Aktuelle Dermatologie 2017; 43(10): 387-388
DOI: 10.1055/s-0043-119468
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Dermokosmetika gegen Hautalterung – Was gibt es Neues?

Anti-Aging Skin Care Products – What is New?
Christiane Bayerl
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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Chefärztin der Klinik für Dermatologie und Allergologie, Hauttumorzentrum Wiesbaden, Lehrkrankenhaus der Universität Mainz
Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken
Ludwig-Erhard-Straße 100
65199 Wiesbaden

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Publication Date:
04 October 2017 (online)

 
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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl

Gerade in der kosmetischen Dermatologie ist das Abwägen von Vorteilen und das Nicht-Schaden bei der Auswahl der Angebote und Maßnahmen „zum jung und gesund Erhalten der Haut“ von besonderer Bedeutung. Daher finden Sie in diesem Heft Manuskripte zu Neuem mit kritischer Wertung. Die Autoren sind ausgewiesene Spezialisten der ästhetischen Dermatologie und Sie können sich beim Lesen fortbilden zu Fillern und Nebenwirkungsmanagement, Botulinumtoxin, Photodynamischer Therapie, Laserbehandlung und nutritivem Anti-Aging.

Das Bild unserer Haut wird bestimmt durch die genetische Hautalterung und den hormonellen Status (intrinsische Hautalterung). Einflussgrößen von außen (extrinsische Hautalterung) sind Umweltfaktoren wie die UV-Strahlung (= Photo-Aging), Schadstoffbelastung auf der Haut, Rauchen und Lebensstil. Die Haut und das subkutane Fettgewebe sind nicht nur Zielorgan für zahlreiche Hormone, sondern stellen auch ein selbstständiges endokrines Organ dar. Der intrinsische Alterungsprozess geht mit einer verminderten Sekretion von hypophysären, adrenalen und gonadalen Hormonen einher. Die Östrogenkonzentration nimmt bei Frauen nach der Menopause drastisch ab und bleibt ab dem 60. Lebensjahr auf einem niedrigen Niveau. Die hormonell bedingte Hautalterung ist gekennzeichnet durch eine geringere Neubildung von Zellen der Haut und eine Verschlechterung des Fremdstoffmetabolismus, der Thermoregulation, der Wundheilung und einer geringeren mechanischen Belastbarkeit der atrophischen Haut mit weniger Elastizität. Für die Interaktion zwischen Sexualhormonen und Hautalterungsvorgängen spielen sowohl Androgene, vor allem aber die Östrogene eine wesentliche Rolle [1].

Sinkende Östrogenspiegel in der Menopause führen zu einer Dichtereduktion der Kollagenfasern und einer Reduktion der Hyaluronsäure. Eine große amerikanische Studie mit 3800 Frauen zeigte, dass hormonsubstituierte Frauen zu einem Drittel weniger Falten aufweisen als nicht-substituierte Frauen. Die Daten aus der „Women’s Health Initiative“ zur Hormonersatztherapie bei Frauen nach der Menopause zeigten aber auch potenzielle Risiken hinsichtlich Ovarialkarzinomen, Myokardinfarkt, Thrombosen und Apoplex. Daher ist die topische Hormonsubstitution vermehrt ins Zentrum des Interesses gerückt [1].

Die Fertigpräparate und Individualrezepturen fallen nicht unter die Kosmetikverordnung und sind rezeptpflichtig. Für einige Zellsysteme wurde gezeigt, dass Östrogene die Zellteilung fördern. Auch die Androgene sind in den Hautalterungsprozess involviert. Sie aktivieren die Fibroblasten in der Dermis. Aufgrund ihrer negativen Wechselwirkungen an der Haut (Talgdrüsenstimulation und Haarausfall) kommen sie als Therapie an der Gesichtshaut nicht in Frage. Eine topische Applikation von Östrogenen erscheint hinsichtlich der positiven Wirkung auf die Hautalterung vielversprechend. Belegt ist in mehreren Studien mit Gewebebiopsien, dass nach topischem 17β-Estradiol eine Zunahme der Propeptide von Typ-I- und Typ-III-Kollagen auftritt [2]. Umso mehr verblüfften die Ergebnisse einer Studie, die bei postmenopausalen Frauen und „altersgematchten“ Männern (Durchschnittsalter 75 Jahre in beiden Gruppen) 14 Tage nach topischer Applikation einer Östradiol-Zubereitung mittels quantitativer PCR, immunhistochemisch und mit ELISA in Stanzbiopsien Markierungen bzw. Kollagenmessungen durchführte. Es fand sich erhöhte Prokollagen-I- und -III-mRNA und Kollagen-I-Protein in den UV-geschützten Hautpartien der Hüfte nach Anwendung der Östradiol-Creme. Der Effekt war bei Frauen größer als bei Männern. Dagegen fand sich dieser Effekt am Unterarm streckseits und an der Gesichtshaut nicht. In UV-gealterten Hautarealen hat die topische Hormontherapie keine Wirkung [3]. Eine neue Chance für die topische Hormontherapie werden sicherlich die selekiven Östrogen Rezeptor Modulatoren (SERM) darstellen. Für die Osteoporose werden bereits Substanzen eingesetzt, die einen stärker stimulierenden Effekt auf die Kollagensynthese haben als Östrogen.

Im Herbst 2016 ist die neue Leitlinie der GD „Dermokosmetika gegen Hautalterung“, Fassung vom 13. 3. 2017, erschienen (www.gd-online.de). Wirksamkeitsnachweise in placebo-kontrollierten Doppelblindstudien liegen danach vor für Retinol, Retinylpalmitat und Retinaldehyd, weiter für L-Ascorbinsäure, alpha-Liponsäure, Polypeptide, Salicyloyl-Phytosphingosin, niedermolekulare Hyaluronsäure/N-Acetylglukosamin und Niacinamid. Weitere Substanzen sind dort gewürdigt, die zwar mit objektivierbaren Messmethoden, aber nicht placebo-kontrolliert überprüft wurden, wie z. B. Vitamin E, 2-Dimethylaminoethanol, Phytohormone, Bakuchiol, Ubichonon-10 und Resveratrol. Neuere Publikationen zu Mixturen mit 3 und mehr Pflanzeninhaltsstoffen/Radikalfängern in einem Produkt zeigen zwar gute Effekte, schließen aber die Beurteilung der Wirkung von Einzelsubstanzen aus.

Christiane Bayerl, Wiesbaden


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  • Literatur

  • 1 Zouboulis CC, Rabe T, Bayerl C. Sinn und Unsinn der ästhetischen Endokrinologie. Gynäkologische Endokrinoloige 2009; 7: 25-32
  • 2 Bayerl C. Skin aging and evidence-based topical strategies. Hautarzt 2016; 67: 140-147
  • 3 Rittié L, Kang S, Voorhees JJ, Fisher GJ. Induction of collagen by estradiol: difference between sun-protected an photodamaged human skin in vivo. Arch Dermatol 2008; 144: 1129-1140

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65199 Wiesbaden

  • Literatur

  • 1 Zouboulis CC, Rabe T, Bayerl C. Sinn und Unsinn der ästhetischen Endokrinologie. Gynäkologische Endokrinoloige 2009; 7: 25-32
  • 2 Bayerl C. Skin aging and evidence-based topical strategies. Hautarzt 2016; 67: 140-147
  • 3 Rittié L, Kang S, Voorhees JJ, Fisher GJ. Induction of collagen by estradiol: difference between sun-protected an photodamaged human skin in vivo. Arch Dermatol 2008; 144: 1129-1140

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