Schlüsselwörter Mammakarzinom - Behandlung - Lokalrezidiv - Metastasen - Studien
Einleitung
In den letzten Jahren konnten eine Reihe zielgerichteter Medikamente bis zur Zulassung
gebracht werden. Weitere Medikamente befinden sich in fortgeschrittenen Phasen der
Arzneimittelentwicklung. Es handelt sich hierbei um Inhibitoren des PI3K/Akt-Kinase-Signalwegs,
wie die mTOR-(mammalian target of rapamycin-)Inhibitoren oder PI3K-(Phosphatidylinositol-3-kinase-)Inhibitoren,
Inhibitoren des PARP-(Poly[ADP-Ribose-]Polymerase-)Enzyms, Immunmodulatoren, wie Antikörper
gegen PD-1 (programmed cell death protein-1) oder PD-L1 (programmed cell death protein-1-ligand),
und nicht zuletzt die CDK-(cyclin-dependent kinase-)4/6-Inhibitoren, die beim hormonrezeptorpositiven
Karzinom den Zellzyklus hemmen. Diese Medikamente sind die Konsequenz des wachsenden
Verständnisses sowohl der zellulären Funktionen und der Genetik von Krebszellen als
auch der vererbbaren Genetik der Patientinnen. In diesem Artikel werden die Neuigkeiten
des Jahres 2017 der beiden großen internationalen Kongresse ASCO und ESMO mit dem
Fokus auf die Neuigkeiten der medikamentösen Therapie von Patientinnen mit einem Mammakarzinom
zusammengefasst.
Neoadjuvanz
Die Therapie der Patientinnen mit einem primären Mammakarzinom vor der Operation,
also eine neoadjuvante Therapie, ist nach wie vor von großer Bedeutung für die Routinebehandlung
wie auch für die Entwicklung neuer medikamentöser Therapien und die Modifikation bestehender
Therapiekonzepte. Während für einige molekulare Subtypen (triple-negativ, HER2-positiv)
der Zusammenhang zwischen einer pathologischen Komplettremission (pCR) und einer exzellenten
Prognose hergestellt werden konnte, ist dies für hormonrezeptorpositive, HER2-negative
Mammakarzinome nicht eindeutig nachgewiesen [1 ], [2 ]. Es existieren Hinweise, dass der Zusammenhang zwischen pCR und Prognose in manchen
molekularen Gruppen, wie zum Beispiel bei BRCA-(breast cancer gene-)mutierten Patientinnen,
nicht so ausgeprägt ist wie bei Nichtvorhandensein dieser molekularen Veränderung
[3 ]. Somit ist insbesondere von Interesse, wie ausgeprägt bei den aktuellen Studien
der Zusammenhang zwischen pCR und Prognose ist.
In diesem Zusammenhang konnten dieses Jahr aktualisierte Überlebensdaten der NeoALTTO-Studie
vorgestellt werden [4 ]. Mit einem medianen Follow-up von nunmehr 6,7 Jahren konnte bestätigt werden, dass
die pCR unabhängig von der Therapie beim HER2-positiven Mammakarzinom einen exzellenten
Prädiktor des rückfallfreien Überlebens und des Gesamtüberlebens darstellt. Die Studie,
die eine neoadjuvante Therapie mit Paclitaxel plus entweder Lapatinib, Lapatinib +
Trastuzumab oder Trastuzumab verglichen hatte, konnte trotz des Unterschiedes in der
pCR [5 ] keinen Unterschied für die Überlebensvariablen aufzeigen [4 ]. Die finalen Überlebensdaten der ähnlichen GeparQuinto-Studie [6 ] stehen zur Veröffentlichung noch aus.
