Geburtshilfe Frauenheilkd 2023; 83(06): 716-717
DOI: 10.1055/s-0043-1768810
Abstracts | BGGF & OEGG 2023
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Geburtshilfe

Anreicherung von TRBV19 T-Zellen an der fetomaternalen Schnittstelle der menschlichen Frühschwangerschaft

V Oblin
1   Maternal-Fetal Immunology Group, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien/AKH Wien, Wien
,
A I Lackner
1   Maternal-Fetal Immunology Group, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien/AKH Wien, Wien
2   Hub for Innovation in Digital Health, Berlin Institute of Health, Berlin
,
A L Höbler
1   Maternal-Fetal Immunology Group, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien/AKH Wien, Wien
,
C Schultheiss
3   Klinik für Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Halle (Saale), Halle (Saale)
,
M Binder
3   Klinik für Hämatologie und Onkologie, Universitätsklinikum Halle (Saale), Halle (Saale)
,
J Pollheimer
1   Maternal-Fetal Immunology Group, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Medizinische Universität Wien/AKH Wien, Wien
› Institutsangaben
 
 

Einleitung Die Bildung der Plazenta im ersten Trimester der menschlichen Schwangerschaft bringt Zellen fetalen Ursprungs in direkten Kontakt mit dem mütterlichen Immunsystem. Hierbei treffen semi- oder, im Falle von Eizellenspenden, komplett allogene Zellen auf myeloide und lymphoide Zellen im Gewebe der Dezidua und im intervillösen Raum. Die bisherige Annahme war, dass diese plazentaren Zellen, genannt Trophoblasten, in koordinierter Façon dem mütterlichen Immunsystem entweichen und durch selektive Expression von spezifischen HLA-Molekülen eine Immunreaktion verhindern [1]. Die Kernfrage dieser Studie ist es zu eruieren, ob es fetale Antigene gibt, die von mütterlichen Immunzellen erkannt werden und möglicherweise zu Immunreaktionen führen können.

Material und Methodik Dafür wurden 19 Patient*innen eingeschlossen, bei denen Schwangerschaftsabbrüche an einer privaten Klinik in Wien durchgeführt wurden (8.-10. SSW). Deziduale Gewebeproben, sowie periphere Blutabnahmen, wurden gesammelt und in gefrorenem Zustand an die Univ. Klinik für Hämatologie und Onkologie in Halle (Saale) geschickt. Dort wurden mittels PCR die genomischen Sequenzen des TCRβ Lokus isoliert und sequenziert [2]. Die Daten wurden mit Hilfe des Algorithmus GLIPH2 analysiert [3]. Alle eingeschlossenen Patient*innen sind frei von bekannten Vorerkrankungen und Nicht-Raucher*innen.

Ergebnisse Die Ergebnisse der Blut- und Gewebssequenzierungen wurden mit bereits vorliegenden T-Zell Rezeptor Sequenzierungen aus Lebergewebe und Blutproben von nicht schwangeren, gesunden Spender*innen verglichen. Es zeigt sich eine Anhäufung der T-Zell Rezeptor Beta Variable 19 (TRBV19) in der T-Zell Population im Gewebe (Dezidua) von schwangeren Proband*innen im Vergleich zu den Leberproben (0.21 vs. 0.13). Ebenso zeigen die Gewebeproben der schwangeren Proband*innen eine höhere Klonalität (0.23 vs. 0.18). In den Blutproben der im ersten Trimester schwangeren Proband*innen zeigen sich im Vergleich zu den Proben nicht-schwangerer Spender*innen keine Unterschiede in der TRBV19 Häufigkeit. Jedoch ist eine klare Anhäufung TRBV19-haltiger T-Zell-Klone im Gewebe sichtbar (0.21 vs. 0.15).

Mit Hilfe von GLIPH2 können T-Zell Klone mit überlappenden Antigenspezifitäten erkannt werden. Hierbei zeigt sich, dass die schwangerschaftsassoziierten TRBV19 Klone keine spezifische Antigenpeptidsequenz bevorzugt erkennen. Dies lässt vermuten, dass die umliegenden antigenpräsentierenden Strukturen, nämlich die HLA-Moleküle selbst, für die Expansion der TRBV19-Klone verantwortlich sind. Ein Kandidat hierfür könnte plazenta-stämmiges HLA-G sein.

Zusammenfassung In dieser Studie konnten wir zeigen, dass T-Zell-Klone, die den TRBV19-Lokus verwenden, an der fetomaternalen Schnittstelle im Vergleich zum Blut angereichert sind. In weiterer Folge wird überprüft, ob diese T-Zell-Expansion nur lokal im Gewebe der fetomaternalen Schnittstelle stattfindet oder in späteren Schwangerschaftswochen auch eine systemische Anreicherung feststellbar ist.

Fördermittel

Funding-Source: FWF

Award-ID: P33485

Funding-Statement: laufendes FWF-Projekt von Jürgen Pollheimer



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
06. Juni 2023

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