Einleitung
Während die Photochemotherapie mit Applikation von Pflanzenextrakten und nachfolgender
Sonnenbestrahlung bereits im Altertum in Indien und Ägypten bei der Behandlung der
Vitiligo praktiziert wurde, beginnt die Geschichte der UV-B-Phototherapie im Jahre
1923, als Alderson zur Behandlung der Psoriasis die Bestrahlung mit einer Quarzlampe
empfahl [1 ]. 1925 beschrieb Goeckerman die Kombination aus Teerapplikation mit UV-B-Bestrahlungen
ebenfalls zur Behandlung der Psoriasis [2 ]. Ingram ersetzte dann Teer durch Cignolin, ein wesentlicher Fortschritt bei der
Behandlung der Psoriasis [3 ]. Der nächste entscheidende Schritt gelang 1978 Wiskemann, der Breitband-UV-B-Strahlenquellen
mit deutlich größerer Energieleistung einsetzte [4 ].
Die genaue Definition des Aktionsspektrums zur Therapie der Psoriasis 1981 durch Parrish
und Jaenicke [5 ] führte zur Entwicklung der Schmalspektrum-UV-B-Strahlenquellen (Philips TL01). Van
Weelden beschrieb 1988 als Erster die überlegene Effizienz dieser neuen Bestrahlungsquelle
bei der Behandlung der Psoriasis, ein weiterer Meilenstein [6 ].
Diese Therapieoption hat fast gänzlich die Breitspektrum-UV-B-Therapie ersetzt [7 ]
[8 ]. Die Bestrahlung mit Schmalspektrum UV-B (310 – 313 nm) ist weniger erythematogen
und spezifischer in ihrer Wirkung, sodass eine erhebliche Effizienzsteigerung bei
der Therapie der Psoriasis erreicht werden konnte. Weiterhin ergaben Studien, dass
die Schmalspektrum-UV-B-Therapie ein geringeres Risiko der Photokarzinogenität als
die Breitspektrum-UV-B-Therapie mit sich trägt [9 ].
Kombinationstherapien
Im Laufe der letzten Jahrzehnte wurden mehrere Kombinationstherapien mit UV-B beschrieben,
die bei gleichzeitiger Reduktion einzelner Nebenwirkungen die Effektivität zu steigern
vermochten. Als topische Therapien sind dies Tazaroten, Cignolin, Sole-Bäder und der
heutige Goldstandard, die Kombination aus Vitamin D3-Analoga und Schmalspektrum-UV-B
([Abb. 1 ]). Auch bei der Systemtherapie konnten Kombinationsschemata eine Wirkungsverbesserung
zeigen. Systemisch zeigten die Kombinationen aus Methotrexat, Acitretin, Etanercept,
Adalimumab und Ustekinumab einen schnelleren Wirkeintritt und eine höhere Effektivität
als die jeweilige singuläre Verabreichung einer der beiden Therapieoptionen [10 ]
[11 ]
[12 ]
[13 ]
[14 ]
[15 ]
[16 ]
[17 ]
[18 ]. Für Fumarsäureester gibt es gute klinische Erfahrungen, jedoch keine gut kontrollierten
Studien zur Kombinationstherapie. Bei der Kombination mit den modernen Biologicals
muss eine Warnung vermerkt werden, zumal wir hier noch keine Langzeitdaten und -erfahrungen
haben. Da diese Substanzen mittels verschiedener Angriffspunkte stark in das Immunsystem
eingreifen und UV-B ebenso immunsuppressiv wirkt, sollte hier die Indikation mit Vorsicht
und Bedacht gestellt werden.
Abb. 1 UVB-Kombinationstherapien.
Indikationen
Nach wie vor stellt die Psoriasis die Hauptindikation zur UV-B-Phototherapie dar.
Daneben sind in der Literatur die Anwendung bei atopischer Dermatitis, renalem und
hepatischem Pruritus, Lichtdermatosen, Parapsoriasis und den Frühstadien der Mycosis
fungoides gut belegt ([Tab. 1 ]). Auch für die Prophylaxe der polymorphen Lichtdermatose wird UV-B erfolgreich eingesetzt.
Eine Überlegenheit der Schmalspektrum-Therapie gegenüber dem Breitspektrum-UV-B wurde
neben der Psoriasis auch für das atopische Ekzem, die Prophylaxe der polymorphen Lichtdermatose
und die Behandlung der Vitiligo gezeigt. Weitere mögliche Indikationen sind die lymphomatoide
Papulose, die seborrhoische Dermatitis, die kutane Graft-versus-Host-Erkrankung, die
Pigmentpurpura sowie die solare Urtikaria [18 ]
[19 ]
[20 ]
[21 ]
[22 ]
[23 ]
[24 ]
[25 ]
[26 ]
[27 ].