Der Effekt einer Therapie auf die pCR und der daraus resultierenden Prognose konnte
jedoch in der GeparSixto-Studie [7 ] gezeigt werden, die bei triple-negativen und HER2-positiven primären Mammakarzinompatientinnen
die Hinzunahme von Carboplatin zu einer anthrazyklin- und taxanhaltigen Chemotherapie
geprüft hatte. Bei Patientinnen mit einem triple-negativen Mammakarzinom konnte die
Hinzunahme von Carboplatin die Prognose deutlich verbessern (HR = 0,56 [95%-KI 0,34 – 0,93];
p = 0,024), während bei HER2-positiven Mammakarzinomen kein signifikanter Einfluss
gezeigt werden konnte [8 ]. Somit sollte die platinhaltige Therapie in der Neoadjuvanz bei Patientinnen mit
einem triple-negativen Mammakarzinom zunehmend klinischer Standard werden.
Die platinhaltige Chemotherapie (wöchentlich Paclitaxel, liposomales Doxorubicin und
Carboplatin) als starker Vergleichsarm wurde in der GeparOcto-Studie gegen eine dosisdichte
Chemotherapie mit Epirubicin, Paclitaxel und Cyclophosphamid (ETC-Schema) bei triple-negativen,
HER2-positiven und High-risk hormonrezeptorpositiven/HER2-negativen Patientinnen verglichen.
HER2-positive Patientinnen erhielten zusätzlich die duale Therapie mit Trastuzumab
und Pertuzumab. Hier konnte kein Unterschied in der pCR-Rate nachgewiesen werden [9 ]. Überlebensdaten stehen zurzeit noch aus.
Eine neoadjuvante Studie, die den Anti-PD-1-Antikörper Pembrolizumab enthielt, wird
weiter unten im Abschnitt „Immunonkologie“ beschrieben.
Die Weiterentwicklung von Therapien setzt oft die Testung von molekularen Markern
voraus. Während die Testung für Hormonrezeptorstatus und HER2-Status oft nur wenige
Tage dauert, kann eine Testung für andere Marker, wie BRCA1/2-Mutationen oder eine
unter dem Begriff „homologous repair deficiency (HRD)“ zusammengefasste Eigenschaft,
einige Wochen dauern. Hier stellt sich die Frage, ob das Warten auf eine genaue molekulare
Charakterisierung die Prognose der Mammakarzinompatientin verschlechtern könnte. In
einer Analyse von mehr als 8000 Mammakarzinompatientinnen konnte weder für die Dauer
des Intervalls von Diagnose bis Beginn einer neoadjuvanten Chemotherapie noch von
Ende der Chemotherapie bis zur OP bei einem Cut-off von jeweils 4 Wochen ein Einfluss
auf das rückfallfreie Überleben oder das Gesamtüberleben gezeigt werden [10 ]. Somit scheint der Ausweitung einer molekularen Testung, auch wenn diese länger
als die Bestimmung der Hormonrezeptoren und des HER2-Status dauert, nichts entgegenzustehen.
Eine Studie, die ein solches Therapiekonzept verfolgt, ist die GeparOLA-Studie, welche
zurzeit noch rekrutiert und Patientinnen mit einer BRCA1/2-Mutation in Keimbahn oder
Tumor oder dem Nachweis einer HRD für eine Chemotherapie mit oder ohne den PARP-Inhibitor
Olaparib randomisiert [11 ].
Adjuvante Therapie
Mit Spannung wurden die Daten der Aphinity-Studie erwartet, die eine der großen aktuellen
adjuvanten Therapiestudien mit Antikörpern darstellt [12 ], [13 ]. Unter deutscher Leitung wurde der Effekt von Pertuzumab zusätzlich zu einer Therapie
mit Trastuzumab untersucht, nachdem Pertuzumab in der metastasierten und neoadjuvanten
Situation deutliche Hinweise auf eine bessere Effektivität in Kombination mit Trastuzumab
und einer Chemotherapie gezeigt hatte. In der metastasierten Situation konnte durch
die Hinzunahme von Pertuzumab sowohl das progressionsfreie Überleben (18,5 vs. 12,4
Monate) als auch das Gesamtüberleben (56,5 vs. 40,8 Monate) signifikant verbessert
werden [14 ], [15 ]. In der neoadjuvanten Situation zeigte die NeoSphere-Studie eine Zunahme der pCR-Rate
(ypT0/ypN0) von 23 auf 42% [16 ]. Basierend auf diesen Daten wurde die APHINITY-Studie mit mehr als 4800 Patientinnen
durchgeführt. Die Randomisation erfolgte 1 : 1 zwischen einer Standard-Chemotherapie
mit Trastuzumab vs. der dualen Antikörpertherapie mit der Hinzunahme von Pertuzumab.
