Ziel der Studie
Ziel der Studie war es, die Hautverträglichkeit sowie die Wirksamkeit einer Basispflegecreme
mit 10 % Harnstoff (Urea) zur Hautbefeuchtung und zur Stärkung der Hautbarriere bei
trockener bis extrem trockener Fußhaut bei Typ-2-Diabetikern zu untersuchen. Hierbei
sollte das galenische Gesamtkonzept der Formulierung in einem neuen Kontext bewertet
werden.
Bisher konnte sich vorwiegend Urea mit seiner hautbefeuchtenden Wirkung als obligate
Ingredienz durchsetzen [1]. Neben der Feuchtigkeitsbindung gelten aber auch die Feuchtigkeitszufuhr über die
Blutzirkulation und eine funktionierende Hautbarriere als Grundvoraussetzung für eine
ausreichende Hautfeuchte [2]. Im Rahmen dieser Studie sollte die Gehwol med® Lipidro® Creme im Hinblick auf eine Förderung dieser für die Hautfeuchtigkeit wichtigen Faktoren
überprüft werden.
Somit wurden neben den klassischen dermatologischen Methoden, wie Prüfung der bei
Diabetikern gewünschten Barrierestabilität und der Hydratation im Fußpflegekontext,
ergänzend auch neue Untersuchungsmethoden wie die Thermografie sowie Mikrozirkulationsmessungen
am Fuß einbezogen. Parallel dazu fanden mikrobiologische Untersuchungen auf gram-positive
und gram-negative Keime von Abstrichen aus den Interdigitalräumen IDR1 und IDR3 statt.
Im Rahmen der täglichen Fußpflege wurden von den teilnehmenden Probanden beide Füße
inklusive der Zehenzwischenräume behandelt, um mögliche Verbesserungen des Blutflusses,
der Barrierestabilität und der Hautfeuchtigkeit zu überprüfen. Die Temperatur der
Haut sollte dabei möglichst konstant bleiben und die Keimbesiedelung keinesfalls erhöht
werden.
Sofern eine feuchtigkeitsspendende Wirkung ohne Erhöhung der Keimbesiedelung zwischen
den Zehen nachweisbar ist, würde sich dieses Pflegekonzept entgegen der bisherigen
Empfehlung auch zur Anwendung an dieser Lokalisation als geeignet erweisen. Bislang
schließt die Patientenleitlinie zur Nationalen Versorgungsleitlinie „Typ-2-Diabetes:
Prävention und Behandlungsstrategien für Fußkomplikationen“ [3] die Anwendung feuchtigkeitsspendender Emulsionen zwischen den Zehen aus. Hintergrund
ist die Annahme, dass das Eincremen zwischen den Zehen möglicherweise Mazerationseffekte
und damit ein erhöhtes Infektionsrisiko begünstigen könnte.
Einleitung
Ungefähr 7 % der deutschen Bevölkerung zwischen 18 und 79 Jahren sind laut einer bundesweiten
Studie des Robert-Koch-Instituts an ärztlich diagnostiziertem Typ-2-Diabetes erkrankt
[4]. Dabei nimmt die Zahl an Typ-2-Diabetikern weltweit und in Deutschland dramatisch
immer weiter zu [5]. Bei Typ-2-Diabetes handelt es sich im Gegensatz zu Typ-1-Diabetes, einer Autoimmunerkrankung
[6], um eine chronische Stoffwechselkrankheit, bei der eine Insulinresistenz zugrunde
liegt. Die erhöhten Blutzuckerwerte schädigen langfristig die Blutgefäße, Nerven und
Organe [7]
[8]. Oft wird die Erkrankung erst entdeckt, wenn sich Folgeerscheinungen bemerkbar machen.
Hautprobleme können ein erstes sichtbares Anzeichen sein. Mehr als zwei Drittel der
Diabetiker haben Hautprobleme [9]. Die Hautbarriere ist gestört und die Haut anfälliger für bakterielle Infektionen,
Trockenheit, Entzündungen und Mykosen [10]
[11]. Hautstörungen sind allerdings nicht nur symptomatisch, sondern vergrößern die Gefahr
diabetischer Folgekomplikationen [12]
[13].
Ein besonderes Risiko für Diabetiker stellt der sogenannte diabetische Fuß dar. 85 %
der bei Diabetikern durchgeführten Amputationen geht ein diabetisches Fußsyndrom voraus,
das im weiteren Verlauf eine schwere Infektion oder Gangrän ausbildet [14]. Als Risikopatienten gelten Diabetiker mit bestehender Podopathie [15]. Infolge des Diabetes kommt es bei ihnen zu Polyneuropathie (PNP) und/oder Vaskulopathie.