Tab. 1
Indikationen zur UV-B-Phototherapie.
Indikation
UV-B-Breitband
UV-B 311 nm
Psoriasis
+
++
atopische Dermatitis
+
++
Pruritus, Prurigo
+(+)
+
Parapsoriasis en plaques
+
+
Mycosis fungoides (Patch-Stadium)
+
+
Prophylaxe der polymorphen Lichtdermatose
+
++
Vitiligo
–
++
Pityriasis lichenoides
+
O
lymphomatoide Papulose
+
O
seborrhoische Dermatitis
+
+
HIV-assoziierte pruritische Eruptionen
+
O
+ empfehlenswert, ++ überlegen, – gering wirksam, O keine Erfahrungsberichte
Kontraindikationen
Phototherapie mit UV-B ist bei Patienten mit genetisch bedingter erhöhter Lichtempfindlichkeit
wie bspw. beim Xeroderma pigmentosum, bei den Porphyrien sowie dem Lupus erythematodes
(LE) kontraindiziert. Beim LE lassen sich durch UV-B-Bestrahlungen nicht nur kutane
Läsionen induzieren, sondern es können auch systemische Effekte ausgelöst werden,
die potenziell gefährlich sind.
Bei Photodermatosen, die durch UV-B ausgelöst werden, muss mit besonderer Vorsicht
bei der Bestrahlung vorgegangen werden, um die Dermatose nicht auszulösen. Wenn man
hier mit sehr niedrigen Dosen beginnt, die unterhalb der Provokationsdosen liegen,
lassen sich diese Dermatosen sogar mit UV-B behandeln (sog. Hardening Effekt). Hierzu
braucht es jedoch viel Erfahrung im Umgang mit dieser Therapieoption.
Aufgrund verstärkter Photokarzinogenese sollten Patienten nicht bestrahlt werden,
die Arseneinnahme in der Anamnese aufweisen. Weiterhin stellen Patienten mit extensiven
PUVA-Vorbehandlungen, Radiotherapie und gleichzeitiger Ciclosporin-Therapie eine Kontraindikation
für UV-B-Bestrahlungen dar.
Bei Patienten mit atypischen Naevi und starkem vorbestehenden Lichtschaden mit aktinischen
Keratosen sollte eine Phototherapie mit UV-B nicht durchgeführt werden.
Auch bei Kindern und Jugendlichen sollte nur nach Abwägung aller möglichen Alternativen
und deren Nebenwirkungen eine UV-B-Therapie durchgeführt werden.
Kinder und Jugendliche stellen somit eine relative Kontraindikation dar.
Risiken und Nebenwirkungen der UV-B-Therapie
Risiken und Nebenwirkungen der UV-B-Therapie
Die häufigste akute Nebenwirkung umfasst sonnenbrandähnliche Erytheme nach UV-B-Bestrahlung
als Zeichen der Überdosierung.
Als chronische Schäden bei langjähriger Bestrahlung müssen die aktinische Hautalterung
sowie die Photokarzinogenese mit Entwicklung von aktinischen Keratosen und Plattenepithelkarzinomen
genannt werden. Ein erhöhtes Risiko für Basalzellkarzinome konnte nicht belegt werden.
Neuere Arbeiten konnten auch für die UVB-Schmalspektrum-Anwendung kein erhöhtes Risiko
für Plattenepithelkarzinome neben den Basaliomen aufzeigen [8 ]
[17 ]
[27 ]
[30 ].
Praktische Durchführung
Grundsätzlich empfehlen sich bei einer Phototherapie Kombinationsbehandlungen, um
die Wirksamkeit zu verbessern und die Nebenwirkungen durch mögliche Dosisreduktion
zu verringern.
Neben der Psoriasis sind auch bei anderen Indikationen sinnvolle ergänzende topische
Behandlungen anzustreben. Kontraindikationen sind jedoch zu berücksichtigen (s. o.).
Langzeitstudien zur Kombination von Biologicals und der Phototherapie fehlen bislang.
Daher ist hierfür die Indikation streng zu stellen, auch wenn es zu einer Wirkverbesserung
kommt.
Die erste Bestrahlungsdosis vor Beginn der Phototherapie wird vorzugsweise entsprechend
dem Hauttyp nach einem standardisierten Schema festgelegt ([Tab. 2 ]). Alternativ kann auch die individuelle Erythemempfindlichkeit (minimale Erythemdosis,
MED) ermittelt werden, wobei dies aufgrund des Zeitverlustes oder der erschwerten
Praktikabilität immer seltener durchgeführt wird.