Das invasive rückfallfreie Überleben war der primäre Endpunkt. Bei insgesamt exzellenter
Prognose des Vergleichsarmes konnte ein kleiner, aber signifikanter Vorteil für die
Hinzunahme von Pertuzumab gezeigt werden. Bei einem medianen Follow-up von 45 Monaten
zeigten sich im Trastuzumab-Arm 210 Ereignisse (invasives 4-Jahres-DFS: 90,6%) und
im Pertuzumab-Trastuzumab-Arm 171 Ereignisse (invasives 4-Jahres-DFS: 92,3%). Dies
resultierte in einer Hazard Ratio von 0,81 (95%-KI: 0,66 – 1,00; p = 0,045) [12 ], [13 ]. Die klinische Bedeutung dieser Daten wie auch der Einsatz für das Gesamtkollektiv
der Studie oder nach speziellen Subgruppen (z. B. nodal positiv, hormonrezeptornegativ)
müssen zukünftig nach Zulassungsstatus diskutiert werden.
Auch weitere Anti-HER2-Substanzen werden in der adjuvanten Situation getestet. Die
ExteNET-Studie wurde bereits mit einem Follow-up von 2 Jahren publiziert [17 ] und zeigte eine Verbesserung des invasiven rückfallfreien Überlebens, wenn Patientinnen
mit einem HER2-positiven Mammakarzinom nach einer einjährigen Therapie mit Trastuzumab
zusätzlich ein Jahr das Small Molecule Neratinib erhielten. Auf dem diesjährigen ESMO-Kongress
2017 wurden nun die 5-Jahres-Überlebens-Daten veröffentlicht [18 ]. Mit einer Hazard Ratio von 0,78 (95%-KI: 0,57 – 0,92; p = 0,008) waren die Ergebnisse
denen der initialen Publikation ähnlich (HR = 0,67). Aktuell muss hier die weitere
Zulassung abgewartet werden. Folgend müssen Strategien entwickelt werden, welchen
Patientinnen mit welchen Charakteristika die erweiterte zielgerichtete Therapie angeboten
wird. In der Subgruppenanalyse zeigte sich der Benefit insbesondere bei hormonrezeptorpositiven
Patientinnen.
Neue Behandlungsoptionen in der metastasierten Situation
Neue Behandlungsoptionen in der metastasierten Situation
CDK4/6-Inhibitoren
Bei der Behandlung der Patientin mit einem hormonrezeptorpositiven, HER2-negativen
metastasierten Mammakarzinom sind in den letzten beiden Jahren eine Fülle an Daten
zu den CDK4/6-Inhibitoren veröffentlicht worden [19 ], [20 ], [21 ], [22 ]. Während bislang Daten zu den CDK4/6-Inhibitoren Palbociclib und Ribociclib verfügbar
waren, die in Deutschland beide zugelassen sind, konnten auf den Kongressen ASCO 2017
und ESMO 2017 nun Daten zum CDK4/6-Inhibitor Abemaciclib vorgestellt werden [23 ], [24 ], [25 ], [26 ]. Während die MONARCH-2-Studie Patientinnen, die unter einer (neo-)adjuvanten endokrinen
Therapie oder innerhalb von 12 Monaten einen Rückfall hatten, eingeschlossen hatte,
konzentrierte sich die MONARCH-3-Studie auf Patientinnen, welche noch keine systemische
Therapie für die fortgeschrittene bzw. metastasierte Situation erhalten hatten.