Beides zählt neben eingeschränkter Gelenkbeweglichkeit zu den Hauptursachen für die
Ausbildung diabetischer Fußulzera [16]. Durch die Vaskulopathie ist die Haut schlechter durchblutet und kann trocken, schuppig
und rissig werden. Außerdem ist die Wundheilung verzögert [17]
[18]. Durch die Neuropathie und den einhergehenden Verlust des Schmerzempfindens bleiben
die kleinen Wunden am Fuß unbemerkt. Wegen der gestörten Durchblutung kommt es ferner
zu Hypoxie sowie einer unzureichende Versorgung mit für die Wundheilung und die Infektionsbehandlung
essentiellen Zellen [19]. Etwa 15 % der Patienten mit Diabetes entwickeln im Verlauf ihrer Erkrankung dann
ein Fußulkus [20], in dessen Rahmen es bei 1,4 % der Frauen und 2,6 % der Männer zur Amputationen
kommt [21]. Bei 80 % der Amputationen waren im Vorfeld nicht verheilende Fußulzera vorhanden
[22]. Die Gefahr von Geschwüren lässt sich durch optimale glykämische Einstellung, aber
auch durch einfache Fußpflegemaßnahmen wie richtiges Schuh- und Strumpfwerk, tägliches
Kontrollieren der Füße und die regelmäßige Anwendung einer Hautcreme vermindern [10]
[12]
[22]
[23].
In der vorliegenden Studie wurde die galenische Formulierung von Gehwol med® Lipidro® Creme daher hinsichtlich ihres möglichen präventiven Potenzials als tägliche Basispflege
für Typ-2-Diabetiker untersucht, d. h. ihre hautbefeuchtende, aber auch ihre durchblutungsfördernde
Wirksamkeit bewertet. Bisher wurde von der Patientenleitlinie zur Nationalen Versorgungsleitlinie
„Typ-2-Diabetes: Prävention und Behandlungsstrategien für Fußkomplikationen“ empfohlen,
beim Eincremen die Interdigitalräume auszusparen [3]. Das Risiko von Mazerationen durch Creme-Rückstände und einer daraus resultierenden
bakteriellen Infektion wird im Vergleich zum Nutzen als höher eingestuft. Bei einer
Infektion können sich beginnende Ulzera in tiefere Gewebe und Knochenareale ausbreiten,
wodurch das Risiko einer Amputation steigt [13]. Um diesem Risiko entgegenzuwirken, bedarf es einer Formulierung mit zumindest bakteriostatischer
Wirkung im Interdigitalraum. Ob diese Wirkung bei dem Testprodukt gegeben ist, wurde
in der vorliegenden Studie daher ebenfalls analysiert.
Probanden und Methoden
Probanden
Für die Anwendungs- und Wirksamkeitsstudie wurden 23 freiwillige Probanden, 20 weibliche
und 3 männliche, im Alter von 30 bis 81 Jahren in die Studie einbezogen. Das Probandenkollektiv
setzte sich ausschließlich aus Probanden mit ärztlich bestätigtem Typ-2-Diabetes zusammen.
Alle Probanden wurden vorab über Ziel und Umfang der Prüfung eingehend informiert
und erklärten ihr schriftliches Einverständnis. Die Studie wurde von der Ethik-Kommission
der Universität Witten/Herdecke genehmigt (Antrag Nr. 203/2016: Fußpflege mittels
Gehwol med® Lipidro® Creme bei Diabetikern unter Einbeziehung der Zehenzwischenräume).
Prüfprodukt
GEHWOL med® Lipidro® Creme: Aqua (Water), Urea, Persea Gratissima (Avocado) Oil, Glycerin, Polyglyceryl-3
Methylglucose Distearate, Isopropyl Palmitate, Octyldodecanol, Glyceryl Stearate,
Cetyl Alcohol, PPG-3 Benzyl Ether Myristate, Myristyl Myristate, Triethyl Citrate,
Hydrolyzed Algin, Chlorella Vulgaris Extract, Maris Aqua (Sea Water), Chlorphenesin,
Farnesol, Hippophae Rhamnoides (Seabuckthorn) Extract, Allantoin, Xanthan Gum, Phenoxyethanol,
Methylparaben, Ethylparaben, Caprylyl Glycol, Propylene Glycol, BHT, Ascorbyl Palmitate,
Citric Aacid
Anwendungs- und Verträglichkeitstest
Das Prüfpräparat wurde 2-mal täglich nach der Fußreinigung zur Pflege der Füße, inklusive
der Zehenzwischenräume, über einen Zeitraum von 6 Wochen von den Probanden angewandt.