Tab. 2
Empfehlungen für die Anfangsdosis bei UV-B-Phototherapie.
Photohauttyp
UV-B-Breitband [J/cm²]
UV-B-311 nm [J/cm²]
I
0,02
0,2
II
0,03
0,3
III
0,05
0,5
IV
0,06
0,6
Da der Erythemgipfel nach UV-B-Bestrahlung bereits zwischen 12 und 24 Stunden nach
vorausgegangenen Strahlungen auftritt, kann die Dosis prinzipiell bei jeder Behandlungssitzung
gesteigert werden. Die UV-B-Behandlung sollte 3- bis 5-mal wöchentlich durchgeführt
werden. Die Steigerungsrate hängt von der Wirkung der vorausgegangenen Bestrahlung
ab und kann zwischen 10 und 30 % variieren. Grundsätzlich sollte die Erythemgrenze
nicht überschritten werden, da es dann zu schmerzhaften Rötungen kommen kann. Ein
gerade noch erkennbares Erythem ist für die optimale Therapieeinstellung ein guter
Indikator. [Tab. 3 ] zeigt ein in der Praxis bewährtes Behandlungsschema.
Tab. 3
Dosisschema für die UV-B-Phototherapie (UV-B-Breitband und UV-B 311 nm).
Schritt
Vorgehen
Bewertung/Befund
Dosisanpassung
Schritt 1
(Optional)
Bestimmung der MED
Ablesung nach 24 h
Schritt 2
Beginn der Therapie
70 % der MED oder nach Hauttyp
Schritt 3
folgende Behandlung 3- bis 5-mal pro Woche
kein Erythem
Steigerung um 30 %
minimales Erythem
Steigerung um 20 % (15 % nach zwei Behandlungen)
persistierendes asymptomatisches Erythem
keine Steigerung
schmerzhaftes Erythem mit oder ohne Ödem oder Blasenbildung
keine Bestrahlung bis zum Abklingen der Symptome
Schritt 4
Wiederaufnahme der Therapie
nach Abklingen der Symptome
Reduktion der letzten Dosis um 50 %, weiter Steigerungen um 10 %
Bei Wechsel der Strahlenquellen müssen Dosisanpassungen entsprechend der Qualität
der Strahlung durchgeführt werden.
Nach Erreichen der Erscheinungsfreiheit ist eine langfristig angelegte Erhaltungstherapie
nicht notwendig. Lediglich bei der Mycosis fungoides kann eine Erhaltungstherapie
durchgeführt werden.
Sollten während der Phototherapie Rezidive auftreten, kann dies durch Steigerung der
Bestrahlungsfrequenz aufgefangen werden bis zum Erreichen der Erscheinungsfreiheit
[28 ]
[29 ].
Diskussion
Trotz eminenter Fortschritte der Pharmakotherapie von Hautkrankheiten in den letzten
beiden Jahrzehnten, ist die Phototherapie und hier insbesondere auch die UV-B-Phototherapie
nach wie vor eine der tragenden Säulen der dermatologischen Behandlungsstrategien.
Während bspw. die Anwendung von Biologicals von vielen Facharztgruppen praktiziert
wird, haben Dermatologen mit der Phototherapie eine fast exklusive Behandlungsoption.
Keine andere Facharztgruppe ist wie die Dermatologie fähig, eine differenzierte, hochqualitative
Phototherapie auszuüben.
Risiken für die Zukunft bestehen in der eingeschränkten Praktibilität und v. a. in
der ungenügenden Refinanzierung im Bereich der Kassenmedizin. Es besteht hier ein
ökonomisches Paradoxon: Während für das öffentliche Gesundheitssystem die Verschreibung
von Biologicals eine signifikante Belastung darstellt und die Durchführung von Phototherapien
sehr wirtschaftlich ist, verhält es sich für den einzelnen Kassenarzt genau umgekehrt:
Die teuren Anschaffungen und der Betrieb der Phototherapiegeräte lassen sich mit den
üblichen Kassensätzen für die Durchführung von Phototherapien kaum refinanzieren und
sind somit für den einzelnen Kassenarzt möglicherweise unwirtschaftlich.
Eine diesbezügliche Korrektur wäre sehr wünschenswert, erscheint aber schwierig.
Es bleibt daher zu hoffen, dass auch in Zukunft aufgrund der jahrzehntelangen Erfahrung
und hohen Effektivität die UV-B-Therapie mit allen Kombinationsmöglichkeiten bei der
Behandlung unserer Patienten entsprechend den aktuellen Leitlinien ihre hervorragende
Rolle beibehalten wird [30 ].