In der MONARCH-2-Studie wurden Patientinnen zu einer Therapie mit Fulvestrant vs.
einer Therapie mit Fulvestrant + Abemaciclib randomisiert. Das progressionsfreie Überleben
(PFS) konnte von 9,3 Monate mit der Monotherapie auf 16,4 Monate bei der Kombinationstherapie
verlängert werden (HR = 0,553; 95%-KI: 0,449 – 0,681; p < 0,001). In Subgruppenanalysen
zeigte sich keine spezielle Gruppe, die besonders gut oder schlecht von einer Therapie
mit Abemaciclib profitierte. Die häufigste Nebenwirkung unter Abemaciclib war die
Neutropenie bei 23,6% der Patientinnen (Grad 3 und 4) verglichen mit 1,3% unter der
Fulvestrant-Monotherapie. Durchfall war mit 13,4% (Grad 3 und 4) der Patientinnen
unter Fulvestrant + Abemaciclib die zweithäufigste Nebenwirkung verglichen mit 0,4%
bei einer Fulvestrant-Monotherapie [24 ].
Die MONARCH-3-Studie randomisierte die Patientinnen zu einer Therapie mit einem nicht
steroidalen AI (nsAI; Anastrozol oder Letrozol) und einer Therapie mit nsAI + Abemaciclib.
Die Hinzunahme von Abemaciclib verlängerte das PFS signifikant (HR = 0,54; 95%-KI:
0,41 – 0,72; p = 0,00021). Während das mediane PFS unter Fulvestrant 14,7 Monate betrug,
wurde es unter der Therapie mit nsAI + Abemaciclib noch nicht erreicht [24 ]. Auch in dieser Studie konnten Subgruppenanalysen keine Gruppe von Patientinnen
identifizieren, die besonders gut von einer Therapie profitierten. Das Nebenwirkungsprofil
war ähnlich der MONARCH-2-Studie (9,5% Grad 3und 4 Diarrhö, 21,1% Grad 3 und 4 Neutropenie)
[24 ].
Auch wenn in vielen Studien der Nutzen von CDK4/6-Inhibitoren in Bezug auf das PFS
signifikant nachgewiesen wurde [20 ], [21 ], [22 ], [23 ], [24 ], stehen Daten in Bezug auf das Gesamtüberleben (OS) derzeit aus. Für die PALOMA-1-Studie
und die MONALEESA-2-Studie wurden, wenn auch noch nicht voll publiziert, Gesamtüberlebensdaten
berichtet ([Abb. 1 ] und [2 ]). Die PALOMA-1-Studie, welche lediglich 165 Patientinnen randomisierte und zur vorläufigen
Zulassung in den USA geführt hatte, konnte auf dem ASCO 2017 ein medianes OS von 34,5
Monaten unter Letrozol und 37,5 Monaten unter Letrozol und Palbociclib berichten [27 ]. Die resultierende Hazard Ratio war 0,897 (95%-KI: 0,623 – 1,294; p = 0,281) [27 ]. In der MONALEESA-2-Studie erfolgte eine Analyse, bei der die medianen OS-Zeiten
noch nicht erreicht wurden. Mit einer HR von 0,746 (95%-KI: 0,517 – 1,076; p = 0,059)
wurde eine statistische Signifikanz aktuell noch knapp verfehlt [28 ]. Somit stehen Daten, die einen Gesamtüberlebensvorteil zeigen, nach wie vor aus.
Es muss allerdings angemerkt werden, dass alle Studien deutlich Underpowered sind,
wenn man von einem medianen OS von ca. 50 Monaten ausgeht, wie sie in manchen aktuellen
Studien bei hormonrezeptorpositiven, metastasierten Brustkrebspatientinnen durchaus
erreicht werden [29 ], [30 ].
Abb. 1 Gesamtüberleben in der PALOMA-1-Studie, modifiziert nach [27 ].
Abb. 2 Gesamtüberleben in der MONALEESA-2-Studie, modifiziert nach [28 ].