Nach Abschluss der Prüfung wurde den Probanden ein Fragebogen zur Verfügung gestellt,
um die Wirksamkeit hinsichtlich pflegender, feuchtigkeitsspendender, desodorierender,
entzündungshemmender und hornhautreduzierender Effekte zu ermitteln. Weiterhin wurden
galenische Eigenschaften wie Farbe, Duft und Konsistenz der Fußcreme von den Probanden
auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) bewertet. Zusätzlich wurde von
den Probanden die Verträglichkeit des Produktes beurteilt. Alle Probanden wurden angewiesen,
ausschließlich das ihnen zur Verfügung gestellte Prüfprodukt zur Fußpflege zu verwenden
und ihre sonst üblichen Hautreinigungsgewohnheiten beizubehalten.
Wirksamkeitsstudie
Der Wirksamkeitsnachweis der Fußcreme als kosmetisches Mittel erfolgte nach den Leitlinien
des europäischen Kosmetikverbandes (COLPIA) [24]. Alle Messungen bei den Probanden wurden nach einer Akklimatisationszeit von 30 min
bei 23 °C unter gleichen Bedingungen und zur gleichen Tageszeit durchgeführt. Für
die Bewertung der Wirksamkeit wurden zunächst Messungen der Hautfeuchtigkeit (Corneometer® CM 825 PC, Courage & Khazaka Electronic GmbH, Köln) [25]
[26]
[27]
[28], der Hautbarriere (transepidermaler Wasserverlust; TEWL) (Tewameter® TM 210, Courage & Khazaka Electronic GmbH, Köln) [29] sowie Messungen der Mikrozirkulation (Oxygen to see® (O2C), Lea Medizintechnik GmbH, Giessen) [30] durchgeführt. Die Messungen erfolgten sowohl an den behandelten Füßen als auch an
einer unbehandelten Kontrolle am Unterschenkel, oberhalb des Sprunggelenkes. Zunächst
wurden die Ausgangswerte vor Applikation der Fußcreme bestimmt. Im Anschluss erfolgte
2-mal täglich über einen Zeitraum von 6 Wochen die Applikation der Fußcreme an beiden
Füßen. Die Bestimmung der Hautfeuchtigkeit, des TEWLs und der Mikrozirkulation wurden
24 h nach der letzten Applikation der Fußcreme gemessen. Zusätzlich wurden Messungen
der Hautoberflächentemperatur mittels Thermografie (ThermaCAM B20HS™, FLIR systems,
Niceville, USA) an jeweils drei Stellen an der Fußsohle und am Fußrücken gemessen.
Darüber hinaus wurden Abstriche der Interdigitalräume (IDR1 und IDR3) an beiden Füßen
vorgenommen und vor sowie nach 6-wöchiger Anwendung der Fußcreme auf Keimbesiedlung
untersucht. Die Auswertung der Keime wurde auf ein definiertes, praktisch relevantes
Keimspektrum begrenzt. Die Auswertung der Keimanzahl erfolgte semiquantitativ nach
folgender Score-Bewertung: 0,5 = vereinzelt; 1,0 = wenig; 2,0 = mäßig viel; 3,0 = reichlich.
Diese Untersuchungen erfolgten im MVZ Dr. Eberhard & Partner Laboratoriumsmedizin,
Dortmund.
Statistik
Um den Verlauf der Parameter über die Zeit zu untersuchen, wurden alle individuellen
Prä-Post-Differenzen für das Ende der Studie in Relation zum Ausgangswert T0 bestimmt.
Zur Untersuchung auf statistisch signifikante Veränderungen der einzelnen Parameter
über die Zeit wurde der Wilcoxon-Vorzeichen-Rang-Test verwendet, zweiseitig mit einem
Testniveau von 5 %. Alle statistischen Tests wurden nicht konfirmatorisch, sondern
rein explorativ durchgeführt. Für die Parameter des Fragebogens am Ende der Studie
und die Untersuchungen der Abstriche, deren Messniveau nicht metrisch ist, wurden
Häufigkeitsauszählungen durchgeführt und die prozentualen Anteile bestimmt.
