Geburtshilfe Frauenheilkd 2023; 83(06): 753-754
DOI: 10.1055/s-0043-1768868
Abstracts | BGGF & OEGG 2023
Freie Vorträge
Operative Gynäkologie/Urogynäkologie/Endokrinologie & Reproduktionsmedizin

Kontrazeption, Fertilität und Fertilitätsprotektion bei Transpersonen unter geschlechtsangleichender Hormontherapie

Authors

  • K Feil

    1   Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
  • E Reiser

    1   Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
  • B Böttcher

    1   Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
  • A-S Braun

    1   Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
  • B Toth

    1   Universitätsklinik für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Medizinische Universität Innsbruck, Innsbruck
 
 

Einleitung Die Begriffe "Transgender" (TGD) und Geschlechtsinkongruenz beschreiben die Diskrepanz zwischen dem angeborenen und dem erlebten Geschlecht.

Geschlechtsinkongruenz führt zu enormen Belastungen, und TGD-Personen leiden häufiger unter Depressionen und Selbstmordgedanken und sind vermehrt Diskriminierungen ausgesetzt. Behandlungsmöglichkeiten wie geschlechtsangleichender Hormontherapie (GAHT) oder chirurgische Eingriffe führen oft zu einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität.

Die GAHT hat keine empfängnisverhütende Wirkung, insbesondere ohne vorherige geschlechtsangleichende Genitaloperation oder Gonadektomie.

Material und Methodik Von Dezember 2021 bis Februar 2023 wurde in den Datenbanken PubMed und Web of Science eine systematische Literaturrecherche gemäß den Empfehlungen der bevorzugten Berichterstattungselemente für systematische Übersichten und Meta-Analysen (PRISMA) durchgeführt. Die Suche basierte auf den Stichworten "Kontrazeption", "Transgender" und "geschlechtsangleichende Hormontherapie". Eingeschlossen wurden Originalstudien in englischer oder deutscher Sprache, die in Fachzeitschriften mit Peer-Review veröffentlicht wurden. Es wurden sowohl Studien an Erwachsenen als auch Studien an Kindern und Jugendlichen berücksichtigt.

Alle relevanten Studien wurden zusammengefasst, hinsichtlich ihrer Evidenz bewertet und qualitativ analysiert. Von n = 934 gescreenten Studien wurden n = 29 Studien eingeschlossen: n = 4 zur Empfängnisverhütung, n = 6 zur Fertilität und n = 6 zur Fertilitätserhaltung bei TGD-Männern. Es wurden keine Studien zur Empfängnisverhütung bei TGD-Frauen, aber n = 14 Studien zur Fertilität und Fertilitätserhaltung gefunden. Eine Studie umfasste sowohl TGD-Frauen als auch TGD-Männer.

Ergebnisse Bis zu 87 % der TGD-Männer verwenden Verhütungsmittel [1] [2] [3], wobei die Induktion einer Amenorrhoe ein Hauptanliegen ist [4]. Die meisten der verfügbaren Studien zeigten keine Beeinträchtigung der ovariellen Reserve durch die GAHT [5] [6] [7] [8] [9], aber eine deutliche Wirkung auf die Spermatogenese [10] [11] [12] [13] [14] [15] [16] [17] [18] [19] [20] [21] [22]. Selbst nach Beginn der GAHT unterschied sich die Anzahl der nach ovarieller Stimulation gewonnenen Eizellen bei Transgender-Männern nicht von der altersentsprechender Frauen [23] [24] [25] [26] [27]. Maßnahmen zur Fertilitätserhaltung werden derzeit vor allem von TGD-Frauen in Anspruch genommen [28]. Die größten Hindernisse für die Fertilitätserhaltung bei TGD-Männern sind zum einen das häufig erforderliche Pausieren der Testosterontherapie bei steigenden Östrogenspiegeln sowie wiederkehrende vaginale Untersuchungen. Diesbezüglich zeigen neuere Fallberichte eine erfolgreiche Stimulation der Eierstöcke unter laufender Testosterontherapie. Auch die zusätzliche Gabe von Letrozol zur Abschwächung der Östrogeneffekte während der Stimulation scheint machbar. Andererseits stellen die finanziellen Aspekte (Verfahren und Lagerung) eine große Hürde dar.

Zusammenfassung Die Notwendigkeit einer sicheren Empfängnisverhütung sollte mit TGD-Personen eingehend besprochen werden. Vor Beginn der GAHT sollte eine Beratung zur Fertilitätserhaltung erfolgen, insbesondere bei Transgender-Frauen. Bei Transgender-Männern kann die Fertilitätserhaltung auch durchgeführt werden, während die GAHT bereits läuft.



Publication History

Article published online:
06 June 2023

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