiterer Verbesserungsansatz die Intensivierung der Selbstlernphase in der Online-Vorbereitung zur Vermittlung von Faktenwissen durch Blended-learning-Konzepte im Sinne des Flipped-classroom-Ansatzes [22] [23] sein. Hierbei und vor allem auch in der Online-Nachbereitung wäre eine verstärkte Integration der bekannten Vorteile von E-Learning [4] [30] vermutlich abwechslungsreich und vielversprechend. Damit alle teilnehmende Studierende auch jede Rolle (Befundung, Beurteilung, Nehmen und Geben von Feedback zur Befundung und zur Beurteilung) zumindest mindestens einmal annehmen können, wäre eine Begrenzung auf die Anzahl der durch diese zu erarbeitenden Fälle notwendig, was im konkreten Beispiel mit acht Fällen, wovon einer als Beispiel durch die Dozierenden bearbeitet wird, eine Limitierung auf sieben Teilnehmer bedeuten würde.

Limitationen

Es handelt sich um eine Studie unter Verwendung eines Seminars einer Einrichtung, weshalb keine gesicherten Erkenntnisse nach Konzeptübertragung auf andere Lehrveranstaltungen oder Einrichtungen vorliegen. Die Umgestaltung der Lehrveranstaltung wurde von SW vorgenommen, der auch einer von vier Dozierenden war. Zudem ist SW direkter Dienstvorgesetzter der weiteren Dozierenden. Wenngleich um Vermeidung desselben bemüht, so kann ein hieraus resultierender Bias nicht vollständig ausgeschlossen werden.

Zur Abfrage des Lernerfolgs wurden MC-Fragen verwendet, welche maximal Wissen, aber keine Skills oder Kompetenzen im Sinne des NKLM abprüfen und somit eine nur eingeschränkte Prüfungsmodalität für das Seminar in neuen Format sind.

Die Zusammensetzung der Kohorten wurde nicht auf Vergleichbarkeit geprüft. Obwohl bei einer Anzahl von 256 Studierenden pro Semester von einem ausgleichenden Effekt großer Stichproben ausgegangenen werden kann, so ist dies nicht gesichert. Vergleichbares gilt für mögliche saisonale Einflüsse, da sich eine Kohorte im Sommer- und eine im Wintersemester befand.

Das Angebot einer Nachbereitung ist mutmaßlich unterstützend, aber das Ausmaß einer Nachhaltigkeit der festgestellten positiven Effekte ist bislang unbekannt.


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Schlussfolgerung

Die Umstellung eines radiologischen Testseminars mit einer Lernzielabstimmung und -fokussierung sowie einer verstärkten Berücksichtigung lerntheoretischer Konzepte bewirkte eine wertige Verbesserung und motiviert zur Konzeptübertragung auf vergleichbare Lehrveranstaltungen.

Im Falle einer auch in der Lehre leistungsorientierten Mittelvergabe könnten sogar mögliche finanzielle Vorteile resultieren. Wenngleich darin sicher nicht der Zweck universitärer Lehre liegt, so könnten auf diese Weise die Umstellungen der Veranstaltungen vielleicht zumindest teilweise ohne zusätzlichen Kostenaufwand erfolgen.

Weiteres Potenzial kann in der verstärkten Integration von E-Learning in die Online-Vor- und Nachbereitung, in einem institutseigenen oder sogar institutionellen Qualitätsmanagement-Ansatz zur kontinuierlichen Verbesserung und in einer Reduktion der Gruppengröße bestehen.