Ergebnisse
Hautverträglichkeit
Die Fußcreme wurde an 23 Probanden mit Typ-2-Diabetes im Rahmen des Anwendungs- und
Verträglichkeitstests auf ihre Hautverträglichkeit getestet. Alle Probanden wiesen
eine trockene Haut auf, 22 % der Probanden waren Atopiker und 35 % der Probanden bewerteten
ihren Hauttyp als empfindlich. Einer von 23 teilnehmenden Probanden (4,3 %) gab unerwünschte
Wirkungen in Form von mittelstarker Rötung und starker Schuppung der Haut zwischen
dem 35. und 42. Anwendungstag an. Die oben genannten unerwünschten Nebenwirkungen
führten jedoch nicht zum Abbruch der Studie. Insgesamt ist die Verträglichkeit der
Fußcreme von 95 % der Probanden mit „sehr gut“ (65 %) oder „gut“ (30 %) charakterisiert
worden, was sich in einer sehr guten durchschnittlichen Benotung von 1,4 zeigt. Somit
lässt sich feststellen, dass sich die Fußcreme durch eine sehr gute Hautverträglichkeit
bei Typ-2-Diabetikern, auch in den Zehenzwischenräumen, auszeichnet.
Anwendungstest
Nach 6-wöchiger Anwendung der Fußcreme charakterisierten die Probanden die Wirksamkeit
der Fußcreme. Pflegende, glättende, feuchtigkeitsspendende, leicht fettende sowie
regenerierende Eigenschaften wurden von 70 % – 91 % der Probanden festgestellt. Über
90 % bestätigten, dass die Fußcreme trockene und rissige Füße wieder zart und gepflegt
macht sowie die Haut nach der Anwendung weich und geschmeidig wird. Weiterhin verminderte
das Produkt Hornhaut und Druckstellen. 78 % bestätigten, dass die Hornhaut weicher
wurde, und 83 % bemerkten eine Reduktion der Hornhautneubildung. 88 % der Probanden
empfanden eine Minderung der Druckstellen. Entzündungshemmende Eigenschaften wurden
von 83 % und desodorierende Eigenschaften von 75 % der Probanden bestätigt. Zusätzlich
beurteilten die Probanden die galenischen Eigenschaften des Produktes. Die Parameter
Farbe, Duft, Konsistenz und Verbrauch wurden mit guten Bewertungen zwischen 1,5 und
1,8 bedacht. Die Verteilbarkeit wurde darüber hinaus von allen Probanden als „sehr
gut“ oder „gut“ beurteilt (Mittelwert: 1,4). Die Parameter kein Fettfilm auf der Haut
und keine Klebrigkeit fanden Wertungen von 1,8 und 1,9. Insgesamt wird das Hautgefühl
von 96 % (Mittelwert: 1,6) und die Wirksamkeit von 87 % (Mittelwert: 1,8) der Probanden
als „sehr gut“ oder „gut“ bedacht. Somit zeichnet sich die Fußcreme durch eine hohe
kosmetische Akzeptanz und eine gute Wirksamkeit bei den Probanden aus.
Feuchtigkeitsanreichernde Wirkung
Um die feuchtigkeitsspendende Eigenschaft der Fußcreme zu untersuchen, wurde die Hautfeuchtigkeit
bei den Probanden an den Fußrücken mittels des Corneometers® gemessen. Die 6-wöchige Applikation der Fußcreme führte zu einem statistisch signifikanten
Anstieg des Feuchtigkeitsgehalts der Hornschicht um 12 % von durchschnittlich 31,5
auf 35,3 relative Einheiten (AU) (p = 0,0227). Im Testfeld der unbehandelten Kontrolle
ergab sich keinerlei nennenswerte Veränderung. Bei der statistischen Auswertung im
Vergleich zur unbehandelten Kontrolle wird die Signifikanz mit p = 0,0588 nur knapp
verfehlt ([Abb. 1]).
Abb. 1 Dargestellt sind Boxplot-Grafiken der Prä-Post-Differenz der Hauthydration nach 6-wöchiger
Applikation der Fußcreme im Vergleich zu einer unbehandelten Kontrolle. Der Median,
das untere und das oberer Quartil, Whiskers sowie Extremwerte sind dargestellt. Statistisch
signifikante Unterschiede sind dargestellt durch *p < 0,05.
Stärkung der Hautbarriere
Um den Einfluss der Fußcreme auf die Hautbarriere zu untersuchen, wurde der transepidermale
Wasserverlust (TEWL) am Fußrücken gemessen. Der transepidermale Wasserverlust reduzierte
sich um durchschnittlich 14 % von 12,0 g/hm2 auf 10,3 g/hm2. Dieser Unterschied war zwar nicht statistisch signifikant mit p = 0,0980, die Kontrollmessung
im unbehandelten Testfeld zeigten jedoch einen Anstieg des TEWLs um 8 % gegenüber
dem Ausgangswert ([Abb. 2]). Der Vergleich der Messwerte der Hautbarriere nach 6 Wochen ergab hierbei einen
statistisch signifikanten Unterschied im Vergleich zum unbehandelten Testfeld (p = 0,0410).