Die Therapien mit CDK4/6-Inhibitoren haben die Diskussion über patientenrelevante
Endpunkte erneut angeregt. Die hierbei am intensivsten diskutierte Frage ist: Ist
das Gesamtüberleben das einzig relevante Studienziel oder reicht ein deutlicher Vorteil
in Bezug auf das progressionsfreie Überleben aus? Finn et al. präsentierten in ihrer
erneuten Vorstellung der PALOMA-1-Studie eine Analyse der Zeit bis zur ersten Chemotherapie
ab Randomisation. Hier konnte gezeigt werden, dass die Zeit bis zur Chemotherapie
von im Median 17,7 Monaten unter Letrozol auf 26,7 Monate unter Letrozol + Palbociclib
deutlich verlängert werden konnte (HR = 0,662 [95%-KI: 0,445 – 0,989, [Abb. 3 ]). Auf Basis der vorliegenden Daten und der klinisch deutlich relevanten Verlängerung
des PFS sind die CDK4/6-Inhibitoren zum Standard beim hormonrezeptorpositiven metastasierten
Mammakarzinom geworden, welches in den Leitlinien und Empfehlungen widergespiegelt
wird.
Abb. 3 Zeit bis zur Nutzung von Chemotherapie in der PALOMA-1-Studie, modifiziert nach [27 ].
Homologous Repair Deficiency – orientierte Therapien und andere hereditäre Panel-Gene
BRCA1 und BRCA2 sind Gene der DNA-Reparatur. Sie sind an der Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen
(homologous repair) beteiligt. PARP-(poly[adenosine diphosphate-ribose-])Enzyme sind
wesentlich für die Reparatur von DNA-Einzelstrangbrüchen [31 ]. Präklinisch sind Krebszellen, welche eine BRCA1/2-Mutation haben, sensitiv gegenüber
PARP-Inhibitoren. Die Hypothese ist, dass bei einer vorliegenden BRCA1/2-Mutation
durch eine zusätzliche Inhibition eines weiteren DNA-Reparaturmechanismus eine sogenannte
synthetische Letalität entsteht. PARP-Inhibitoren, die entweder in der klinischen
Entwicklung oder zugelassen sind, sind z. B. Talazoparib (BMN673 oder MDV3800), Olaparib
(AZD2281 oder KU-0059436), Niraparib (MK4827), Veliparib (ABT888) oder Rucaparib (AG-014699
oder PF-01367338). In den USA und Europa ist Olaparib bereits für die Behandlung von
speziellen Ovarialkarzinompatientinnen (BRCA1/2 mutiert und platinsensibler Rückfall) zugelassen. Der PARP-Inhibitor Niraparib ist
in den USA unabhängig von einer BRCA-Mutation für Patientinnen mit einem auf ein Platin
ansprechendes Ovarialkarzinomrezidiv zugelassen. Ein positives Votum der Europäischen
Zulassungsbehörde liegt vor.
Auf dem ASCO 2017-Kongress wurde nun die Zulassungsstudie für das metastasierte Mammakarzinom
vorgestellt, die OlympiaD-Studie [32 ], [33 ]. In dieser Studie wurden 302 Patientinnen randomisiert, die eine Keimbahnmutation
in BRCA1 oder BRCA2 hatten. Des Weiteren durften die Patientinnen nicht mehr als 2 vorherige Chemotherapien
erhalten haben. Hormonrezeptorpositive Patientinnen mussten mindestens eine Linie
einer endokrinen Therapie erhalten haben [32 ]. Verglichen wurde eine Monotherapie mit Olaparib (2 : 1-Randomisation) mit einer
Chemotherapie nach Wahl des Arztes (entweder Capecitabin, Eribulin oder Vinorelbin).
In dieser Patientinnenpopulation mit einer per se schlechten Prognose konnte die progressionsfreie
Zeit von im Median 4,2 Monaten unter Chemotherapie auf 7,0 Monate unter Olaparib-Monotherapie
verbessert werden (HR = 0,58; 95%-KI: 0,43 – 0,80; p = 0,0009) [32 ], [33 ]. Im Gesamtüberleben zeigte sich bislang kein statistisch signifikanter Unterschied
zwischen den Randomisationsarmen (HR = 0,90; 95%-KI: 0,63 – 1,29; p = 0,57) [32 ]. Klinisch relevante Unterschiede bei Subgruppenanalysen konnten nicht nachgewiesen
werden [32 ], [33 ], [34 ]. Anämien und Neutropenien waren mit 16,4% (Grad 3 und 4) bzw. 9,3% (Grad 3 und 4)
die häufigsten Nebenwirkungen, die unter Chemotherapie jedoch häufiger auftraten (26,4
und 49,5%) [32 ]. Auf Basis des klinisch relevanten Vorteils der Monotherapie mit dem PARP-Inhibitor
im Vergleich zu einer Chemotherapie wird die Zulassung mit Spannung erwartet und bietet
für dieses spezielle Kollektiv mit einer BRCA-Mutation eine vielversprechende weitere
Therapieoption.
