Pneumologie 2018; 72(01): 8-9
DOI: 10.1055/s-0043-123016
Pneumo-Fokus
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Zystische Fibrose: Tezacaftor-Ivacaftor wirksam bei Patienten mit CFTR-Restfunktion?

Rowe SM. et al.
Tezacaftor-Ivacaftor in Residual-Function Heterozygotes with Cystic Fibrosis.

N Engl J Med 2017;
DOI: 10.1056/NEJMoa1709847.
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Publication History

Publication Date:
16 January 2018 (online)

 

Der CFTR-Potentiator Ivacaftor kann bei Patienten mit Zystischer Fibrose (ZF) und bestimmter Mutation die Lungenfunktion verbessern. Ob eine Kombination mit dem Korrektor Tezacaftor bei Patienten mit heterozygoter Genvariante und CFTR-Restfunktion wirksam und sicher ist, haben Rowe und sein Team in einer klinischen Phase-III-Studie getestet.


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Die Zystische Fibrose (ZF) ist eine autosomal rezessiv vererbbare Erkrankung, der eine Mutation des CFTR-Gens (Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator) zugrunde liegt. Dieses Gen kodiert für ein Membranprotein, das als Chloridionenkanal fungiert. Betroffene leiden unter fortschreitender Verschlechterung der Lungenfunktion durch zähe Konsistenz des bronchialen Sekretes, Pankreasinsuffizienz und hohe Natriumchloridkonzentration des Schweißes. Etwa 5 % aller heute bekannten Mutationstypen zeigen eine Restfunktion des CFTR-Ionentransporters, darunter die heterozygote Variante der sogenannten Phe508del Deletion. In einer randomisierten kontrollierten und doppelblinden Phase-III-Studie im Crossover-Design haben Rowe und Kolleginnen/Kollegen nun untersucht, ob eine Kombinationstherapie mit dem Potentiator Ivacaftor und dem Korrektor Tezacaftor bei diesem Mutationstyp wirksam und sicher ist. Wirkstoffe aus der Gruppe der Potentiatoren erhöhen dabei die Öffnungswahrscheinlichkeit des CFTR-Ionenkanals, während Korrektoren Verarbeitung und Transport der CFTR-Proteine im Zellstoffwechsel verbessern sollen. Die Studie wurde durch ein Pharmaunternehmen gefördert.

Methoden

Die Datenerhebung erfolgte zwischen 2015 und 2017 an 86 Zentren in Europa, Australien, Israel und Nordamerika. Zu den Einschlusskriterien gehörten ein Lebensalter ab 12 Jahren sowie die gesicherte ZF-Diagnose mit heterozygoter Variante der Phe508del CFTR-Mutation. Weitere Voraussetzungen waren eine FEV 1 zwischen 40 und 90 % sowie eine Natriumchloridkonzentration im Schweiß von mindestens 60 mmol/L. Patientinnen und Patienten mit akuten Atemwegsinfekten, Exazerbationen, auffälligen Laborbefunden, nach Lungentransplantation oder nach Teilnahme an anderen Arzneimittelstudien wurden bei der Rekrutierung ausgeschlossen. Die Patientinnen und Patienten nahmen an einer von 6 Interventionssequenzen teil. Der zeitliche Ablauf gestaltete sich dabei in 5 Phasen:

  • Screening: 6 Wochen

  • Interventionsphase I: 8 Wochen

  • Wash-Out: 8 Wochen

  • Interventionsphase II: 8 Wochen

  • Follow-Up

In jeder Interventionsphase gab es drei Therapievarianten:

  • Kombination aus Tezacaftor und Ivacaftor (100 mg + 2 × 150 mg täglich)

  • Monotherapie mit Ivacaftor (2 × 150 mg täglich)

  • Placebo

Als primärer Endpunkt diente die absolute Veränderung der FEV1 in Woche 4 und Woche 8 der jeweiligen Interventionsphase im Vergleich zum Ausgangsniveau in Prozent. Sekundärer Endpunkt war der Wert der Atmungsskala aus der revidierten Fassung des ZF-Fragebogens (CFQ-R). Ein höherer Punktwert ging dabei mit einer größeren Lebensqualität einher. Schließlich wurden als zusätzliche Endpunkte neben unerwünschten Arzneimittelwirkungen noch die relative Veränderung der FEV1 in Woche 4 und 8 zum Ausgangswert, die Veränderung der Natriumchloridkonzentration im Schweiß sowie die Rate an Exazerbationen erfasst.


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Ergebnisse

234 (95 %) der 248 rekrutierten Patientinnen und Patienten beendeten die Studie, 481 Interventionsphasen konnten ausgewertet werden. In beiden Interventionsphasen waren die demografischen und klinischen Charakteristika der Teilnehmerinnen und Teilnehmer vergleichbar. Die durchschnittliche absolute Differenz der FEV1 beider Therapiegruppen lag für die Kombination aus Tezacaftor und Ivacaftor bei 6,8 % (95 % Konfidenzintervall: 5,7 – 7,8 %) und die Monotherapie mit Ivacaftor bei 4,7 % (3,7 – 5,8 %) im Vergleich zur Placebo-Gruppe. Auf der Atmungsskala des CFQ-Rs verbesserte sich die Kombinationsgruppe durchschnittlich um 11,1 Punkte (8,7 – 13,6) und die Monotherapiegruppe um 9,7 Punkte (7,2 – 12,2) im jeweiligen Placebo-Vergleich. Die Natriumchloridkonzentration im Schweiß war in beiden Therapiegruppen geringer als in der Placebo-Gruppe. Patientinnen und Patienten, die eine Kombinations- oder Monotherapie erhielten, zeigten seltener pulmonale Exazerbationen. Dieser Effekt war jedoch statistisch nicht signifikant. Die Häufigkeit unerwünschter Arzneimittelwirkungen unterschied sich nicht zwischen den drei Studiengruppen. Alle registrierten Beschwerden waren mild ausgeprägt. Am häufigsten wurden Atemwegsinfekte, Husten, Kopfschmerzen und Hämoptysen berichtet.

Fazit

Die Kombinationstherapie aus dem Potentiator Ivacaftor und dem Korrektor Tezacaftor ist bei Betroffenen mit Zystischer Fibrose und der heterozygoten Form der Phe508del Mutation mit CFTR-Restfunktion sicher und verbesserte in dieser Studie die Lungenfunktion. Aufgrund der positiven Effekte empfehlen die Autorinnen/Autoren eine Ausweitung von Studien mit diesen Wirkstoffen auf weitere Mutationstypen.

Dipl.-Psych. Annika Simon, Hannover


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