Somit kann festgestellt werden, dass die Behandlung mit der Fußcreme einen positiven
Effekt auf die Hautbarriere hat.
Abb. 2 Dargestellt sind Boxplot-Grafiken der Prä-Post-Differenz des transepidermalen Wasserverlustes
(TEWL) nach 6-wöchiger Applikation der Fußcreme im Vergleich zu einer unbehandelten
Kontrolle. Der Median, das untere und das oberer Quartil, Whiskers sowie Extremwerte
sind dargestellt. Statistisch signifikante Unterschiede sind dargestellt durch *p < 0,05.
Mikrozirkulation
Die Messparameter Blutfluss (Flow), Sauerstoffsättigung (SO2), relative Hämoglobinmenge (rHb) und Blutflussgeschwindigkeit (Velocity) wurden jeweils
in der Tiefe 1mm mittels Laser-Doppler-Verfahren bestimmt, um ein umfassendes Bild
der Mikrozirkulation im Testfeld (Fußrücken) zu erhalten. Die 6-wöchige Anwendung
der Fußcreme führte im Vergleich zum Ausgangswert zu einer signifikanten Zunahme des
Blutflusses in 1mm (p = 0,0014) um ca. 16 %. Zeitgleich zeigte sich bei der unbehandelten
Kontrolle eine Abnahme des Blutflusses in 1mm (– 15 %). Der Vergleich zur Kontrolle
nach 6 Wochen ergab einen statistisch signifikanten Unterschied des Blutflusses in
1mm (p = 0,0027) ([Abb. 3]). Die Parameter Sauerstoffsättigung (SO2), Blutflussgeschwindigkeit (Velocity) und Hämoglobin-Konzentration (rHb) in 1mm zeigten
keine signifikanten Unterschiede im Vorher-Nachher-Vergleich sowie im Gruppenvergleich.
Damit zeichnet sich die Fußcreme in erster Linie durch eine Blutfluss verbessernde
Wirkung aus.
Abb. 3 Dargestellt sind Boxplot-Grafiken der Prä-Post-Differenz des Blutflusses und der
Sauerstoffsättigung in 1 mm Tiefe nach 6-wöchiger Applikation der Fußcreme im Vergleich
zu einer unbehandelten Kontrolle. Der Median, das untere und das oberer Quartil, Whiskers
sowie Extremwerte sind dargestellt. Statistisch signifikante Unterschiede sind dargestellt
durch **p < 0,01.
Hautoberflächentemperatur
Um einen Einfluss der Fußcreme auf die Hautoberflächentemperatur zu untersuchen, wurde
am Fußrücken und an der Fußsohle links bzw. rechts an jeweils definierten Bereichen
die Temperatur vor und nach 6-wöchiger Applikation der Fußcreme gemessen. Die Hautoberflächentemperatur
zeigte keine nennenswerten Veränderungen auf. Am Fußrücken lagen die Prä-Post-Differenzen
an den einzelnen Messpunkten zwischen – 0,15 °C und 0,66 °C und an der Fußsohle zwischen
– 0,81 °C und 1,00 °C ([Tab. 1], [Abb. 4]). Somit konnte eine Temperaturkonstanz bestätigt werden.
Tab. 1
Prä-Post-Differenzen der Hautoberflächentemperatur in ° C an der Fußsohle und am Fußrücken
im Mittel (n = 23).
|
Fußsohle
|
Links
|
Rechts
|
Großzehe
|
Fußrand
|
Ferse
|
Großzehe
|
Fußrand
|
Ferse
|
Mittelwert
|
– 0,69
|
– 0,09
|
1,00
|
– 0,81
|
0,15
|
0,43
|
Median
|
0,40
|
0,20
|
1,40
|
– 0,50
|
0,30
|
0,90
|
STDV
|
4,18
|
1,74
|
3,58
|
3,82
|
1,39
|
3,46
|
|
Fußrücken
|
Links
|
Rechts
|
Großzehe
|
Fußrand
|
Fußmitte
|
Großzehe
|
Fußrand
|
Fußmitte
|
Mittelwert
|
0,55
|
0,66
|
0,13
|
– 0,15
|
0,03
|
0,27
|
Median
|
1,60
|
1,20
|
0,10
|
1,00
|
1,20
|
0,70
|
STDV
|
4,16
|
2,87
|
1,65
|
4,23
|
3,62
|
1,74
|
Abb. 4 Repräsentative Thermografieaufnahmen des Fußrückens und der Fußsohle im Vorher-Nachher-Vergleich.