Eine weitere Studie mit dem PARP-Inhibitor Talazoparib bei BRCA1/2-mutierten Patientinnen,
die vorgestellt wurde, ist die ABRAZO-Studie, an der auch deutsche Zentren teilgenommen
haben [35 ]. Sie ist eine einarmige Studie mit 2 Kohorten. Eine Kohorte rekrutierte Patientinnen,
die in der metastasierten Situation ein Ansprechen auf eine platinhaltige Chemotherapie
zeigten, und eine weitere Kohorte Patientinnen, die 3 oder mehr Chemotherapien in
der metastasierten Situation und noch kein Platin erhalten hatten. In Kohorte 1 zeigte
sich ein medianes PFS von 4 Monaten (95%-KI: 2,8 – 5,4 Monate) und in Kohorte 2 ein
PFS von 5,6 Monaten (95%-KI: 5,5 – 7,8 Monate) [35 ]. Auch bei diesem PARP-Inhibitor waren die häufigsten Nebenwirkungen Anämie bei 16%
der Patientinnen (Grad 3 und 4) und Neutropenie (6% Grad 3 und 4). Des Weiteren wurde
bei 10% der Patientinnen eine Grad-3/4-Thrombozytopenie berichtet [35 ].
Der Stellenwert der PARP-Inhibitoren im Vergleich zu Platintherapien wurde in der
Brightness-Studie untersucht, die auf dem ESMO 2017 erneut vorgestellt wurde [36 ]. In dieser neoadjuvanten Studie wurden 634 triple-negative Mammakarzinompatientinnen
(BRCA-Mutation nicht gefordert) eingeschlossen, und 3 Therapiearme verglichen: Paclitaxel
gefolgt von Doxorubicin + Cyclophosphamid vs. Paclitaxel und Carboplatin gefolgt von
Doxorubicin + Cyclophosphamid vs. Paclitaxel + Carboplatin + Veliparib gefolgt von
Doxorubicin + Cyclophosphamid. Die pCR-Raten für die 3 Regime waren: 31,0 vs. 57,5
vs. 53,2% [36 ], wobei der Unterschied zwischen den beiden Carboplatin enthaltenden Therapien nicht
statistisch signifikant war, somit die Hinzunahme von Veliparib keine Verbesserung
der pCR-Rate zeigte und aktuell nicht empfohlen werden kann (p = 0,357).
Die Patientinnenselektion auf der Basis der molekularen Veränderungen ebenso wie die
Art der Vortherapien mit Platin scheinen eine wichtige Rolle bei der Behandlung mit
PARP-Inhibitoren zu spielen. Die Weiterentwicklung des Verständnisses, welche Patientinnen
für eine solche Therapie infrage kommen, ist von entscheidender Bedeutung für die
erfolgreiche Etablierung dieser Therapie in der klinischen Praxis. Welche Rolle z. B.
weitere Gene spielen, die im Rahmen der heutigen Panel-Testung bereits getestet werden,
ist unklar. So ist für z. B. ATM, CHEK2, PALB2, BARD1 und RAD51D bekannt, dass sie, ähnlich wie BRCA1 und BRCA2 , bei der Reparatur von DNA-Doppelstrangbrüchen eine Rolle spielen. Auch kommen sie
bei Mammakarzinomen in einer Häufigkeit vor, dass eine Einordnung in einen therapeutischen
Zusammenhang durchaus sinnvoll erscheint [37 ], [38 ]. Die Bedeutung weiterer Prädispositionsgene mit niedriger Penetranz ist bisher in
die Therapieplanung noch nicht eingeflossen. Eine aktuelle Publikation, welche mehr
als 122 000 Mammakarzinomfälle und mehr als 105 000 Kontrollen in eine genetische
Untersuchung einschloss, konnte nachweisen, dass alle mittlerweile entdeckten Niedrigpenetranz-Varianten
ca. 18% des familiären Risikos ausmachen [39 ]. Einige dieser Varianten sind besonders häufig bei Patientinnen mit einem triple-negativen
Mammakarzinom [40 ], [41 ], [42 ], [43 ].