Klinische Relevanz

Die Radiologie ist vor allem in Krankenhäusern in bis zu 80 % der Fälle in die Diagnostik oder den Therapieverlauf direkt eingebunden, weshalb viele radiologische Lehrinhalte auch außerhalb des Fachs von hoher Relevanz sind. Da im untersuchten Beispielseminar aus der Lernzielfokussierung und der Integration lerntheoretischer Erkenntnisse eine messbare und wertige Verbesserung resultierte, liegt es nahe, die an der Lehre beteiligten Personen zu motivieren durch solche, oder vergleichbare Konzepte einen (noch) größeren radiologischen Beitrag zur (noch) besseren medizinischen Ausbildung und damit letztendlich zu (noch) besseren Ärztinnen und Ärzten zu liefern.


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Onlinesupplement

Tab. A

SWOT-Analyse* von Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren im Rahmen der Veränderung des Seminars „Radiologische Bildgebung auf Intensivstation“ in „Röntgen-Thorax auf Intensivstation“ einschließlich beabsichtigter Gegenmaßnahmen.

hilfreich

schädlich

Maßnahmen/Konsequenzen

interne Faktoren

Strengths

S1: breite klinische Relevanz

S2: starke Praxisausrichtung

S3: lerntheoretisch optimierte Ausrichtung

S4: Bilder als optische Reize dankbar

S5: Berücksichtigung Kritik (Evaluationen)

S6: Einbeziehung Studierende (Umfrage)

S7: besseres Lernklima

S8: Mmotivierte Dozierende

S9: Ausstattung einer der größten RAD in EU

Weaknesses

W1: schlechte Akzeptanz durch die S.

W2: investierte Zeit fehlt woanders

W3: Sinnhaftigkeit für S. unsichtbar

W4: geringerer Lernerfolg

W5: Grundlagenfragen behindern Ablauf

W6: geringer Prüfungsbestandteil

W7: Ängste/Schüchternheit der S.

W8: zu enger Fokus auf Röntgen

W9: Pathologien zu exemplarisch

Strategie

W1: Nutzung von S1–S8, O1, O3, O8, O9

W2: S8, S9, O6

W3: S1-S8, O1–O3, effektive Lernzielkomm.

W4: S3, O1, Einzelaspekte 3. Konzeption

W5: Online-Vorbereitung

W6: O1, Verhandlung Modulblockteam

W7: S7, S8, O2, O8

W8: Lernzielabstimmung Modulteam

W9: S3, O3, Online-Nachbereitung

externe Faktoren

Opportunities

O1: langfristig bessere Lernzielvermittlung

O2: Förderung allgemeines Teamverhalten

O3: Steigerung Interesse/Verständnis RAD

O4: Motivierung späterer Bewerbungen

O5: Stärkung Radiologie in der Lehre

O6: Motivierung Leitungsebene für Lehre

O7: Formatübertragung auf andere LV

O8: Selbstwertsteigerung Studierende

O9: kurzweilige Lehrveranstaltung

Threats

T1: Änderung nicht rechtzeitig fertig

T2: keine Übertragung in die Routine

T3: Verschlechterung der S. in Prüfungen

T4: zu wenig Stoff vermittelt

T5: Demotivierung Investition RAD Lehre

T6: Demotivierung Dozierende

T7: Negativwerbung für RAD als Fach

T8: keine Finanzmittel

T9: keine Zeit

Strategie

T1: S8, O5, O6, MME-Projektarbeit von SW

T2: S1-S9, O3, O4

T3: S1-S8, O1, Paretoprinzip, QM-Integr.

T4: S3, O3, Online-Vor-/Nachbereitung

T5: S1–S8, O1–O9

T6: S1–S3, S7, S8, O1–O7, O9

T7: siehe T5.

T8: S8, O6

T9: siehe T8.

*Priorisierte Auflistung der jeweils neun als am wichtigsten erachteten Punkte; RAD: Radiologie, EU: Europa, S.: Studierende, LV: Lehrveranstaltung, QM: Qualitätsmanagement.

Tab. B

Übersicht zu wesentlichen Herausforderungen und gewählte zugehörige Lösungsstrategien für die beabsichtigte Umstellung des Testseminars.