Mikrobiologische Untersuchung
Um eine bakteriostatische Wirkung der Fußcreme nachzuweisen, wurden Abstriche der
Zehenzwischenräume (IDR1 und IDR3) vor und nach 6-wöchiger Applikation der Fußcreme
auf ein definiertes Keimspektrum hin untersucht. Der Vergleich der Keimbesiedelung
der semiquantitativen mikrobiologischen Untersuchung vor Applikation sowie am Ende
der Studie zeigte ähnliche Verteilungsmuster auf ([Tab. 2]). Eine Erhöhung der Keimbelastung konnte somit nicht festgestellt werden.
Tab. 2
Nachgewiesene Keimarten vor und nach Applikation der Fußcreme in den Zehenzwischenräumen
(IDR1 und IDR3). Dargestellt sind die Mittelwerte der Score-Bewertung der Keimbesiedlung
(n = 23). Die Bewertung erfolgte nach folgendem Score: 0,5 = vereinzelt; 1,0 = wenig;
2,0 = mäßig viel; 3,0 = reichlich.
Keim
|
IDR1
|
IDR3
|
|
vorher
|
nachher
|
vorher
|
nachher
|
koagulasenegative Staphylokokken
|
1,9
|
1,7
|
2,0
|
2,0
|
grampositive Kokken
|
0,1
|
0,3
|
0,1
|
0,6
|
Staphylokkus warneri
|
0
|
0
|
0
|
0
|
gramnegative Stäbchen
|
0,6
|
0,3
|
0,8
|
0,3
|
Enterokokkus species
|
0,2
|
0,1
|
0,1
|
0,1
|
grampositive Stäbchen
|
0
|
0,1
|
0,4
|
0,8
|
Bacillus simplex
|
0
|
0,1
|
0
|
0,1
|
vergrünende Streptokokken
|
0
|
0
|
0,1
|
0,1
|
Diskussion und Schlussfolgerung
Diskussion und Schlussfolgerung
In der vorliegenden Studie wurde eine kosmetische Fußcreme hinsichtlich ihrer Verträglichkeit,
kosmetischen Akzeptanz sowie Wirksamkeit zur täglichen Pflege der Füße bei Typ-2-Diabetikern
untersucht. Die Fußcreme wurde 6 Wochen lang 2-mal täglich unter praxisrelevanten
Bedingungen von den Probanden angewandt.
Oft leiden die Betroffenen an trockener Haut der Füße, verbunden mit verstärkter Hornhautbildung,
bis hin zu Hautrissen und Infektionen [10]. Die Ursachen hierfür liegen häufig bei einer gestörten Hautbarriere, ungenügender
Feuchtigkeitsbindung und mangelnder Feuchtigkeitszufuhr über die Blutzirkulation,
was in der Regel zu einem Mangel an Feuchtigkeit führt [31]
[32]. Eine Pflegecreme für trockene Füße sollte daher nicht nur feuchtigkeitsspendend
wirken, sondern mit geeigneten Lipiden die Hautbarriere regenerieren, um zu einem
dauerhaft verbesserten Hautzustand zu führen. Dafür wurde dem Testprodukt ein entsprechendes
gesamtgalenisches Konzept zugrunde gelegt. Die spezielle Formulierung mit Pflanzenölen
aus Avocado und Sanddorn mit jeweils hohen Anteilen an ungesättigten Fettsäuren und
Phytosterolen sowie der feuchtigkeitsspendenden Kombination aus Harnstoff, Glycerin,
Algenextrakt und Allantoin enthält wichtige Komponenten zum Ausgleich der in der Einleitung
erwähnten Hauptursachen für Hauttrockenheit: fehlende Feuchtigkeitszufuhr über die
Hautdurchblutung, geringes Feuchthaltevermögen und Feuchtigkeitsverlust durch eine
instabile Hautbarriere. Zusätzlich können Sanddornöl und Allantoin eine infektionshemmende
Wirkung haben [33]
[34]
[35]
[36]
[37]. Die Ergebnisse zeigen, dass diese spezifische Formulierung nach 6-wöchiger Anwendung
zu einer statistisch signifikanten Zunahme der Hautfeuchtigkeit um 12 % sowie einer
signifikanten Verbesserung der Hautbarriere an den Füßen (Abnahme der TEWLs um 14 %)
führten. Zeitgleich blieb die unbehandelte Kontrolle (Unterschenkel) unverändert im
Hinblick auf die Hautfeuchtigkeit und zeigte sogar eine Zunahme des TEWLs. Diese positiven
Ergebnisse der objektiven Messungen konnten durch die subjektive Bewertung der Probanden
bestätigt werden. Über 90 % der Probanden berichteten, dass durch die Fußcreme trockene
und rissige Füße wieder zart und gepflegt wurden, und rund 80 % bestätigten eine weichere
Hornhaut sowie eine Reduktion der Hornhautneubildung.