Immunonkologie
Eine Studie, die den Checkpoint-Inhibitor Pembrolizumab in 2 Kohorten in der neoadjuvanten
Situation untersuchte, ist die KEYNOTE-173-Studie, welche auf dem ASCO 2017 vorgestellt
wurde. Mit jeweils 10 Patientinnen pro Behandlungskohorte (keine Randomisation) konnten
erste Einblicke in die pCR-Raten bei einer Therapie mit Chemotherapie in Kombination
mit dem Anti-PD-1-Antikörper Pembrolizumab gezeigt werden [44 ]. Bei einer Therapie mit nab-Paclitaxel gefolgt von Doxorubicin und Cyclophosphamid
in Kombination mit Pembrolizumab zeigten 50% der Patientinnen ein komplettes Verschwinden
aller Tumorzellen. Bei einer Chemotherapie, die zusätzlich noch Carboplatin (in Kombination
mit dem nab-Paclitaxel) integrierte, lag die pCR-Rate bei 80% [44 ].
In der metastasierten Situation wurde in der KEYNOTE-086-Studie eine Patientenpopulation
mit einem triple-negativen Mammakarzinom eingeschlossen, welche noch keine vorherige
Therapie in der metastasierten Situation hatte und bei welcher PD-L1 am Tumor positiv
getestet wurde. Zum Zeitpunkt der Posterpräsentation waren 52 Patientinnen für eine
Analyse verfügbar. Mit einer medianen Nachbeobachtung von 7 Monaten waren noch 15
Patientinnen (29%) unter einer Monotherapie mit Pembrolizumab [45 ].
Auch wenn in diesen beiden Studien keine klinisch persistierenden Nebenwirkungen beobachtet
wurden, ist es wichtig, die Behandlung der neuartigen Nebenwirkungen im klinischen
Alltag zu etablieren. Insbesondere neuroendokrine Nebenwirkungen fordern eine verbesserte
Fortbildung des medizinischen Personals, um den Einsatz in der klinischen Praxis sicher
zu gestalten.
Biosimilars
Im Rahmen des Ablaufs des Patents von Trastuzumab wurden auf den diesjährigen Kongressen
eine Reihe von Biosimilar-Studien mit Anti-HER2-Antikörpern vorgestellt [46 ] – [52 ]. 2018 wird mit der Einführung von 4 verschiedenen Antikörpern in Deutschland gerechnet.
Am häufigsten wurde die Neoadjuvanz als Szenario für die Testung auf Biosimilarität
gewählt. Die vorgestellten Studien sind in [Tab. 1 ] zusammengefasst. Alle Studien wurden im Sinne einer Äquivalenz der Trastuzumab-Biosimilars
in Bezug auf das Erreichen einer pCR gewertet. Ebenso berichtete keine Studie von
einem abweichenden Nebenwirkungsprofil oder anderen häufigeren Nebenwirkungen als
unter Trastuzumab [46 ], [47 ], [48 ], [49 ], [50 ], [51 ], [52 ].
Tab. 1 Antikörper, die als Biosimilars für Trastuzumab getestet wurden.
Name
Hersteller
N
pCR mit Trastuzumab
pCR mit Biosimilar
RR oder OR
Interpretation
Referenz
ABP980
Amgen
827
41,8%
47,8%
1,14 (90%-KI: 0,993 – 1,312)
Äquivalenz
[52 ]
CT-P6
Celltrion
549
50,4%
46,8%
0,9282 (95%-KI: 0,775 – 1,111)
Äquivalenz
[46 ], [51 ]
SB3
Samsung/Merck-MSD
800
42,0%
51,7%
1,259 (90%-KI: 1,112 – 1,426)
Äquivalenz
[47 ], [50 ]
PF-05280014
Pfizer
226
50,0%
47%
nicht berichtet
Äquivalenz
[49 ]
Für PF-05280014 wurde auch eine Studie in der Erstlinientherapie des metastasierten
Mammakarzinoms mit 707 Patientinnen vorgestellt. Hier zeigte sich ein progressionsfreies
1-Jahres-Überleben für Trastuzumab von 52% und für PF-05280014 von 56%. Ebenso wurde
ein ähnliches Nebenwirkungsprofil berichtet [48 ].