Problem (Zustand vor Umstellung)

Lösungsansatz (Ziel nach Umstellung)

viele Überschneidungen mit anderen Lehrveranstaltungen

Beschränkung auf eine Modalität, Lernzielabgleich

Fragen zu Grundwissen stören Ablauf

Angebot einer wiederholenden Online-Vorbereitung vor der eigentlichen Präsenzveranstaltung

Erwerb der Kompetenz von grundsätzlicher Befundung und Beurteilung sind notwendige Kompetenzen, deren Erwerb bestenfalls vermutet werden kann

Praxisorientierung mit Clinical Teaching nach Stanford, Beispiel für Normalbefund und Beurteilung geben, Aktivität der Studierenden fördern, Im Laufe des Seminars beim Kompetenzerwerb nach Peyton abnehmende Hilfestellung geben (Scaffolding)

keine Förderung der „besseren“ Verankerung von wichtigen Lerninhalten

mehrfache Wiederholung der wichtigen Lerninhalte, unter anderem durch mehrdimensionales Feedback durch Studierende und Dozierende

konkrete Fälle sind motivierend, aber bisher zu diffus und ohne zielführenden Zusammenhang zu Klinik und klinischen Betrieb dargestellt

verstärkte Integration von fallbasiertem (FBL) und problemorientierten (POL) Lernen

Frontalanteile stark ausgeprägt

Frontalanteile kürzen, anfangs maximal 20 Minuten, danach wechselnde Aktivität von Studierenden und Dozierenden mit eingestreuten kurzen Frontalanteilen bis maximal je 5 Minuten

Studierende fördern, aber nicht überfordern. Individuell auf Studierende einzugehen kann unterschiedlich Zeit kosten

einfaches und einheitliches Ablaufschema zusammen mit Scaffolding erlaubt bei Bedarf jederzeit ein Eingreifen der Dozierenden

es gibt viele Varianten typischer Pathologien

interaktives Erarbeiten einer typischen Variante pro Pathologie, danach ggf. Ergänzung weiterer Beispiele derselben Pathologie im Frontalformat

es gibt keine Förderung einer nachhaltigen Wissensverankerung, insbesondere über das Ende des Seminars hinaus

Angebot einer Online-Nachbereitung mit weiteren Fallbeispielen zu den in der Präsenzveranstaltung erarbeiteten Pathologien

es gibt keine Förderung eines wechselnden Aktivierungsniveaus der Studierenden

neben praktischen Tätigkeiten und Peer-to-peer-Feedback auch Einbindung von Gruppenelementen

es gibt keine Förderung einer Methodenbeherrschung und einheitlichen Anwendung durch alle beteiligen Dozierenden

Beschränkung der Methoden. Im Hinblick auf das Gruppenelement Wahl der Buzz-Group als einzige Methode. Eigene Dozierendenschulung und passive Teilnahme der Dozierenden an der ersten Veranstaltung nach neuem Format

Tab. C

Matrixanalysen zur vergleichenden Beurteilung der jeweiligen Eignung radiologischer Untersuchungsmodalitäten hinsichtlich Wichtigkeit a und geringeren Überlappungen mit anderen Lehrveranstaltungen b.