Als besonders interessant zeigte sich die signifikante Verbesserung des Blutflusses
in 1 mm Hauttiefe um 16 %. Hautdurchblutungsfördernde Effekte einer Fußpflegecreme
sind besonders bei trockener Haut als Folge der bei Diabetikern häufig gestörten peripheren
Hautdurchblutung wünschenswert. Die Störung der Hautdurchblutung der unteren Extremität
gehört zu den wichtigen Ursachen für die Entstehung einer Fußläsion bei Diabetes mellitus
und beeinflusst entscheidend ihre Entwicklung [38]
[39]. Während für pathogene Hautveränderungen und die damit verbundenen Mortalitäten
und Morbiditäten v. a. makrovaskuläre Erkrankungen eine Rolle spielen [40], gelten die davon zu unterscheidenden mikrovaskulären Komplikationen als mögliche
Ätiologie für eine Vielzahl von Hautstörungen [41]
[42]. So wurde bei Diabetikern im Vergleich zu Nicht-Diabetikern eine geringere Hautdurchblutung
(Flow) gemessen [43]
[44]. Dieser Perfusionsverlust kann zu Hautveränderungen führen [42], wonach sich die Haut z. B. oft kühl, trocken und rissig zeigt [45]. Trockene, rissige Haut mit einer beeinträchtigten Barrierefunktion wiederum ist
ein prädikativer Faktor in der Pathogenese diabetischer Fußulzera [12]
[13]. Die Pflege trockener, rissiger Haut [12] gilt daher neben allgemein fußpflegerischen und orthopädieschuhtechnischen Maßnahmen
[15] als wichtiges Präventionsziel zur Vermeidung diabetischer Fußkomplikationen. Da
bei Diabetes trockene Haut häufig in Zusammenhang mit einer mikrovaskulär bedingten
Mangeldurchblutung der Haut steht, dürfte es vorteilhaft sein, wenn die gesamtgalenische
Formulierung einer pflegenden Fußcreme nicht nur Feuchtigkeit in der Haut bindet und
den Feuchtigkeitsverlust durch Stärkung der Hautbarriere reduziert, sondern auch unterstützend
hautdurchblutungsfördernd wirkt und so die Feuchtigkeitszufuhr aus den peripheren
Gefäßen in die Haut begünstigt.
Ein zusätzlicher Schutz vor übermäßiger Keimbesiedlung ist ebenfalls unerlässlich
für eine Fußpflegecreme für Diabetiker. Dies gilt v. a. für den sensiblen Bereich
zwischen den Zehen, wo je nach Emulsionstyp mögliche Mazerationseffekte zu einem erhöhten
Infektionsrisiko führen könnten. Bei einem diabetischen Fußsyndrom kann die Existenz
einer nicht beherrschbaren oder übersehenen Fußinfektion den Ausgang entscheidend
verschlechtern [46]. Aus diesem Grund wird für die Fußpflege mit kosmetischen, nicht für die dermatologische
Therapie ausgelegten Externa häufig empfohlen, die Interdigitalräume auszusparen.