Patientenmanagement
Im Rahmen von endokrinen Therapien war die Compliance und das Nebenwirkungsmanagement
sowohl in der adjuvanten als auch in der metastasierten Situation schon lange im Fokus
der behandelnden Ärztinnen und Ärzte [53 ], [54 ], [55 ]. Im Rahmen der neuen endokrinen Kombinationstherapien rücken diese Themen erneut
in den Blickpunkt des Interesses. Im digitalen Zeitalter werden neue Möglichkeiten,
die Patientinnen in die Krankenversorgung einzubeziehen, erforscht. So konnte in einer
prospektiv randomisierten Studie, die Patientinnen und Patienten unter Chemotherapie
mit einem fortgeschrittenen Mammakarzinom, urogenitalen oder gynäkologischen Karzinom
oder Lungenkarzinom eingeschleust hatte (n = 766), nachgewiesen werden, dass die Nutzung
von internetbasierten Fragebögen das Gesamtüberleben verbessert [56 ]. Die Patientinnen und Patienten, die in den Interventionsarm randomisiert wurden,
wurden gebeten, vor und zwischen Krankenhausbesuchen 12 verschiedene Symptomkategorien
internetbasiert zu berichten. Im anderen Randomisationsarm erfolgte die Erfassung
von Nebenwirkungen lediglich entsprechend der klinischen Routine. Die Autoren berichten
von einem signifikant besseren Gesamtüberleben mit einer HR von 0,832 (95%-KI: 0,696 – 0,995).
Ein weiterer Effekt war eine seltenere Inanspruchnahme von Notaufnahmen [56 ].
Durch welche Mechanismen ein besseres Überleben in dieser Studie erreicht werden konnte,
ist noch unklar. Es ist jedoch bekannt, dass Nebenwirkungen einen Einfluss auf die
Compliance von Therapien haben können. Dieses kann wiederum in eine schlechtere Prognose
resultieren. In dem Zusammenhang wurde insbesondere für endokrine Therapien beschrieben,
dass unbehandelte Nebenwirkungen zu einer schlechteren Compliance führen können [54 ], [57 ], [58 ].
In Deutschland existieren einige Studienkonzepte, die im Sinne von elektronischer
Medizin (eHealth) moderne, internetbasierte Systeme in Kooperation mit den Patientinnen
testen. Die PreCycle-Studie randomisiert hierbei Patientinnen, die Palbociclib erhalten,
in 2 Gruppen: eine, die ein webbasiertes Interaktions-Tool (CANKADO) benutzt, und
eine, die nur mit Standardmethoden betreut wird [59 ]. In der PRAEGNANT-Studie und der Seraphina-Studie werden ebenfalls der Effekt von
papierbasierten und webbasierten Patient reported Outcomes (PRO) bei Patientinnen
mit einem metastasierten Mammakarzinom untersucht [60 ], [61 ], [62 ], [63 ], [64 ].
Schlussfolgerung
Mit CDK4/6-Inhibitoren, PARP-Inhibitoren und den Immuntherapien sind neue Substanzklassen
entweder bereits zugelassen oder befinden sich in der fortgeschrittenen klinischen
Entwicklung. Wie für alle Substanzen, die am Anfang ihres Routineeinsatzes im klinischen
Alltag stehen, stellt sich für alle die Frage, in wie weit Patientinnen identifiziert
werden können, die besonders von den Therapien profitieren, und welche besonders vor
Nebenwirkungen geschützt werden müssen. In den nächsten Jahren werden hoffentlich
für die eine oder andere Substanz klinische oder molekulare Prädiktoren etabliert,
welche bei diesen Abwägungen helfen.