a

US

CR

CT

MR

DL

Summe

US

4

3

9

8

24

CR

6

5

9

8

28

CT

7

5

9

7

28

MR

1

1

1

4

7

DL

2

2

3

6

13

b

US

CR

CT

MR

DL

Summe

US

2

3

5

7

17

CR

8

7

8

7

30

CT

7

3

3

4

17

MR

5

2

7

6

20

DL

3

3

6

4

16

Im direkten zellenweisen Vergleich von Modalitäten (US: Sonografie, CR: Radiografie, CT: Computertomografie, MR: Magnetresonanztomografie, DL: Durchleuchtung, Angiografie und Intervention) wurden 10 Punkte nach Fragestellung aufgeteilt, ein Teil zwischen 0 und 10 als relativer Wert der Modalität einer Zeile im Vergleich zur Modalität einer Spalte zugewiesen (fettgedruckte Werte). Der korrespondierende Modalitätenvergleich der symmetrischen Matrix enthält automatisch Werte, welche sich in der Summe zu 10 ergänzen (modalitätenbezogener Tausch von Zeile und Spalte, alle Werte ohne Fettdruck). Abschließend wird durch zeilenweise Summenbildung ein Gesamtpunktwert pro Modalität gebildet (hier mit einem Maximalwert von 40) und als gut (> 25, grüne Markierungen), mittel (20 – 25, gelbe Markierungen), schlecht (< 20, rote Markierungen) interpretiert.


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No conflict of interest has been declared by the author(s).


Correspondence

Prof. Dr. Dr. Stefan Wirth
Institut für Klinische Radiologie, Ludwigs-Maximilians-Universität München
Nußbaumstr. 20
80336 München
Germany   
Phone: ++ 49/89/4 40 05 92 01   
Fax: ++ 49/89/4 40 05 92 02   


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Fig. 1 Course of the seminar "X-ray of the chest in supine position" during the presence time after adaption according to learning theory knowledge. Green components represent activity of the lecturers, whereas this is marked for the students in Apricot.
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Fig. 2 Sample pathology "Congestion", taken from the seminar after conversion. a Clinical indication with corresponding image to be processed of one particular pathology group. One student does the reading, a different one the interpretation. If required, they receive help in each task. Subsequently, two other students give feedback on both tasks. b Dissolution of the case by providing the correct interpretation together with a corresponding CT image, followed by a last feedback by the teacher. c further clinical course. e, f Further examples of the same pathology group presented by the teacher.
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Fig. 3 Proportion of test questions correctly answered by the students before and after conversion of the test seminar. After conversion, the course already starts at the level with which this ended before conversion. In addition, the change resulted in a significant improvement during the event and raised the level of the collective right at the end of the event to the grade of a "two", which is usually given for ranks between 80 and 90 percent (data from a total of 1056 answers to questions, two per student at each time, see also Table 6).
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Abb. 1 Lerntheoretisch verbesserte Ablaufstruktur des Seminars „Röntgen-Thorax im Liegen“ während der Präsenzzeit. Grüne Bestandteile stellen Aktivität der Dozierenden dar, wogegen dies für die Studierenden in Apricot markiert ist.
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Abb. 2 Beispielpathologie „Stauung“ aus dem Seminar nach Umstellung. a Klinische Angabe mit zu bearbeitendem Bild einer Pathologiegruppe. Ein/e Studierende/r führt die Befundung, ein/e weiter/e die Beurteilung durch. Falls benötigt, so erhalten sie hierbei jeweils Hilfestellung. Im Anschluss daran geben zwei weitere Studierende Feedback zu Befund und Beurteilung. b Auflösung des Falles durch Angabe einer Musterbeurteilung und eines zugehörigen CT-Bildes, gefolgt von einem abschließenden Dozentenfeedback. c Weiterer Verlauf. e, f Weitere Beispiele derselben Pathologiegruppe, welche frontal durch Dozierende vorgestellt werden.
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Abb. 3 Anteil der durch die Studierenden richtig beantworteten Prüfungsfragen vor und nach Umstellung des Testseminars. Nach Umstellung startet die Lehrveranstaltung bereits auf dem Niveau, mit dem dies vor Umstellung endete. Zudem bewirkte die Veränderung eine deutliche Verbesserung während der Veranstaltung und hebt das Niveau des Kollektivs direkt am Ende der Veranstaltung auf das Notenniveau einer „zwei“, die üblicherweise bei Rängen zwischen 80 und 90 % vergeben wird (Daten von insgesamt 1056 Antworten zu Prüfungsfragen, je zwei pro Studierende und Zeitpunkt, siehe auch [Tab. 6].