Ein entsprechender Hinweis findet sich auch in der bisherigen Patientenleitlinie zur
Nationalen Versorgungsleitlinie „Typ-2-Diabetes: Prävention und Behandlungsstrategien
für Fußkomplikationen“, jedoch ohne weitere Differenzierung nach Emulsionstypen. Lediglich
Babyöl, Zinkpasten, fettende Salben oder Puder sollten generell nicht verwendet werden
[3]. Für Schaum-Cremes wurde die Anwendbarkeit in den Interdigitalräumen mit Verweis
auf die galenischen Eigenschaften der Schaum-Textur bereits beschrieben [47]. Für eine spezifische galenische Zusammensetzung auf O/W (Öl-in-Wasser) -Emulsionsbasis
(Gehwol med® Lipidro® Creme) konnte die gewünschte bakteriostatische Wirkung im Interdigitalraum in dieser
Studie nun ebenfalls nachgewiesen werden. Der Vergleich der semiquantitativen mikrobiologischen
Untersuchung wies eine ähnlich stabile Keimbesiedlung im Verlauf der Studie auf. Eine
Störung der lokalen mikrobiellen Stabilität, Mazerationen oder gar Infektionen wurden
durch das Eincremen der Zehenzwischenräume nicht hervorgerufen. Zudem bestätigten
83 % der Probanden dem Testprodukt entzündungshemmende Eigenschaften. Somit kann die
Creme auch zur Anwendung zwischen den Zehen empfohlen werden, sofern bereits vorliegende
Mazerationen oder Rhagaden nicht grundsätzlich eine dermatologische Therapie erfordern.
Neben den pflegenden Eigenschaften ist es wünschenswert, dass ein kosmetisches Mittel
gut aufzutragen ist, schnell einzieht, ein angenehmes Hautgefühl hinterlässt und die
Haut nicht irritiert. Eine O/W-Emulsion mit einem PEG (Polyethylenglycol) -freien
Emulgator, unterschiedlich spreitenden Ölen sowie Fetten, die einen Schmelzpunkt nahe
der Hauttemperatur haben, bildet die galenische Basis des Prüfpräparates. Sie bewirkt,
dass die Creme gut aufzutragen ist, schnell einzieht und ein angenehmes Hautgefühl
hinterlässt. Die galenischen Parameter Farbe, Duft, Konsistenz, kein Fettfilm auf
der Haut und keine Klebrigkeit sind im Mittel von den Probanden mit „gut“ und die
Verteilbarkeit mit „sehr gut“ bewertet worden. Messungen der Hauttemperatur zeigten
außerdem keine Temperaturerhöhung, was als Indiz für eine stabile natürliche Transpiration
ohne unerwünschte Okklusionseffekte gewertet werden kann. Das Hautgefühl wurde von
96 % der Probanden als angenehm beschrieben. Insgesamt überzeugte das Prüfpräparat
durch seine hervorragende Wirksamkeit und gleichzeitig sehr gute Hautverträglichkeit
bei sensibler und trockener Haut. Beides wurde durch die subjektive Beurteilung der
Probanden bestätigt. Somit hat sich die Fußcreme besonders als tägliche Basispflege
zur Hautbefeuchtung, zur Regeneration der Barrierefunktion der Haut sowie zum Schutz
vor übermäßiger Keimbesiedelung, auch in den Zwischenzehenräumen, als geeignet erwiesen.
Des Weiteren wird auch mit der unterstützenden Durchblutungsverbesserung einem trockenen
Hautzustand entgegengewirkt. Diese Form der Hautpflege gilt als wichtiges Präventionsziel
bei Diabetikern, gerade auch, weil bei ihnen trockene Haut eine kosmetische Folge
mikrovaskulär bedingter Mangeldurchblutung der Fußhaut sein kann.
Ausblick
Eine sinnvolle Fußpflege mit einer für Diabetiker geeigneten Pflegecreme kann die
hautphysiologischen Eigenschaften der Haut nachhaltig verbessern und damit gerade
bei dieser Patientengruppe als wichtige Präventivmaßnahme angesehen werden. Im Vordergrund
stehen hierbei eine Verbesserung der Hautbarriere und eine Erhöhung der Hautfeuchtigkeit
der Füße. Parallel sind bakteriostatische und nicht okklusive Eigenschaften erforderlich.
Diese Eigenschaften wurden von dem geprüften Präparat demonstriert. Positiv hervorzuheben
ist die Verbesserung der Mikrozirkulation der Haut, gemessen in 1mm Tiefe mittels
O2C-Gerät, die in dieser Weise bislang nicht untersucht wurde und einen wichtigen
Beitrag zur peripheren Versorgung der Haut mit Feuchtigkeit, Nährstoffen und Sauerstoff
leistet. Somit kann das hier untersuchte Präparat Gehwol med® Lipidro® Creme für Diabetiker empfohlen werden. Des Weiteren wirft die verbesserte Durchblutung
die Frage auf, ob zusätzliche Anforderungen (außer Feuchtigkeitsbindung durch Urea
und Verbesserung der Barrierefunktion durch Lipide) an eine Basispflegecreme für Diabetiker
gestellt werden müssen.
Ethikvotum
Es liegt ein positives Votum der Ethikkommission der Universität Witten/Herdecke vor
(Antrag-Nr. 203/2016).